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Kritik an deutscher Hilfe für Kolumbien

Bundestagsdebatte offenbart Meinungsunterschiede zwischen Regierungsparteien. CDU und FDP attackieren Venezuela

Von Harald Neuber *

Die Haltung der deutschen Konservativen und Liberalen gegenüber den Andenstaaten und Venezuela trifft auf zunehmende Kritik. Zu Kontroversen führte eine Parlamentsdebatte zur bilateralen Beziehung Ende vergangener Woche [7. Mai 2009]. Dabei hatten die Redner von CDU und FDP die Menschenrechtsbilanz der kolumbianischen Regierung positiv dargestellt. Heftige Kritik übten beide Parteien hingegen an den linksgerichteten Staaten Südamerikas, vor allem Venezuela.

In der Frage gibt es offensichtlich Differenzen zwischen den Regierungsparteien SPD und CDU.

So konstatierte der christlich-soziale Abgeordnete Eduard Lintner, die Menschenrechtslage in Kolumbien habe sich "in den vergangenen Jahren merklich verbessert". Das Leben vieler Menschen in Kolumbien sei "friedlicher und sicherer geworden".

Für Venezuela hingegen stellte der CSU-Redner eine "Erosion demokratischer Teilhabe", die "Aushöhlung der Bürgerrechten" und "eine der größten Gefahren für die Entwicklung der Demokratie" fest.

In die gleiche Kerbe schlug der FDP-Mann Florian Toncar. Die Entwicklung der Menschenrechte in Venezuela sei "äußerst besorgniserregend". Caracas habe in den vergangenen Jahren "große Rückschritte bei der Achtung bürgerlicher und politischer Menschenrechte gemacht".

Auch Toncar stellte die Lage in Kolumbien positiv dar. Unter Präsident Uribe seien "durch eine Mischung aus militärischer Stärke und Friedensangeboten" die rechtsgerichteten Paramilitärs geschwächt worden.

Die SPD, Grüne und Linke widersprachen dieser Darstellung entschieden.

Der SPD-Abgeordnete Wolfgang Gunkel wies auf andauernde Menschenrechtsverletzungen in Kolumbien hin. Armee und Paramilitärs teilten sich noch immer die Macht, "und der Terror der Paramilitärs nimmt deutlich zu". Zivile Akteure würden von der Regierung als vermeintliche Unterstützer der Guerilla bedroht, so Gunkel, der eine "Kultur des Wegsehens" beklagte.

Zwischen der positiven Darstellung Bogotas und der tatsächlichen Lage bestehe eine erhebliche Differenz. So hätten offizielle Stellen verkündet, dass 120.000 von 6,5 Millionen Hektar des von den Paramilitärs gewaltsam entwendeten Landes wieder geräumt wurden. Menschenrechtsorganisationen zählten hingegen von gerade einmal 28 Landgüter mit 7000 Hektar.

Deutschland müsse den offiziellen Verlautbarungen aus Kolumbien vor diesem Hintergrund mit Vorsicht begegnen, mahnte der SPD-Abgeordnete.

Für die Grünen verwies Thilo Hoppe auf die enge Zusammenarbeit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Kolumbiens Präsident Alvaro Uribe. Die Haltung der Regierung in Bogota sei zynisch, so Hoppe, der eine kritische Haltung der Bundesregierung einforderte: "Die Unterstützung durch Merkel kommt zu einer Zeit, in der die Politik Uribes gegen den Paramilitarismus gescheitert ist."

Zu einem ähnlichen Urteil kam der Abgeordnete der Linkspartei, Michael Leutert: "Warum nennt man Kolumbien nicht einfach das, was es zurzeit ist? Ein durch ultrarechte Paramilitärs gestütztes reaktionäres Regime".

* Aus: Portal Amerika 21. Forum für ein anderes Amerika, 14. Mai 2009; www.amerika21.de


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