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Bakijew zum Rücktritt bereit

Gestürzter kirgisischer Präsident fordert Garantien für seine Sicherheit *

Der gestürzte kirgisische Präsident Kurmanbek Bakijew hat sich erstmals seit den Unruhen vergangener Woche zum Rücktritt bereit erklärt.

Bedingung für den Rücktritt sei, dass seine Sicherheit gewährleistet werde, sagte Bakijew am Dienstag nahe seiner Hochburg Dschalalabad im Süden des zentralasiatischen Landes. Zuvor hatte die Übergangsregierung mit Bakijews Festnahme gedroht. Die Interimsregierung lehnte freies Geleit ab.

»Was sind die Bedingungen für meinen Rücktritt? Meine Sicherheit und die meiner Familie müssen garantiert werden«, sagte Bakijew in seinem Heimatdorf Tejit in der Nähe von Dschalalabad vor Journalisten. Zugleich forderte er, dass die öffentliche Ordnung wiederhergestellt werden müsse: Dass »Leute mit Waffen durch die Straßen laufen«, müsse ein Ende haben. Bakijew war nach dem Umsturz in der vergangenen Woche in den Süden des Landes geflohen. Dort genießt er auch nach seiner Vertreibung aus der Hauptstadt Bischkek weiterhin breite Unterstützung der Bevölkerung.

Seine Macht stütze sich »auf das Volk«, hatte Bakijew noch am Dienstag bei einer Rede vor rund 5000 jubelnden Anhängern in Dschalalabad verkündet. Unter seiner Führung habe sich Kirgistan den Respekt der USA, Russlands und Chinas verdient. Einem Journalisten der Nachrichtenagentur AFP zufolge hielten die Anhänger Bakijews, der von Dutzenden Leibwächtern umringt war, Spruchbänder mit der Aufschrift »Lasst eure Hände vom rechtmäßigen Präsidenten« in die Höhe.

Die kirgisische Übergangsregierung hatte Bakijew zuvor die Immunität entzogen und ihm ein Ultimatum gestellt. Solle Bakijew sich nicht im Laufe des Dienstags stellen, werde die Regierung Truppen zu seiner Festnahme entsenden, sagte der in der Übergangsregierung für Justiz zuständige Minister Asimbek Beknasarow. Gegen den gestürzten Präsidenten seien »strafrechtliche Ermittlungen« eingeleitet worden. Der 60-jährige Bakijew war nach der sogenannten Tulpenrevolution im Jahr 2005 mit dem Versprechen demokratischer Reformen Staatschef geworden. Im vergangenen Sommer wurde er in einer umstrittenen Wahl im Amt bestätigt. Die Opposition und Menschenrechtsorganisationen warfen ihm Korruption und Unterdrückung der Meinungsfreiheit vor.

Bei den Auseinandersetzungen Mitte zwischen Regierungsgegnern und Sicherheitskräften starben jüngsten Angaben der Behörden zufolge 83 Menschen. Mindestens 1600 weitere wurden verletzt; mehr als 560 befinden sich demnach noch im Krankenhaus.

Die Stabilität Kirgistans ist auch für die USA von strategischer Bedeutung. Der Luftwaffenstützpunkt Manas spielt für die Versorgung der US-Truppen im nahe gelegenen Afghanistan eine wichtige Rolle. Erst am Montag hatten die USA ihre Truppentransporte über den kirgisischen Luftwaffenstützpunkt wieder aufgenommen.

* Aus: Neues Deutschland, 14. April 2010


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