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Acht Jahre wegen "Spionage"

Kambodscha: Gefängnisstrafen für thailändische Grenzkritiker

Von Thomas Berger *

Ein in Kambodscha verhängtes Gerichtsurteil droht, die ohnehin zugespitzten Spannungen zum westlichen Nachbarn Thailand weiter zu verschärfen. Gemäß dem Richterspruch sollen die Angeklagten Veera Somkwamkid und Ratree Pipatanapaiboon wegen illegalen Grenzübertritts und angeblicher Spionage für acht bzw. sechs Jahre ins Gefängnis. Dagegen wollen die Betroffenen mit ihren Anwälten in Berufung gehen. »Das ist nicht akzeptabel, so sieht keine Gerechtigkeit aus. Wir werden das vor einem höheren Gericht ausfechten«, sagte Veera anschließend an die Urteilsverkündung vor Pressevertretern.

Insgesamt sieben thailändische Staatsbürger waren Ende Dezember festgenommen worden, als sie nahe Preah Vihear die grüne Grenze zwischen den beiden südostasiatischen Staaten übertreten hatten. Unabsichtlich, wie es seitens der Verhafteten hieß, doch so ganz überzeugend ist diese Verteidigungslinie nicht. Denn es handelt sich um besonders radikale Vertreter der sogenannten Gelbhemden. Die Volksallianz für Demokratie (PAD), wie sich die Bewegung offiziell nennt, hat in der Vergangenheit unter anderem mit der tagelangen Besetzung beider Hauptstadt-Flughäfen in Bangkok von sich reden gemacht. In jüngster Zeit verlegte sich die PAD schwerpunktmäßig auf massive Kritik an der regierungsamtlichen Linie im Grenzstreit mit Kambodscha.

Preah Vihear ist ein mittelalterlicher Khmer-Tempel, der in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen werden soll. Wem das einige Hektar große Areal gehört, ist allerdings mindestens seit den 1960er Jahren umstritten, die Grenzlinie verläuft faktisch irgendwo zwischen den jahrhundertealten Tempelruinen. 2008 war es zu einer militärischen Konfrontation gekommen, doch Ende vergangenen Jahres hatten die Regierungen in Phnom Penh und Bangkok nicht nur verbal, sondern auch real abgerüstet und ihre Patrouilleneinheiten in dem Bereich von dem Tempelgelände zurückbeordert. Die PAD sieht Preah Vihear aber als nicht verhandelbaren Teil Thailands und wollte dies mit der Abordnung auch an Ort und Stelle deutlich machen. Fünf der sieben Festgenommenen wurden inzwischen gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt. Veera allerdings, dessen Assistent Ratree ist, gilt als Rädelsführer, gegen den auch der verschärfte Spionagevorwurf aufrecht erhalten wurde.

* Aus: junge Welt, 3. Februar 2011


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