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Friedensforscher und ehemalige Diplomaten fordern Kehrtwende in der Iranpolitik

Aide mémoire vorgelegt: "5 Minuten vor 12"

Pressemitteilung der AG Friedensforschung

Kassel, 27. März - Eine Gruppe ehemaliger Diplomaten und die Arbeitsgruppe Friedensforschung an der Uni Kassel haben ein Aide-mémoire verfasst, um die Bundeskanzlerin, den Bundesaußenminister und die Bundestagsfraktionen zu einem Überdenken ihrer bisherigen Haltung zum Atomstreit mit dem Iran zu bewegen.

Die Experten analysieren die jüngste Resolution des UN-Sicherheitsrats und werfen dem Gremium vor, weiter an der Eskalationsschraube zu drehen. Die in der Resolution geforderten Maßnahmen erinnerten "auf fatale Weise an das Sanktionsregime, das seiner Zeit gegen den Irak verhängt wurde". Die festgelegte Frist von 60 Tagen, innerhalb deren Iran die Forderungen des Sicherheitsrats erfüllen müsse, verengten das zur Verfügung stehende Zeitfenster.

Gleichwohl gebe es in der Resolution Ansatzpunkte, die für eine Gesamtlösung des Konflikt herangezogen werden könnten, so z.B. der in der Präambel formulierte Wunsch nach "Einrichtung einer von Massenvernichtungswaffen freien Zone im Nahen Osten".

Der von der Gruppe entwickelten Vorschlag zur konstruktiven Lösung des Atomstreits geht von der Notwendigkeit und Möglichkeit aus, die beiden "Schlüsselelemente" der gegenwärtigen Krise miteinander zu verkoppeln. Das ist einerseits das von der iranische Führung wahrgenommene Sicherheitsdefizit und andererseits die wiederholte Versicherung, nicht nach atomaren Waffen zu streben. Der Westen sollte die iranische Führung beim Wort nehmen und auf deren erklärte Bereitschaft eingehen, Urananreicherung nicht für die Entwicklung von Atomwaffen zu nutzen. Und als Gegenleistung räumt der Westen die Sicherheitsbefürchtungen der iranischen Führung hinsichtlich einer westlichen Intervention zu ihrem Sturz aus.

Ein solches Vorgehen würde sich strikt im Rahmen des geltenden Völkerrechts und der geschlossenen internationalen Verträge, insbesondere des Nichtverbreitungsabkommens bewegen. Danach müsse dem Iran das gleiche Recht auf Urananreicherung zugestanden werden, das alle anderen Vertragsstaaten auch haben. Die ausschließlich zivile Nutzung wäre weiterhin von der IAEO zu kontrollieren.

Daneben wird eine Reihe politischer Maßnahmen angeregt, die dazu beitragen sollen, die politischen Spannungen zwischen Iran und dem Westen zu mindern. Vor allem wird darauf hingewiesen, dass Sicherheit in der Nahostregion zuallererst als "gegenseitige Sicherheit" betrachtet werden muss. Vorschläge etwa aus den Reihen der LINKEN, der GRÜNEN oder der SPD, die darauf abzielen, in der Region des Persischen Golfes ein "System der Sicherheit und Zusammenarbeit" nach dem Vorbild der KSZE (heute OSZE), würden auf große Akzeptanz stoßen, wenn sie von der Bundesregierung und der Europäischen Union ernsthaft in Erwägung gezogen würden.

Für die AG Friedensforschung:
Peter Strutynski

Anlage: Aide-mémoire "Fünf Minuten vor 12" (pdf-Datei)


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