Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Baustopp im Westjordanland?

Israel vergibt offenbar keine Genehmigungen mehr für Siedlungen

Von Oliver Eberhardt *

Israels Regierung hat einen inoffiziellen Baustopp für Siedlungen im Westjordanland verhängt. Medienberichten zufolge werden keine neuen Baugenehmigungen erteilt; teilweise ruhen auch bereits gestattete Projekte.

Regierungschef Benjamin Netanjahu habe Wohnungsbauminister Uri Ariel von der Siedlerpartei HaBajit HaJehudi in der vergangenen Woche aufgetragen, keine neuen Baugenehmigungen mehr zu erteilen, berichtet Israels Militärradio Galei Zahal. Eine Bestätigung der Regierung gibt es dafür nicht. »Ich kommentiere grundsätzlich nicht, was ich mit dem Regierungschef bespreche«, sagte Ariel der BBC. Doch die Lobby-Organisation Jescha bestätigt die Anordnung: »Wir haben vom Büro des Premierministers gesagt bekommen, dass keine neuen Baugenehmigungen erteilt werden«, sagt Sprecher Jigal Dimoni.

Im Kern bedeutet dies: Alle Projekte, für die noch keine Baugenehmigung erteilt worden ist, ruhen. Ausnahme: In Beit El nördlich von Jerusalem sollen 296 Wohnungen als Gegenleistung für die freiwillige Räumung eines nicht genehmigten Außenpostens gebaut werden; die Baugenehmigung wurde am Wochenende ausgefertigt. Da sich das Bauland allerdings nahezu vollständig in palästinensischem Privatbesitz befindet, ist auch dort nicht mit einem baldigen Baubeginn zu rechnen. Die Anordnung betrifft auch das E1-Projekt außerhalb Jerusalems, das nach der Aufwertung Palästinas zum UN-Nichtmitgliedsstaat im November für internationale Kritik gesorgt hat.

Bereits genehmigte und begonnene Projekte dürfen jedoch weitgehend fortgeführt werden, was bereits beim vorangegangenen Baustopp 2010 der Fall war. Hier wären dem Gesetz zufolge gerichtliche Verfügungen notwendig. Allerdings wurde in den vergangenen Tagen mehreren bereits seit Längerem anhängigen Klagen von palästinensischen Landbesitzern stattgegeben, nachdem der Staat seine Einwände zurückgezogen und die Einstellung der Arbeiten angeordnet hatte.

Victoria Nuland, Sprecherin des US-Außenministeriums, äußerte sich zuversichtlich: Die Maßnahmen seien ein wichtiger Schritt zu einer Annäherung. Der Baustopp ist eine Hauptforderung der palästinensischen Regierung vor einer Rückkehr an den Verhandlungstisch. Washingtons Außenminister John Kerry hofft nun auf neue Verhandlungen bereits im Juni.

Dass Israels Regierung zu den Entwicklungen schweigt, dürfte aus Rücksicht auf die den Siedlern nahe stehende Koalitionspartei HaBajit HaJehudi geschehen: Dort hatte man angekündigt, den ohnehin schon heftigst umstrittenen Jahreshaushalt abzulehnen, falls es einen Baustopp geben sollte - die Light-Version wird deshalb allgemein als Kompromiss gewertet.

Ob die Palästinenser darauf eingehen werden, ist aber noch unklar: Im Büro von Präsident Mahmud Abbas äußert man sich zurückhaltend. »Wir brauchen eine offizielle Bestätigung von Israel«, sagte sein Sprecher Nabil Abu Rudeineh.

* Aus: neues deutschland, Mittwoch, 15. Mai 2013


Zurück zur Israel-Seite

Zurück zur Homepage