Hisbollah und Hamas weiter tabu
Kontaktprobleme und Schuldzuweisungen: Deutscher Außenminister beendet zweitägige "Nahostmission"
Von Karin Leukefeld, Damaskus *
In Rekordzeit von zwei Tagen beendete der deutsche Außenminister seine
»Nahost-Mission«, wie die Agentur AP Frank-Walter Steinmeiers
Stippvisite in Syrien und Libanon nannte. Am Dienstag abend (7. Juli) verließ er
die Region wieder, nachdem er mit dem libanesischen Präsidenten Michel
Sleiman, dem designierten Ministerpräsidenten Saad Hariri sowie
Parlamentssprecher Nabi Berri gesprochen hatte. Vertreter der für einen
dauerhaften Friedensprozeß im Nahen Osten unverzichtbaren libanesischen
Hisbollah oder der palästinensischen Hamas traf er nicht, was seine
Haltung beispielsweise von der Großbritanniens unterscheidet: So war die
britische Botschafterin Francis Guy jüngst mit dem
Hisbollah-Abgeordneten Mohammad Raad zusammengetroffen.
Wie schon tags zuvor in Damaskus verwies Steinmeier auch in Beirut auf
die vorgeblichen »Chancen für einen nachhaltigen Friedensprozeß« in der
Region, wenn die Nahoststaaten die »von US-Präsident Barack Obama
vorgelegte Friedensinitiative« ergreifen würden. »Gemeinsam« müsse es
gelingen, »diejenigen, (...) die den Frieden in den letzten Jahren immer
wieder gestört haben«, (...) kleinzu-halten«, hatte Steinmeier in Damaskus
gesagt. Dabei vermied er zwar, die libanesische Hisbollah und
palästinensische Hamas als Organisationen für »Unfrieden« verantwortlich
zu machen, verwies aber auf »störende Elemente« in Hisbollah und Hamas,
die »kein Interesse an Friedensverhandlungen« hätten. Daß das
Oppositionsbündnis um die Hisbollah bei den Wahlen Anfang Juni die
meisten Stimmen auf sich vereinen konnte, schien Steinmeier nicht zu
interessieren.
Ob die libanesische Seite die Situation der palästinensischen
Flüchtlinge bei den Gesprächen mit Steinmeier angesprochen hat, ist
nicht bekannt. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu
hatte erst kürzlich erneut das Recht der palästinensischen Flüchtlinge
auf Rückkehr kategorisch ausgeschlossen und statt dessen die arabischen
Nachbarländer aufgefordert, für deren Integration zu sorgen. Der
libanesische Präsident Sleiman hatte die Äußerungen Netanjahus
zurückgewiesen. Die politische und soziale Struktur des Libanon erlaube
es nicht, mehr als 400000 palästinensische Flüchtlinge aufzunehmen und
ihnen ein angemessenes Leben zu gewähren, sagte Sleiman. Tausende junge
Libanesen verließen ihre Heimat, weil sie im Libanon keine Arbeit fänden.
In Damaskus hatte Steinmeier ein »objektives Interesse Syriens an einem
erfolgreichen Friedensprozeß im Mittleren Osten« konstatiert. Das »neue
Verhältnis« zwischen Damaskus und Beirut sei ein positives Zeichen,
reiche aber nicht aus. Unterdessen stagnieren in Beirut die Versuche,
eine Regierung zu bilden. Anonyme Quellen in arabischen Zeitungen
behaupteten, Damaskus unterstütze das Hisbollah-dominierte
Oppositionsbündnis 8. März, während Saudi-Arabien auf den westlich
orientierten Saad Hariri setze. Ein Treffen zwischen dem saudischen
König Abdullah bin Abdel-Aziz und dem syrischen Präsidenten Bashar Assad
in Damaskus, wird für Mitte Juli erwartet.
* Aus: junge Welt, 9. Juli 2009
Steinmeier in Jerusalem
Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat sich am Montag (6. Juli) im Rahmen seiner Nahostreise in Jerusalem mit Israels Präsident Shimon Peres, Ministerpräsident Binyamin Netanyahu und seinem Amtskollegen Avigdor Lieberman getroffen.
Im Mittelpunkt der Gespräche standen der israelisch-palästinensische Konflikt und die iranische Bedrohung. Auch die Rolle Syriens wurde thematisiert.
Bei seinem Treffen mit Lieberman bekräftigte Steinmeier, dass Deutschland über die iranische Bedrohung besorgt sei und das gegenwärtige Verhalten des Regimes in Teheran keinesfalls zu einer Lösung des Konflikts beitrage. Womöglich werde ein direktes amerikanisches Engagement helfen. Syrien müsse gegen destruktive Kräfte vorgehen und das Verhältnis zu seinen Nachbarn neu definieren.
Lieberman wies seinen Gast darauf hin, dass sich die Palästinenser der Aufnahme von Verhandlungen mit Israel ohne Vorbedingungen verweigern würden.
Bei der Frage des Siedlungsbaus im Westjordanaland vertraten die Außenminister unterschiedliche Auffassungen. Dennoch bewerteten beide das Treffen als positiv.
(Yedioth Ahronot/Maariv, 06.07.09)
Quelle: Newsletter der israelischen Botschaft in Berlin, 7. Juli 2009
Siehe auch:
Steinmeier hastete durch Damaskus
Syrien-Besuch des deutschen Außenministers bestätigte Ressentiments der Gastgeber (9. Juli 2009)
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