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Iran: Chronik wichtiger Ereignisse

Oktober 2007


Noch keine Einträge bis zum 21. Oktober!


Montag, 22. Oktober, bis Sonntag, 28. Oktober
  • Frankreich hat sich mit Israel einig über die Ablehnung des iranischen Atomprogrammes erklärt. Beide Länder teilten den Wunsch, dass das Atomprogramm des Iran nur friedlichen Zwecken dienen dürfe und so durchsichtig wie möglich ablaufen müsse, sagte der Sprecher des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy am 22. Okt. nach einem Besuch des israelischen Regierungschefs Ehud Olmert. "Weder für Frankreich noch für Israel ist es hinnehmbar, dass der Iran über Atomwaffen verfügt." Frankreich hat seine Haltung gegenüber der iranischen Führung deutlich verschärft, seit Sarkozy im Mai zum Staatschef gewählt wurde.
  • Im Streit um das iranische Atomprogramm hat US-Präsident George W. Bush seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin zu mehr Druck auf Teheran gedrängt. Die beiden Politiker erörterten nach Angaben des Weißen Hauses am 22. Okt. telefonisch Putins jüngsten Besuch im Iran. Dabei habe Bush gefordert, über den UN-Sicherheitsrat den internationalen Druck auf den Iran zu verstärken. Es müsse erzwungen werden, dass Teheran alle Aktivitäten zur Uran-Anreicherung aufgebe und dies auch nachgeprüft werden könne, forderte Bush den Angaben zufolge. Russland lehnt ein hartes Vorgehen gegen den Iran ab
  • Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat einen Besuch in Armenien am 23. Okt. abgebrochen. Der Staatschef kehrte wegen "der innenpolitischen Lage" im Iran und wegen der geplanten Atomverhandlungen nach Teheran zurück, sagte ein Diplomat in der armenischen Hauptstadt Eriwan der Nachrichtenagentur AFP. Zuvor hatte ein Sprecher des armenischen Präsidialamtes mitgeteilt, der zunächst auf zwei Tage angesetzte Besuch sei auf Wunsch Ahmadinedschads verkürzt worden.
  • Der Iran könnte nach Einschätzung von US-Präsident George W. Bush bereits vor dem Jahr 2015 in der Lage sein, Europa durch Langstreckenraketen zu bedrohen. Ein solches militärisches Szenario mache eine Umsetzung der US-Pläne für einen Raketenschild in Europa umso dringlicher, sagte Bush am 23. Okt. bei einer Rede vor der Nationalen Verteidigungsuniversität in Washington. "Die Notwendigkeit einer Raketenabwehr in Europa ist real, ich glaube, sie ist dringend", sagte Bush weiter. "Unsere Geheimdienste gehen davon aus, dass der Iran mit anhaltender Hilfe aus dem Ausland eine Interkontinentalrakete bauen könnte, die bereits vor 2015 die USA und ganz Europa erreichen könnte."
  • Irans neuer Unterhändler im Atomstreit mit dem Westen, Said Dschalili, ist am 23. Okt. mit dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana in Rom zusammengetroffen. Solana sollte dem erst seit wenigen Tagen amtierenden Dschalili ein Angebot der fünf Veto-Mächte im UN-Sicherheitsrat - USA, Großbritannien, Frankreich, Russland und China - sowie Deutschlands vorlegen. Es stellt dem Iran weitreichende Kooperation in Aussicht, wenn das Land im Gegenzug die Urananreicherung für sein Atomprogramm stoppt.
  • Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana hat in Rom seine Gespräche mit den iranischen Atomunterhändlern Said Dschalili und Ali Laridschani am 24. Okt. fortgesetzt. Laridschani sprach bei einem gemeinsamen Pressetermin mit Solana und dem italienischen Ministerpräsidenten Romano Prodi von "neuen und konstruktiven Ideen", Solana von einer "sehr intensiven Phase" der Gespräche. Laridschani wurde vor einigen Tagen offiziell als Atomunterhändler des Irans durch Dschalili, einen Getreuen des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad, ersetzt. Allerdings nimmt er als Beauftragter des geistlichen Oberhaupts des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, weiter an den Gesprächen teil. Solana soll bis Ende November einen Bericht an die fünf Veto-Mächte des UN-Sicherheitsrats - USA, Großbritannien, Frankreich, Russland und China - sowie Deutschland vorlegen.
  • Der iranische Außenminister Manuschehr Mottaki hat nach Angaben zweier einflussreicher Parlamentsabgeordneter am 23. Okt. seinen Rücktritt eingereicht. Wie die Nachrichtenagentur Isna berichtete, bestätigten beide Parlamentarier, dass der Chefdiplomat bei Präsident Mahmud Ahmadinedschad ein Rücktrittsgesuch eingereicht habe. Beide Abgeordneten sind Mitglied im Auswärtigen Ausschuss und im Sicherheitsausschuss des Parlaments. Das Außenministerium wollte keinen Kommentar abgeben.
  • Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat am 24. Okt. Informationen über einen Rücktritt seines Außenministers Manuschehr Mottaki dementiert. Ahmadinedschad sagte nach Angaben der Nachrichtenagentur Mehr, Mottaki bleibe "fest auf seinem Platz und geht seinem Beruf mit Freude nach". Zuvor hatten zwei einflussreiche Abgeordnete bekanntgegeben, Mottaki habe am Vorabend um seine Ablösung ersucht. Am Wochenende war der iranische Chefunterhändler Ali Laridschani zurückgetreten und durch Said Dschalili, einen Vertrauten des Präsidenten, ersetzt worden. Die von den Parlamentariern verbreiteten Informationen "sind Teil eines psychologischen Krieges gegen die Regierung", sagte Ahmadinedschad.
  • Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) will noch am 25. Okt. in Hamburg mit dem neuen iranischen Atomunterhändler Said Dschalili zusammentreffen. An der Begegnung wird auch Dschalilis Vorgänger Ali Laridschani teilnehmen, wie eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes mitteilte. Eine Pressebegegnung sei nicht geplant. Das Treffen sei auf Nachfrage der iranischen Seite zustande gekommen, berichtete die Financial Times Deutschland. Das Außenministerium erwarte allerdings keine neuen Vorschläge zur Lösung des Atomstreits, hieß es in dem Bericht. Für Steinmeier gehe es darum, die Position der so genannten Iran-Sechsergruppe klar zu machen. Die sechs Länder USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien, Deutschland hatten dem Iran Ende September mit weiteren Sanktionen gedroht, wenn er im Atomstreit nicht einlenkt. Steinmeier hält sich in Hamburg auf, wo die SPD-Gremien den SPD-Parteitag vorbereiteten.
  • Die USA haben ihre Sanktionen gegen den Iran verschärft. Die neuen Maßnahmen richteten sich gegen Teile des Militärs und drei Banken, teilten US-Außenministerin Condoleezza Rice und Finanzminister Henry Paulson am 25. Okt. in Washington mit. Dies geschehe zum Schutz von US-Interessen und der US-Bürger. "Das bedeutet, dass es keinem US-Bürger und keiner privaten Organisation gestattet sein wird, finanzielle Verbindungen mit diesen Personen und Einheiten einzugehen", hieß es weiter in der Erklärung. Während London die neuen Sanktionen begrüßte, sprach ein iranischer Abgeordneter von einem "strategischen Fehler". Von den neuen Sanktionen sind die Revolutionswächter und ihre Eliteeinheit, die El-Kuds-Truppen, betroffen. Den Revolutionswächtern wird die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen vorgeworfen, die El-Kuds-Truppen werden als Unterstützer des Terrorismus gebrandmarkt.
    Die Strafmaßnahmen würden dabei helfen, das internationale Finanzsystem vor den "illegalen Aktivitäten der iranischen Regierung zu schützen", hieß es in der US-Erklärung weiter.
    Hier geht es zur Erklärung von Rice und Poulson im Wortlaut: Condoleezza Rice erhöht den Druck.
  • Russlands Präsident Wladimir Putin hat mit scharfer Kritik auf die neuen Sanktionen der USA gegen den Iran reagiert. Durch Strafmaßnahmen und Drohungen der USA werde die Situation nur verschlechtert und drohten die Verhandlungen in einer "Sackgasse" zu enden, sagte Putin am 25. Okt. in Lissabon, wo er im Vorfeld des EU-Russland-Gipfels mit dem portugiesischen Staatschef Anibal Cavaco Silva zusammengetroffen war. Washington hatte zuvor angekündigt, dass die USA ihre Sanktionen gegen den Iran wegen dessen umstrittenen Atomprogramms und Unterstützung des Terrorismus ausweiteten.
  • Der Iran hat die neuen Sanktionen der USA am 25. Okt. scharf kritisiert und als völkerrechtswidrig bezeichnet. Der Sprecher des Teheraner Außenministeriums, Mohammed Ali Hosseini, sagte nach Meldungen der staatlichen Medien, die Politik der USA "widerspricht dem internationalen Recht, ist wertlos und zum Scheitern verurteilt". Washington hatte zuvor neue Strafmaßnahmen gegen den Iran verhängt, den es verdächtigt, heimlich Atomwaffen zu entwickeln. Betroffen davon sind die iranischen Revolutionswächter, deren Eliteeinheit El Kuds und drei staatliche Banken, darunter die größte, Bank Melli.
  • Die USA haben am 26. Okt. jegliche Vergleiche ihres Vorgehens im Atomstreit mit dem Iran und im Vorfeld des Irak-Kriegs 2003 zurückgewiesen. "Ich denke, man sollte da überhaupt keine Parallelen ziehen", sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Tony Fratto, in Washington. Die USA seien entschlossen, weiter den diplomatischen Weg zu beschreiten. Allerdings wollte das Weiße Haus die Möglichkeit eines militärischen Eingreifens nicht ausschließen. Der zunehmend schärfere Ton von Präsident George W. Bush und Vizepräsident Dick Cheney gegenüber Teheran hatte Erinnerungen an das Verhalten gegenüber dem Irak vor dem Einmarsch der US-Armee geweckt.
  • Nach dem Erlass neuer Straßmaßnahmen der USA hat der Iran mit neuen Drohungen reagiert. "Der Iran wird mit viel härterer Aggression antworten", sagte der Chef der Revolutionsgarden, Mohammed Ali Dschafari, am 26. Okt. "Die Feinde können nichts machen, und ihre Erklärungen sind reine Rhetorik", sagte Dschafari im Hinblick auf die Strafmaßnahmen Washingtons gegen den Iran. Irans neuer Atom-Unterhändler Said Dschalili erklärte, die Sanktionen hätten "keine Auswirkungen" auf die Atompolitik Teherans. Der Iran erdulde seit 28 Jahren Strafmaßnahmen.
  • Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat eindringlich vor einem militärischen Eingreifen im Konflikt über das iranische Atomprogramm gewarnt. "Militärische Abenteuer sind kein Beitrag zur Lösung", sagte Steinmeier am 27. Okt. auf dem SPD- Parteitag in Hamburg. Steinmeier sagte, Atomwaffen dürften nicht "in die Hände von Leuten, die den Holocaust leugnen" geraten. Zugleich betonte er, Deutschland arbeite weiter an einer diplomatischen Lösung gemeinsam mit den USA, Russland und China.
  • Die israelische Außenministerin Zipi Livni hat die internationale Gemeinschaft dazu aufgerufen, im Atomstreit mit dem Iran "drastische Sanktionen" durchzusetzen. Es sei an der Zeit, sagte Livni, wie die israelische Tageszeitung "Jediot Aharanot" am 28. Okt. berichtet. "Jedes Zögern von Seiten der internationalen Gemeinschaft wird vom Iran und seinen Nachbarn als Zeichen der Schwäche interpretiert", erklärte Livni kurz vor ihrer Abreise nach China. Die Außenministerin will bei der Regierung in Peking für weitere Strafmaßnahmen werben. "Wir haben es mit einem Land zu tun, das den Holocaust leugnet, das offen die Abschaffung eines anderen Staates (Isreals) fordert. So eine Sorte von Staat kann nicht Teil der internationalen Gemeinschaft sein", erklärte Livni. Deshalb müssten die derzeitigen Sanktionen verstärkt werden. "China hat einen entscheidenden Einfluss auf diese Frage", sagte Livni weiter. Peking hatte sich bislang immer gegen weitere Strafmaßnahmen ausgesprochen. Sie würden die Lage nur "verkomplizieren", hatte der Sprecher des chinesischen Außenministers, Liu Jianchao, kürzlich erklärt.
  • Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohamed ElBaradei, sieht keine Beweise dafür, dass der Iran Atomwaffen baut. "Ich habe keinerlei Informationen bekommen, dass dort derzeit ein konkretes aktives Atomwaffenprogramm im Gange ist", sagte ElBaradei am 28. Okt. dem US-Nachrichtensender CNN. Zugleich warnte er, die Drohungen der USA bedeuteten nur weiteres "Öl ins Feuer". Selbst wenn der Iran sich daranmache, Atomwaffen herzustellen, dann sei er "mindestens noch mehrere Jahre" davon entfernt, tatsächlich über solche Waffen zu verfügen. Zum jetzigen Zeitpunkt komme es darauf an, im Atomstreit mit dem Iran mit "kreativer Diplomatie" vorzugehen. "Ich sehe keine andere Lösung als Diplomatie und Inspektionen", sagte ElBaradei.
Montag, 29. Oktober, bis Mittwoch, 31. Oktober
  • Das Weiße Haus hat Spekulationen über einen baldigen Angriff der USA auf den Iran zurückgewiesen. "Es gibt keinen Grund zu glauben, dass der Präsident im Begriff ist, den Iran anzugreifen", sagte die Sprecherin von US-Präsident George W. Bush, Dana Perino, am 30. Okt. in Washington. Im Streit um das iranische Atomprogramm setze Bush weiter auf den "diplomatischen Weg", sagte Perino. "Er hält es für wichtig, alle möglichen diplomatischen Mittel auszuschöpfen, um den Iran davon zu überzeugen, sein Streben nach Atomwaffen aufzugeben." Die Furcht vor einem bevorstehenden Angriff auf den Iran sei unbegründet: "Er (Bush) will nicht, dass die Leute dies befürchten", sagte die Sprecherin.
  • Im Streit um Teherans Atomprogramm hat sich der russische Außenminister Sergej Lawrow erneut gegen weitere Sanktionen gegen den Iran ausgesprochen. Einseitige Sanktionen seien "nicht hilfreich bei der Fortsetzung der gemeinsamen Bemühungen" um eine Lösung des Streits, sagte Lawrow laut Nachrichtenagentur Interfax am 30. Okt. nach einem Treffen mit Irans Staatschef Mahmud Ahmadinedschad in Teheran. "Russland ist ausschließlich für eine friedliche Lösung bezüglich der Besorgnisse der internationalen Gemeinschaft über das iranische Atomprogramm", unterstrich der russische Chefdiplomat. Dazu sei ein gemeinsames Vorgehen notwendig. Lawrow hatte den USA vor zwei Wochen eigenmächtiges Vorgehen in dem Atomstreit vorgeworfen.
  • China und Russland haben schärfere Sanktionen gegen den Iran wegen dessen umstrittener Atompolitik abgelehnt. Eine Lösung der Atomfrage auf diplomatischem Wege sei "der beste Weg", sagte Außenamtssprecher Liu Jianchao am 31. Okt. während eines Besuches von Israels Außenministerin Zipi Liwni in Peking. Der Iran suche derzeit selbst das Gespräch.
  • Im Zusammenhang mit dem Streit um das iranische Atomprogramm ist der russische Außenminister Sergej Lawrow zu einem Kurzbesuch nach Teheran gereist. Er habe bereits am 30. Okt. dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad eine Botschaft vom russischen Staatschef Wladimir Putin überbracht, berichtete das iranische Fernsehen am 31. Okt. Über den Inhalt der Nachricht wurde zunächst nichts bekannt. Ahmadinedschad habe bei dem Treffen bekräftigt, dass der Iran sein "friedliches Atomprogramm" fortführen werde, berichtete das iranische Fernsehen weiter. Teheran sei aber gleichzeitig entschlossen, weiter mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zusammenzuarbeiten.


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