Iran ist nicht im Besitz von Atomwaffen - bastelt aber an Raketen
Aus einem US-Geheimdienstbericht
In einer Bedrohungsanalyse haben die elf US-amerikanischen Geheimdienste im Januar 2002 ein Profil mehrerer Staaten erstellt - darunter Iran, Nordkorea und Irak, die "Achse des Bösen" (US-Präsident Bush). Die Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) hat sie übersetzt. Wir dokumentieren im Folgenden Auszüge aus dem Iran-Papier. Mehr Informationen gibt es unter: www.hsfk.de
Irans Raketenarsenal ist eines der größten im Nahen Osten und beinhaltet einige
Shahab-3-Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von 1300 km und eine
Auswahl ungelenkter Raketen. Es ist unwahrscheinlich, dass sich Teherans
langfristiges Engagement in seinen ballistischen Raketenprogrammen - zu
Abschreckungs- und Kriegsführungszwecken - verringert.
Die Shahab-3-MRBM mit einer Reichweite von 1300 km - basierend auf der
nordkoreanischen No Dong - befindet sich in den letzten Entwicklungsstufen.
Zusätzlich zur Entwicklung von SRBMs und MRBMs wird Iran wahrscheinlich
Trägerraketen entwickeln, um Satelliten in die Umlaufbahn bringen zu können und
die technische Grundlage für die Entwicklung von Mittelstreckenraketen
(intermediate- range ballistic missiles, IRBMs)/ICBMs bilden zu können, die in der
Lage wären, Nutzlasten nach Westeuropa und die USA zu befördern. Iran wird
wahrscheinlich diese Gefechtsköpfe zuerst als Trägerraketen und nicht als
ballistische Raketen testen, um die dazugehörende IRBM/ICBM-Fähigkeit zu
demonstrieren, ohne die potenziellen politischen und wirtschaftlichen Kosten eines
Langstreckenraketentests zu riskieren.
Iran ist sich sicherlich des nordkoreanischen SLV/Raketenprogramms und der
Vorzüge bewusst, die Pjöngjang aus der dazugehörenden ICBM-Fähigkeit der
Taepo Dong-1 und -2 zu ziehen versucht hat.
Alle Dienste sind sich einig, dass Iran versuchen könnte, bis zur Mitte des
Jahrzehnts eine ICBM/Trägerrakete zu starten, obwohl die meisten Dienste
glauben, dass Iran dafür wahrscheinlich bis zur zweiten Hälfte des Jahrzehnts
braucht. Ein Geheimdienst schlussfolgert weiter, dass Iran wahrscheinlich keinen
erfolgreichen Test einer Interkontinentalrakete vor 2015 durchführen kann. Der
iranische Erwerb von kompletten Systemen oder größeren Subsystemen - wie der
nordkoreanischen TD-2 oder russischer Motoren - könnte seine Fähigkeit
beschleunigen, einen Flugtest mit einer ICBM/Trägerrakete durchzuführen.
Falls Iran komplette TD-2- Systeme von Nordkorea erwerben würde, könnte er
innerhalb eines Jahres nach der Lieferung einen Flugtest durchführen, was ihnen
Zeit gibt, eine Abschussvorrichtung zu bauen. Der iranische Erwerb ganzer
ICBM/SLV-Systeme aus Russland ist unwahrscheinlich. Im Gegenteil dazu würde
eine Pause oder ein Rückgang der Hilfe die Entwicklung und Flugtests dieser
Systeme um Jahre verzögern.
Die Intelligence Community kommt zu dem Schluss, dass Iran bis jetzt noch nicht
im Besitz einer Nuklearwaffe ist. Die meisten Geheimdienste nehmen an, dass
Teheran bis Ende des Jahrzehnts eine haben könnte, obwohl ein Dienst meint,
dass dies länger dauern wird. Einig sind sich alle darin, dass Iran diesen Zeitplan
mit ausländischer Hilfe um mehrere Jahre verkürzen kann. Iran unterhält
biologische und chemische Waffenprogramme. Ausländische Hilfe - vor allem aus
Russland, China und Nordkorea - bleibt für den Erfolg des iranischen
Raketenprogramms für die Dauer dieser Gefahreneinschätzung entscheidend.
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