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Israelischer Siedlungs- und Mauerbau sind völkerrechtswidrig ...

... und verschlechtern die Lebensumstände der palästinensischen Bevölkerung. Erklärung der EU / Declaration of the European Union.

Am 18. November 2003 traf sich der Assoziationsrat Europa-Israel in Brüssel. Die EU verabschiedete hierbei eine Erklärung, die sich kritisch mit der Situation im Nahen Osten auseinandersetzt und dabei insbesondere die Siedlungspolitik und den Mauerbau Israels sowie die dadurch bedingte wirtschaftliche Strangulierung Palästinas verurteilt.
Lesen Sie hier zunächst einen zusammenfassenden Text zur EU-Erklärung. Die Erklärung selbst ist - in englischer Sprache - als pdf-Datei herunterzuladen: Declaration of the European Union.


Die Europäische Union hat Israel aufgefordert, den Bau der Sperranlage zum Westjordanland einzustellen und bereits gebaute Abschnitte der Sicherungsanlage abzureißen. In einer Erklärung zum Assoziationsrat mit Israel [FOURTH MEETING OF THE ASSOCIATION COUNCIL EU - ISRAEL 1 (Brussels, 17 – 18 November 2003) Declaration of the European Union"] warnte die EU, dass der von der "grünen Linie" abweichende Verlauf des Sicherheitszauns die künftigen Verhandlungen über den endgültigen Grenzverlauf vorwegnehmen könne. Eine Zwei-Staaten-Lösung des Konflikts würde dadurch physisch unmöglich gemacht.

Die EU kritisierte auch die Ausweisung der Gebiete zwischen Sperrzaun und "grüner Linie" als militärische Sperrzone. Dies sei eine de-facto-Änderung der Rechtsstellung dort lebender Palästinenser, wodurch sich deren Lebensumstände noch verschlechterten. Die EU rief Israel deshalb auf, den Bau der Anlage in den besetzten Gebieten einschließlich Ost-Jerusalems und Umgebung einzustellen und rückgängig zu machen. Der jetztige Verlauf des Zauns weiche von der Waffenstillstandslinie von 1949 ab und verletze einschlägiges Völkerrecht.

Die ohnehin schon unsichere Situation werde durch die anhaltende Ausweitung der Siedlungen noch verschärft, kritisierte die EU weiter. Dies stehe im Widerspruch zum Friedensfahrplan und sei ein Hindernis für den Frieden. Israel solle in einem ersten Schritt alle Siedlungstätigkeiten sofort einstellen und die seit März 2001 errichteten Siedlungen abbauen.

Wie zur Bestätigung der EU-Kritik wurde am selben Tag bekannt, dass das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zum Ende des Monats seine Lebensmittelhilfen für 50.000 palästinensische Familien einstellen werde. Ein Sprecher der Hilfsorganisation verband die Bekanntgabe der Maßnahme mit einer deutlichen Kritik an der israelischen Politik. Das IKRK sei nur dazu da, um Hilfe in Notfällen zu leisten, sagte Paul Fruh. Diese solle nicht zu einer Dauereinrichtung werden. Eine Lösung könne nur darin liegen, den Palästinensern endlich wieder ein normales Leben zu erlauben und die Straßensperren im Westjordanland endlich aufzuheben. Die israelischen Sperren hätten die palästinensische Wirtschaft praktisch zum Erliegen gebracht, weshalb viele palästinensische Familien auf Hilfen angewiesen seien.

Die EU kritisierte darüber hinaus, dass Israel ein Verbot offizieller Besuche bei Palästinenserpräsident Jassir Arafat verhängt habe. Die EU fordere freie und ungehinderte Kommunikationswege für alle Gesprächspartner aus der EU einschließlich des EU-Nahostbeauftragten Marc Otte. Israel hatte Otte seit Oktober boykottiert, weil der EU- Beauftragte sich mit Arafat getroffen hatte.

"Terroranschläge gegen Israel" ließen sich in keiner Weise rechtfertigen, erklärte die EU weiter. Die Palästinensische Autonomiebehörde müsse ihre Entschlossenheit unter Beweis stellen, extremistische Gewalt zu bekämpfen. Das Recht Israels, seine Bürger vor Anschlägen zu schützen, wurde ausdrücklich anerkannt.

Die israelische Regierung solle alle Anstrengungen unternehmen, um Opfer in der Zivilbevölkerung zu vermeiden und nichts unternehmen, was die humanitäre und wirtschaftliche Lage der Palästinenser verschlimmere. Israel solle von Sanktionen absehen, die nicht mit dem Völkerrecht in Einklang stünden. Dies schließe außergerichtliche Hinrichtungen und die Zerstörung von Häusern ein.

Die Reaktion aus Israel ließ nicht lange auf sich warten. Der israelische Außenminister Silvan Schalom lehnte den Abriss der Sperranlage zum Westjordanland erneut ab. Der Wall sei aber "rücknehmbar" und auch im Verlauf noch änderbar, betonte Schalom in Brüssel gegenüber dem Fernsehsender Euronews. Sollte Israel sich mit den Palästinensern auf ein Friedensabkommen und den endgültigen Status der Autonomiegebiete einigen, könne der Wall verschoben werden. Solange die Verhandlungen diesen Stand aber nicht erreicht hätten, werde die israelische Regierung "alles tun, um unser Volk zu schützen".

Zusammengestellt nach Agenturmeldungen vom 18. und 19. November 2003: Pst


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