Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Kolumbien: Chronik wichtiger Ereignisse

Oktober/November/Dezember 2009


Oktober
  • Wie Santiago Pardo, der Chefunterhändler Kolumbiens für das Assoziationsabkommen mit der EU am 08.10. bekannt hab, soll der Vertrag im März 2010 unterschrieben werden. Die Verhandlungen sollen noch im November diesen Jahres abgeschlossen werden.
  • Die Nationalen Befreiungsarmee (ELN) hat 09.10.2009 einen ihrer wichtigsten Anführer, Carlos Marín Guarín alias Pablo, aus der Haft befreit. Ein bewaffnetes Kommando der zweitgrößten Guerrillaorganisation Kolumbiens griff am Mittwoch einen Konvoi an, in dem Guarín gerade vom Gefängnis zum Justizpalast in Arauca transportiert wurde. Dabei wurden zwei Polizisten verletzt, einer von ihnen erlag später seinen Verletzungen.
  • Die kolumbianische Staatsanwaltschaft hat am 19.10. eine vorläufige Untersuchung gegen den Vizepräsidenten Francisco Santos Calderón wegen Parapolitik eingeleitet. Santos wir beschuldigt, an einem Treffen mit dem ehemaligen Paramilitär-Kommandanten Salvatore Mancuso und seinem Cousin, dem ehemaligen Verteidigungsminister Juan Manuel Santos teilgenommen und dabei die Gründung einer Paramilitär-Einheit für Bogotá empfohlen zu haben.
  • Am 21.10. wurde, im Rahmen des 60-jährigen Bestehens der SOS-Kinderdorforganisation das 500. SOS-Kinderdorf in Cali eröffnet, ein neues Zuhause für 120 Kinder. Derzeit gibt es in Kolumbien sechs SOS-Kinderdörfer, fünf SOS-Jugendeinrichtungen, einen SOS-Kindergarten, eine SOS-Hermann-Gmeiner-Schule, zwei SOS-Ausbildungszentren und mehrere SOS-Sozialzentren.
  • Eine Studie von Studie von "Intermón Oxfam", einem Mitglied der internationalen Hilfsorganisation Oxfam, die am 23.10. veröffentlicht wurde, gab bekannt, dass in Kolumbien 60 Prozent der Vertriebenen Frauen sind und 20 Prozent dieser aufgrund von sexuellen Übergriffen geflohen sind.
  • Insgesamt haben nach Angaben von Oxfam 60 bis 70 Prozent der Frauen in Kolumbien schon einmal sexuelle, körperliche, psychische oder politische Gewalt erlebt -- Tendenz steigend. Laut Alexandra Quintero von der Frauenrechtsorganisation "Sisma-Mujer" werden 97 Prozent der Verbrechen nicht verfolgt. Die von Sicherheitskräften des Staates ausgehende Gewalt gegenüber Frauen hat sich zudem seit 2006 verdreifacht. 58 Prozent der seit 1993 verübten gewaltsamen Übergriffe auf Frauen gingen von Paramilitärs aus, 23 Prozent von den regulären Streitkräften und acht Prozent von der Guerilla. Die übrigen elf Prozent konnten keiner Partei zugeordnet werden.
  • Am 21.10. wurde in den internationalen Gewässern vor Guatemala nach einem Tipp von kolumbianischen Behörden ein selbstgebautes U-Boot mit etwa zehn Tonnen Kokain durch die guatemaltekische Behörden und die US-Drogenbehörde DEA gestoppt. An Bord waren drei Kolumbianer und ein Mexikaner. US-Beamte gehen davon aus, dass die in Kolumbien auf kleinen Werften gebauten U-Boote etwa ein Drittel des Kokains transportieren, das auf dem Seeweg von Südamerika in die USA geschmuggelt wird.
  • Am 25.10. sind in Venezuela zehn entführte Mitglieder einer Fußballmannschaft ermordet aufgefunden worden. Die Opfer zählten zu einer Gruppe von zwölf Männern, die am 11. Oktober während eines Fußballspiels entführt worden waren. Ihre Leichen wurden an verschiedenen Stellen im Staat Tachira an der Grenze zu Kolumbien entdeckt, wie Vizepräsident Ramon Carrizalez sagte. Angehörige meldeten nach Angaben der Staatsanwaltschaft zehn Kolumbianer, einen Peruaner und einen Venezolaner im Alter von 17 bis 38 Jahren vermisst. Das Motiv für die Tat war unklar. Mindestens einer der Entführten überlebte. Nach seinen Aussagen sei ein Arm der kolumbianischen Guerilla "Nationales Befreiungsheer" (ELN) für die Tat verantwortlich, der in Venezuela aktiv ist.
  • Das Außenministerium in Caracas erklärte in einer diplomatischen Protestnote am 26.10., Mitarbeiter des kolumbianischen Geheimdienstes seien bei Spionage und versuchter Bestechung im Rahmen der Ermittlungen zum Tod ihrer Landsleute auf venezolanischem Gebiet ertappt worden. In beschlagnahmten Unterlagen sei von einer Verschwörung die Rede, um die Regierung zu destabilisieren.
  • Die USA weiten ihre Militärpräsenz in Kolumbien aus. Ein entsprechendes Abkommen wurde nach US-Angaben von US-Botschafter William Brownfield und den kolumbianischen Ministern für Äußeres, Justiz und Verteidigung in einer privaten Zeremonie im Außenministerium in Bogota am 30.10. unterzeichnet. Mit dem Abkommen erhalten die USA Zugang zu sieben kolumbianischen Stützpunkten. Unter anderem könnten so mehr Flüge zur Drogenbekämpfung durchgeführt werden. Präsident Álvaro Uribe hatte Washington für die kommenden zehn Jahre den Zugang zu drei Luftwaffen-, zwei Heeres- und zwei Marinestützpunkten eingeräumt sowie das Recht, dort bis zu 800 Soldaten und 600 Söldner zu stationieren. In Kolumbien hat das unterzeichnete Militärabkommen eine Welle der Empörung ausgelöst. Laut der liberalen Senatorin Cecilia López habe die Regierung den USA die nationale Souveränität übergeben. Der Staatsrat, die oberste Verwaltungskontrollinstanz Kolumbiens, hatte das Abkommen bereits vor der Unterzeichnung als "unausgewogen" bezeichnet . "Die USA bestimmen und Kolumbien ist nur ein Mitarbeiter", heißt es in dem vernichtenden 40-Seiten-Gutachten vom 13. Oktober, das der Tageszeitung El Espectador zugespielt wurde. Die für das US-Personal vorgesehene Immunität stehe im Gegensatz zu völkerrechtlichen Normen, schrieben die Juristen. Schlicht verfassungswidrig sei es, dass die US-Militärs "grenzenlos" und umsonst über das Kommunikationsnetz verfügen und Satellitenempfänger installieren dürften. Schließlich lasse das Abkommen so viele Hintertürchen offen, dass es durch künftige Zusatzbestimmungen in der Substanz verändert werden könne.
November
  • Für die Modernisierung des Hauptstützpunktes in Palanquero hat der US-Kongress bereits im Mai 46 Millionen Dollar bewilligt, wie die taz am 01.11. berichtete. Damit solle die Grundlage geschaffen werden, dass der Luftwaffenstützpunkt nicht nur als Ausgangsbasis für Drogen- und Terrorbekämpfungsoperationen, sondern für jedwede Form militärischer Operationen in ganz Südamerika genutzt werden kann. Das Dokument betont die Wichtigkeit von Palanquero für regionale US-Interessen. "Es sei eine einzigartige Möglichkeit, Operationen in einer kritischen Region durchzuführen, deren Sicherheit und Stabilität ständig durch Anti-US-Regierungen bedroht sind.
  • Venezuelas linksgerichteter Staatschef Hugo Chávez hat das Militär und die Bevölkerung am 8.11. dazu aufgerufen, sich auf einen möglichen Krieg mit dem Nachbarland Kolumbien vorzubereiten. Die kolumbianische Regierung wies die Äußerungen Chávez' in der Nacht zum Montag zurück.
  • Am 10.11. sind bei Kämpfen zwischen Anhängern der Guerilla-Organisation FARC und der Armee mindestens neun Soldaten umgekommen. Ein FARC-Kommando hatte versucht, den Ort Corinto im südwestlichen Bezirk Cauca zu erstürmen. Den Soldaten sei es gelungen, einen Angriff der Rebellen auf das Rathaus abzuwehren. Kolumbianische Medien berichteten, an dem Angriff hätten sich bis zu 200 Rebellen beteiligt, mindestens 30 seien getötet worden.Auch Kampfflugzeuge der Luftwaffe seien an den Kämpfen beteiligt gewesen.
  • Die kolumbianische Regierung hat am 12.11. wegen der kriegslüsternen Aussagen von Venezuelas Staatschef Hugo Chávez den UN-Sicherheitsrat angerufen. Wie das Außenministerium in Bogotá mitteilte, hat die kolumbianische UN-Vertretung dem Sicherheitsrat ein entsprechendes diplomatisches Schreiben zukommen lassen.
  • Mit einer öffentlichkeitswirksamen Aktion vor der kolumbianischen Botschaft in Berlin protestieren am 12.11. Menschenrechts-, Umwelt- und Entwicklungsorganisationen gegen die anhaltend schweren Menschenrechtsverletzungen auf Palmölplantagen in Kolumbien. Anschließend übergeben die Aktivisten 10.000 von Bürgerinnen und Bürgern unterschriebene Protestkarten an die kolumbianische Botschaft und das Bundesumweltministerium. Der Menschenrechtsbeauftragte der kolumbianischen Regierung, Carlos Franco, nahm am selben Tag in Bogotá von kolko e.V. und Misereor eine großformatige Protestpostkarte als Symbol für die 10.000 Unterschriften entgegen. Am 2. November 2009 verfügte ein Verwaltungsgericht im Bundesstaat Chocó, dass die Unternehmen alle Aktivitäten für den Palmanbau auf Gemeindeland innerhalb von 48 Stunden einstellen und das Gebiet innerhalb von 30 Tagen verlassen müssen. Franco sagte zu, dass dieses Urteil umgesetzt und dass es bis zum 20. November einen Plan für die Umsetzung geben wird. Er versicherte, dass die Menschenrechtsabteilung der Generalstaatsanwaltschaft ausreichende Mittel zur Verfügung haben wird, um umfassend und ernsthaft zu allen Übergriffen gegen die Gemeinde zu ermitteln.
  • Nach 20-monatiger Funkstille haben Kolumbien und Ecuador ihre diplomatischen Beziehungen normalisiert. Wie die Außenministerien beider Länder am 13. November mitteilten, ernannten beide Staaten Geschäftsträger für das jeweils andere Land
  • Kolumbien hat am 14. November drei Mitglieder der venezolanischen Nationalgarde festgenommen. Die Männer würden den Behörden Venezuelas übergeben, sagte der kolumbianische Präsident Alvaro Uribe am Samstag bei einer Ansprache nahe der Hauptstadt Bogotá. Sie seien am Freitag im Osten Kolumbiens festgenommen worden.
  • Im Konflikt um die US-Militärpräsenz in Kolumbien hat Venezuela offiziellen Angaben aus Bogotá zufolge zwei Grenzbrücken zum Nachbarland zerstört. "Uniformierte Männer, offensichtlich von der venezolanischen Armee, sind in Lastwagen auf der venezolanischen Seite der beiden Fußgängerbrücken vorgefahren und haben sie in die Luft gesprengt", sagte der kolumbianische Verteidigungsminister Gabriel Silva am 19.11. Silva warf dem Nachbarland eine Verletzung des Völkerrechts vor.
  • Zwischen Aldaquer und Ricaurte sind am 20. November 4 Erwachsene und zwei Kinder bei einer Attaque der FARC auf ihren Reisebus, der von Cali nach Tumaco unterwegs war, ums Leben gekommen. Nachdem ein erster Reisebus die Straßensperre missachtet hatte, eröffneten die FARC das Feuer auf den zweiten Reisebus und setzen ihn anschließend in Brand, ohne allen Passagieren zuvor den Ausstieg zu ermöglichen.
  • Kolumbien hat angesichts der wachsenden Spannungen mit dem Nachbarn Venezuela seine Armee in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Verteidigungsminister Gabriel Silva erklärte am 20.11., die kolumbianischen Streitkräfte seien darauf vorbereitet, "jedwede Aggression gegen Kolumbien" zu verhindern. Linie der Armeeführung und von Präsident Alvaro Uribe sei es jedoch, "sich nicht provozieren zu lassen". Die Erklärung des Verteidigungsministers wurde nach einer Sitzung des kolumbianischen Sicherheitsrates in der nahe der Grenze zu Venezuela gelegenen Stadt Arauca veröffentlicht.
  • Wie am 20.11. bekannt wurde, werden die Verhandlungen um das Assoziationsabkommen zwischen den Andenländern und der EU nun doch noch nicht im November abgeschlossen werden.
  • Am 12. November 2009 sind zwei Bauern der Region San Juan de la Guadua im Cauca von Paramilitärs verschleppt worden, wie Kommission für Gerechtigkeit und Frieden "Comisión Interclesia Justicia y Paz" am 23.11. berichtet. Infolge dessen sind am 21.11. 42 Personen, darunter Neugeborene, Kinder und eine schwangere Frau, in die Stadt Popayán geflohen, da ihnen ihre Lokalregierung keine Unterstützung zusichern wollte.
  • Am 26. November ist Jaime Humberto Uscátegui, ein Ex-General, wegen seiner Rolle bei Morden rechter Paramilitärs im Jahr 1997 zu 40 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Gericht in Bogotá begründete die Strafe wegen Unterlassung in seinem am Mittwoch (Ortszeit) veröffentlichten Urteilsspruch damit, dass der Verurteilte wissentlich ein fünftägiges Massaker einer paramilitärischen Gruppe in dem Dorf Mapiripán im Südosten des Landes geduldet habe. Die AUC brachten im Juli 1997 mindestens 49 Menschen in dem Dorf um. Uscátegui war zu der Zeit militärisch verantwortlich für das Gebiet. Zudem habe er die Justiz vorsätzlich getäuscht, um die Verantwortlichen des Massakers zu schützen. Zudem habe Uscátegui die Justiz vorsätzlich getäuscht, um die Verantwortlichen des Massakers zu schützen.
  • Die kolumbianische Armee hat nach eigenen Angaben sieben mutmaßliche Kämpfer der Guerilla-Organisation FARC getötet. Die Rebellen wurden am 28. November bei einem gemeinsamen Einsatz der Sondereinheit Oméga und der kolumbianischen Luftwaffe im südöstlichen Departamento Guaviare getötet, wie die Armee mitteilte. Zwei weitere Guerilla-Kämpfer seien festgenommen worden.
  • Im Rahmen der vom 30. November bis 4. Dezember in Cartagena stattfindenden Anti-Minen-Konferenz haben die Hilfswerke Caritas international und Diakonie Katastrophenhilfe alle kolumbianischen Konfliktparteien, seien es staatliche oder nicht-staatliche, aufgefordert, keine neuen Minen einzusetzen und die Entminung bereits verminter Gebiete zu unterstützen. Weltweit wurden 2008 etwa 5.200 Unfälle mit Minen, nicht explodierter Munition und anderen Sprengkörpern registriert, knapp 800 davon allein in Kolumbien.
Dezember


Zurück zur "Kolumbien-Chronik

Zur Kolumbien-Seite

Zurück zur Homepage