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Lateinamerikas Diplomatie aktiv gegen Israels Krieg

Kritik am Vorgehen der israelischen Streikräfte gegen die Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen. Erste Konsequenzen auf bilateraler Ebene

Von Marta Andujo *

Santiago de Chile/Lima/Montevideo/Managua/Buenos Aires/Havanna. Chile und Peru haben wegen der Militäroperationen der israelischen Streitkräfte im Gaza-Streifen ihre Botschafter in Israel zu Konsultationen in ihre Heimat zurückgerufen. Dies berichtete die deutsche Tageszeitung Die Welt unter Berufung auf Mitteilungen der Außenministerien der beiden südamerikanischen Länder. Zur Begründung der diplomatischen Maßnahme, die ein klares Anzeichen des zerrütteten Verhältnisses ist, sei die Verletzung des internationalen Menschenrechtes durch Israel bei der laufenden Militäroperation genannt worden.

In jüngster Zeit hatten auch andere Staaten der Region diplomatische Maßnahmen gegen Israel ergriffen, dessen Angriffe nach Angaben humanitärer Organisationen bislang über 1.500 Todesopfer gefordert haben. Generell nimmt die Kritik lateinamerikanischer Länder an Israels Vorgehen im Gaza-Streifen auch in internationalen Organisationen wie der UNO weiter zu. Mehrere dieser Länder haben einen nennenswerten Anteil von Immigranten aus der arabischen Welt und große jüdische Gemeinden.

Bolivien hat zum 30. August für israelische Staatsbürger die Visumspflicht für die Einreise wieder eingeführt. Damit kommt Israel in die Gruppe-III-Länder, was die Einreisebestimmungen angeht und steht auf einer Stufe mit "gescheiterten Staaten" und Ländern mit "rechtswidrig handelnden Führungen".

Die jüdische Gemeinde in Bolivien hat dazu erklärt, dass sie die Entscheidung der Regierung respektiere. Jedes Land habe das Recht, solche Regelungen einzuführen. Allerdings hoffe man darauf, dass die Visumspflicht zu einem künftigen Zeitpunkt wieder revidiert werde. Der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Bolivien, Ricardo Udle, wies jedoch die Qualifizierung Israels als "terroristischen Staat" zurück. Diese Einstufung hatte der Präsident von Bolivien, Evo Morales, vor wenigen Tage vorgenommen.

Auch die Präsidenten von Nicaragua und Uruguay protestierten scharf gegen die Militäroperationen der Armee Israels gegen Zivilisten in Gaza. Die Regierung Uruguays äußerte sich "konsterniert" wegen der wiederholten Bombardements von Zufluchtsorten der UNO, die diese für die Zivilbevölkerung eingerichtet hatte.

Nicaraguas Präsident Daniel Ortega prangerte anlässlich des 35. Jahrestages der Gründung der Luftwaffe seines Landes ebenfalls die israelischen Angriffe auf die Zivilbevölkerung an. In einer emotionalen Rede sagte Ortega, dass in diesem Gebiet des Nahen Ostens "zwei Völker, die Kinder Gottes sind, in Frieden leben können und gegenseitig ihr Territorium respektieren müssen".

Die Regierung Argentiniens verurteilte am Sonntag den zweiten Angriff durch israelisches Militär auf eine Unterkunft der UNO im Süden des Gazastreifens, die etwa 3.000 Schutz suchende Zivilisten beherbergte und zehn Menschenleben forderte. Argentinien "sieht den israelischen Angriff gegen eine Schule der Vereinten Nationen als einen kriminellen Akt an, der untersucht werden muss, um die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen", so die Mitteilung des Außenministeriums in Buenos Aires. Die Regierung des südamerikanischen Landes fordert eine dringliche Aktion des Weltsicherheitsrates der Vereinten Nationen, um ein Ende der Militäreinsätze zu erreichen.

Kubas Außenministerium bekräftigte bereits Ende vergangener Woche in einem Kommuniqué seine "unerschütterliche Solidarität mit dem palästinensischen Volk und seinem Recht auf Selbstbestimmung sowie der Errichtung eines unabhängigen Staates mit Jerusalem als Hauptstadt". Kubas Außenministerium hatte bereits am 11. Juli eine ähnliche Erklärung herausgebracht. Der sozialistische Karibikstaat hatte 1973 die Beziehungen mit Israel angebrochen, die seit dem Sechstagekrieg 1967 schwer belastet waren. Ungeachtet des diplomatischen Zerwürfnisses gibt es in Kuba eine aktive und wachsende jüdische Gemeinde.

* Aus: Internet-Portal amerika 21; 5. August 2014; https://amerika21.de


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