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Iranisch-Arabische Annäherungen

Der saudische Außenminister, Prinz Saud Al-Faisal, tarf in Teheran den obersten Religionsführer Irans, Ayatollah Ali Khameinei

Von Karin Leukefeld*

Nach einem Treffen zwischen dem saudischen Außenminister, Prinz Saud Al-Faisal, und dem obersten Religionsführer Irans, Ayatollah Ali Khameinei, wollen Iran und Saudi-Arabien in den bilateralen Beziehungen ein neues Kapitel aufschlagen. Beide Länder sollten sich bemühen, die Probleme der islamischen Welt gemeinsam zu lösen, sagte Khameinei. Gebraucht werde eine „strategische Zusammenarbeit“, vor allem, um die Lage im Irak zu beruhigen. Beide Länder könnten dazu beitragen, dass die Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten im Irak nicht noch mehr Opfer forderten. Gemeinsam müsse man die „äußeren Feinde des Islam“ bekämpfen, sagte Khamenei, ohne diese beim Namen zu nennen. Außerdem sei es Pflicht aller islamischen Staaten, der bedrängten Hamas-Regierung in Palästina zur Seite zu stehen.

Ob die Ankündigung für zukünftige Zusammenarbeit von konkreten Vereinbarungen begleitet wurde, war nicht zu erfahren. Der saudische Prinz übergab Ali Khamenei einen Brief des saudischen Königs Abdullah, über dessen Inhalt Stillschweigen vereinbart wurde. In der saudischen Onlinezeitung Arab News wurde spekuliert, dass das Schreiben im Zusammenhang mit dem parallel stattfindenden Treffen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien stehen könnte.

Auf einer Pressekonferenz mit Außenminister Mottaki zeigte Prinz Faisal sich optimistisch: „Er (Mottaki) hat mir versichert, der Iran sei Gesprächsangeboten gegenüber offen“, antwortete er auf Fragen hinsichtlich des Verhandlungsangebots über Irans Atomprogramm, dass von Großbritannien, Frankreich, Deutschland, USA, Russland und China vorliegt. Saudi-Arabien respektiere das Recht eines Staates auf die friedliche Entwicklung der Atomenergie, so der Prinz, „der Besitz von Massenvernichtungswaffen ist allerdings nicht im Interesse der Region.“ Er sei davon überzeugt, dass der Iran keine Nuklearwaffen anstrebe.

Neben Vertretern der Regierung traf Prinz Al-Faisal auch Ex-Präsident Akbar Hashemi Rafsandschani. In Fragen der Sicherheit im Irak müsse man enger kooperieren, hieß es. Während Iran bereits irakische Polizisten ausbildet, hat Saudi-Arabien sich bisher zumindest offiziell auf humanitäre Hilfe für die Iraker konzentriert. Für die Stabilität der ganzen Region sei es wichtig, dass der Irak zur Ruhe komme und seine nationale Souveränität, Unabhängigkeit und die Einheit des Landes wiederhergestellt werde.

Die Beziehungen zwischen Iran und Saudi-Arabien waren seit der Islamischen Revolution (1979) und dem Iran-Irak-Krieg (1980-88) äußerst angespannt. Die arabischen Staaten hätten damals die Ziele der Islamischen Revolution „falsch verstanden“, hieß es nun versöhnlich in einem Artikel der Tehran Times. Die irakische Baath-Partei und Saddam Hussein hätten ihre arabischen Brüder irregeleitet. Tatsächlich unterstützte Saudi-Arabien ebenso, wie andere arabische und westliche Staaten, den Irak im Krieg gegen Iran massiv mit Geld und Waffen. Nach dem 11. September 2001 hatte sich das einst enge Verhältnis zwischen den Saudis und der US-Administration erheblich abgekühlt. Die starke Truppenpräsenz der Amerikaner im Irak seit 2003 wird nicht nur von Iran, sondern von allen arabischen Staaten als Bedrohung angesehen. Sowohl Iran als auch Saudi-Arabien gehören zur Bewegung der Blockfreien Staaten, zur Islamischen Konferenz und zur OPEC.

Zur Festigung der iranisch-arabischen Beziehungen dient auch ein Verteidigungsabkommen, dass parallel zum Besuch des saudischen Prinzen zwischen Syrien und Iran unterzeichnet wurde. Ohne auf Einzelheiten einzugehen erklärten der iranische Verteidigungsminister Mustafa Mohammad Najjar und sein syrischer Kollege Hassan Turkmeni gegenüber der Presse, beide Länder würden ihre militärische Zusammenarbeit verstärken, um den „gemeinsamen Drohungen“ durch Israel und die Vereinigten Staaten zu trotzen. Die Staaten im Mittleren Osten fühlen sich vor allem von den offiziell nicht bestätigten und nicht dementierten Atomwaffen Israels bedroht. Ihre Zusammenarbeit sei kein Geheimnis, so die beiden Minister. Hassan Turkmeni schloss allerdings die Möglichkeit aus, dass iranisches Militär auf syrischem Boden stationiert werden könnte. Eine fremde Militärmacht in Syrien stehe „nicht auf unserer Agenda“, fügte er hinzu. Sowohl Syrien als auch der Iran werden von der US-Administration als Staaten auf der „Achse des Bösen“ bezeichnet und offen bedroht. Mustafa Najjar wies die Drohungen als „psychologische Kriegsführung“ zurück. „Wenn sich die Staaten der Region einig sind, werden solche Drohungen erfolglos bleiben“.

* Eine gekürzte Fassung des Beitrags erschien am 17. Juni 2007 im "Neuen Deutschland"


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