Der Fall Saberi belastet die Beziehungen USA - Iran
Nach dem Kauf einer Weinflasche verhaftet, steht die Journalistin wegen Spionageverdachts vor einem Teheraner Gericht
Von Karin Leukefeld *
Wegen Spionage für die Vereinigten Staaten von Amerika muss sich Roxana Saberi seit Montag vor einem Gericht in Teheran verantworten. Nach Angaben des US-Radiosenders National Public Radio arbeitete sie von 2002 bis 2006 als freie Journalistin in Iran. Der Prozess droht die sich bessernden Beziehungen zwischen beiden Staaten zu belasten.
Roxana Saberi war im Januar wegen des in Iran illegalen Kaufs einer Flasche Wein festgenommen worden. Ein Sprecher des iranischen Außenministeriums, Hassan Qashqavi, teilte später mit, die Journalistin habe illegal als Reporterin gearbeitet, ihr Presseausweis sei 2006 an das für Journalisten zuständige Ministerium für Kultur und Islamische Führung zurückgegeben worden. Kurz vor Beginn des ersten Verhandlungstages hieß es dann, Saberi sei wegen Spionage für die USA angeklagt. Nach iranischem Recht kann eine Verurteilung wegen Spionage mit dem Tode bestraft werden.
Roxanas Vater, Reza Saberi, erklärte gegenüber »Reporter ohne Grenzen«, seine Tochter habe »nur persönliche Notizen gemacht und kulturelle und literarische Entwicklungen kommentiert«. Sie habe vorgehabt, ein Buch über Iran zu schreiben, und habe an der Universität von Teheran Farsi und Iranische Kultur studiert.
Der stellvertretende Staatsanwalt in Sicherheitsfragen, Hassan Haddad, erklärte dem englischsprachigen Fernsehsender Press TV, Saberi habe zugegeben, in Spionagetätigkeiten verwickelt gewesen zu sein. Der Fall werde vor einer Abteilung des Revolutionsgerichtes verhandelt. Zusammen mit Roxana Saberi sei eine weitere Person verhaftet worden, die ihr geheimdienstliche Informationen übergeben habe. Der zuständige Richter Heydarifard sagte im staatlichen Fernsehen, Saberi »benutzte den Journalismus, um ihre geheimdienstlichen Informationen zu sammeln und an die US-Geheimdienste weiterzuleiten«.
Der Anwalt von Roxana Saberi, Abdolsamad Khorramshahi, beklagte, ihm sei die Anklageschrift seiner Mandantin noch nicht zugestellt worden. Inzwischen durften die Eltern ihre Tochter im Evin-Gefängnis bei Teheran wenigstens besuchen. Dort sitzen vor allem politische Gefangene ein. Ein Appell der Eltern an den obersten geistlichen Führer, Ajatollah Ali Khamenei, ihre Tochter frei zu lassen, blieb bisher ohne Antwort.
US-Außenministerin Hillary Clinton reagierte »besorgt« auf die Verhaftung Roxana Saberis und äußerte die Hoffnung, dass sie bald zu ihrer Familie in die Vereinigten Staaten zurückkehren könne. Präsident Barack Obama hatte nach drei Jahrzehnten Eiszeit zwischen Washington und Teheran das iranische Neujahrsfest genutzt, um Iran neue Beziehungen anzubieten, und er schuf bereits Fakten. Ein USA-Vertreter wird künftig persönlich an den Gesprächen über das iranische Atomprogramm teilnehmen, und am Mittwoch wurde bekannt, dass Washington für bilaterale Gespräche wohl auf eine wesentliche Vorbedingung verzichten werde, die bisher Fortschritte verhindert hatte: Iran muss sein Uran-Anreicherungsprogramm nicht stoppen. Experten warnen zwar weiterhin vor US-Kriegsplänen gegen Iran, vermutlich werden solche Pläne aber eher von Israel verfolgt, das in Iran seinen größten regionalen Widersacher sieht.
Für ausländische Journalisten ist es nicht einfach, aus Iran zu berichten, zumal der Journalistenberuf tatsächlich häufig von Geheimdiensten als Tarnung benutzt wird, was wirkliche Journalisten -- nicht nur in Iran -- in große Gefahr bringt. Im Jahr 2000 wurden in Iran viele unabhängige Zeitungen verboten und Journalisten inhaftiert, weil sie angeblich »feindliche Aktivitäten« ausgeübt und »Spionage« betrieben hätten. 2003 wurde die iranisch-kanadische Fotografin Zahra Kazemi ebenfalls wegen Spionage verhaftet, weil sie vor einem Gefängnis Aufnahmen von Angehörigen Inhaftierter gemacht hatte. Kazemi starb infolge erlittener Folter in Haft im Juli 2003.
Auch Mitarbeiter von Hilfsorganisationen leben riskant in Iran, vor allem wenn diese ihre Zentrale in den USA haben. Das musste auch die iranische Armenierin Silva Harotonian erleben, die für IREX, eine US-Hilfsorganisation, in einem Mutter-Kind-Programm arbeitete. Silva Harotonian wurde am 26. Juni vergangenen Jahres festgenommen und im Januar 2009 zu drei Jahren Haft verurteilt, weil sie sich, wie es im Urteil heißt, an einem »Versuch beteiligt hat, die iranische Regierung durch eine 'sanfte Revolution' zu stürzen«. Silva Harotonian, die aktives Mitglied der iranisch-armenischen Kirche war, hatte ihre Arbeit bei IREX erst Anfang 2008 aufgenommen. Ihr Anwalt hat Widerspruch gegen das Urteil eingelegt, der Fall ist beim Berufungsgericht anhängig.
Weitere Informationen finden Sie im Internet unter: www.rsf.fr oder: www.freesilva.org
* Aus: Neues Deutschland, 16. April 2009
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