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"Positiv und konstruktiv"

IAEA plant weiteren Besuch in Iran. Teheran setzt Bemühungen um eine politische Lösung des Atomstreits fort

Von Knut Mellenthin *

Iran und die Internationale Atom­energiebehörde (IAEA) haben sich zufrieden über ihre am Dienstag (31. Jan.) abgeschlossenen Gespräche geäußert. Der stellvertretende Generaldirektor Herman Nackaerts, der die hochrangige Delegation der IAEA geleitet hatte, sprach am Mittwoch (1. Feb.) von einem »guten Besuch« und »intensiven Diskussionen«. Beide Seiten seien daran interessiert, alle noch offenen Fragen um das iranische Atomprogramm zu lösen. »Aber natürlich liegt noch eine Menge Arbeit vor uns. Deshalb planen wir einen weiteren Besuch in ganz naher Zukunft.«

Zuvor hatten schon iranische Regierungsstellen das Klima des Treffens als »positiv und konstruktiv« bezeichnet und gemeldet, daß eine Fortsetzung vereinbart sei. Wann das geschehen soll, steht jedoch noch nicht fest. Keine der beiden Seiten machte Angaben zum Inhalt der Gespräche, die am Sonntag begonnen hatten.

Indessen gehen in Teheran die Diskussionen um einen sofortigen Stopp der Erdöllieferungen in die Länder der Europäischen Union weiter. Iran könnte damit auf den Beschluß der EU vom 23. Januar reagieren, ab 1. Juli alle Öl-Importe aus der Islamischen Republik zu verbieten. Einige Parlamentarier hatten am Sonnabend berichtet, daß ein entsprechender Gesetzentwurf bereits fertig sei und am folgenden Tag verabschiedet werden könne. Der Sprecher des mit dieser Angelegenheit befaßten Energieausschusses des iranischen Parlaments stellte jedoch am Montag richtig, daß an dem Entwurf noch in enger Konsultation mit Fachleuten der Regierung gearbeitet werde. Möglicherweise werde es aber am Freitag zur Beratung im Plenum kommen.

Durch eine offenbar gezielte Indiskretion der demokratischen US-Senatorin Dianne Feinstein wurde am Dienstag (31. Jan.) bekannt, daß der Chef des israelischen Geheimdienstes Mossad, Tamir Pardo, in den vergangenen Tagen nichtöffentliche Gespräche in Washington über die Bekämpfung des iranischen Atomprogramms geführt hatte. Feinstein erwähnte den Besuch, ohne auf konkrete Einzelheiten einzugehen, während einer Anhörung des für die Geheimdienste zuständigen Senatsausschusses, dessen Vorsitzende sie ist. Bei derselben Gelegenheit behauptete der Koordinator der US-amerikanischen Dienste, James Clapper, daß Iran »die wissenschaftlichen, technischen und industriellen Fähigkeiten zur Produktion von Atomwaffen« habe.

Bereits am Sonntag (29. Jan.) hatte Verteidigungsminister Leon Panetta in einem Interview mit dem Sender CBS gesagt, daß Iran theoretisch in der Lage wäre, in einem Jahr eine Atombombe herzustellen und anschließend vielleicht noch ein bis zwei Jahre für die Produktion eines Trägersystems brauchen würde. Alles das aber nur unter der Voraussetzung, daß die Teheraner Führung eine dafür nötige politische Entscheidung treffen würde. Das ist nach Einschätzung der damit befaßten US-Regierungsstellen bisher nicht geschehen.

Gleichzeitig setzt Israel weiter auf Drohgebärden. Am Dienstag (31- Jan.) berichteten dortige Medien, nicht namentlich genannte Regierungsbeamte seien der Ansicht, daß sich »das Fenster der Gelegenheit« für effektive Angriffe auf das iranische Atomprogramm sehr schnell schließe. Eine Entscheidung für Militäroperationen müsse bis Mitte des Jahres getroffen werden, da Iran bereits dabeisei, einen Teil seiner Urananreicherung in eine kaum noch zu zerstörende unterirdische Anlage zu verlagern.

* Aus: junge Welt, 2. Februar 2012


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