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Israelische Bomben auf Gaza

Stärkste Luftangriffe seit Krieg von 2009 *

Israelische Kampfjets haben in der Nacht zum Donnerstag (24. Feb.) im Gazastreifen die schwersten Angriffe seit dem Gaza-Krieg vor gut zwei Jahren geflogen. Dies bestätigte eine israelische Militärsprecherin in Tel Aviv. Israel reagierte damit auf einen Raketenangriff militanter Palästinenser auf die israelische Stadt Beerscheva in der Negev-Wüste. Seit Mittwoch wurden bei israelischen Angriffen aus der Luft und mit Panzern in dem Küstenstreifen am Mittelmeer ein Palästinenser getötet und 13 weitere verletzt.

Augenzeugen berichteten, in der Nacht hätten israelische Kampfjets und Hubschrauber immer wieder Ziele im Gazastreifen attackiert. Es habe eine kriegsähnliche Atmosphäre geherrscht. Den Berichten zufolge entstand bei den Attacken erheblicher Sachschaden. Bei einem der Luftangriffe am Mittwochabend wurde nach palästinensischen Berichten eine Gruppe von Aktivisten der Organisation Islamischer Dschihad getroffen. Zwei von ihnen seien dabei verletzt worden, teilte ein Krankenhaus in Chan Junis mit.

In der israelischen Stadt Beerscheva war am Mittwochabend (23. Feb.) erstmals seit zwei Jahren eine Rakete des Typs »Grad« eingeschlagen. Sie traf einen Hof, die nebenan lebende Familie wurde jedoch nicht verletzt, weil sie nach dem Raketenalarm einen Schutzraum aufgesucht hatte.

* Aus: Neues Deutschland, 25. Februar 2011

Die Darstellung der israelischen Regierung:

Raketenangriff auf Be‘er Sheva

Erstmals seit zwei Jahren ist Be’er Sheva wieder von einem Raketenangriff palästinensischer Terroristen aus dem Gaza-Streifen heimgesucht worden. Am Mittwochabend schlug eine Grad-Rakete in einem Wohnhaus in der südisraelischen Großstadt ein. Dabei wurden auch umliegende Gebäude und Fahrzeuge beschädigt.
Verletzt wurde bei dem Angriff niemand; allerdings mussten sich zehn Menschen, darunter vier Kinder, wegen Panikattacken im Krankenhaus behandeln lassen.
Der Eigentümer des getroffenen Hauses berichtet: „Wir gingen in den Keller, mein Sohn und ich, und plötzlich zersprang das gesamte Glas. Es war fürchterlich.“
Am Nachmittag waren zuvor bereits drei Mörsergranaten im Kreis Sha’ar Hanegev explodiert, die palästinensische Terroristen aus dem Gaza-Streifen abgefeuert hatten.

Die israelische Luftwaffe flog in Reaktion auf den Beschuss noch in der Nacht einen Angriff auf Terrorzellen in Gaza, darunter auf die, von der aus die Rakete abgefeuert worden war.

(Yedioth Ahronot, 23.02.11; mitgeteilt von der israelischen Botschaft in Berlin.)



Nützliche Terroristen?

Von Roland Etzel **

Die israelische Regierung gibt sich betont unbeeindruckt von den Umwälzungen in der arabischen Welt. Mit der gestrigen Bombardierung Gazas will sie offenbar unterstreichen, dass sie nichts, aber auch gar nichts an ihrer politischen Linie zu ändern gedenkt, also auch nicht vorhat, irgendwelche Gesten in Richtung Verständigung gegenüber den Palästinensern anzudeuten.

Soll jedes Geschoss aus Gaza über die Grenze weiter mit einem Hundertfachen an Raketen aus Israel beantwortet werden? Mit seiner Kompromisslosigkeit stärkt Netanjahu jene Kräfte in der Hamas, von denen diese militärisch sinnlosen und politisch kontraproduktiven Beschießungsaktionen ausgehen. Und das ist wohl auch beabsichtigt, liefern sie doch den Vorwand, mit den »Terroristen« von der Hamas nicht reden zu müssen. Es scheint beinahe, als wären sie erwünscht.

Seit Wochen warnt Netanjahu vor steigender Kriegsgefahr in der »Region«, meint damit aber nicht die Umwälzungen in den Nachbarländern. Außenminister Lieberman reklamierte bereits Forderungen der Kairoer Opposition nach einer Öffnung der ägyptischen Grenze zu Gaza als Kriegsgrund. Auch der Regierungswechsel in Libanon wurde mit alles andere als gutnachbarlichen Worten kommentiert. Die EU sollte nicht so tun, als lägen die Gründe, sich um die Mittelmeerregion zu sorgen, allein in Libyen.

** Aus: Neues Deutschland, 25. Februar 2011 (Kommentar)


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