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Wie ernst sind die US-Bombendrohungen gegen Iran gemeint?

Von Pjotr Gontscharow *

Von Pjotr Gontscharow *

In den zurückliegenden drei Wochen haben die USA bereits zweimal Bombendrohungen gegen Iran geäußert.

Zunächst hat Präsident George Bush Ende August in seiner Rede vor Mitgliedern der Veteranenorganisation „Amerikanische Legion“ erklärt, dass die Entwicklung von Kernwaffen durch Iran die Gefahr eines „Nuklear-Holocausts“ für die Nahostregion in sich berge. Diese Bedrohung sei kein lokales, sondern ein globales Problem, und die USA würden, soweit es noch nicht zu spät sei, versuchen, diese Gefahr abzuwenden. Die Bereitschaft der USA, eine Militäroperation gegen Iran zu unternehmen, hat der US-Präsident bisher noch nicht in einer derart direkten Form bekundet.

Danach „verriet“ Alexis Debat, US-Experte für nationale Sicherheit aus dem Richard-Nixon-Center, in der Londoner „Sunday Times“ einen angeblichen Plan des Pentagon, massive Bombenschläge gegen 1200 Ziele in Iran vorzunehmen. Das Ziel des Plans bestehe darin, die iranische Armee innerhalb von drei Tagen völlig handlungsunfähig zu machen.

Ein solcher Plan dürfte wirklich existieren. Erstens: Weil ein solches Szenario der Militäroperation in militärischer Hinsicht der optimalste von den bisher veröffentlichten ist. Und zweitens: Dies wäre im Stil der USA, über die bevorstehenden Handlungen zunächst ausführlich zu berichten - um den Gegner zu demoralisieren und zugleich die Zivilbevölkerung darauf vorzubereiten, um die Zahl der Opfer nach Möglichkeit zu verringern.

Was steht hinter diesen sich häufenden Drohungen gegen Iran?

Die eindeutige Verhärtung der Iran-Politik der jetzigen US-Administration ist wohl kaum ausschließlich auf das iranische Nuklearprogramm zurückzuführen. Natürlich verlangt der Aufbau einer eigenen Nuklearindustrie, die unter Umständen auch Kernwaffen herstellen könnte, in der Kombination mit dem Raketenprogramm, das die Schaffung des stärksten Raketenarsenals der Region zum Ziel hat, eine denkbar ernste Aufmerksamkeit. Es gibt aber auch andere Faktoren.

Das Weiße Haus ist weiterhin in erster Linie über die Politik Teherans in der Region verärgert. Ein Zeugnis dafür ist der Aufruf des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad an Washington, die US-Truppen aus dem Irak abzuziehen. Iran habe für diesen Fall „genug Kräfte, um das dadurch entstandene Vakuum aufzufüllen“, versicherte Irans Staatschef. In ihrer Stellungnahme zu dieser Äußerung betonte US-Außenamtschefin Condoleezza Rice, dass es heute „gerade um dieses Problem geht“.

Nicht nur Washington - auch die Außenminister der arabischen Länder haben bei ihrem jüngsten Treffen im Rahmen der Arabischen Liga in Kairo ihre große Besorgnis über diese Äußerung des iranischen Präsidenten zum Ausdruck gebracht. Darin sahen die Vertreter der arabischen Länder eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Iraks.

Natürlich hat Ahmadinedschad gewusst, wo der wunde Punkt der jetzigen amerikanischen Nahostpolitik ist. Das Regime in Teheran mit seinen regionalen Ambitionen, die sich auf ein beachtliches Wirtschafts-, Militär- und Rohstoffpotential stützen, ist wirklich ein ernsthaftes Problem für das Weiße Haus. Vorerst kann aber Washington allem Anschein nach keine konkrete Politik in Bezug auf Iran für den Fall eines Truppenabzugs aus dem Irak konzipieren. Dies wäre auch eine Erklärung für die Veröffentlichung der „geheimen“ Pentagon-Pläne, die Drohung mit Bombenschlägen usw.

Nach Ansicht einiger politischer EU-Emissäre, die als Experten für die amerikanische Nahostpolitik agieren, ist eine Militäroperation der USA gegen Iran durchaus real, sollte Teheran Washington keine andere Wahl lassen. Eine Situation, bei der die USA ihre Nahostverbündeten Iran ausliefern würden, das dazu noch kurz vor der Herstellung einer Atombombe steht, ist kaum vorstellbar.

In seinem jüngsten „Spiegel“-Interview erklärte Mohammed el-Baradei, Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO, spätestens im Dezember könnte festgestellt werden, ob Iran seine Versprechungen in Bezug auf sein Nuklearprogramm einhält oder nicht. Sollte die Antwort negativ ausfallen, so würde das bedeuten, dass Teheran eine wichtige, vielleicht auch die letzte Chance verpasst habe, sagte der IAEO-Chef.

Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der von RIA Novosti übereinstimmen.

* Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 15. September 2007;
http://de.rian.ru


Frankreich warnt "vor dem Schlimmsten" in Krise mit Iran

Der französische Außenminister Bernard Kouchner hat mit drastischen Äußerungen über die Krise mit dem Iran für Aufregung gesorgt. Die Welt müsse sich "auf das Schlimmste" gefasst machen, sagte Kouchner in einer Fernseh- und Radiosendung am 16. September. Damit meine er "Krieg". Allerdings müssten die Verhandlungen mit der iranischen Führung vollends ausgeschöpft werden. Kouchners Äußerungen zeigten, wie ernst Frankreich die Lage einschätze, erklärte das Bundesaußenministerium. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) mahnte, sich nicht zu voreiligen Urteilen "hinreißen zu lassen". Der Iran kritisierte Kouchner.

Weltweit gebe es derzeit "keine größere Krise" als die um das iranische Atomprogramm, sagte Kouchner. Aber gleichzeitig solle die Europäische Union - unabhängig von den Vereinten Nationen - härtere Finanzstrafen vorbereiten, um die islamische Republik zum Einlenken zu bringen. "Das haben unsere deutschen Freunde vorgeschlagen", sagte der Außenminister. Die französische Regierung habe große Unternehmen wie den Ölkonzern Total, den Energiekonzern Gaz de France (GDF) und weitere Unternehmen bereits aufgefordert, keine weiteren Verträge mit dem Iran abzuschließen.

Die internationale Gemeinschaft werde es nicht zulassen, dass der Iran sich Atomwaffen zulege, betonte Kouchner. Dies wäre "eine echte Gefahr für die ganze Welt". Unmittelbar stehe aber kein Krieg bevor, schränkte er zugleich ein. Frankreichs Regierungschef François Fillon stärkte Kouchner den Rücken und sagte, jeder könne sehen, dass die Lage im Nahen Osten "äußerst angespannt" sei.

AFP, 17. September 2007


IAEO-Chef warnt vor Militäreinsatz gegen Iran

WIEN, 17. September (RIA Novosti). Der Chef der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), Mohamed el-Baradei, hat vor einem Militäreinsatz gegen Iran gewarnt. „Wir dürfen keine Gewalt anwenden, nachdem wir bereits Lehren aus dem Irak-Krieg gezogen haben“, sagte el-Baradei am Montag in Wien.

„Ich sehe keine Gefahr in Iran. Wir müssen kühl und objektiv vorgehen“, führte der IAEO-Chef aus. Zugleich rief er Iran zur weiteren Zusammenarbeit mit der IAEO auf, um noch offene Fragen zu seinem Atomprogramm zu klären. Gewaltanwendung ist das äußerste Mittel, wenn alle anderen Mittel erschöpft sind“, führte el-Baradei aus. Jedenfalls müsse eine Entscheidung darüber von der UNO gefällt werden.
Die Spekulationen um einen Militäreinsatz gegen Iran nannte El-Baradei „kontraproduktiv“. „Wir haben im Iran keine Hinweise darauf gefunden, dass das iranische Atomprogramm einen militärischen Charakter hat“, betonte der IAEO-Chef. „In der jetzigen Etappe sollten wir auf Sanktionen vorerst verzichten.“

RIA Novosti, 17. September 2007




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