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Der Fall Saberi geht in die Berufung

Indirekte Kritik Präsident Ahmadinedschads an Verurteilung US-iranischer Journalistin

Von Karin Leukefeld *

In ungewöhnlich offener Weise hat sich der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad zu dem Verfahren gegen die US-iranische Journalistin Roxana Saberi (31) geäußert. Sie war vor wenigen Tagen von einem sogenanntenRevolutionsgericht in Teheran zu einer achtjährigen Freiheitsstrafe wegen angeblicher Spionagetätigkeit für die USA verurteilt worden. Das Gericht müsse garantieren, daß der Gefangenen alle Rechte und Freiheiten zugestanden werden, die ihr nach iranischem Recht zustehen, heißt es in dem Schreiben des Präsidenten, das von seinem Büro veröffentlicht wurde. Er sei sicher, daß Saberi in der Haft nicht mißhandelt werde, erklärte er in einem Interview mit dem US-Fernsehsender ABC. Inzwischen bestätigte das Gericht, der Fall werde in die Berufung gehen, Saberi könne sich dann mit Hilfe ihrer Anwälte neu verteidigen.

Von 2002 bis 2006 hatte Roxana Saberi im Iran für verschiedene ausländische Medien gearbeitet, dann wurde ihr Presseausweis ohne Angaben von Gründen nicht mehr verlängert. Seitdem hatte sie nach Angaben ihrer Eltern an der Teheraner Universität Kultur und Geschichte des Iran studiert, sie habe die Absicht gehabt, ein Buch über den Iran zu schreiben. Im Januar 2009 war Saberi festgenommen worden, angeblich weil sie unbefugterweise Alkohol gekauft habe. Kurz darauf hieß es, sie habe nicht nur illegal als Journalistin gearbeitet, sie habe auch für die USA spioniert. Spionage kann im Iran mit dem Tode bestraft werden, ist allerdings auch ein beliebter Vorwurf, um unbequeme Journalisten mundtot zu machen.

Der Fall war erst Anfang März bekannt geworden, als der US-Radiosender National Public Radio (NPR) über Saberis Festnahme berichtete. Die US-Administration äußerte sich besorgt, Präsident Barack Obama forderte ihre Freilassung. Man bemühe sich mit Hilfe der Schweiz, die im Iran die US-Interessen vertritt, der Journalistin zu helfen, so Obama.

Angesichts der Annäherung zwischen Iran und den USA könnte es sich auch um eine innenpolitische Intrige handeln. Die Festnahme sei Resultat eines innenpolitischen Streits, in dem Hardliner versuchten, bessere Beziehungen zwischen beiden Staaten zu verhindern, vermuten Beobachter. Daß Ahmadinedschad sich überhaupt zu dem Fall äußert, könnte ein Zeichen sein, daß ihm die Festnahme ungelegen kommt.

Der US-Bürgerrechtskämpfer Jesse Jackson erklärte derweil, er wolle im Iran ein »humanitäres Gesuch« für die Freilassung Saberis vortragen, sofern man ihn einreisen lasse. »Ich hoffe, daß die iranische Führung (...) sie gehen läßt«, sagte Jackson. Mit einem emotionalen Brief meldete sich auch der Lebenspartner von Roxana Saberi zu Wort, der Regisseur Bahman Ghobadi. Er bat darum, vom Gericht als Zeuge gehört zu werden, sie sei »unschuldig«. Ghobadi appellierte an die iranische Staatsführung und an das Gericht, sie freizulassen: »Ich bitte Sie darum, sie aus ihren politischen Spielen herauszulassen«, heißt es in dem Schreiben. Im Jahr 2000 gewann Ghobadi mit dem Film »Zeit der trunkenen Pferde« die Goldene Kamera von Cannes.

* Aus: junge Welt, 24. April 2009


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