Kolumbien: Plan Colombia fördert die Militarisierung und den Koka-Anbau
Eine Bilanz nach einem halben Jahr
"Die Kokapflanzen blühen" überschrieb die junge welt am 26. Mai 2001 einen Artikel, worin eine erste Bilanz des "Plan Colombia" gezogen wurde, der ein halbes Jahr zuvor ins Leben gerufen wurde:
Knapp ein halbes Jahr ist es her, daß der umstrittene »Plan Colombia«, mit dem die Regierungen der USA und Kolumbiens nach offizieller Lesart dem Drogenhandel zu Leibe rücken wollen, in die Tat umgesetzt wurde. Die Regierung unter Andres Pastrana spricht von ersten Erfolgen. Kritiker, die vor allem die militärische Ausrichtung des milliardenschweren Maßnahmenpakets monieren, sehen sich dagegen in der Befürchtung bestätigt, daß unterm Strich viel zerstört, aber wenig gewonnen wird.
In einer ersten Bilanz berichtete die Drogenpolizei des Landes, daß seit Dezember 2000 Koka-Anbauflächen in der Größe von rund 38.000 Hektar durch das Besprühen mit dem Herbizid Glifosat zerstört worden seien. Damit sei die Herstellung von über 220.000 Kilogramm Kokain verhindert und den Drogenhändlern ein Verlust von 5,5 Milliarden US- Dollar zugefügt worden.
Selbst für diejenigen, die den militärischen Feldzug in den Anbauländern einer Präventionsstrategie in den Konsumländern vorziehen, sind diese Angaben wenig erfreulich. Zum Vergleich: Bereits vergangenes Jahr wurden - auch ohne »Plan Colombia« - auf 58.000 Hektar mit Kokapflanzen und knapp 10.000 mit der Heroinpflanze Mohn bestellten Flächen die Vegetation chemisch zerstört. Erklärtes Ziel der Regierungen in Bogota und Washington ist es, in den fünf Jahren des »Plan Colombia« die Hälfte der angeblich 136.000 Hektar Drogenanbaufläche in Kolumbien zu zerstören. Eine Reportage der kolumbianischen Zeitschrift Cambio, die sich auf UNO-Angaben beruft, stellt schon die Ausgangszahlen in Frage. Demnach soll im vergangenen Jahr mehr illegale Anbaufläche hinzugekommen sein als zerstört wurde. Damit, so Cambio, habe es Ende 2000 allein in Kolumbien 160.000 Drogenhektar gegeben, fast soviel wie einst in Peru, Bolivien und Kolumbien zusammen. Auch wenn diese Zahlen aus der Zeit vor dem »Plan Colombia« stammen, hat die Veröffentlichung die Meinung der Kritiker bestärkt, daß diese Kampfmethode ineffektiv ist und lediglich eine regionale Verschiebung des Problems bewirkt.
Hinzu kommt die Kritik an den ökologischen Folgen dieser Politik. Vier Gouverneure im Süden Kolumbiens, wo sich die meisten Drogenfelder befinden, haben jetzt öffentlich die schädlichen Folgen, die die Besprühung mit Chemikalien aus tieffliegenden Flugzeugen bei Menschen und Vegetation verursacht, gerügt. In einer gemeinsamen Erklärung kritisieren die Regionalregierungen in Putumayo, Tolima, Narino und Cauca, daß die Hälfte der chemisch zerstörten Felder dem Anbau von Lebensmitteln diente. Außerdem seien Ende vergangenen Jahres erstmals Kinder mit schweren Mißbildungen geboren worden. Williams Brownfield, Sekretär für interamerikanische Angelegenheiten der USA, wies die Kritik mit wenigen Worten zurück: » Wir glauben nicht, daß die Besprühungen die erwähnten Schäden hervorruft«, so Brownfield.
Auch in politischer Hinsicht haben die Kritiker der Militarisierung durch den »Plan Colombia« bisher recht behalten. Der fragile Friedensprozeß zwischen Regierung und Guerilla stagniert, weil die Guerilleros der Regierung Pastrana vorwerfen, mit der US-Militärhilfe auch den Kampf gegen die Rebellengruppen zu forcieren. In der Tat haben die Gefechte in den vergangenen Monaten an Zahl und Heftigkeit zugenommen. Gleichzeitig können die Paramilitärs - die verbal den »Plan Colombia« gutheißen, andererseits nachweislich selbst einen Gutteil des Drogenhandels kontrollieren - fast ungehindert ihrem Geschäft nachgehen. Trotz einiger Festnahmen in jüngster Zeit vergeht kaum eine Woche ohne Berichte über neue Massaker an Zivilisten seitens dieser Todesschadrone.
Laura Barros, Bogota
Aus: junge welt, 26. Mai 2001
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