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Proteste gegen Queen

Erster Staatsbesuch der englischen Königin in Irland

Von Florian Osuch *

Begleitet von Protesten republikanischer Gruppierungen wie der Linkspartei Sinn Féin und der sozialistischen Organisation Éirígí ist die britische Königin Elisabeth II. am Dienstag zu einem mehrtägigen Staatsbesuch in Irland eingetroffen. Es ist die erste Visite aus dem englischen Königshaus seit der Unabhängigkeit des Landes von Großbritannien.

Im Zentrum der irischen Hauptstadt sind seit dem Wochenende ganze Straßenzüge abgesperrt, um Protestierende fernzuhalten. Die irische Polizei hat sich auf ihren bisher größten Einsatz mit bis zu 8000 Beamten eingerichtet, die auch von irischen Soldaten unterstützt werden. Die nordirische Polizei entsandte Wasserwerfer nach Dublin.

Im Norden Irlands wurden indes drei führende Mitglieder kleinerer irisch-republikanischer Gruppierungen verhaftet. Nach Angaben des Netzwerks Irish Solidarity wurden zwei Aktive von Republican Sinn Féin (RSF) festgenommen, ein 25jähriger ehemaliger politischer Gefangener sowie eine 26jährige, die der Nationalen Leitung von RSF angehört. Beiden wird Unterstützung terroristischer Aktivitäten vorgeworfen. Die Anklage stützt sich auf ein Fernsehinterview, welches die am Samstag Festgenommenen vor Monaten gegeben hatten. RSF gilt als politischer Arm der nach wie vor militant kämpfenden Splittergruppe »Continuity IRA«.

Am Montag (16. Mai) wurde zudem die Inhaftierung der bekannten Republikanerin Marian Price bestätigt. Die 57jährige Sprecherin des »32 County Sovereignty Movement« wurde bereits am vergangenen Freitag festgenommen, ebenfalls unter dem Vorwurf der Terrorismusunterstützung. Nach Angaben des britischen Rundfunks BBC soll sie im April bei einer Zeremonie zur Erinnerung an den irischen Osteraufstand von 1916 den Redezettel eines maskierten Mannes gehalten haben, der eine traditionelle Osterbotschaft verlas. Price war bereits 1973 für IRA-Bombenanschläge in London zu lebenslanger Haft verurteilt worden, wurde aufgrund ihres Gesundheitszustandes jedoch frühzeitig entlassen. Ihrer Vereinigung werden Verbindungen zur recht aktiven Splittergruppe »Real IRA« nachgesagt. Diese spaltete sich 1998 im Zuge der Friedensverhandlungen in der Unruheprovinz von der damaligen Stadtguerilla IRA ab.

Die Linkspartei Sinn Féin wies indes darauf hin, daß unter der inzwischen 60 Jahre währenden Thronherrschaft der Queen annähernd 400 Personen in Irland von Militär und Polizei Großbritanniens getötet wurden. Diese Zahl beinhalte noch nicht die zahlreichen Iren, die von »loyalistischen Todesschwadronen unter geheimer Absprache oder mit dem Einverständnis von britischen Sicherheitskräften getötet wurden«, hieß es weiter.

Hauptakteur bei den Protesten ist jedoch die erst vor wenigen Jahren gegründete sozialistische Organisation Éirígí. Eine zentrale Demonstration unter dem Motto »Freiheit statt Königsbesuch« soll am Mittwoch abend in Dublin stattfinden. Éirígí hat einen Marsch zum Schloß Dublin angekündigt. Dort treffen zeitgleich ausgewählte Personen aus Politik und Wirtschaft mit der Queen zu einem Festbankett zusammen.

* Aus: junge Welt, 18. Mai 2011


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