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Verhärtete Fronten

Jemens Rebellen wird mit Vernichtung gedroht

Von Karin Leukefeld, Amman *

Die arabischen Staaten beobachten den seit zwei Monaten andauernden Krieg zwischen Schiiten- Rebellen und den Regierungstruppen in Jemen mit wachsender Sorge. Die Arabische Liga versucht seit Dienstag zu vermitteln, bisher ohne Erfolg.

Die Militäroperation der jemenitischen Armee im Nordwesten des Landes spiegelt sich zunehmend in einem aufgehetzten innenpolitischen Klima wieder. Beim letzten Freitagsgebet äußerten Geistliche ihre Unterstützung für das Vorgehen der Regierung von Ali Abdullah Salih gegen die Milizen des Houthi-Stammes, die sie als »Handlanger Irans« und »Ketzer« bezeichneten. Der oberste Prediger der jemenitischen religiösen Universität, Scheich Abdul Madjid al-Zandani erklärte vor wenigen Tagen, Teheran versuche, die schiitische Ideologie nach Jemen zu exportieren und unterstütze die Houthi-Milizen.

In Iran, dass seine Sympathien für die bedrängten Glaubensbrüder in Jemen nicht verhehlt, wies man die Anschuldigung zurück und rief zu einem Dialog mit den Houthi-Rebellen auf. Iran werde in arabischen Staaten seit 2003 für jeden Aufstand und jeden innenpolitischen Konflikt im Mittleren Osten verantwortlich gemacht, kritisierte Mahdjub Zweiri vom Institut für Iranstudien an der Universität Amman im arabischen Sender Al Dschasira. Die Anschuldigungen seien »übertrieben«. »Was in (in der Provinz) Saada geschieht, kann nur im jemenitischen Zusammenhang verstanden werden, es hat mit den Stämmen zu tun. Die Frage der (sunnitischen) Wahabiten und die Frage der Schiiten zu vermischen, macht die Sache nur komplizierter, löst sie aber nicht.«

Die starke Minderheit der Zaiditen in Jemen, einer schiitischen Strömung des Islam, fordert mehr religiöse Rechte im Rahmen eines Imamats, wie es seit Jahrhunderten in der Region bestanden hatte, bevor es 1962 gestürzt worden war. Den Zaiditen gegenüber steht die sunnitische Mehrheit, die vor allem der strengen Schule der Wahabiten folgt, die in Saudi-Arabien herrschen. Weil der Wahabit Osama Bin Laden ursprünglich aus Jemen stammt, wird neben einer angeblichen schiitischen Gefahr von den westlichen Partnern Jemens die Gefahr einer neuen Qaida heraufbeschworen. Arabische Staaten wie Saudi-Arabien und Ägypten unterstützen das Vorgehen der Regierung in Sanaa.

Jemens Präsident Saleh, der selber den Zaiditen angehört, hat die Vernichtung der Houthi-Milizen angekündigt, egal, wie lange der Kampf dauern werde. Die Regierung sei »entschlossen, die Unruhen zu beenden« und werde »Sicherheit und Stabilität in der Saada-Provinz wieder zum Recht verhelfen«, erklärte er vor Truppen kurz vor ihrem Abmarsch in das Kriegsgebiet. Die Bevölkerung wird, auch im Fernsehen, aufgerufen, Blut für die Soldaten zu spenden.

Im Süden des Landes kam es derweil erneut zu Demonstrationen gegen die Zentralregierung, von der sich die Bevölkerung vernachlässigt und politisch ausgegrenzt fühlt. Tausende Demonstranten forderten in verschiedenen Städten die Freilassung aller in den letzten sechs Monaten festgenommener Personen und protestierten gegen das gewaltsame Vorgehen der jemenitischen Armee gegen führende Mitglieder der dortigen Opposition. Auf Transparenten wurden die arabischen Staaten aufgefordert, Südjemen zu schützen.

Die Forderung richtete sich an den Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Moussa, der am Mittwoch zu Gesprächen mit dem jemenitischen Präsidenten Salih zusammentraf. Ob die Arabische Liga bei den innenpolitischen Konflikten Jemens erfolgreich vermitteln konnte, wurde nicht bekannt. Moussa sprach nach dem Treffen lediglich von der »Notwendigkeit eines nationalen Dialogs«, um die Einheit Jemens zu erhalten.

* Aus: Neues Deutschland, 8. Oktober 2009


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