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Waffenruhe vereinbart

Tote bei Feuergefechten zwischen Kambodscha und Thailand *

Nach schweren Grenzgefechten ihrer Armeen mit mindestens fünf Todesopfern haben sich Thailand und Kambodscha auf eine Waffenruhe geeinigt. Beide Seiten arbeiteten an einer Normalisierung der Lage, erklärte der thailändische Regierungschef Abhisit Vejjajiva am Sonntag (6. Feb.). Allerdings gaben sie sich gegenseitig die Schuld für den Ausbruch der Kämpfe nahe des Tempels Preah Vihear, den beide Länder für sich beanspruchen.

»Die Armeen und die Außenministerien beider Länder arbeiten daran, die Situation zu normalisieren«, erklärte Abhisit einen Tag nach der Vereinbarung einer Waffenruhe zwischen Bangkok und Phnom Penh. Zugleich hob er hervor, die Feuergefechte an dem umstrittenen Teilstück der Grenze machten deutlich, »daß wir es nie versäumen, unsere Souveränität zu schützen«.

Abhisit wird seit Tagen von den sogenannten Gelbhemden für seinen Umgang mit dem Grenzstreit kritisiert. Rund 5000 Mitglieder der königstreuen Bewegung protestierten am Samstag vor dem Regierungssitz in Bangkok und warfen Abhisit Führungsschwäche vor. Der Regierungschef habe vor Kambodscha »kapituliert«, sagte ein Anführer der Bewegung.

Bei den Grenzgefechten am Freitag (4. Feb.) waren neuen Angaben zufolge mindestens vier Menschen getötet worden. Nach Angaben des Militärs starben bei den rund zweistündigen Kämpfen auf kambodschanischer Seite zwei Soldaten und ein Zivilist. Nach Regierungsangaben aus Bangkok kam durch Artilleriebeschuß zudem ein thailändischer Dorfbewohner ums Leben. Bei erneuten Kämpfen in der Nacht zu Samstag kam nach Angaben des Militärs ein thailändischer Soldat ums Leben. Mehrere Soldaten beider Länder wurden zudem verletzt.

Die Medien in Thailand und Kambodscha veranschlagten die Opferzahlen auf der jeweils anderen Seite deutlich höher. In thailändischen Zeitungen war von 64 getöteten Soldaten aus Kambodscha die Rede, die kambodschanischen Medien sprachen von 30 getöteten thailändischen Soldaten. Auf beiden Seiten der Grenze wurden mehrere Dörfer evakuiert. Allein auf thailändischer Seite flüchteten etwa 8000 Bewohner. Am Sonntag seien die ersten aber zurückgekehrt, erklärte der Gouverneur der thailändischen Grenzprovinz Sri Sa Ket.

Es waren die schwersten Gefechte seit mehr als zwei Jahren. Der Tempel Preah Vihear sorgt seit Jahrzehnten für Spannungen zwischen Phnom Penh und Bangkok. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag entschied 1962, daß die Ruinen von Preah Vihear zu Kambodscha gehören. Der Haupteingang des Tempels liegt aber auf thailändischem Gebiet.

Im Juli 2008 verschärfte sich die Lage, nachdem die UNESCO zum Ärger thailändischer Nationalisten den Tempel als kambodschanisches Gebäude in die Weltkulturerbe-Liste aufnahm. Wegen des jahrzehntelangen Konflikts gibt es an mehreren Stellen immer wieder Gefechte an der Grenze, deren genauer Verlauf nie vollständig festgelegt wurde.

Das kambodschanische Außenministerium wandte sich am Samstag (5. Feb.) schriftlich an den UN-Sicherheitsrat, um dessen »Aufmerksamkeit auf die explosive Lage an der Grenze zu lenken«. Die USA und Frankreich riefen beide Seiten zur Zurückhaltung auf. (AFP/jW)

* Aus:junge Welt, 7. Februar 2011


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