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Langer Wunschzettel

Ein Ausschuss des Teheraner Parlaments will Verhandlungsergebnis zu iranischem Atomprogramm nachbessern

Von Knut Mellenthin *

An Störmanöver aus dem US-Kongress gegen die Gespräche zwischen dem Iran und der internationalen Sechsergruppe – bestehend aus den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats und Deutschland – ist man schon lange gewöhnt. Jetzt hat sich auch der Atomausschuss des iranischen Parlaments in die Diskussion eingeschaltet. Am Mittwoch stellte der Ausschussvorsitzende Ebrahim Karkhaneji eine lange Liste mit Forderungen zur Nachbesserung der Anfang des Monats in Lausanne erreichten Einigung vor.

Als erstes fällt die Tatsache auf, dass die Abgeordneten, die an diesem Papier mitgewirkt haben, offenbar die Darstellung der US-Regierung über den Verhandlungsstand für weitgehend korrekt halten. Das State Department hatte am 2. April ein Papier über die angeblichen Ergebnisse von Lausanne veröffentlicht. Das iranische Außenministerium hatte mit einer eigenen Darstellung geantwortet, aber diese wenige Stunden später ohne Angabe von Gründen wieder aus dem Netz genommen. Dem Anschein nach will die iranische Regierung vor der Bevölkerung möglichst lange geheimhalten, wie weit ihre Zugeständnisse in Lausanne gegangen sind. Offiziell wird in den iranischen Medien nur Siegesmusik gespielt.

Im Gegensatz dazu unterstellt der Parlamentsausschuss die amerikanische Behauptung als wahr, der Iran habe Beschränkungen seines Atomprogramms auf mindestens zehn, teilweise sogar auf 15 und 25 Jahre zugestimmt. Die Abgeordneten fordern, dass alle Maßnahmen generell nur für fünf Jahre gelten dürfen. Danach müsse der Iran das Recht zur freien Entwicklung seines zivilen Nuklearprogramms haben, das allen Unterzeichnern des Atomwaffensperrvertrags zusteht. Während der Fünfjahresfrist solle der Iran in seinen Anlagen zur Urananreicherung in Natanz und Fordo insgesamt 10.000 Gaszentrifugen betreiben dürfen, davon 656 in Fordo. Dem US-Papier zufolge würde dem Iran zehn Jahre lang nur der Betrieb von 5.000 Zentrifugen, und zwar ausschließlich in Natanz, erlaubt sein. In den Produktions- und Forschungsstätten von Fordo, die tief unterhalb eines Bergmassivs liegen und militärisch schwer anzugreifen sind, soll gar nicht mehr mit radioaktiven Stoffen gearbeitet werden dürfen.

Der Wunschzettel des Teheraner Parlamentsausschusses sieht dagegen ferner vor, dass der Iran das Recht haben soll, sofort nach Ablauf der Fünfjahresfrist seine alten, störanfälligen und wenig effektiven Zentrifugen durch einen moderneren Typ zu ersetzen. Außer voller Freiheit für die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit auf diesem Gebiet verlangen die Abgeordneten auch, dass der Iran schon während des Fünfjahreszeitraums alle erforderlichen Umbauten und Infrastrukturmaßnahmen vornehmen darf, um sofort nach Ablauf der Frist die erweiterte Produktion mit den neuen Maschinen aufnehmen zu können.

Der Atomausschuss fordert außerdem, dass »alle« Sanktionen sofort zu Beginn der Umsetzung des angestrebten Langzeitabkommens zwischen dem Iran und der Sechsergruppe beendet werden müssen. Damit befinden sich die Abgeordneten in Übereinstimmung mit Präsident Hassan Rohani, Außenminister Mohammed Dschawad Sarif und der höchsten politischen und religiösen Autorität des Landes, Ajatollah Ali Khamenei. Sie reagieren damit auf den Umstand, dass dieser Punkt für alle Kreise der iranischen Bevölkerung Priorität hat. In Wirklichkeit stand die »sofortige« Aufhebung »aller« Sanktionen in den Verhandlungen mit der Sechsergruppe noch nie zur Debatte. Gesprochen wird ausschließlich über die »nuklearbezogenen« Strafmaßnahmen, nicht aber über jene, die mit angeblichen Verstößen gegen die Menschenrechte, Unterstützung des internationalen Terrorismus, Destabilisierung der Region oder mit dem iranischen Raketenprogramm begründet sind. Irgendwann wird man wohl, falls man die Verhandlungen nicht scheitern lassen will, den Iranern auch darüber die Wahrheit sagen müssen. Die Gespräche mit der Sechsergruppe jedenfalls sollen am Mittwoch und Donnerstag kommender Woche in Wien fortgesetzt werden.

* Aus: junge Welt, Freitag, 17. April 2015


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