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Hausgemachte Not: Kenias Regierung läßt Kleinbauern weitgehend im Stich

Landwirtschaftsbudget des Staates völlig unzureichend für die Bewältigung der Aufgaben

Von Miriam Gathigah, IPS *

In Kenia leben fünf Millionen der insgesamt acht Millionen Haushalte von der Landwirtschaft - die meisten von ihnen sehr schlecht. Ein Grund dafür ist, daß gerade Kleinbauern kaum Zugang zu staatlichen Subventionen haben und das Landwirtschaftsbudget prinzipiell sehr knapp bemessen ist. Die Regierung in Nairobi hat nur 3,6 Prozent des Haushalts dem Agrarministerium zugeschlagen, zehn Prozent sollten es nach früheren Versprechungen sein. Das hat Folgen für die Ausstattung des Amtes. Dem Ministerium fehlen Experten und Forschungsgelder und dies in einer Situation, in der neue landwirtschaftliche Technologien dringend benötigt werden.

Auch staatliche Hilfen sind Mangelware und gehen zudem an den Bedürftigen vorbei. Unterstützt wird vornehmlich der großflächige Anbau von sogenannten Cash Crops für den Export, insbesondere die Tee- und Kaffeeproduktion. Das lohnt sich, und in der Tat erwartet Kenia in erster Linie wegen seines guten Standes auf dem Teemarkt, daß es sein Wachstumsziel für das Bruttoinlandsprodukt von 4,4 Prozent für dieses Jahr um 0,3 Prozentpunkte übertreffen wird.

Den kürzeren ziehen die vielen kenianischen Kleinbauern. Sie stellen das Gros der zehn Millionen Menschen in dem ostafrikanischen Land, die in diesem Jahr auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind. Insgesamt leben in Kenia 38 Millionen Menschen. »Der Landwirtschaftssektor braucht eine große Finanzspritze, ansonsten kommen die vielen Subsistenzbauern nie auf die Füße«, sagt Francis Karin vom Tegemeo Institute of Agricultural Policy and Development in der kenianischen Hauptstadt Nairobi.

Waceke Kamau aus Kiambu in Zentralkenia gehört zu den vielen Kleinbauern, die dringend auf staatliche Hilfe warten. Sie hat eine sechsköpfige Familie zu ernähren und steht kurz davor, ihre Milchkühe zu verkaufen und nur noch für den eigenen Badarf zu produzieren. Wie so viele ihrer Leidensgenossen hat sie keinen direkten Zugang zum Markt und verkauft mit minimalem Gewinn an Zwischenhändler.

Mit Fällen wie dem vom Kamau befaßt sich Mary Abukutsa. Sie war früher für das Landwirtschaftsministerium tätig und lehrt heute an der Jomo Kenyatta University of Science and Technology in der Hauptstadt. Nach ihrer Auffassung sind Planungsfehler im Ministerium der eigentliche Grund für den Hunger in Kenia. Es herrsche keine Nahrungsmittelknappheit, wohl aber gebe es für die Kleinbauern zu geringe Hilfen und vor allem ein Verteilungsproblem.

»Einige Regionen produzieren Überschüsse, die verfrachtet werden müßten. Dazu aber fehlt es bei der aktuellen finanziellen Ausstattung des Landwirtschaftsministeriums an Mitteln und Kapazitäten«, erläutert die Professorin.

Viel hält sie auch von Kooperativen. Im Rahmen eines Universitätsprojektes hat Abukutsa die Bildung solcher Genossenschaften von je 100 Kleinbauern angeregt. Sie poolen ihre Ressourcen, unterstützen einander beim Zugang zu den Märkten und umgehen vor allem Zwischenhändler. »Ein einzelner Fischer verdient das Fünf- oder Sechsfache, wenn er seinen Fisch direkt und nicht über einen Mittler verkauft«, sagt die Expertin. Sie rät der Regierung dringend, Bauern zum Zusammenschluß zu animieren, die Infrastruktur zu verbessern und in die Forschung zu investieren. Kenia benötige innovative Methoden und Technologien, die sich positiv auf die Gewinne der Bauern niederschlügen.

www.tegemeo.org

* Aus: junge Welt, 12. Oktober 2010


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