Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Iran: Chronik wichtiger Ereignisse

September 2006

Freitag, 1. September, bis Sonntag, 3. September
  • Im Atomstreit mit dem Iran setzt die finnische EU-Ratspräsidentschaft weiter auf Verhandlungen. "Die EU-Diplomatie bleibt der erste Weg nach vorne," sagte der finnische Außenminister Erkki Tuomioja am 1. Sept. vor Beginn der informellen Beratungen mit den EU-Kollegen in Lappeenrenta. Das Wichtigste derzeit sei, dass die internationale Staatengemeinschaft weiter ein Signal der Geschlossenheit vermittele, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Er sei "zuversichtlich", dass diese Geschlossenheit erhalten bleibe. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana kündigte für kommende Woche ein Gespräch mit der iranischen Seite an.
    Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana hat der internationalen Gemeinschaft von voreiligen Sanktionen abgeraten. Da derzeit noch Treffen mit dem Iran bevorstünden, "wäre es während dieser Phase der Gespräche nicht vernünftig voranzugehen," sagte Solana am 1. Sept. am Rande des EU-Außenministertreffens im finnischen Lappeenrenta zur Frage nach Sanktionen. Die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats könnten mit Beratungen über den Atomstreit beginnen, aber zunächst müsse geschaut werden, ob es eine Möglichkeit für die Aufnahme von "echten Verhandlungen" gebe. Dies solle aber keinesfalls bedeuten, dass dem Iran eine unbestimmt lange Zeit eingeräumt werde, sagte Solana.
  • Bei einem Flugzeugunglück im Iran sind am 1. Sept. mindestens 80 Menschen ums Leben gekommen. Die russische Tupolew-Maschine mit 148 Insassen an Bord fing bei der Landung in Maschhad im Nordosten des Landes Feuer, wie das iranische Staatsfernsehen meldete. Das Flugzeug sei zuvor wegen eines geplatzten Reifens von der Landebahn abgekommen, sagte ein Flughafensprecher. Iranische Medien berichteten, dass nach Angaben von Einsatzkräften mindestens 25 Menschen überlebt hätten. Einige schwebten dem Staatsfernsehen zufolge in Lebensgefahr.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan ist am 2. Sept. zu Gesprächen in Teheran eingetroffen. Die amtliche Nachrichtenagentur IRNA meldete, im Mittelpunkt des zweitägigen Besuchs stehe der Konflikt um das iranische Atomprogramm sowie die Situation im Libanon.
  • Die Europäische Union räumt dem Iran eine "kurze" Zeit ein, um der Forderung des UN-Sicherheitsrats nach Aussetzung der Urananreicherung nachzukommen. Ein bestimmtes Datum werde dabei aber nicht genannt, sagte der EU-Außenbeauftragte Javier Solana am 2. Sept. in Lappeenranta am Rande der Iran-Beratungen mit den EU-Außenministern. Es gebe keine feste Frist. "Je schneller, desto besser", sagte Solana.
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich im Atomstreit mit dem Iran entschieden gegen den Einsatz von Waffengewalt ausgesprochen. "Eine militärische Option gibt es hier nicht", sagte Merkel im ARD-Sommerinterview, das am 3. Sept. ausgestrahlt werden soll. "Natürlich bleibt die Tür zu Verhandlungen offen, wenn der Iran sich besinnt", sagte die Kanzlerin in dem am 2. Sept. vorab verbreiteten Interview. Da Teheran aber die vom UN-Sicherheitsrat gesetzte Frist zur Aussetzung der Urananreicherung habe verstreichen lassen, "kann es nicht genau so weitergehen". "Es muss diplomatisch Druck aufgebaut werden. Ich sage allerdings auch ganz ausdrücklich: diplomatisch", fügte Merkel hinzu.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hat am 2. Sept. eine positive Bilanz seiner Gespräche mit iranischen Spitzenvertretern in Teheran zum Atomastreit gezogen. Sein Treffen mit dem iranischen Chefunterhändler Ali Laridschani sei "sehr positiv und konstruktiv" gewesen, sagte Annan. Er werde sich weiter um Vermittlung bemühen, kündigte der Generalsekretär an. Für den 3. Sept. ist ein Treffen mit dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad geplant.
  • Der Iran lehnt nach Angaben von UN-Generalsekretär Kofi Annan eine Aussetzung der Urananreicherung vor Verhandlungen über sein Atomprogramm ab. Das sagte Annan im Anschluss an ein Treffen mit dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad am 3. Sept. in Teheran, bei dem er Möglichkeiten zur Entschärfung des Atomstreits erörtern wollte.
Montag, 4. September, bis Sonntag, 10. September
  • Die politischen Direktoren der fünf UN-Vetomächte sowie Deutschlands wollen am 7. Sept. in Berlin über das weitere Vorgehen im Atomstreit mit dem Iran beraten. Das Auswärtige Amt (AA) bestätigte am 4. Sept. die Planungen für ein solches Treffen. Nach Angaben eines Sprechers werden sich der EU-Außenbeauftragte Javier Solana mit dem iranischen Atom-Chefunterhändler Ali Laridschani aber nicht in Berlin, sondern in einer anderen europäischen Stadt treffen. Den genauen Ort nannte er nicht. An dem "5 plus 1"-Treffen auf der Ebene hoher Beamten nehmen neben Deutschland die USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien teil. Insbesondere soll ausgelotet werden, ob sich auch China und Russland nach Ablauf des Ultimatums des UN-Sicherheitsrats an möglichen ersten Sanktionen gegen den Iran beteiligen wollen. Beide Länder haben sich dazu sehr zurückhaltend geäußert.
  • Die EU und Iran wollen voraussichtlich am kommenden Mittwoch (6. Sept.) in Wien noch einmal versuchen, den Streit über das iranische Atomprogramm zu entschärfen. Das nach Informationen aus diplomatischen Kreisen vom 4. Sept. noch nicht endgültig bestätigte Treffen zwischen dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana und dem iranischen Chefunterhändler Ali Laridschani gilt als letzte Chance für Teheran, nach Ablauf eines Sicherheitsratsultimatums zum Stopp der Urananreicherung UN-Sanktionen zu vermeiden.
  • Ein militärischer Schlag gegen den Iran ist aus Sicht des israelischen Ministers Jacob Edri unvermeidbar. Die Entscheidung falle noch in der Amtszeit von US-Präsident George W. Bush, sagte Edri der in Erfurt erscheinenden "Thüringer Allgemeinen" (5. Sept.). Es würde sich dabei um eine begrenzte militärische Aktion handeln, bei der Teile des iranischen Atomprogramms zerstört würden. Der für die Koordination der Regierung mit dem Parlament verantwortliche Politiker erklärte, die USA müssten dieses Problem mit ihrer gesamten Macht lösen. Da die iranische Führung ebenso auf die Streitkräfte wie auf die Öl-Waffe setze, bliebe kein anderer Ausweg. Die Amerikaner hätten auch nicht Zeit bis zur nächsten Präsidenten-Wahl. Je früher George W. Bush ein derartiges Kommando-Unternehmen beginne, desto besser, sagte Edri dem Blatt.Ein militärischer Schlag gegen den Iran ist aus Sicht des israelischen Ministers Jacob Edri unvermeidbar. Die Entscheidung falle noch in der Amtszeit von US-Präsident George W. Bush, sagte Edri der in Erfurt erscheinenden "Thüringer Allgemeinen". Es würde sich dabei um eine begrenzte militärische Aktion handeln, bei der Teile des iranischen Atomprogramms zerstört würden. Der für die Koordination der Regierung mit dem Parlament verantwortliche Politiker erklärte, die USA müssten dieses Problem mit ihrer gesamten Macht lösen. Da die iranische Führung ebenso auf die Streitkräfte wie auf die Öl-Waffe setze, bliebe kein anderer Ausweg. Die Amerikaner hätten auch nicht Zeit bis zur nächsten Präsidenten-Wahl. Je früher George W. Bush ein derartiges Kommando-Unternehmen beginne, desto besser, sagte Edri dem Blatt.
  • Der Iran hat nach eigenen Angaben bei einem kürzlichen landesweiten Großmanöver erfolgreich Laser gesteuerte Bomben getestet. Während der am 19. August begonnenen Militärübung wurde ferner ein neues Luftabwehrsystem geprüft, wie die amtliche Nachrichtenagentur IRNA am 5. Sept. meldete. Zudem seien Boden-Boden-Raketen mit kurzer Reichwerte sowie auf U-Booten gelagerte Geschosse getestet worden. Von Lasern gesteuerte Bomben gelten als besonders exakte Präzisionswaffen. Details über die getesteten Exemplare wurden allerdings nicht mitgeteilt.
  • Die USA haben ihre Forderung nach Sanktionen gegen den Iran bekräftigt. Der Sprecher des Außenministeriums, Sean McCormack, sagte am 5. Sept., der Weltsicherheitsrat habe in einer Resolution klar gemacht, dass er bereit sei, für Sanktionen zu stimmen, wenn Teheran nicht bis zum 31. August die Urananreicherung einstelle. Die USA wollten auf diesem Weg voranschreiten, sagte McCormack. Doch werde einige Arbeit im Sicherheitsrat nötig sein. Er erwarte "harte, intensive Diplomatie in den nächsten Wochen", erklärte der Außenamtssprecher.
  • US-Präsident George W. Bush hat den Ton gegenüber dem Iran verschärft. Die Führung in Teheran sei genauso gefährlich wie das Terrornetzwerk El Kaida, sagte Bush am 5. Sept. während einer Rede in Washington. Den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad nannte er einen "Tyrannen". Ahmadinedschad habe die Amerikaner dazu aufgefordert, "sich vor der Größe der iranischen Nation" zu verbeugen, sagte Bush. "Amerika wird sich nicht vor Tyrannen verbeugen." Das "iranische Regime und seine terroristischen Schergen" hätten gezeigt, dass sie Amerikaner töten wollten. Zugleich versuche Teheran, in den Besitz von Atomwaffen zu gelangen. Die "freien Nationen der Welt" würden dies jedoch zu verhindern wissen, sagte Bush.
  • Frankreich hat vor einem Abgleiten in einen "Krieg der Zivilisationen" gewarnt. Gleichzeitig distanzierte sich Paris von den scharfen Angriffen des US-Präsidenten George W. Bush auf den Iran. "Das Böse und das Gute werden nicht vom Westen für ein bestimmtes Land oder einen bestimmten Kontinent dekretiert", sagte Außenminister Philippe Douste-Blazy. Bush hatte unter anderem erklärt, im Iran sei ein "Regime der Tyrannei" an der Macht. Die freie Welt werde nicht erlauben, dass Teheran Atomwaffen entwickelt. (Hier geht es zur ganzen Rede Bushs: "Die Welt achtete nicht auf Lenins Worte und zahlte einen schrecklichen Preis" / "The world did not heed Lenin's words, and paid a terrible price"
    . "Böse Menschen": Von Lenin über Hitler zu Bin Laden - US-Präsident erläutert sein Geschichtsbild (englisch) / President Discusses Global War on Terror).
  • Die für den 6. Sept. geplanten Atomgespräche zwischen der Europäischen Union und dem Iran sind verschoben worden. Der iranische Delegierte Ali Aschgar Soltanieh erklärte in Wien, beide Seiten hätten sich auf eine Verschiebung von mehreren Tagen geeinigt. Zur Begründung nannte er Verfahrensfragen. "Es wird heute kein Treffen in Wien geben", sagte Soltanieh.
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den außenpolitischen Kurs ihrer Regierung und das wachsende militärische Engagement im Ausland verteidigt. Deutschland müsse Verantwortung übernehmen und diese mit anderen teilen, sagte Merkel am 6. Sept. in der Generaldebatte des Bundestages zum Etat 2007. (Merkels Rede und andere Reden der Plenardebatte finden Sie hier: Die Haushaltsdebatte im Bundestag ....)
  • Im Atomstreit mit dem Iran erwägt nun auch Russland Wirtschaftssanktionen gegen Teheren. Die russische Regierung schließe diese Sanktionen gegen den Iran grundsätzlich nicht länger aus, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am 6. Sept. Lawrow sagte, die Regierung in Moskau verfolge das Ziel, dass Massenvernichtungswaffen und damit verbundene Technik nicht weitergegeben werden dürften. Deshalb werde sie auch Strafen gegen die Islamische Republik in Betracht ziehen, wie sie die Vereinten Nationen erwägen. Allerdings müssten etwaige Wirtschaftssanktionen der "tatsächlichen Bedrohung der weltweiten Sicherheit" angemessen sein. Ausgeschlossen sei "jede Art von Militäreinsatz".
  • Der wegen seines umstrittenen Atomprogramms unter starkem internationalen Druck stehende Iran hat am 6. Sept. neue Waffen in seinem Arsenal präsentiert. Das Land habe eine ferngesteuerte Bombe mit 900 Kilogramm Gewicht entwickelt, sagte der iranische Verteidigungsminister Mustafa Mohammed Nadschar nach Angaben der Nachrichtenagentur Isna. Die Waffe namens Ghassed (Bote) werde in den nächsten Tage getestet. Ferngesteuerte Bomben nutzen Laser-Technik, um ihre Ziele genauer treffen zu können.
  • Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana und der iranische Chefunterhändler Ali Laridschani wollen ihr am 6. Sept. verschobenes Gespräch im Atomstreit am 9. Sept. nachholen, wie Solana am 7. Sept. in Kopenhagen mitteilte. Den Ort der Verhandlungen wollte er nicht mitteilen. Der Iran hatte Verfahrensfragen als Grund für die Verschiebung genannt. Das Treffen gilt als letzter Versuch zu klären, ob es eine gemeinsame Basis für die Aufnahme von Verhandlungen über das iranische Atomprogramm gibt.
  • Der frühere iranische Präsident Mohammed Chatami hält Drohungen zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran für hinderlich. "Ehe wir reden und einen Dialog anfangen können, müssen wir die Sprache der Drohungen einstellen", sagte Chatami am 7. Sept. bei seinem Besuch in den USA. Nur dann könne der Dialog erfolgreich sein. Die gespannten Beziehungen zwischen den beiden Regierungen sollten durch einen Dialog überwunden werden. "Wenn jede Seite eine gewaltsame Sprache gebraucht, ist das dem Dialog nicht zuträglich", sagte der frühere Staatschef, der sich seit vergangener Woche in den USA aufhält, während seines Besuches aber nicht mit Mitgliedern der US-Regierung zusammentrifft.
  • Im Streit um die iranische Atompolitik haben die fünf Vetomächte und Deutschland am 7. Sept. über nächste Schritte im UN-Sicherheitsrat gesprochen. Dies sagte ein ranghoher europäischer Diplomat in Berlin. Dabei handelte es sich offensichtlich um eine Anspielung auf mögliche Sanktionen gegen den Iran. Die Beratungen in der Bundeshauptstadt fanden auf Ebene der politischen Direktoren statt.
    Die fünf UN-Vetomächte und Deutschland haben vereinbart, ihre Diskussionen im Zusammenhang mit der iranischen Atompolitik am 11. Sept. per Telefon fortzusetzen. Wie US-Außenamtssprecher Sean McCormack in Washington weiter mitteilte, hatte US-Außenstaatssekretär Nicholas Burns am 7. Sept. in Berlin ein "produktives Treffen" mit seinen Kollegen aus den fünf anderen Staaten. Mit Bedauern sei dabei festgestellt worden, dass Iran die in der Resolution 1696 des UN-Sicherheitsrats festgelegten Bedingungen nicht angenommen habe. Die Diskussion über nächste Schritte im UN-Sicherheitsrat gehe nun weiter.
  • Die Vereinigten Staaten dringen darauf, dass bis Anfang kommender Woche eine UN-Entschließung zu Sanktionen gegen den Iran vorliegt. Die fünf Vetomächte bei den Vereinten Nationen sowie Deutschland würden am 11. Sept. noch einmal über das weitere Vorgehen im Atomstreit mit dem Iran beraten und die Angelegenheit dann an den Sicherheitsrat der UNO weiterleiten, sagte US-Außenstaatssekretär Nicholas Burns am 8. Sept. in Berlin. Anschließend sollten sie eine Resolution entwerfen, die bis zur Eröffnung der Generaldebatte der UN-Vollversammlung am Dienstag stehen solle. Wenn der Iran weiterhin Uran anreichere, würden die sechs Staaten sehr bald den UN-Sicherheitsrat anrufen, "um Strafen in Betracht zu ziehen", sagte Burns.
  • Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana hat Sanktionen gegen den Iran ausgeschlossen, so lange die Verhandlungen um das umstrittene Atomprogamm mit Teheran noch andauern. Es werde beim UN-Sicherheitsrat in New York keine Bewegung Richtung Strafmaßnahmen geben, solange die Treffen mit dem iranischen Chefunterhändler Ali Laridschani fortdauerten, sagte Solana am 8. Sept. der Nachrichtenagentur AFP in Kopenhagen. Für Samstag war ein Treffen zwischen Solana und Laridschani an einem zunächst geheim gehaltenen Ort geplant; ein für Mittwoch vorgesehenes Gespräch in Wien war kurzfristig verschoben worden.
  • Die USA haben sich irritiert von den jüngsten Äußerungen des EU-Außenbeauftragten Javier Solana zum Atomstreit mit dem Iran gezeigt. "Natürlich verlangen wir weitere Erläuterungen", sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums am 8. Sept. "Wir haben ein Abkommen. Wir zählen darauf, dass alle ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats sich an dieses Abkommen halten." Noch kenne er allerdings noch nicht alle Äußerungen Solanas.
  • Vor den entscheidenden Gesprächen im Atomkonflikt mit dem Iran hat der italienische Regierungschef Romano Prodi die Führung in Teheran noch einmal eindringlich zu einem Verzicht auf die Urananreicherung aufgerufen. Nach einer Unterredung mit dem iranischen Chefunterhändler Ali Laridschani erklärte Prodi am 8. Sept. in Rom, dies wäre letztlich auch im eigenen Interesse des Landes.
  • Der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao hat die Führung in Teheran aufgefordert, auf die internationalen Bedenken zum iranischen Atomprogramm einzugehen. Den Druck auf Teheran zu erhöhen oder Sanktionen gegen das Land zu ergreifen, werde aber nicht unbedingt zu einer friedlichen Beilegung des Konflikts führen, warnte Wen am 9. Sept. in Helsinki am Rande des EU-China-Gipfels. Daher sei zu hoffen, dass die internationale Gemeinschaft und die Parteien in dieser Angelegenheit "Vorsicht walten lassen" und sich weiter für eine friedliche Lösung einsetzen. Wen lobte dabei den dafür von der EU bisher geleisteten "enormen" Einsatz.
  • EU-Chefdiplomat Javier Solana und der iranische Unterhändler Ali Laridschani haben am 9. Sept. in Wien über das umstrittene Atomprogramm Teherans gesprochen. Das Treffen fand im österreichischen Kanzleramt statt. Es galt als möglicherweise letzte Chance für eine diplomatische Lösung des Konflikts. Bei dem Treffen sollte Beobachtern zufolge ausgelotet werden, inwieweit das Angebot der fünf UN-Vetomächte und Deutschlands an Teheran noch Grundlage für weitere Verhandlungen sein könnte. Dieses Dokument sieht politische und wirtschaftlich Anreize vor, wenn der Iran auf die eigene Anreicherung von Uran verzichtet. Die Antwort der iranischen Regierung vom 22. August wurde bislang vertraulich behandelt, doch die USA und ihre Verbündeten haben sie als unbefriedigend bezeichnet.
  • Unmittelbar vor der Fortsetzung der Atomgespräche zwischen dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana und dem iranischen Chefunterhändler Ali Laridschani hat die Führung in Teheran erneut den Stopp ihrer Urananreicherung abgelehnt. "Die Frage der Aussetzung der Anreicherungen gehört der Vergangenheit an, und der Iran weigert sich Rückschritte zu machen", sagte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Hamid Resa Asefi, am 10. Sept. Teheran sei zwar bereit, sich die Argumente der europäischen Verhandlungsführer anzuhören. "Aber wir lehnen alle Verhandlungen ab, die Vorbedingungen enhalten", sagte Asefi.
  • Bei den Gesprächen zwischen der Europäischen Union und dem Iran über das umstrittene Atomprogramm Teherans hat sich nach Einschätzung beider Seiten ein Fortschritt abgezeichnet. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana und der iranische Verhandlungsführer Ali Laridschani sagten am 10. Sept. in Wien, ihre Verhandlungen seien "konstruktiv" gewesen und würden in der kommenden Woche fortgesetzt. Solana und Laridschani waren nach einem rund dreistündigen Treffen am Vortag erneut im österreichischen Kanzleramt zusammengekommen, um über das iranische Atomprogramm zu sprechen, bevor die Vereinten Nationen möglicherweise Strafen gegen den Iran verhängen.
  • Im Streit um das iranische Atomprogramm rechnet US-Außenministerin Condoleezza Rice mit finanziellen Sanktionen gegen das Land. Wahrscheinlich werde es bei den Beratungen im UN-Sicherheitsrat in der kommenden Woche nicht um einen Stopp der iranischen Ölexporte gehen, sagte Rice am 10. Sept. im US-Fernsehsender CNN. Allerdings könne der Zugang des Iran zu den internationalen Finanzmärkten eingeschränkt werden. So könnte das Land seine Einkünfte aus dem Ölgeschäft nicht mehr anlegen. Damit könnte die Finanzierung des iranischen Atomprogramms gekappt werden. Sie sei "sehr, sehr sicher", dass es Sanktionen geben werde, die Teheran deutlich machen, dass es seinen bisherigen Kurs nicht beibehalten könne, sagte Rice weiter. Die fünf ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat und Deutschland hätten eine Liste möglicher Sanktionen erarbeitet, die Schritt für Schritt greifen könnten. Allerdings werde es auch weitere Gespräche mit Teheran geben, betonte die US-Außenministerin.
Montag, 11. September, bis Sonntag, 17. September
  • Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde, Mohamed ElBaradei, räumt Verhandlungen mit dem Iran weiterhin Priorität ein. "Ich denke weiter, dass der Verhandlungsweg die beste Möglichkeit ist, um eine dauerhafte Lösung zu finden", sagte ElBaradei am 11. Sept. kurz vor dem Beginn einer Sitzung des IAEA-Gouverneursrates in Wien. Zugleich betonte ElBaradei, die internationale Gemeinschaft sei besorgt, weil der Iran die Forderungen des UN-Sicherheitsrates nicht beachte. Er forderte Teheran auf, mit der IAEA zusammenarbeiten, um offene Fragen hinsichtlich der Transparenz und des Umfangs des iranischen Atomprogramms zu klären.
  • Im Atomstreit mit dem Iran haben die am Asia-Europe-Meeting (ASEM) teilnehmenden Länder Teheran aufgefordert, auf die Vorschläge der internationalen Gemeinschaft "positiv" zu reagieren. Im Abschlussdokument des am 11. Sept. in Helsinki zu Ende gegangenen ASEM-Gipfels begrüßten die Staats- und Regierungschefs aus der EU und aus Asien dabei die Vorschläge der so genannten Sechser-Gruppe. Dazu gehören Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die USA, Russland und China. Zugleich forderte der Gipfel Teheran auf, die Entschließungen des UN-Sicherheitsrats und des Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) umzusetzen.
  • Der Iran hat nach Angaben eines Diplomaten etliche Bedingungen gestellt, bevor er eine Pause in seinem Atomprogramm in Betracht ziehen würde. Der iranische Chefunterhändler Ali Laridschani habe bei seinen Gesprächen mit dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana am Wochenende "eine lange Liste" mit Bedingungen vorgelegt, sagte ein westlicher Diplomat am 11. Sept. in Wien. Dazu gehöre, alle Bemühungen beim Weltsicherheitsrat "vollständig und total" einzustellen und von möglichen Strafen gegen die iranische Führung Abstand zu nehmen. Außerdem müsse der Iran das Recht haben, auf seinem Staatsgebiet einen Brennstoffkreislauf zu unterhalten.
  • In einem neuen Angriff auf die Pressefreiheit sind im Iran zwei reformorientierte Publikationen verboten worden. Die Tageszeitung "Schargh" sei wegen Dutzender Ordnungswidrigkeiten geschlossen worden, meldete die amtliche Nachrichtenagentur IRNA am 11. Sept. Journalisten machten für die Entscheidung der Presseaufsicht eine in der vergangenen Woche veröffentlichte Karikatur zum iranischen Atomprogramm verantwortlich. Auch die Monatszeitung "Nameh" darf nicht mehr erscheinen, wie IRNA am späteren Abend berichtete.
  • Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat dem irakischen Ministerpräsidenten Nuri el Maliki zugesichert, bei der Verbesserung der Sicherheitslage im Irak zu helfen. Der Iran werde sein Nachbarland dabei unterstützen, die Sicherheit "vollständig" wiederherzustellen, "denn die Sicherheit des Irak ist die Sicherheit des Iran", sagte Ahmadinedschad am 12. Sept. nach einem Teffen mit Maliki in Teheran. Der irakische Ministerpräsident betonte, es gebe keinerlei Hindernisse bei einer Kooperation zwischen beiden Ländern. Der Irak und der Iran hatten von 1980 bis 1988 Krieg gegeneinander geführt.
  • Die fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat und Deutschland haben sich bei einer Sitzung des Gouverneursrats der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) nicht auf eine gemeinsame Kritik am Iran geeinigt. Das inoffizielle Angebot Teherans, die Anreicherung von Uran vorübergehend auszusetzen, habe die Differenzen über mögliche UN-Sanktionen vielmehr verschärft, verlautete am 12. Sept. aus Diplomatenkreisen in Wien. China und Russland hätten die von den USA gewünschte harte Gangart abgelehnt.
  • m Atomstreit mit Teheran wird der EU-Außenbeauftragte Javier Solana am 14. Sept. erneut mit dem iranischen Chefunterhändler Ali Laridschani zusammenkommen. Der Ort für das Treffen solle im Laufe des Tages oder am Donnerstagmorgen bestätigt werden, sagte die Sprecherin von Solana am 13. Sept. in Brüssel. Solana berät mit dem Iran im Namen der Sechser-Gruppe aus den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats sowie Deutschland über das umstrittene iranische Atomprogramm. Mit Laridschani war Solana erst am vergangenen Wochenende in Wien zusammengekommen. Solana will den EU-Außenministern am 15. Sept. in Brüssel über die Gespräche berichten.
  • Im Atomstreit zwischen der internationalen Gemeinschaft und dem Iran gibt es Anzeichen für Bewegung: Wie aus diplomatischen Kreisen während der Gouverneursratssitzung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) am 13. Sept. in Wien verlautete, legten Deutschland, Frankreich und Großbritannien einen Entwurf für eine Erklärung vor, mit der die Kritik am iranischen Atomprogramm bekräftigt werden soll, ohne die schwierigen Verhandlungen mit Teheran zu gefährden. Den diplomatischen Kreisen in Wien zufolge waren Frankreich und Großbritannien für eine schärfere Erklärung an die Adresse Teherans, stimmten dann aber einem Kompromiss mit Deutschland zu, das auf einen weniger hart formulierten Text setzte.
    Im Streit um das iranische Atomprogramm haben die USA und die Europäische Union Teheran zum Einlenken ermahnt. Dem Iran müsse daran gelegen sein, die "richtige Entscheidung zu treffen", wenn er die sonst fälligen Folgen vermeiden wolle, erklärte US-Botschafter Gregory Schulte am 13. Sept. auf einem Treffen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien. Mit ihrer Weigerung, die Urananreicherung zu stoppen, setze die iranische Führung auf "Konfrontation" statt auf Verhandlung. Die "diplomatische Schiene" stehe Teheran aber noch offen. Der Iran wisse, was er zu tun habe. Auch der britische Botschafter John MacGregor erklärte im Namen des EU-Trios aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien, die Hand für den Iran sei nach wie vor ausgestreckt.
  • Ein ursprünglich für den 14. Sept. erwartetes drittes Treffen zwischen EU-Chefdiplomat Javier Solana und dem iranischen Atom-Unterhändler Ali Laridschani ist abgesagt worden. Dies erklärte eine Sprecherin Solanas am 13. Sept. in Wien. Statt dessen kämen Berater der beiden Politiker in Paris zusammen, sagte Sprecherin Cristina Gallach.
  • Die fünf Veto-Mächte im UN-Sicherheitsrat und Deutschland wollen in der kommenden Woche in New York zu Beratungen über Sanktionen gegen den Iran zusammenkommen. Das Treffen solle am Rande der UN-Vollversammlung stattfinden, sagte US-Außenministerin Condoleezza Rice am 13. Sept. Dies sei ein "guter Moment", um zu sehen, wo wir sind und um voranzuschreiten, sagte Rice nach einem Treffen mit ihrer israelischen Kollegin Zipi Livni.
  • Die Gespräche zwischen der EU und Teheran sind nach iranischer Überzeugung der richtige Ansatz für eine Lösung des Atomkonflikts. Dies sei "ein Schritt in die richtige Richtung", erklärte der iranische Gesandte Ali Ashgar Soltanieh vor einem am 14. Sept. geplanten Treffen zwischen Vertretern der EU und des Irans in Paris. Nur die Fortsetzung des Dialogs, ohne Druck und Vorbedingungen, könne den Weg zu einer Verhandlungslösung im Atomstreit ebnen, sagte Soltanieh laut einer der Nachrichtenagentur AP zugänglichen Erklärung vor dem Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien.
    Das neue Treffen am 14. Sept. zum Ausloten der Möglichkeiten sollten ursprünglich der EU-Chefdiplomat Javier Solana und der iranische Atom-Unterhändler Ali Laridschani führen. Das Treffen der beiden wurde am Vortag jedoch abgesagt. Stattdessen sollten ihre Berater in Paris zusammenkommen.
  • Frankreich hat beim Atomstreit mit Iran "Anzeichen von Bewegung" in Teheran ausgemacht und diese begrüßt. Offenbar sei der Iran nunmehr grundsätzlich bereit, über eine Aussetzung seines Programmes zur Anreicherung von Uran zu verhandeln, sagte Außenamtssprecher Jean-Baptiste Mattéi am 15. Sept. in Paris. Zunächst müsse aber abgewartet werden, "in welcher Weise sich das konkretisieren wird". Mattéi bezog sich auf eine am Dienstag bekannt gewordene schriftliche Antwort Teherans auf das Kooperationsangabot der internationalen Gemeinschaft. Diesen Text wolle die iranische Seite offenbar noch ergänzen, sagte Mattéi und sprach von einem "positiven Element".
  • Die Atom-Gespräche mit dem Iran machen nach Einschätzung des EU-Außenbeauftragten Javier Solana Fortschritte. "Ein solches Maß an Engagement wie im Moment hatten wir noch nie", sagte Solana am 15. Sept. nach einer Unterredung mit den EU-Außenministern in Brüssel. Allerdings gebe es nach wie vor einige Punkte, über die noch diskutiert werden müsse und die einer Einigung bedürften. Solana war am Wochenende mit dem iranischen Chefunterhändler Ali Laridschani zusammengetroffen. Ein weiteres Treffen wird für die kommenden Tage erwartet.
  • Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat den Iran aufgefordert, durch konkrete Angebote sein Interesse an Verhandlungen im Atomstreit zu belegen. Zwar bestehe der Eindruck, dass der Iran ernsthaft zu einem Verhandlungsprozess zurückkehren wolle, sagte Steinmeier am 15. Sept. in Brüssel nach Beratungen mit den EU-Kollegen und dem Außenbeauftragten Javier Solana. Allein der Wille reiche aber nicht. "Es muss ein belegbares Interesse sein, das auch mit konkreten Angeboten für eine gemeinsame Geschäftsgrundlage hinterlegt wird," sagte Steinmeier. Daran werde gearbeitet.
  • US-Präsident George W. Bush hat den Iran am 15. Sept. in Washington vor einer Blockadetaktik im Streit um das Atomprogramm gewarnt. Sein Ziel sei es, dem Iran bei der UN-Vollversammlung in der nächsten Woche klar zu machen, dass er die Verhandlungen nicht weiter verschleppen dürfe, sagte Bush bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus. "Mit anderen Worten: Wir müssen den Prozess beschleunigen", sagte der US-Präsident. "Wir sind fest entschlossen, ein gemeinsames Signal an das iranische Regime zu senden."
  • In einer erneuten Verbalattacke hat der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad die USA als die eigentliche "atomare Bedrohung" bezeichnet. "Warum müssen die Völker mit der atomaren Bedrohung der USA leben?", fragte Ahmadinedschad am 16. Sept. beim Gipfeltreffen der Blockfreien in Havanna. "Worauf wartet der UN-Sicherheitsrat, um auf diese Bedrohung zu reagieren?" Ahmadinedschad wiederholte, dass das Atomprogramm des Iran lediglich friedlichen Zwecken diene. Er rief die Blockfreienbewegung auf, "die Versuche zu durchkreuzen, den Iran an der Entwicklung eines friedlichen Atomprogramm zu hindern". Die USA versuchten, den Iran an der atomaren Entwicklung zu hindern, obwohl sie, ein ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates, selbst "Atombomben der dritten Generation, Neutronenbomben und intelligente Atombomben" produzierten. Ahmadinedschad warf Washington vor, den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen für die Durchsetzung eigener Interessen zu nutzen. Er forderte eine Reform des Gremiums und schlug vor, einen Sicherheitsratssitz für die Blockfreien zu fordern.
  • US-Finanzminister Henry Paulson hat internationale Banken vor Geschäften mit iranischen Unternehmen und Finanzinstituten gewarnt. Viele seien in die Terrorfinanzierung und Weiterverbreitung von Atomtechnologie verwickelt. Er fordere zwar keinen Boykott, sagte Paulson am 16. Sept. in Singapur nach dem Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der sieben wichtigsten Industrieländer (G7). "Wir müssen achtsam sein", sagte er. Den internationalen Banken müssten die Risiken aber klargemacht werden, wenn sie mit iranischen Firmen zusammenarbeiteten. Die US-Behörden hatten eine der größten iranischen Banken, Bank Saderat, vergangene Woche auf die Liste der Institutionen gesetzt, die ihrer Ansicht nach Terroroperationen finanzieren helfen. Damit dürfen US-Unternehmen und Banken nicht mehr mit der Bank zusammenarbeiten. Der iranische Finanzminister hatte daraufhin in einem Zeitungsinterview den USA gedroht, einen Teil der iranischen Währungsreserven aus dem Dollar abzuziehen und in den Euro umgeschichtet werden.
Montag, 18. September, bis Sonntag, 24. September
  • Im Streit um das iranische Atomprogramm hat Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) den Bau einer übernationalen Uran-Anreicherungsanlage für mehrere Staaten vorgeschlagen. Diese Anlage solle in einem exterritorialen Gebiet, also außerhalb der Hoheitsgebiete einzelner Staaten, unter Führung der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA betrieben werden, sagte Steinmeier dem Düsseldorfer "Handelsblatt" (Ausgabe vom 18. Sept.) im Vorfeld weiterer Beratungen der IAEA. Von dieser Anlage könnten dann Interessenten wie Iran laut Steinmeier unter strenger Aufsicht nukleare Brennstäbe für die zivile Nutzung beziehen.
  • Die israelische Außenministerin Zipi Livni hat die iranische Regierung als "wachsende Gefahr" und "größte Kampfansage an unsere Werte" bezeichnet. Die internationale Gemeinschaft habe "keine wichtigere Verantwortung, als sich gegen diese wachsende Gefahr zu stellen, nicht zum Wohl Israels, sondern um ihrer selbst willen", sagte Livni bei einer Rede vor der UN-Vollversammlung in New York am 21. Sept. Teheran verleugne nicht nur den Holocaust und spreche "stolz und offen" darüber, Israel vernichten zu wollen. Die iranische Führung versuche zudem, sich dafür Waffen zu beschaffen, was die Region gefährde und die Welt bedrohe. (Hier geht es zu Livnis Rede im Wortlaut - englisch.)
  • Anlässlich der alljährlich stattfindenden Militärparade in Teheran hat die iranische Regierung mit einem "blitzartigen" Gegenschlag gedroht, sollte ihr Territorium angegriffen werden. "Wir wollen den Frieden, aber wir warnen: Die expansionistischen Kräfte brauchen einen Angriff gegen den Iran nicht zu erwägen, weil unsere Löwen wie ein Blitz zurückschlagen und sie zerstören werden", sagte Vize-Präsident Parvis Davudi zum 26. Jahrestag des Beginns des Iran-Irak-Krieges (1980-1988) am 22. Sept. Auf der Parade zeigte Iran ein umfangreiches Waffenarsenal unter anderem Raketen vom Typ Fejr und Selsal, sowie ältere Modelle der Mittelstreckenrakete Shahab 3, die mit einer Reichweite von 2000 Kilometern Ziele in Israel aber auch US-Militärbasen in der Region treffen könnten.
  • Arabische Staaten haben am 22. Sept. vor Abschluss der Generalversammlung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) für die Verabschiedung einer Resolution gegen Israel geworben. In einem von ihnen eingebrachten Entschließungsantrag wird das israelische Atomprogramm als Bedrohung bezeichnet. Ferner wird Israel in dem Entwurf aufgefordert, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten, damit im Nahen Osten eine atomwaffenfreie Zone eingerichtet werden könne. Der Resolutionsentwurf wurde von 15 arabischen Staaten vorgelegt. Iran, Venezuela, Kuba, Indonesien und Malaysia haben angekündigt, den Antrag mit zu unterstützen.
  • Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat den Iran zur Beendigung seiner Hinhaltetaktik im Atomstreit aufgefordert. "Gebt ein eindeutiges Zeichen des Vertrauens, damit wir gemeinsam nach vorn schauen und uns an den Verhandlungstisch setzen können," erklärte der SPD-Politiker nach einem vorbereiteten Text in einer Grundsatzrede zur deutschen Außenpolitik vor der UN-Vollversammlung am 22. Sept. in New York. Teheran stehe nach dem großzügigen Kooperationsangebot der Staatengemeinschaft vom 6. Juni in der Verantwortung. Die Entscheidung für Stabilität und Frieden im gesamten Mittleren Osten erfordere Mut. Die Lösung des Atomkonflikts sei dringlich, erklärte Steinmeier. (Hier geht es zur ganzen Rede von Steinmeier.)
  • Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat erhebliche Sorgen um den Erfolg der Nahost-Mission der Vereinten Nationen im Libanon geäußert. Die UN-Resolution habe zu viele offene Fragen, sagte Generalsekretär Stephan Kramer der Chemnitzer "Freien Presse" zufolge (Ausgabe vom 23. Sept.). Das treffe vor allem für die Entwaffnung der Hisbollah zu. "Die Waffenarsenale sind längst aufgefüllt, bis die Schiffe vor Ort sind", wird Kramer zitiert. Er forderte mehr Angebote an Damaskus und vor allem Druck auf Teheran. "Das Existenzrecht von Israel wird gegen den Iran verteidigt und nicht im Südlibanon", sagte Kramer den Angaben zufolge. So sei es ein Fehler der Bundesregierung und deren Verbündeter gewesen, militärische Aktionen gegen den Iran kategorisch auszuschließen und nur auf diplomatische Lösungen zu setzen.
  • Auf einem Dreiergipfel bei Paris haben Deutschland, Frankreich und Russland abermals auf eine Verhandlungslösung im Atomstreit mit dem Iran gedrungen. Er sei generell optimistisch, dass die Gespräche zwischen EU-Chefdiplomat Javier Solana und dem iranischen Unterhändler Ali Laridschani zu einer Lösung führten, erklärte der gastgebende französische Staatspräsident Jacques Chirac am 23. Sept. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident Wladimir Putin äußerten ihre Unterstützung für die Gespräche.
Montag, 25. September, bis Samstag, 30. September
  • Wegen verschärfter Strafmaßnahmen der USA gegen eine der größten iranischen Banken hat der Iran Protest beim Internationalen Währungsfonds (IWF) eingelegt. Die Sanktionen der USA gegen die Saderat-Bank seien politisch motiviert und entbehrten jeder Grundlage, zitierte das iranische Fernsehen am 25. Sept. den Zentralbankchef Ebrahim Scheibani. Deswegen sei bei den "zuständigen Institutionen, allen voran beim Währungsfonds", Beschwerde eingelegt worden.
  • Der Iran drängt Russland, seine Hilfe für den Bau des umstrittenen iranischen Atomkraftwerks Buschehr zu beschleunigen. Wenn Russland nicht in der Lage sei, das Vorhaben in Buschehr zu Ende zu bringen, könne der Iran das auch selbst, sagte der Leiter der iranischen Atomenergiebehörde, Gholamresa Aghasadeh, am 25. Sept. der halbstaatlichen iranischen Nachrichtenagentur Mehr nach einem Gespräch mit seinem russischen Kollegen Sergej Kirjenko in Moskau. "Unserer Ansicht nach kann die Zentrale innerhalb von sechs Monaten fertiggestellt werden", sagte Agasadeh. Er widersprach damit Meldungen über eine Einigung mit Russland, wonach die eine Milliarde Dollar (etwa 780 Millionen Euro) teure Anlage im November kommenden Jahres in Betrieb gehen solle.
  • Russland will Medienberichten zufolge bis März 2007 Brennstäbe für das erste iranische Atomkraftwerk liefern. Die Nachrichtenagentur Interfax meldete am 26. Sept. unter Berufung auf den Leiter der staatlichen Firma Atomstroiexport, Sergej Schmatko, die Planungen für das Kernkraftwerk Buschehr seien abgeschlossen. Es solle im September 2007 angefahren werden und ab November Strom liefern. Die Erklärung Schmatkos solle Bedenken in Teheran zerstreuen, dass Moskau in der Frage der Lieferung der Brennstäbe auf Zeit spiele, hieß es.
  • Die Gespräche zwischen dem Iran und dem EU-Chefdiplomaten Javier Solana über das umstrittene Atomprogramm des Landes werden am 27. Sept. in Berlin fortgesetzt, wie das staatliche iranische Fernsehen meldete. Ein Sprecher der iranischen Botschaft in Berlin teilte auf AP-Anfrage mit, dass Unterhändler Ali Laridschani gegen Mittag in der deutschen Hauptstadt eintreffen werde. Der Sprecher konnte zunächst aber keine verbindlichen Angaben zum Zweck des Besuchs und über mögliche Gesprächspartner machen.
  • Ein ranghoher Atombeauftragter aus dem Iran hat Berichten widersprochen, wonach die islamische Republik zu einer dreimonatigen Pause bei der Urananreicherung bereit sei. "Da noch keine Verhandlungen begonnen haben, kann diese Information nicht richtig sein, vielmehr entbehrt sie jeder Grundlage", sagte der stellvertretende Leiter der iranischen Atombehörde, Mohammed Saidi, am 27. Sept. in Berlin. Derartige Nachrichten schafften "eine Propagandastimmung" und trügen nicht zur Lösung des Problems bei. Der Iran setze seine Verhandlungen über das Atomprogramm "ernsthaft und auf logische Weise" fort, sagte Saidi.
  • Die Berliner Gespräche zwischen dem iranischen Chefunterhändler Ali Laridschani und dem EU-Außenbeautragten Javier Solana sollen am 28. Sept. weitergehen. Nach mehr als fünfstündigen Beratungen über den Atomstreit mit dem Iran in der Berliner Villa Borsig vertagten sich Solana und Laridschani am Abend des 27. Sept. auf den Folgetag, wie die Sprecherin des EU-Außenbeauftragten, Cristina Gallach, der Nachrichtenagentur AFP sagte. Die beiden Unterhändler wollen eine diplomatische Beilegung des Streits um das iranische Atomprogramm ausarbeiten.
  • Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sieht nach seinem jüngsten Gespräch mit dem iranischen Chefunterhändler Ali Laridschani weiter den Willen innerhalb der Teheraner Führung, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. "Aber wir sind an dem entscheidenden Punkt den entscheidenden Schritt noch nicht weiter", sagte Steinmeier dem Nachrichtensender n-tv am 29. Sept. Es gehe nicht nur um Willensbekundungen von der iranischen Seite, "sondern wir brauchen von der Führung des Iran das, was ich belastbare Signale nenne", fügte er hinzu. Dazu müssten im Iran Entscheidungen getroffen werden. "Um die wird offensichtlich immer noch gerungen."
  • Der US-Senat hat am 30. Sept. ohne Debatte einem Gesetz zugestimmt, das Sanktionen gegen Unterstützer des Irans bei der Beschaffung von Massenvernichtungswaffen vorsieht. Dies betrifft chemische, biologische und nukleare Waffen. Der Fraktionsvorsitzende der Republikaner im Senat, Bill Frist, erklärte, die Sanktionen seien das wichtigste Mittel, um zu verhindern, dass der Iran in den Besitz von Atomwaffen komme. Die Regierung müsse nun daran arbeiten, dass Russland auch internationalen Sanktionen gegen den Iran zustimme. Ganz unumstritten sind die einseitigen Sanktionen durch die USA aber auch im Kongress nicht. Im Repräsentantenhaus warf der Abgeordnete Jim Leach die Frage auf, wie sinnvoll ein solcher Schritt sei, wenn die USA gleichzeitig noch mit anderen Partnern an einer internationalen Lösung arbeiteten. Die anderen beteiligten Länder hätten bislang nicht erkennen lassen, dass sie sich den Schritten der USA anschließen wollten. In dem jetzt beschlossenen Gesetz werden auch die seit der iranischen Revolution 1979 geltenden Wirtschaftssanktionen gegen den Iran weiter festgeschrieben.
  • Die US-Regierung drängt Banken und Konzerne in aller Welt zu äußerster Vorsicht bei ihren Geschäftsbeziehungen mit dem Iran. "Unsere Botschaft an die Finanzwelt lautet, dass im Umgang mit der iranischen Regierung, aber auch mit der iranischen Privatwirtschaft höchste Vorsicht geboten ist", sagte der stellvertretende US-Finanzminister Robert Kimmitt dem Nachrichten-Magazin "Spiegel" (30. Sept.). Viele iranische Banken und Firmen seien "tief verstrickt in die politischen Ziele der iranischen Staatsführung, zwei der Hauptpunkte sind Terrorismus und das Nuklearprogramm".
  • Statt der von den Weltmächten geforderten Aussetzung strebt der Iran offenbar einen Ausbau seiner Urananreicherung an. Auf die Frage, ob das Land, das bislang nur in wenigen Zentrifugen zu Forschungszwecken Uran anreichert, dies in Zukunft auch in größerem Stil tun wolle, sagte der iranische Atom-Unterhändler Ali Laridschani dem Nachrichtenmagazin "Focus" am 30. Sept.: "Idealerweise schon". "Bestimmte Kernkraftwerke" im Iran könnten "nach einer höheren Anreicherung verlangen" als die 3,5 Prozent, wie sie zum Betreiben von Atomkraftwerken notwendig seien. "Da will ich mich nicht festlegen", sagte Laridschani.


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