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Internationale Atomenergiebehörde setzt Iran eine letzte Frist zum Stopp der Urananreicherung

Resolution verabschiedet - Iran besteht auf seinem Recht - USA rüsten Israel für Krieg gegen Iran auf

Das Szenario hat zuviele Ähnlichkeiten mit dem Vorspiel zum Irakkrieg, als dass man den Ernst der Lage übersehen könnte. Die Krise um den Iran spitzt sich zu - möglicherweise bis zur Kriegsgefahr. Die USA verstärken ihre unverblümten Drohgebärden, die EU-Staaten geben dem Iran noch eine "Chance" und der Iran selbst pocht auf sein vermeintliches Recht auf Urananreicherung. Am 18. September 2004 verabschiedete der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) eine Resolution (Gov2004-79), in der dem Iran eine letzte Frist vor dem Gang zum UN-Sicherheitsrat bis zum 24. November 2004 gewährt wird.

Im Folgenden geben wir einen
  • Überblick über die Resolution der IAEO, und dokumentieren
  • eine Erklärung von Bundesaußenminister Fischer zur Iran-Resolution,
  • einen Artikel über das diplomatische Ringen um die Resolution und
  • schließlich eine Meldung aus dem Wiener "Standard", wonach die USA Israel mit Waffen ausrüstet, die zu einem Angriff auf den Iran geeeignet sind.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat dem Iran eine Frist bis zum 25. November gesetzt, alle Zweifel an seinem Atomprogramm auszuräumen. Eine entsprechende Resolution verabschiedete die IAEA nach Angaben einer Sprecherin in Wien am 18. September 2004 per Konsens ohne Abstimmung. Die USA sowie Deutschland, Großbritannien und Frankreich hatten sich nach tagelangen Gesprächen auf einen Resolutionstext mit Forderungen an Teheran geeinigt.

Die blockfreien Staaten hatten sich vorübergehend von den Verhandlungen zurückgezogen, weil sie ein Ultimatum an Teheran ablehnten. Sie forderten einen Zusatz zu der Resolution, wonach die Frist nicht für die Urananreicherung gelte. Damit setzten sie sich im IAEA-Gouverneursrat, in dem die Vertreter von 35 Nationen sitzen, jedoch nicht durch.

Die wichtigsten Punkte der Resolution:
  • Verlangt wird, dass Iran sämtliche Aktivitäten zur Anreicherung von Uran aufgibt, einschließlich des Baus von Zentrifugen
  • Die IAEO erkennt das Recht aller Länder auf die friedliche Nutzung der Kernenergie an
  • Der Iran muss alle noch offenen Fragen zu seinem Nuklearprogramm bis zum 25. November klären
  • Sollte dies nicht zur vollen Zufriedenheit der IAEO geschehen, werde über weitere Schritte entschieden (gemeint ist damit, dass dann der UN-Sicherheitsrat über Sanktionen entscheiden solle)
Und hier lesen Sie die

Resolution Gov2004-79 im Wortlaut (englisch)


Außenminister Fischer: "Die Bundesregierung hofft, dass der Iran diese Chance nutzt"

Am 19. September gab Bundesminister Fischer eine Erklärung ab, in der die Resolution überschwänglich gelobt wird. Die Erklärung im Wortlaut:

"Die Bundesregierung begrüßt, dass es nach langen und schwierigen Verhandlungen gelungen ist, die Resolution des Gouverneursrates der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) ohne Abstimmung zu verabschieden.

Damit ist es gelungen, ein klares Signal der Gechlossenheit an die Regierung in Teheran zu senden und die Besorgnisse der internationalen Staatengemeinschaft hinsichtlich des iranischen Nuklearprogrammes zu unterstreichen.

Es wird von entscheidender Bedeutung sein, dass der Iran die Zeit bis zur nächsten Gouverneursratssitzung der IAEO in intensiver und aktiver Kooperation mit der IAEO dazu nutzt, die verbliebenen offenen Fragen zu klären und die an Teheran gerichteten Forderungen zu erfüllen. Von zentraler Bedeutung wird es dabei sein, dass der Iran alle anreicherungsbezogenen Aktivitäten suspendiert.

Die Bundesregierung hofft, dass der Iran diese Chance nutzt, um die Besorgnisse hinsichtlich des iranischen Nuklearprogrammes auszuräumen und so zu einer positiven Entwicklung beizutragen. Gemeinsam mit ihren Partnern wird die Bundesregierung hierzu ihre intensiven diplomatischen Bemühungen fortsetzen."



Doch der Text der Resolution lässt einigen Spielraum zur Interpretation, wie der folgende Bericht zeigt:

US-Flop mit Resolutionsentwurf

Von Knut Mellenthin

Nach einer ungewöhnlich langen und schwierigen Sitzung hat der 35köpfige Vorstand der internationalen Atomenergieagentur (IAEA) in Wien am Sonnabend eine neue Resolution zum Streit um das iranische Atomprogramm verabschiedet. Teheran wird darin aufgefordert, als »vertrauensbildende Maßnahme« und »freiwillig« seine Entwicklungsarbeiten an der Urananreicherung und alle damit in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten zu unterbrechen. Auf der nächsten IAEA-Vorstandssitzung am 25. November soll dann entschieden werden, »ob weitere Schritte angemessen sind oder nicht«.

Bei der Urananreicherung entsteht Plutonium, das sowohl für die Energiegewinnung als auch für die Waffenproduktion verwendet werden kann. Der Atomwaffensperrvertrag erlaubt die Anreicherung, sofern alle Anlagen unter Kontrolle der IAEA stehen. Der jüngste Bericht von IAEA-Generaldirektor Mohammad ElBaradei bescheinigte den iranischen Behörden eine gute Zusammenarbeit mit den IAEA-Inspektoren.

Mit der Entscheidung hat die US-Regierung in Wien eine diplomatische Niederlage erlitten. Gescheitert ist vor allem ihr Versuch, in die Resolution eine Klausel einzubauen, die Irans Atomprogramm automatisch zum Verhandlungsgegenstand des UN-Sicherheitsrats gemacht hätte, falls Teheran nicht zustimmt, die Urananreicherung zu stoppen. Der Sicherheitsrat sollte dann nach dem Willen der US-Regierung »Sanktionen« beschließen.

Von Anfang an stand auf der Sitzung nicht die amerikanische Forderung, sondern nur ein etwas moderaterer Entwurf der Regierungen in London, Paris und Berlin zur Diskussion. Auch an diesem gab es jedoch etliche Abschwächungen, um eine Beschlußfassung im Konsens zu ermöglichen, wie es im IAEA-Vorstand üblich ist. Die Vertreter der »Blockfreien« im IAEA-Vorstand, angeführt von China, setzten durch, daß das Prinzip der Freiwilligkeit der an Iran gerichteten Aufforderung betont wurde. Staaten wie Brasilien und Südafrika, die selbst Anreicherungsprogramme haben, fürchteten ohne diese Klarstellung die Schaffung eines Präzedenzfalls.

Iran wird, wie in ersten Stellungnahmen bekräftigt wurde, auf seinem Recht zur Weiterarbeit an der Urananreicherung bestehen. Das schließt aber ein freiwilliges »Einfrieren« bestimmter Tätigkeiten nicht grundsätzlich aus. Eine Entscheidung darüber soll in den nächsten Tagen fallen, kündigte der Sprecher der iranischen Delegation in Wien, Hossein Musawian, an.

Aus: junge Welt, 20.09.2004

USA wollen Israel Bomben liefern

Der Wiener "Standard" meldete in seiner Online-Ausgabe am 21. September:

Die USA planen nach Angaben aus israelischen Sicherheitskreisen den Verkauf vom Bomben an Israel, mit denen die unterirdischen Atomanlagen des Iran zerstört werden könnten. In den Sicherheitskreisen wurde ein entsprechender Bericht der Zeitung "Haaretz" bestätigt.
"Das sind keine Waffen, die an der Palästinenser-Front gebraucht werden. Israel könnte die Bunker-Brecher gegen den Iran oder möglicherweise Syrien einsetzen". Bunker-Brecher sind Bomben, die erst tief in den Untergrund eindringen, bevor sie explodieren. Sie werden gegen stark befestigte Bauwerke eingesetzt.
Weder die US-Botschaft in Israel noch das israelische Verteidigungsministerium waren zu einer Stellungnahme dazu bereit. Dem Zeitungsbericht zufolge soll das Geschäft mit einem Volumen von 319 Millionen Dollar (260 Mill. Euro) nicht vor der Präsidentenwahl in den USA am 2. November abgeschlossen werden. Neben den 500 Bunker-Brecher-Bomben will Israel dem Zeitungsbericht zufolge 4500 weitere Lenkwaffen kaufen.


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