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Kolumbien: Regierung plant Offensive gegen Paramilitärs

Soziale Bewegungen fürchten Verschärfung des Krieges

Der folgende Bericht ist der Internetzeitung www.ngo-online vom 12. September 2002 entnommen.

Kolumbianische Bauernbewegungen, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen befürchten eine Verschärfung des Konfliktes in dem südamerikanischen Land. Die Regierung unter dem neuen Präsidenten Uribe Velez hat angekündigt, "mit harter Hand" gegen die illegalen bewaffneten Kräfte vorzugehen. Durch die Strategie einer militärischen Lösung des Konfliktes befürchten die friedlichen sozialen Bewegungen und Menschenrechtsorganisationen weiter in den Strudel des Krieges gezogen und zwischen den Fronten zerrieben zu werden. Die gesellschaftlichen Alternativen, die in vielen Basisbewegungen und Friedensgemeinden entwickelt werden, drohen so zerstört zu werden. Deshalb rufen die Organisationen am 16. September zu einem internationalen Solidaritätsforum und an den Folgetagen zu Protesten und Demonstrationen auf, zu denen über 100.000 Teilnehmer erwartet werden.

"Nach den bisherigen Erfahrungen wird die weitere Militarisierung des Konfliktes weitere Menschenrechtsverletzungen nach sich ziehen und auch die vielen Keime der Hoffnung zerstören, die es in Kolumbien noch gibt. Mit den bisher angekündigten Maßnahmen der Regierung Uribe sollen alle gesellschaftlichen Kräfte auch gegen ihren Willen in die bewaffnete Strategie einbezogen werden." erklärt der internationale Beobachter Stefan Ofteringer von der Menschenrechtsorganisation FIAN in Bogotá. "In einem Land, in dem Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind, sollten endlich die überfälligen sozialen Reformen angegangen werden. Ohne eine wirkliche Landreform, ohne soziale Gerechtigkeit wird es keinen Frieden geben", so Ofteringer weiter.

"Insbesondere die über zwei Millionen Vertriebenen und Binnenflüchtlinge warten auf Entschädigungen, Landtitel und Möglichkeiten zur Rückkehr in ihren Lebensraum. Hierzu hat die neue Regierung noch keine Strategie vorgelegt. Ein ernstgemeinter Friedensprozeß auf Basis von Verhandlungen und mit einer klaren Ablehnung der paramilitärischen Strategie seitens des Staates sollte im Vordergrund stehen.", so der FIAN-Sprecher weiter.

Der seit über 40 Jahren dauernde Konflikt in Kolumbien hat sich von einer Auseinandersetzung zwischen Guerilla und Staatsapparat in den vergangenen Jahren zunehmend zu einem "privatisierten Krieg" entwickelt, in dem rechtsgerichtete paramilitärische Kräfte für die meisten Verletzungen der Menschenrechte verantwortlich sind. Nach Analyse der internationalen Menschenrechtsorganisationen handeln sie mit direkter Unterstützung des Militärs. Die Bekämpfung dieser bewaffneten Gruppen wird von den staatlichen Stellen wenig ernst genommen, obwohl sie Massaker an der Zivilbevölkerung und Terror gegen die Zivilbevölkerung ausüben. Nach Plänen der Regierung Uribe sollen nun wieder Zivilisten bewaffnet werden, eine Strategie, die in den achtziger Jahren den Grundstein für den Paramilitarismus gelegt hat.


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