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Kolumbien: Chronik wichtiger Ereignisse
Oktober/November/Dezember 2009
Oktober
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Wie Santiago Pardo, der Chefunterhändler Kolumbiens für das
Assoziationsabkommen mit der EU am 08.10. bekannt hab, soll der Vertrag
im März 2010 unterschrieben werden. Die Verhandlungen sollen noch im
November diesen Jahres abgeschlossen werden.
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Die Nationalen Befreiungsarmee (ELN) hat 09.10.2009 einen ihrer
wichtigsten Anführer, Carlos Marín Guarín alias Pablo, aus der Haft
befreit. Ein bewaffnetes Kommando der zweitgrößten Guerrillaorganisation
Kolumbiens griff am Mittwoch einen Konvoi an, in dem Guarín gerade vom
Gefängnis zum Justizpalast in Arauca transportiert wurde. Dabei wurden
zwei Polizisten verletzt, einer von ihnen erlag später seinen Verletzungen.
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Die kolumbianische Staatsanwaltschaft hat am 19.10. eine vorläufige
Untersuchung gegen den Vizepräsidenten Francisco Santos Calderón wegen
Parapolitik eingeleitet. Santos wir beschuldigt, an einem Treffen mit
dem ehemaligen Paramilitär-Kommandanten Salvatore Mancuso und seinem
Cousin, dem ehemaligen Verteidigungsminister Juan Manuel Santos
teilgenommen und dabei die Gründung einer Paramilitär-Einheit für Bogotá
empfohlen zu haben.
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Am 21.10. wurde, im Rahmen des 60-jährigen Bestehens der
SOS-Kinderdorforganisation das 500. SOS-Kinderdorf in Cali eröffnet, ein
neues Zuhause für 120 Kinder. Derzeit gibt es in Kolumbien sechs
SOS-Kinderdörfer, fünf SOS-Jugendeinrichtungen, einen SOS-Kindergarten,
eine SOS-Hermann-Gmeiner-Schule, zwei SOS-Ausbildungszentren und mehrere
SOS-Sozialzentren.
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Eine Studie von Studie von "Intermón Oxfam", einem Mitglied der
internationalen Hilfsorganisation Oxfam, die am 23.10. veröffentlicht
wurde, gab bekannt, dass in Kolumbien 60 Prozent der Vertriebenen Frauen
sind und 20 Prozent dieser aufgrund von sexuellen Übergriffen geflohen sind.
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Insgesamt haben nach Angaben von Oxfam 60 bis 70 Prozent der Frauen in
Kolumbien schon einmal sexuelle, körperliche, psychische oder politische
Gewalt erlebt -- Tendenz steigend. Laut Alexandra Quintero von der
Frauenrechtsorganisation "Sisma-Mujer" werden 97 Prozent der Verbrechen
nicht verfolgt. Die von Sicherheitskräften des Staates ausgehende Gewalt
gegenüber Frauen hat sich zudem seit 2006 verdreifacht. 58 Prozent der
seit 1993 verübten gewaltsamen Übergriffe auf Frauen gingen von
Paramilitärs aus, 23 Prozent von den regulären Streitkräften und acht
Prozent von der Guerilla. Die übrigen elf Prozent konnten keiner Partei
zugeordnet werden.
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Am 21.10. wurde in den internationalen Gewässern vor Guatemala nach
einem Tipp von kolumbianischen Behörden ein selbstgebautes U-Boot mit
etwa zehn Tonnen Kokain durch die guatemaltekische Behörden und die
US-Drogenbehörde DEA gestoppt. An Bord waren drei Kolumbianer und ein
Mexikaner. US-Beamte gehen davon aus, dass die in Kolumbien auf kleinen
Werften gebauten U-Boote etwa ein Drittel des Kokains transportieren,
das auf dem Seeweg von Südamerika in die USA geschmuggelt wird.
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Am 25.10. sind in Venezuela zehn entführte Mitglieder einer
Fußballmannschaft ermordet aufgefunden worden. Die Opfer zählten zu
einer Gruppe von zwölf Männern, die am 11. Oktober während eines
Fußballspiels entführt worden waren. Ihre Leichen wurden an
verschiedenen Stellen im Staat Tachira an der Grenze zu Kolumbien
entdeckt, wie Vizepräsident Ramon Carrizalez sagte. Angehörige meldeten
nach Angaben der Staatsanwaltschaft zehn Kolumbianer, einen Peruaner und
einen Venezolaner im Alter von 17 bis 38 Jahren vermisst. Das Motiv für
die Tat war unklar. Mindestens einer der Entführten überlebte. Nach
seinen Aussagen sei ein Arm der kolumbianischen Guerilla "Nationales
Befreiungsheer" (ELN) für die Tat verantwortlich, der in Venezuela aktiv
ist.
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Das Außenministerium in Caracas erklärte in einer diplomatischen
Protestnote am 26.10., Mitarbeiter des kolumbianischen Geheimdienstes
seien bei Spionage und versuchter Bestechung im Rahmen der Ermittlungen
zum Tod ihrer Landsleute auf venezolanischem Gebiet ertappt worden. In
beschlagnahmten Unterlagen sei von einer Verschwörung die Rede, um die
Regierung zu destabilisieren.
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Die USA weiten ihre Militärpräsenz in Kolumbien aus. Ein entsprechendes
Abkommen wurde nach US-Angaben von US-Botschafter William Brownfield und
den kolumbianischen Ministern für Äußeres, Justiz und Verteidigung in
einer privaten Zeremonie im Außenministerium in Bogota am 30.10.
unterzeichnet. Mit dem Abkommen erhalten die USA Zugang zu sieben
kolumbianischen Stützpunkten. Unter anderem könnten so mehr Flüge zur
Drogenbekämpfung durchgeführt werden. Präsident Álvaro Uribe hatte
Washington für die kommenden zehn Jahre den Zugang zu drei Luftwaffen-,
zwei Heeres- und zwei Marinestützpunkten eingeräumt sowie das Recht,
dort bis zu 800 Soldaten und 600 Söldner zu stationieren. In Kolumbien
hat das unterzeichnete Militärabkommen eine Welle der Empörung
ausgelöst. Laut der liberalen Senatorin Cecilia López habe die Regierung
den USA die nationale Souveränität übergeben. Der Staatsrat, die oberste
Verwaltungskontrollinstanz Kolumbiens, hatte das Abkommen bereits vor
der Unterzeichnung als "unausgewogen" bezeichnet . "Die USA bestimmen
und Kolumbien ist nur ein Mitarbeiter", heißt es in dem vernichtenden
40-Seiten-Gutachten vom 13. Oktober, das der Tageszeitung El Espectador
zugespielt wurde. Die für das US-Personal vorgesehene Immunität stehe im
Gegensatz zu völkerrechtlichen Normen, schrieben die Juristen. Schlicht
verfassungswidrig sei es, dass die US-Militärs "grenzenlos" und umsonst
über das Kommunikationsnetz verfügen und Satellitenempfänger
installieren dürften. Schließlich lasse das Abkommen so viele
Hintertürchen offen, dass es durch künftige Zusatzbestimmungen in der
Substanz verändert werden könne.
November
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Für die Modernisierung des Hauptstützpunktes in Palanquero hat der
US-Kongress bereits im Mai 46 Millionen Dollar bewilligt, wie die taz am
01.11. berichtete. Damit solle die Grundlage geschaffen werden, dass der
Luftwaffenstützpunkt nicht nur als Ausgangsbasis für Drogen- und
Terrorbekämpfungsoperationen, sondern für jedwede Form militärischer
Operationen in ganz Südamerika genutzt werden kann. Das Dokument betont
die Wichtigkeit von Palanquero für regionale US-Interessen. "Es sei eine
einzigartige Möglichkeit, Operationen in einer kritischen Region
durchzuführen, deren Sicherheit und Stabilität ständig durch
Anti-US-Regierungen bedroht sind.
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Venezuelas linksgerichteter Staatschef Hugo Chávez hat das Militär und
die Bevölkerung am 8.11. dazu aufgerufen, sich auf einen möglichen Krieg
mit dem Nachbarland Kolumbien vorzubereiten. Die kolumbianische
Regierung wies die Äußerungen Chávez' in der Nacht zum Montag zurück.
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Am 10.11. sind bei Kämpfen zwischen Anhängern der Guerilla-Organisation
FARC und der Armee mindestens neun Soldaten umgekommen. Ein
FARC-Kommando hatte versucht, den Ort Corinto im südwestlichen Bezirk
Cauca zu erstürmen. Den Soldaten sei es gelungen, einen Angriff der
Rebellen auf das Rathaus abzuwehren. Kolumbianische Medien berichteten,
an dem Angriff hätten sich bis zu 200 Rebellen beteiligt, mindestens 30
seien getötet worden.Auch Kampfflugzeuge der Luftwaffe seien an den
Kämpfen beteiligt gewesen.
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Die kolumbianische Regierung hat am 12.11. wegen der kriegslüsternen
Aussagen von Venezuelas Staatschef Hugo Chávez den UN-Sicherheitsrat
angerufen. Wie das Außenministerium in Bogotá mitteilte, hat die
kolumbianische UN-Vertretung dem Sicherheitsrat ein entsprechendes
diplomatisches Schreiben zukommen lassen.
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Mit einer öffentlichkeitswirksamen Aktion vor der kolumbianischen
Botschaft in Berlin protestieren am 12.11. Menschenrechts-, Umwelt- und
Entwicklungsorganisationen gegen die anhaltend schweren
Menschenrechtsverletzungen auf Palmölplantagen in Kolumbien.
Anschließend übergeben die Aktivisten 10.000 von Bürgerinnen und Bürgern
unterschriebene Protestkarten an die kolumbianische Botschaft und das
Bundesumweltministerium. Der Menschenrechtsbeauftragte der
kolumbianischen Regierung, Carlos Franco, nahm am selben Tag in Bogotá
von kolko e.V. und Misereor eine großformatige Protestpostkarte als
Symbol für die 10.000 Unterschriften entgegen. Am 2. November 2009
verfügte ein Verwaltungsgericht im Bundesstaat Chocó, dass die
Unternehmen alle Aktivitäten für den Palmanbau auf Gemeindeland
innerhalb von 48 Stunden einstellen und das Gebiet innerhalb von 30
Tagen verlassen müssen. Franco sagte zu, dass dieses Urteil umgesetzt
und dass es bis zum 20. November einen Plan für die Umsetzung geben
wird. Er versicherte, dass die Menschenrechtsabteilung der
Generalstaatsanwaltschaft ausreichende Mittel zur Verfügung haben wird,
um umfassend und ernsthaft zu allen Übergriffen gegen die Gemeinde zu
ermitteln.
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Nach 20-monatiger Funkstille haben Kolumbien und Ecuador ihre
diplomatischen Beziehungen normalisiert. Wie die Außenministerien beider
Länder am 13. November mitteilten, ernannten beide Staaten
Geschäftsträger für das jeweils andere Land
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Kolumbien hat am 14. November drei Mitglieder der venezolanischen
Nationalgarde festgenommen. Die Männer würden den Behörden Venezuelas
übergeben, sagte der kolumbianische Präsident Alvaro Uribe am Samstag
bei einer Ansprache nahe der Hauptstadt Bogotá. Sie seien am Freitag im
Osten Kolumbiens festgenommen worden.
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Im Konflikt um die US-Militärpräsenz in Kolumbien hat Venezuela
offiziellen Angaben aus Bogotá zufolge zwei Grenzbrücken zum Nachbarland
zerstört. "Uniformierte Männer, offensichtlich von der venezolanischen
Armee, sind in Lastwagen auf der venezolanischen Seite der beiden
Fußgängerbrücken vorgefahren und haben sie in die Luft gesprengt", sagte
der kolumbianische Verteidigungsminister Gabriel Silva am 19.11. Silva
warf dem Nachbarland eine Verletzung des Völkerrechts vor.
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Zwischen Aldaquer und Ricaurte sind am 20. November 4 Erwachsene und
zwei Kinder bei einer Attaque der FARC auf ihren Reisebus, der von Cali
nach Tumaco unterwegs war, ums Leben gekommen. Nachdem ein erster
Reisebus die Straßensperre missachtet hatte, eröffneten die FARC das
Feuer auf den zweiten Reisebus und setzen ihn anschließend in Brand,
ohne allen Passagieren zuvor den Ausstieg zu ermöglichen.
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Kolumbien hat angesichts der wachsenden Spannungen mit dem Nachbarn
Venezuela seine Armee in höchste Alarmbereitschaft versetzt.
Verteidigungsminister Gabriel Silva erklärte am 20.11., die
kolumbianischen Streitkräfte seien darauf vorbereitet, "jedwede
Aggression gegen Kolumbien" zu verhindern. Linie der Armeeführung und
von Präsident Alvaro Uribe sei es jedoch, "sich nicht provozieren zu
lassen". Die Erklärung des Verteidigungsministers wurde nach einer
Sitzung des kolumbianischen Sicherheitsrates in der nahe der Grenze zu
Venezuela gelegenen Stadt Arauca veröffentlicht.
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Wie am 20.11. bekannt wurde, werden die Verhandlungen um das
Assoziationsabkommen zwischen den Andenländern und der EU nun doch noch
nicht im November abgeschlossen werden.
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Am 12. November 2009 sind zwei Bauern der Region San Juan de la Guadua
im Cauca von Paramilitärs verschleppt worden, wie Kommission für
Gerechtigkeit und Frieden "Comisión Interclesia Justicia y Paz" am
23.11. berichtet. Infolge dessen sind am 21.11. 42 Personen, darunter
Neugeborene, Kinder und eine schwangere Frau, in die Stadt Popayán
geflohen, da ihnen ihre Lokalregierung keine Unterstützung zusichern
wollte.
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Am 26. November ist Jaime Humberto Uscátegui, ein Ex-General, wegen
seiner Rolle bei Morden rechter Paramilitärs im Jahr 1997 zu 40 Jahren
Gefängnis verurteilt worden. Das Gericht in Bogotá begründete die Strafe
wegen Unterlassung in seinem am Mittwoch (Ortszeit) veröffentlichten
Urteilsspruch damit, dass der Verurteilte wissentlich ein fünftägiges
Massaker einer paramilitärischen Gruppe in dem Dorf Mapiripán im
Südosten des Landes geduldet habe. Die AUC brachten im Juli 1997
mindestens 49 Menschen in dem Dorf um. Uscátegui war zu der Zeit
militärisch verantwortlich für das Gebiet. Zudem habe er die Justiz
vorsätzlich getäuscht, um die Verantwortlichen des Massakers zu
schützen. Zudem habe Uscátegui die Justiz vorsätzlich getäuscht, um die
Verantwortlichen des Massakers zu schützen.
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Die kolumbianische Armee hat nach eigenen Angaben sieben mutmaßliche
Kämpfer der Guerilla-Organisation FARC getötet. Die Rebellen wurden am
28. November bei einem gemeinsamen Einsatz der Sondereinheit Oméga und
der kolumbianischen Luftwaffe im südöstlichen Departamento Guaviare
getötet, wie die Armee mitteilte. Zwei weitere Guerilla-Kämpfer seien
festgenommen worden.
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Im Rahmen der vom 30. November bis 4. Dezember in Cartagena
stattfindenden Anti-Minen-Konferenz haben die Hilfswerke Caritas
international und Diakonie Katastrophenhilfe alle kolumbianischen
Konfliktparteien, seien es staatliche oder nicht-staatliche,
aufgefordert, keine neuen Minen einzusetzen und die Entminung bereits
verminter Gebiete zu unterstützen. Weltweit wurden 2008 etwa 5.200
Unfälle mit Minen, nicht explodierter Munition und anderen Sprengkörpern
registriert, knapp 800 davon allein in Kolumbien.
Dezember
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