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Kolumbien: Chronik wichtiger Ereignisse

Juli/August 2008


Dienstag, 1. Juli, bis Sonntag, 13. Juli
  • John McCain, der republikanische Präsidentschaftskandidat der USA ist am Mittwoch, 2. Juli, in Cartagena eingetroffen, wo er sich mit Álvaro Uribe treffen will. Im Mittelpunkt sollen die „Probleme Kolumbiens“ stehen, wie Außenminister Fernando Araujo dem Radiosender RCN mitteilte.
  • Ingrid Betancourt, die 3 amerikanischen Geiseln sowie 11 weitere Gefangene der FARC sind frei. Am Mittwoch, den 2. Juli, hat das kolumbianische Militär mithilfe eingeschleuster Agenten die FARC in einer gewaltlosen Befreiungsaktion dazu gebracht, die 15 bis dahin voneinander getrennten Geiseln zusammenzuführen, um sie angeblich per Hubschrauber in ein anderes Lager der FARC zu fliegen , wo sie dem neuen Anführer der FARC, Alfonso Cano, vorgestellt werden sollten. In der Luft überwältigten die als Guerillros getarnten Soldaten zwei Bewacher und teilten den Ex-Geiseln mit, sie seien endlich frei.
  • Ein Norweger und 5 Kolumbianer, die im Januar von den FARC entführt worden waren, sind gegen eine Lösegeldzahlung von 124 000 Euro freigekommen. Alle befinden sich in guter Verfasung.
  • Laut einem Bericht des Schweizer Radiosender RSR ist die spektakuläre Befreiungsaktion Ingrid Betancourts sowie der 14 weiteren Geiseln nur eine Farce gewesen, tatsächlich seien 20 Millionen Dollar Lösegeld geflossen, um zwei Bewacher der Geiseln zu bestechen. Angeblich sei dies von den USA finanziert worden, um die 3 US-Amerikaner zu befreien. Sowohl die kolumbianische Regierung als auch Betancourt haben diese Darstellung entschieden zurückgewiesen. Das kolumbianische Verteidigungsminsiterium hat als Gegenbeweis ein dreiminütiges Video der Befreiung veröffentlicht, in dem jedoch nicht die im Hubschrauber gefesselten Guerilleros gezeigt werden.
  • Wie in der kolumbianische Wochenzeitschrift „La Semana“ berichtet wurde, benutzte ein Soldat bei der Befreiungsaktion Betancourts eine Weste mit dem Emblem des Roten Kreuzes, was laut dem Völkerrecht verboten ist. Obwohl der kolumbianische Sender Caracol bereits zwei Tage nach der Geiselbefreiung von dem Symbol berichtete, das eine Zehntel-Sekunde lang auf der bearbeiteten Videosequenz der kolumbianischen Regierung über die Befreiungsaktion zu sehen war und auch Fotos vor Besteigen des Rettungs-Hubschraubers durch die Soldaten das Emblem zeigen, beharrt die Regierung darauf, erst 12 Tage später davon erfahren zu haben. Auch zu dem Vorwurf, für die Website der fiktiven NRO Seiten der existierenden und in Kolumbien operierendenden NRO „Global Humanitaria“ kopiert zu haben, schwieg die Regierung und entfernte nur die Website aus dem Netz.
  • Die Beziehungen zwischen Kolumbien und Venezuela wurden bei einem Treffen der beiden Staatschefs am Freitag, den 11. Juli, in einer Erdölproduktionsanlage im Westen Venezuelas wieder normalisiert.
Montag, 14. Juli bis Donnerstag, 31. Juli
  • Am Dienstag, den 15. Juli, lehnten die FARC Friedensverhandlungen mit Álvaro Uribe ab. Stattdessen wünschten sie, dass Daniel Ortega, der nicaraguanische Präsident vermittelt.
  • Ortega klärte sich am Mittwochabend zu Unterredungen mit den FARC bereit, was jedoch von der kolumbianischen Regierung abgelehnt wurde. In einem Protestschreiben aus Bogotá hieß es, Ortega solle sich nicht in innere Angelegenheiten einmischen, außerdem solle seine Anrede den FARC gegenüber (er hatte sie „Brüder“ genannt), bei der Organisation Amerikanischer Staaten thematisiert werden. Weiterhin hieß es in dem Schreiben, dass die wirklichen Probleme Kolumbiens und der Region die FARC mit ihrem Drogenhandel und Terrorismus seien.
  • Am 17. Juli wurden 8 Personen durch die FARC entführt, jedoch bereits in der darauffolgenden Woche am Mittwoch wieder freigelassen und Helfern des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes übergeben.
  • Am kolumbianischen Nationalfeiertag, den 20. Juli, haben Hunderttausende in Bogotá für eine Freilassung der ca. 3000 weiterhin verschleppten Geiseln (etwa 700 durch die FARC, mindestens 2000 durch Mafia- und paramilitärische Gruppen) demonstriert. Auch in Europa, Asien und den USA gab es Kundgebungen. Der Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoë sagte, er sehe es als seine Pflicht an, weiterhin für die Befreiung der Geiseln zu kämpfen.
  • Die offizielle Zeremonie fand in Leticia im Beisein Uribes, sowie der brasilianischen und peruanischen Staatschefs, Luiz Inácio Lula da Silva und Alan García, mit einer Militärparade statt. Auch die kolumbianische Pop-Sängerin Shakira trat auf.
  • Wie die FARC am Sonntag, den 20. Juli, im Internet bekannt machten, wollen sie weiterhin am bewaffneten Kampf festhalten, um ihre Ziele zu erreichen. Die Erklärung wurden von den FARC-Anführern Rodrigo Granda und Jesus Santrich unterzeichnet. Sie solle eine Anntwort auf Chávez Aufruf Anfang Juni sein, die Waffen niederzulegen und die Geiseln freizulassen.
  • Am 26. Juli wurde Carlos García Orjuela von der Partei „de la U“ aufgrund seiner Kontakte zu den Paramilitärs festgenommen. Garcia war der Vorsitzender seiner Partei sowie Ex-Präsident des Kongresses. Damit ist er bereits der fünfte Partei-Vorsitzende der Regierungskoalition, der sich wegen seiner Kontakte zu den Paramilitärs verantworten muss. Die anderen vier sind Mario Uribe von „Colombia Democrática“, Dieb Maloof von „Colombia Viva“, Luis Alberto Gil von „Convergencia Ciudadana“ und Álvaro Araújo von „Alas-Equipo Colombia“. Von der Partei „Conservador“ sitzt Humberto Gómez Gallo aus dem gleichen Grund im Gefängnis, nur von der Partei „Cambio Radical“ ist noch niemand aus dem Führungszirkel angeklagt, zumindest jedoch zehn Kongressmitglieder.
August
  • Uribe hat sich am Freitag, den 1. August, für härtere Strafen gegenüber den an die USA ausgelieferten Drogenhändlern ausgesprochen. Insgesamt wurden fast 900 mutmaßliche Drogenhändler in den letzten fünf Jahren ausgeliefert.
  • In Bogotá hat die Polizei Ende August gefälschte Banknoten im Wert von elf Millionen Euro beschlagnahmt, laut Europol der bisher größte Fund außerhalb Europas. Die kolumbianischen Behörden arbeiteten dabei mit spanischen Ermittlern und Europol zusammen.


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