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Kambodschas neue Airline

Cambodia Angkor Air hob zum Jungfernflug ab

Von Michael Lenz, Siem Reap *

Kambodscha hat eine neue Fluggesellschaft. Gestartet wird mit einer sehr kleinen Flotte, doch in den kommenden Jahren sollen mehr Maschinen wie Flugziele dazukommen.

»Willkommen an Bord, begrüßt ein charmant lächelnder Steward die gut 20, die an diesem Freitagnachmittag von Phnom Penh nach Siem Reap fliegen wollen. Zu schwarzer Hose und weißem Hemd trägt der junge Mann eine Krawatte in Lila, der Farbe der neuen Fluggesellschaft Cambodia Angkor Air (CAA), die erst vier Tage zuvor, am 28. Juli, von Phnom Penhs Flufghafen Pochentong zu ihrem Jungfernflug abgehoben hatte.

Kambodschas Ministerpräsident Hun Sen preist die »nationale Fluggesellschaft« als wichtige Förderung von Wirtschaft und vor allem des Tourismus, der bereits zwölf Prozent der kambodschanischen Volkswirtschaft ausmacht. CAA ist der neue Versuch einer kambodschanischen Airline, nachdem 2001 ihre Vorgängerin Royal Air Cambodge in einem Bankrott abgestürzt war.

Zum Start besteht die CAA-Flotte aus nur zwei Propellermaschinen des Typs ATR 72 und einem Airbus A 321. Bescheiden ist auch das Streckennetz. Zunächst verkehren die Maschinen nur zwischen Phnom Penh und Siem Reap, dem Tor zu den historischen Tempeln des alten Königreichs Angkor, sowie Ho Chi Minh City in Vietnam. Aber die Zeichen stehen auf Expansion. Weitere innerkambodschanische Flüge sollen hinzukommen, wenn später in diesem Jahr der Flughafen des Badeorts Sihanoukville an Kambodschas Küste eröffnet wird. Internationale Ziele wie Laos und Thailand will man anfliegen, wenn bis spätestens Ende 2010 zwei bestellte Airbusse ausgeliefert sind.

Die große Hoffnung besteht zudem darin, eines Tages mit CAA auch in Europa einschweben zu können. Wer heute von Frankfurt, Paris oder London zu den Tempeln von Angkor, zum Baden an Kambodschas Küste oder zum Ökourlaub am Mekong will, muss in Bangkok umsteigen. Diese Abhängigkeit von Thailand bekommt der Kambodschatourismus gerade bitter zu spüren. Unter dem dramatischen Einbruch des Tourismus in Thailand in Folge der Wirtschaftskrise, der Schweinegrippe und vor allem der politischen Unruhen leidet auch Kambodscha.

Bis 2015 hoffe man, die Flotte auf zehn Maschinen aufstocken zu können, sagte Pham Ngoc Minh zum Start von CAA. Der Mann ist Direktor der staatlichen Fluggesellschaft Vietnam Airlines (VN), die 49 Prozent der mit 100 Millionen Dollar Kapital ausgestatten nationalen kambodschanischen Airline hält. Mit 51 Prozent ist Kambodscha der zweite Partner.

Das vietnamesisch-kambodschanische Joint Venture sehen viele Kambodschaner jedoch mit Stirnrunzeln, haben sie doch immer Angst vor einer Dominanz des mächtigen Nachbarn Vietnam. Sokhon, ein Tuk Tuk-Fahrer am Flughafen von Siem Reap, spottet über die neue Airline: »Die sollte besser Vietkor heißen.«

Die Partnerschaft mit Vietnam kommt nicht von ungefähr. Seit der Befreiung Kambodschas vom Regime der Roten Khmer vor 30 Jahren durch die vietnamesische Armee bestehen zwischen der Volksrepublik und dem Königreich enge politische und wirtschaftliche Beziehungen. Vietnam hat zudem jüngsten Besucherstatistiken zu Folge Südkorea vom Spitzenplatz der Kambodschatouristen verdrängt.

Onlinebuchungen bei CAA sind aktuell noch nicht möglich, sollen aber demnächst kommen. Und auch über Kreditkartenzahlung im Stadtbüro von CAA wird derzeit noch mit der Bank verhandelt. Aber das sind wohl nur Kinderkrankheiten der weltneuesten Fluggesellschaft, die mit viel Mut in einer Krisenzeit startet, in der andere Airlines die Flügel streichen.

* Aus: Neues Deutschland, 3. August 2009


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