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Iran-Verhandlungen stecken fest

Atomstreit: USA und EU fordern mehr Sanktionen. Rußland und China bremsen

Von Knut Mellenthin *

Ohne Ergebnis endete am Sonnabend (1. Dez.) ein Treffen zwischen den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats –China, Frankreich, Großbritan-nien, Rußland und USA – zum Streit um das iranische Atomprogramm. Wie üblich war auch Deutschland zu der Beratung in Paris hinzugezogen worden. Die US-Regierung will mit Unterstützung des EU-Trios eine Verschärfung der UNO-Sanktionen gegen Iran durchsetzen. Rußland und China reagieren auf dieses Drängen zunehmend kritisch. In Moskau und Peking macht man sich Sorgen über die einseitig von den USA verhängten Sanktionen, die sich auch gegen die Wirtschaftsbeziehungen dieser beiden Länder mit Iran richten. Außerdem kritisieren beide Staaten, daß der Westen die positive Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen Teheran und der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) ignoriert.

Nachrichtenagenturen stellten in ihrer Berichterstattung am Wochenende Äußerungen eines anonymen französischen Diplomaten in den Vordergrund. Dieser hätte angeblich gesagt, das Treffen in Paris sei »in einem positiven Geist« verlaufen: »Es gibt Elemente, die uns Grund zur Annahme geben, daß wir in kurzer Zeit eine Resolution verfassen können«, heißt es. Das Fehlen jeder offiziellen Stellungnahme der Teilnehmer deutet allerdings darauf hin, daß weiterhin erhebliche Widersprüche zu überwinden sind.

Am Freitag (30. Nov.) waren die Chefunterhändler der Europäischen Union und Irans, Javier Solana und Said Jalili, in London zusammengekommen. Solana bezeichnete das fünfstündige Gespräch anschließend als »enttäuschend«. Er reagierte damit auf die seit langem bekannte Position, der zufolge Teheran offenbar nicht bereit ist, als Vorbedingung für die Aufnahme von Verhandlungen seine Arbeiten an der Urananreicherung einzustellen. Jalili hingegen bezeichnete die Unterredung als »positiv« und bekundete sein Interesse an einer Fortsetzung der Diskussion in nächster Zeit. Zunächst aber wird der iranische Chefunterhändler in dieser Woche nach Moskau reisen, um dort über »strategische ragen« zu beraten, wie es offiziell heißt.

In Teheran hatte man zuletzt auf einen konstruktiveren Verlauf der Debatte gehofft, nachdem Mohammed ElBaradei am 15. November seinen jüngsten Bericht zur Zusammenarbeit mit Iran vorgelegt hatte. Der Generaldirektor der IAEA stellte darin fest, daß alle »offenen Fragen« über die Entwicklungsgeschichte des iranischen Atomprogramms zufriedenstellend beantwortet seien oder voraussichtlich bis Jahresende geklärt werden könnten. Damit entfallen die Voraussetzungen für die Forderung an Iran, auf seine Urananreicherung zu verzichten.

Die IAEA hatte Iran im Jahr 2003 vorgeschlagen, als »vertrauensbildende Maßnahme« vorübergehend, also bis zur Beantwortung aller »offenen Fragen«, die Arbeiten an der Uran-Anreicherung zu unterbrechen. Dann aber verhärtete der Westen seine Position. Inzwischen wird von Iran ein vollständiger und unbefristeter Verzicht auf diesen Teil seines Atomprogramms gefordert.

* Aus: junge Welt, 3. Dezember 2007


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