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Iran: Chronik wichtiger Ereignisse

August 2005

Montag, 1. August, bis Sonntag, 7. August
  • Iran hat am 1. August die Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien über die Wiederaufnahme seines Atomprogramms unterrichtet. Die IAEA wurde in einem Brief aufgefordert, die Siegel ihrer Inspektoren an dem Atomforschungszentrum zu entfernen.
  • Die IAEA hoffte am 1. August, dass Iran mit der Konversion so lange warte, bis die Inpektoren bereit seien. Die Inspektoren müssen in der Anlage Isfahan Überwachungskameras installieren.
  • In Teheran ist am 2. August ein Richter erschossen worden. Massud Moghaddas wurde beim Verlassen des Gerichts von einem Motorradfahrer ermordet. Über den Attentäter ist nichts bekannt. Moghaddas hatte den Fall des Journalisten Akbar Gandschi verhandelt, der 2001 inhaftiert worden war, nachdem er Verbindungen zwischen Regierungsstellen und dem gewaltsamen Tod von Intellektuellen gezogen hatte.
  • Der französischen Premierminister Dominique de Villepin forderte am 2. August Teheran auf, sich an die Vereinbarungen zu halten, ansonsten werde der UN-Sicherheitsrat angerufen. Das EU-Vermittlertrio Frankreich, Deutschland und Großbritannien kündigten in einem Brief einen Abbruch der Verhandlungen an, falls Teheran nicht einlenke.
  • In seiner Antrittsrede hat sich der neue iranische Präsident Mahmud Ahmadi-Nedschad am 3. August für eine atomwaffenfreie Welt und die Abschaffung aller Massenvernichtungswaffen ausgesprochen. Gleichzeitig werde er die Unabhängigkeit des Landes verteidigen.
    Unmittelbar nach der Antrittsrede kündigte Teheran an, Isfahan noch am selben Tag wieder in Betrieb zu nehmen. Am frühen Abend aber verschob Teheran das Vorhaben. Ein neues Datum wurde aber nicht genannt.
  • Am 4. August übermittelten die Außenminister von Deutschland, Frankreich und Großbritannien sowie der EU-Außenbeauftragte Javier Solana der iranischen Regierung ein umfangreiches Papier, das das Land davon abbringen sol, selbst Uran anzureichern. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung (5. August) besteht der Kern des EU-Pakets aus langfristiger europäischer Hilfe bei der zivilen Nutzung der Atomkraft. Iran könne somit auf dem internationalen Markt Atomtechnik und nuklearen Brennstoff kaufen. Anerkannt würde auch, dass Iran den Stoff für seine Leichtwasserreaktoren wie geplant auch in Russland kaufen könne, langfristig soll dies aber aus anderen Quellen möglich sein. Im Gegenzug müsse Iran darauf verzichten, Uran selbst anzureichern. Zu den weiteren Angeboten gehören: wirtschaftliche Kooperation, die Unterstützung der Aufnahme des Iran in die WTO, die Bekräftigung der französischen und britischen Sicherheitsgarantien für den Iran.
    Teheran kündigte eine Antwort innerhalb von 48 Stunden an. Gleichzeitig hieß es, dass die Atomanlage in Isfahan Anfang kommender Woche wieder in Betrieb zu nehmen. Der Gouverneursrat der IAEA tritt auf Antrag der EU am 9. August wieder zusammen.
  • Teheran lehnte das Angebot der EU als "inakzeptabel" ab. Staatspräsident Ahmadi-Nedschad sagte am 6. August bei seiner Amtseinführung, seine Regierung werde sich niemals dem Ausland unterwerfen. Eine endgültige Stellungnahme zum EU-Vorschlag wurde für den 8. August angekündigt.
  • Der iranische Präsident Ahmadi-Nedschad hat am 7. August dem syrischen Staatschef Baschar Assad die Bildung einer "vereinten Front" gegen "gemeinsame Bedrohungen" vorgeschlagen. Er empfing Assad als ersten ausländischen Staatsgast nach seiner Amtseinführung.
Montag, 8. August, bis Sonntag, 14. August
  • Wie angekündigt hat Iran am 8. August damit begonnen, seine Anlage zur Uranaufbereitung in Isfahan wieder in Betrieb zu nehmen. IRNA meldete, es seien "einige Bereiche" unter Aufsicht der IAEA geöffnet worden. Die IAEA bestätigte dies. Die nach einer Vereinbarung mit der EU versiegelten Teile seien noch nicht in Betrieb.
  • Am 8. August ernannte Präsident Mahmud Ahmadi-Nedschad einen neuen Chefunterhändler für das Atomprogramm: Ali Laridschani. Er gilt als ultrakonservativ. Er wird zugleich Chef des Nationalen Sicherheitsrats und löst den als gemäßigt geltenden Hassan Rouhani ab.
  • Am 9. August kamen die 35 Gouverneure der IAEA in Wien zusammen, um über die Iran-Frage zu verhandeln. Am frühen Abend wurde die Sitzung unterbrochen; sie soll voraussichtlich am 10. August fortgesetzt werden. Die Süddeutsche Zeitung schreibt am 10. August, die Inbetriebnahme der Fabrik von Isfahan sei völkerrechtlich "kaum zu beanstanden". Der Iran sei berechtigt, die Kernenergie zu nutzen, sofern sie nur friedlichen Zwecken dient. Das beinhaltet auch das Recht, Uran zu verarbeiten und anzureichern. Außerdem könnten die Inspekteure der IAEA in Isfahan kontrollieren.
  • Der außenpolitische Repräsentant der EU, Javier Solana, hat sich in einem Interview der Süddeutschen Zeitung (Ausgabe vom 10. August) für die Fortsetzung der Gespräche zwischen Iran und der Gruppe EU3/EU ausgesprochen. Teheran müsse aber zum status quo ante zurückkehren, andernfalls lande der Fall "unweigerlich vor dem UN-Sicherheitsrat".
  • Vor dem Teheraner Milad-Krankenhaus haben am 11. August rund 250 Demonstranten die Freilassung des iranischen Oppositionellen Akbar Gandschi gefordert und den 46-Jährigen zugleich zur Beendigung seines Hungerstreiks aufgerufen. "Wir wollen Gandschi treffen, wir fordern ihn auf, mit den Ärzten zusammenzuarbeiten und den Hungerstreik abzubrechen", sagte der Studentenführer Ali Afschari. Es war der 62. Tag des Hungerstreiks des bekanntesten iranischen Oppositionellen, der sich in Haft befindet. Gandschi war am 17. Juli ins Krankenhaus eingeliefert worden, wo er nach offiziellen Angaben am Meniskus operiert werden sollte.
  • Der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) hat den Iran zum Stopp der atomaren Brennstoffproduktion aufgefordert. Eine entsprechende Resolution sei am 11. August verabschiedet worden, sagte die IAEA-Sprecherin Melissa Fleming am Sitz der Organisation in Wien. Die Entschließung war von Deutschland, Frankreich und Großbritannien eingebracht worden. Der Gouverneursrat halte es für "notwendig, dass der Iran alle seine Aktivitäten im Zusammenhang mit der Anreicherung (von Uran) unterbricht", heißt es in der Resolution. Zugleich äußerte sich der Gouverneursrat "zutiefst besorgt" darüber, dass der Iran die Uran-Bearbeitung in Isfahan wieder aufgenommen habe.
    Der Chef der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA), Mohamed ElBaradei, sieht im Streit um die iranische Atompolitik weiterhin Chancen für eine Verhandlungslösung. Er finde die Erklärungen Irans und des EU-Trios aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien "sehr ermutigend", dass sie die Verhandlungen fortsetzen wollten, sagte ElBaradei am 11. August abends vor Journalisten in Wien. Der IAEA-Gouverneursrat habe mit der zuvor beschlossenen Resolution klar gemacht, dass der Iran durch einen Stopp der Uran-Umwandlung die Möglichkeit zu einer "vertrauensbildenden Maßnahme" habe.
    US-Präsident George W. Bush hat die Resolution der Internationalen Atomenergie-Organisation zu den Nuklear- Plänen Irans als "positiven ersten Schritt" begrüßt. "Die Welt ist sich einig, dass die Iraner nicht die Mittel haben sollen, Atomwaffen zu entwickeln", sagte Bush am 11. August in Texas. Die USA unterstützten weiter die Verhandlungen der drei EU-Staaten - Deutschland, Großbritannien und Frankreich - mit Iran.
    UN-Generalsekretär Kofi Annan hat den Iran zur Achtung der von der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) beschlossenen Resolution aufgefordert. Die IAEA habe "mit einer Stimme gesprochen" und die Resolution müsse umgesetzt werden, erklärte Annan am 11. August in New York.
  • Der Iran hat den Aufruf der internationalen Gemeinschaft zurückgewiesen, sein umstrittenes Atomprogramm wieder auszusetzen. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) könne ihre Hinhaltetaktik fortsetzen, solange sie wolle, "unsere Entscheidung ist unumstößlich", sagte der frühere iranische Präsident Akbar Haschemi Rafsandschani in seiner Freitagspredigt in Teheran am 12. August. Unter Anspielung auf mögliche Pläne, die iranischen Atomanlagen notfalls zu bombardieren, warnte der Verlierer der Präsidentschaftswahlen vom Juni: "Behaltet im Hinterkopf, dass ihr den Iran nicht wie den Irak oder Libyen behandeln könnt."
  • Im Streit um das iranische Atomprogramm hat Frankreich Teheran aufgefordert, durch Handeln Entgegenkommen zu zeigen. "Jetzt zählen die Taten", erklärte der französische Außenminister Philippe Douste-Blazy am 12. Aug. in Paris. Der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) habe eine klare Resolution verabschiedet. Bis zum neuen Lagebericht der autonomen UN-Organisation über das iranische Atomprogramm am 3. September könnten Gespräche stattfinden. Bedingung sei aber, dass das die Anreicherung von Uran ausgesetzt werde.
    Russland hat im Streit um das iranische Atomprogramm zur Zurückhaltung aufgerufen. Es sei "grundlegend", dass die Voraussetzungen für eine Deeskalation der Lage geschaffen würden, erklärte das russische Außenministerium am 12. Aug. in einer Stellungnahme in Moskau. Die Konfliktparteien müssten auf "den Verhandlungsweg zurückkehren". Ausdrücklich unterstützte das Ministerium die Resolution der Internationalen Atomenergienehörde (IAEA) vom Donnerstag, in der der Iran zum Stopp des gesamten nuklearen Brennstoffkreislaufs aufgefordert wurde.
  • Trotz internationaler Appelle zur Mäßigung im Streit um das iranische Atomprogramm hat US-Präsident George W. Bush eine Gewaltanwendung gegen Teheran nicht ausgeschlossen. In einem am Abend des 12. August ausgestrahlten Interview mit dem israelischen Fernsehen sagte Bush auf die Frage nach Alternativen zu diplomatischen Bemühungen: "Alle Möglichkeiten liegen auf dem Tisch." Die Anwendung von Gewalt sei "die letzte Möglichkeit für jeden Präsidenten". In den vergangenen Jahren habe die US-Regierung bereits Gewalt gebraucht, um die USA zu schützen, betonte Bush unter Anspielung auf den Irak-Krieg. Er sei bereit, als "letzten Ausweg" Gewalt anzuwenden, um sein Land zu sichern und "Völkern die Gelegenheit zu geben, in freien Gesellschaften zu leben".
  • Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat im Atomstreit mit Iran vor militärischen Aktionen gewarnt. "Nehmt die militärischen Optionen vom Tisch, wir haben erlebt, dass sie nichts taugen", sagte Schröder am 13. August in Hannover mit Blick auf aktuelle Drohungen aus den USA. Niemand könne ein Interesse daran haben, dass die iranische Führung in den Besitz von Atomwaffen kommen könne, betonte der Kanzler in seiner Rede zum offiziellen Wahlkampfauftakt der SPD. Politische Konflikte müssten aber mit friedlichen Mitteln gelöst werden. "Lasst uns mit unseren amerikanischen Freunden eine starke Verhandlungsposition gegenüber Iran entwickeln", verlangte Schröder weiter.
  • Der neue iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad will Medienberichten zufolge am 14. Aug. sein Kabinett vorstellen. Nach seiner Kenntnis werde Ahmadinedschad die Liste mit den Namen der 21 Regierungsmitglieder am Sonntag dem Parlament übermitteln, zitierten iranische Zeitungen am 13. Aug. den stellvertretenden Parlamentspräsidenten Mohammed Resa Bahonar. Eine offizielle Bestätigung gab es zunächst nicht. Nach der iranischen Verfassung hat der Präsident nach seiner Vereidigung zwei Wochen Zeit für die Regierungsbildung. Ahmadinedschad hatte am 6. August den Amtseid abgelegt.
  • Eine Delegation der IAEO ist am 13. August in Teheran eingetroffen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Mehr soll sie im Namen von IAEO- Generaldirektor Mohammed el Baradei Gespräche mit der iranischen Regierung führen und diese dazu bewegen, die am 11. August beschlossene Resolution der UN-Atombehörde zu befolgen. Die vierköpfige Delegation werde die Atomanlage von Isfahan und andere Nukleareinrichtungen inspizieren, hieß es weiter.
  • Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat eine Beteiligung Deutschlands unter seiner Führung an einer möglichen US-Intervention im Iran ausgeschlossen. "Ich halte eine militärische Option für hochgradig gefährlich", sagte Schröder in einem am 14. August vorab veröffentlichten Interview mit der "Super Illu". "Deshalb kann ich sicher ausschließen, dass sich eine Bundesregierung unter meiner Führung daran beteiligen wird." Der Bundeskanzler zeigte sich besorgt über den Atomstreit mit dem Iran: "Die Lage ist ernst." Er setze "weiterhin darauf, dass wir unser Ziel in den Verhandlungen mit Beharrlichkeit und Geduld erreichen können".
  • Der neue iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat sein Kabinett vorgestellt. Der Staatschef schlug den konservativen Abgeordneten Manuschehr Mottaki als Außenminister vor, wie der staatliche Rundfunk am 14. August berichtete. Der Bürgermeister der Hauptstadt Teheran, Ali Saidlu, soll Ölminister werden. Nun muss das Parlament binnen einer Woche entscheiden, ob es der Regierung sein Vertrauen ausspricht.
  • Iran hat den USA im Atomstreit psychologische Kriegsführung vorgeworfen. Entsprechend äußerte sich am 14. August ein Vertreter des iranischen Außenministeriums. Die Drohungen von US-Präsident George W. Bush seien nicht in Realität umzusetzen. Wenn die USA tatsächlich einen solchen „großen Fehler“ machen würden, sollten sie wissen, dass Iran größere militärische Optionen als die USA hätten.
Montag, 15. August, bis Sonntag, 21. August
  • Nach Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat sich auch Unionskanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) gegen einen Militäreinsatz wegen des Atomstreits mit dem Iran ausgesprochen. Dem "Stern" sagte Merkel nach Angaben des Hamburger Magazins vom 15. August, der Konflikt müsse mit diplomatischen Mitteln gelöst werden. "Die Frage eines Militäreinsatzes stellt sich überhaupt nicht." CDU-Generalsekretär Volker Kauder hatte zuvor bereits von der Bundesregierung verlangt, das Thema aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Die Union unterstütze die Bemühungen um eine diplomatische Lösung.
  • Der Iran hat im Streit um sein Atomprogramm seine Bereitschaft zu uneingeschränkten Verhandlungen mit der Europäischen Union erklärt. "Wir sind bereit, unter allen Umständen zu verhandeln, aber wenn der Fall aus politischen Gründen an den UN-Sicherheitsrat weitergeleitet wird, wird uns dies Einschränkungen (bei den Verhandlungen) auferlegen", sagte der scheidende iranische Außenminister Kamal Charrasi am 15. August in Teheran. "Das mutige iranische Volk, das Bedrohungen und Druck von außen gewohnt ist, wird niemals seine legitimen Rechte preisgeben", sagte der Minister weiter.
  • Der ultrakonservative iranische Politiker Ali Laridschani soll den strategisch wichtigen Posten des Sekretärs des iranischen Sicherheitsrat übernehmen. Das berichtete das iranische Staatsfernsehen am 15. August unter Berufung auf ein Dekret des neuen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Der Vertraute des obersten geistlichen Führers im Iran, Ayatollah Ali Chamenei, dürfte damit auch Atombeauftragter werden. Die Verhandlungen mit der Europäischen Union hatte bisher Hassan Ruhani geführt.
  • Die US-Regierung sieht in den Warnungen von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vor einem Militäreinsatz gegen den Iran keinen Anlass für neuen deutsch-amerikanischen Streit. Die Vereinigten Staaten arbeiteten bei den Bemühungen zur Lösung der iranischen Atom-Frage "sehr eng" mit Deutschland zusammen, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Sean McCormack, am 15. August in Washington. Der "diplomatische Weg" werde weiter verfolgt. Die USA unterstützen die so genannten EU-3, die aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien bestehen, bei ihren Verhandlungen mit dem Iran, wie der Sprecher betonte.
  • Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat das Nein führender Unionspolitiker zu einem möglichen militärischen Vorgehen gegen den Iran begrüßt. "Ich freue mich, dass die gleichen Sorgen, die mich umtreiben, über die Entwicklung im Nahen Osten, im Irak, aber auch im Iran auch die Opposition umtreiben", sagte Schröder am Abend des 15. August in Jena mit Blick auf seine eigenen Befürchtungen wegen drohender Töne aus Washington. "Ich habe in meinem Konfirmandenunterricht gelernt, dass der Herr sich über jeden reuigen Sünder freut", erinnerte Schröder auf einer Wahlkampfveranstaltung aber auch an die frühere Unterstützung der CDU/CSU für den Irak-Krieg.
  • Der neue iranische Atombeauftragte Ali Laridschani hat eine Fortsetzung des Programms zur Uran-Anreicherung angekündigt. Die Europäer müssten verstehen, "dass die iranische Regierung entschlossen ist, den Produktionskreislauf für nuklearen Brennstoff zu behalten" und damit auch die Uran-Anreicherung, sagte Laridschani in seinem ersten Interview nach seiner Ernennung der iranischen Regierungszeitung "Schargh" vom 16. August. Teheran akzeptiere die Resolution der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) nicht, in der es zur Aufgabe der Uran-Umwandlung aufgefordert worden war.
  • Rund 500 Iraner haben am 16. August an der Atomanlage Isfahan für das Recht ihres Landes auf Uran-Anreicherung demonstriert. Die Teilnehmer der Kundgebung bildeten eine Kette rund um die Anlage, in der Uran als Vorstufe der Anreicherung umgewandelt wird, wie eine AFP-Reporterin berichtete. Die meisten Demonstranten waren Studenten, sie schwangen Spruchbänder mit Slogans wie "Isfahan ist nur der Anfang", "Die IAEA ist eine Marionette des Teufels". Viele von ihnen versicherten, sie seien gegen Atomwaffen. (Meldung: AFP)
  • Die neue iranische Regierung des konservativen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad hat einen Dialog mit Israel vollständig und mit den USA vorerst ausgeschlossen. Ahmadinedschads allgemeines politisches Programm sehe "gesunde und aktive" Beziehungen mit allen Ländern vor, jedoch mit Ausnahme Israels und der USA, hieß es in dem am 16. August veröffentlichten Regierungsprogramm.
  • Iran will die umstrittene Urananreicherung nicht wieder aufnehmen. Das habe Teheran der Internationalen Atomenergie-Organisation mitgeteilt, berichtete die iranische Nachrichtenagentur ISNA am 16. August. Gleichzeitig soll aber die Uranumwandlung in der Atomanlage in Isfahan nicht wie von der IAEO gefordert gestoppt werden. Auf dieser Grundlage sei Iran zur Fortsetzung der Gespräche mit Frankreich, Deutschland und Großbritannien bereit. Hoch angereichertes Uran kann zur Herstellung von Atomwaffen verwendet werden. (dpa)
  • Im Streit um das iranische Atomprogramm hat Russland am 17. August vor der Anwendung von Gewalt gewarnt. Dies wäre "kontraproduktiv und gefährlich", zudem seien die "ernsten Folgen kaum vorherzusehen", erklärte das russische Außenministerium. Es reagierte offenbar auf die Äußerung von US-Präsident George W. Bush, der eine militärische Option gegen den Iran nicht ausgeschlossen hatte.
  • Der iranische Oppositionelle Akbar Gandschi hat nach Darstellung der Teheraner Staatsanwaltschaft seinen Hungerstreik beendet. Der 46-Jährige sei zur "Zusammenarbeit mit den Ärzten bereit", erklärte Vize-Staatsanwalt Mahmud Salarkija am 18. August nach einem Bericht der studentischen Nachrichtenagentur Isna. Die Information konnte von unabhängiger Seite nicht überprüft werden, da es seit Tagen keine Kontakte Gandschis zu seinen Freunden und seiner Familie gibt. In der vergangenen Woche hatten vor dem Teheraner Milad-Krankenhaus rund 250 Demonstranten Gandschis Freilassung gefordert. Er hatte seinen Hungerstreik vor 68 Tagen begonnen.
  • Die im Iran gefundenen Partikel hoch angereicherten Urans stammen nach Ansicht der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA nicht aus iranischen Nuklearanlagen. Vorbehaltlich unabhängiger Expertisen gehe die IAEA davon aus, dass Teheran die Wahrheit über die Uran-Rückstände gesagt habe, sagten Diplomaten aus dem Umfeld der UN-Behörde am 19. August der Nachrichtenagentur AFP in Wien. Die verdächtigen Uran-Partikel stammen nach den Worten eines Diplomaten aller Wahrscheinlichkeit nach aus Pakistan. (Siehe hierzu: "Die EU droht und wiegelt ab"
  • Der ehemalige iranische Präsident Mohammed Chatami hat vor einem aufkommenden Islamismus in Iran gewarnt. Das Land sei im Ausland durch das Terrornetzwerk El Kaida und durch die radikalislamischen afghanischen Taliban bedroht, im Inland seien Fundamentalismus und der islamische Extremismus eine große Gefahr. Das sagte Chatami am späten Abend des 19. August bei einer Rede in Mashad im Nordosten des Landes. Er erwähnte dabei nicht direkt die Regierung seines ultrakonservativen Nachfolgers Mahmud Ahmadinedschad. Der Ex-Präsident ist als Kritiker Ahmadinedschads bekannt.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hat die iranische Führung in einem Brief um eine Freilassung des inhaftierten Dissidenten Akbar Gandschi gebeten. Das Schreiben an Präsident Mahmud Ahmadinedschad sei am 19. August aufgegeben worden, sagte ein UN-Sprecher am 20. August in New York. Der Inhalt solle am 22. August veröffentlicht werden. UN-Mitarbeiter ergänzten, Annan bitte Ahmadinedschad darum, den inhaftierten Journalisten "aus humanitären Gründen" freizulassen.
  • Die Atomverhandlungen zwischen Teheran und der Europäischen Union sind nach Ansicht des neuen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad "nicht in einer Sackgasse". Das sagte Ahmadinedschad in einem am Abend des 20. August von der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti veröffentlichten Interview. Kurz zuvor erklärte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Hamid Resa Assefi, Iran sei bereit, neue europäische Vorschläge prüfen.
  • Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat die westlichen Nationen scharf angegriffen und ihnen die Unterdrückung seines Landes vorgeworfen. "Wir importieren aus diesen Staaten Güter für Millionen Dollar, obwohl sie weder unser Öl, noch andere Produkte von uns kaufen", sagte Ahmadinedschad am 21. August vor dem Parlament in Teheran, das den Ministern der neuen Regierung sein Vertrauen aussprechen sollte. "Diese Länder sollten uns dankbar sein, weil wir zu ihrem Wirtschaftswachstum beitragen, aber sie halten uns für ihre Schuldner", sagte der Präsident.
  • Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) hat im Atomstreit mit dem Iran vor einer militärischen Eskalation gewarnt. Diese berge Gefahren, "die niemand mehr kontrollieren kann", sagte Fischer am 21. August in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". Die iranische Regierung müsse begreifen, dass sie ihre legitimen Sicherheitsinteressen erreichen könne, wenn sie Vernunft gebrauche. Eine Aufrüstung seiner Atomtechnik mache für den Iran aber keinen Sinn. "Es ist so, als wenn jemand Motoren produziert, ohne eine Autoproduktion zu haben."
Montag, 22. August, bis Sonntag, 28. August
  • Der wegen regierungskritischer Artikel inhaftierte iranische Journalist Akbar Gandschi hat seinen Hungerstreik nach mehr als zwei Monaten beendet. "Ich habe ihn gestern Abend gesehen", teilte Gandschis Ehefrau Massumeh Schafii am 22. August mit. "Er hat seinen Hungerstreik beendet. Es geht ihm recht gut." Am Freitag hatte UN-Generalsekretär Kofi Annan die iranische Führung in einem Brief um eine Freilassung des inhaftierten Dissidenten gebeten. Gandschi war aus Protest gegen seine Inhaftierung am 11. Juni in Hungerstreik getreten.
  • In der iranischen Hauptstadt Teheran haben am 23. August mehrere hundert Mitglieder der islamistischen Bassidsch-Miliz vor den Botschaften Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens demonstriert. Die etwa 300 Teilnehmer skandierten Sprüche gegen die drei Länder, die sich im Auftrag der EU gemeinsam um einen Stopp des umstrittenen iranischen Atomprogramms bemühen. "Unsere nuklearen Aktivitäten sind wichtiger als der Iran-Irak-Krieg", sagte Ibrahim Motewalian, Chef der Bassidsch-Gruppe der Teheraner Universität, in einer Rede. "Wir werden bis zu unserem letzten Blutstropfen Widerstand leisten."
  • Der iranische Dissident und Journalist Mohsen Sasegara ist in Abwesenheit wegen Unruhestiftung und Gefährdung der nationalen Sicherheit zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Das Revolutionsgericht habe ihn am 21. August über das Urteil informiert, teilte Sasegaras Anwalt Schirsad Heidari am 23. August der Nachrichtenagentur AFP in Teheran mit. Der Verteidiger kündigte Berufung gegen das Urteil an. Sasegara hält sich seit März in den USA auf, wo er eine Forschungsstelle in Washington innehat und medizinisch behandelt wird.
  • Am Abend des 23. August haben Deutschland, Frankreich und Großbriannien ein für den 24. August geplantes Treffen mit iranischen Vertretern abgesagt. Die EU-3 würden den Termin nicht wahrnehmen, weil Teheran sich zur teilweisen Wiederaufnahme seines atomaren Brennstoffzyklus' entschlossen habe, sagte ein Sprecher des französischen Außenministeriums in Paris.
    Nach der Absage neuer Atomgespräche durch das EU-Verhandlungstrio sagte der iranische Außenamtssprecher am 24. August, es seien die Europäer, die das Pariser Abkommen vom vergangenen November einseitig interpretierten und verletzten. Aktivitäten in der Atomanlage in Isfahan seien kein Bruch des Abkommens.
  • Im Atomstreit mit Teheran ist ein angeblicher Beweis für die illegale Entwicklung von Nuklearwaffen im Iran entkräftet worden. Spuren von waffenfähigem Uran, die vor zwei Jahren im Iran gefunden worden seien, stammten von kontaminierten Geräten aus Pakistan, berichtete die US-Zeitung "Washington Post" am 24. August. Dies habe ein geheimer Ausschuss von Wissenschaftlern aus den USA und dem Ausland herausgefunden. "Der größte Indizienbeweis, mit dem bislang alle gewedelt haben, hat sich mit dieser Schlussfolgerung erledigt", zitierte die "Washington Post" einen ranghohen US-Regierungsmitarbeiter. Teheran hatte von Anfang an behauptet, dass das angereicherte Uran an Geräten gehaftet habe, die der Iran vor Jahren von Pakistan gekauft habe. Die USA hatten den Fund hingegen als Beweis dafür gewertet, dass der Iran waffenfähiges Material für Atomwaffen produziere. Die Erkenntnisse des geheimen Untersuchungsausschusses decken sich mit denen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA).
    Die US-Regierung warnte trotz der entlastenden Untersuchung davor, den Iran künftig unbehelligt zu lassen. Die Herkunft des Urans an kontaminierten Zentrifugen sei nur eine von mehreren Fragen, die das strittige Kernkraftprogramm beträfen, sagte US-Außenamtssprecher Sean McCormack am 24. August in Washington. Unabhängig davon müsse zum Beispiel geklärt werden, weshalb der Iran der IAEA keinen besseren Zugang zur Atomanlage Partschin gewähre, die Befragung von leitenden Mitarbeitern verweigere, einen Produktionsort vor dem Besuch von IAEA-Kontrolleuren plattgewalzt habe und welche Rolle das iranische Militär in der Angelegenheit spiele. "Wir glauben, dass sie an der Atombombe arbeiten, dass sie danach streben", sagte McCormack. Bei künftigen Gesprächen müsse es darum gehen, die Wahrheit über das iranische Rüstungsprogramm herauszufinden. Dabei solle man sich auf das Verhalten des Iran konzentrieren.
  • Der neue iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat bei der Parlamentsabstimmung über seine Kabinettsmitglieder die erste innenpolitische Schlappe hinnehmen müssen. Die Abgeordneten lehnten am 24. August mehrheitlich Ahmadinedschads Kandidaten für das Ölministerium, Ali Saidlu, sowie drei weitere designierte Minister ab. Dagegen erhielten 17 weitere Kandidaten den Zuschlag der mehrheitlich konservativen Parlamentarier. Vakant sind neben dem Chefposten im wichtigen Ölministerium weiterhin die der Ministerien für Bildung, Soziales und für Kooperativen. Ahmadinedschad bleiben nun drei Monate, um nach geeignetem Ersatz zu suchen.
  • Eine neue iranische Extremistengruppe will zum Schutz vor möglichen US-Angriffen auf Atomanlagen im Iran Selbstmordkommandos abstellen. Die Gruppe "Freunde des Märtyrertums" werde bald mit entsprechenden Übungen beginnen, sagte ihr Kommandeur Mohammed Resa Dschaffari der am 24. August erschienenen uktrakonservativen Wochenzeitung "Parto Sochan". Die Freiwilligen würden "neue Taktiken" trainieren, bei denen es um die Verteidigung sensibler und strategischer Gebiete gehe sowie um die Vernichtung eines "hypothetischen Feindes durch Einsatz eines menschlichen Schutzschildes". Es werde auch geübt, wie jeder "Märtyrer" die Ausrüstung des Feindes zerstören könne.
  • Der Leiter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohamed ElBaradei, kommt am 26. August überraschend zu einem Gespräch mit dem neuen iranischen Atom-Unterhändler Ali Laridschani zusammen. Bei dem Treffen in Wien solle es um die IAEA-Inspektionen im Iran sowie um den aktuellen Stand im Streit um das iranische Atomprogramm gehen, sagte IAEA-Sprecherin Melissa Fleming am späten Abend des 25. August in der österreichischen Hauptstadt.
  • Der Iran hat den Streit mit der internationalen Gemeinschaft um seine Atomanlagen nach Meinung eines einflussreichen Geistlichen gewonnen. "Egal, wie sehr sie uns anfeinden, beschuldigen und uns Hindernisse in den Weg legen, das kann uns höchstens aufhalten, aber nicht stoppen", sagte Ayatollah Ahmad Dschanati, der Vorsitzende des Wächterrates, in seinem Freitagsgebet (26. August). Im Atomstreit sei Teheran der Sieger, nicht Washington. Seine Zuhörer sangen "Tod Amerika".
  • Der Iran betrachtet das EU-Trio aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien nicht als alleinigen Partner bei den Verhandlungen über sein umstrittenes Atomprogramm. Die drei EU-Staaten könnten bei "künftigen diplomatischen Bemühungen" zur Beilegung der Krise an den Rand gedrängt werden, erklärte das iranische Außenministerium am 28. August.
Montag, 22. August, bis Mittwoch, 31. August
  • Im Streit um das iranische Atomprogramm hat Frankreichs Präsident Jacques Chirac die Führung in Teheran aufgefordert, seine Aktivitäten zur Uran-Konversion erneut auszusetzen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Andernsfalls müsse der Fall an den UN-Sicherheitsrat überwiesen werden, sagte Chirac am 29. August bei der Jahresversammlung französischer Diplomaten in Paris. "Wir appellieren an das Veranwortungsgefühl des Iran, die Zusammenarbeit wiederaufzunehmen und Vertrauen aufzubauen", fügte Chirac hinzu.
  • Die USA haben dem Iran und Nordkorea in einem Bericht den jahrelangen Bruch internationaler Verträge vorgeworfen. Zugleich wurde Libyen für seine Kooperation mit der internationalen Gemeinschaft gelobt, wie aus dem vom US-Außenministerium am 30. August veröffentlichten "Bericht über Vertragstreue" hervorgeht. Der Iran strebe die Herstellung von Atomwaffen an, habe dafür Hilfe von außen gesucht und gegen den Atomwaffensperrvertrag verstoßen, hieß es in dem Bericht, der die Jahre 2001 bis 2004 untersucht. Auch Nordkorea habe "lange und kontinuierlich" den Atomwaffensperrvertrag gebrochen.
  • Die neue konservative Regierung im Iran will einen so genannten "Liebes-Fonds" für junge Menschen einrichten. Damit soll nach Presseberichten vom 31. August der iranische Nachwuchs leichter einen Job, einen Partner und eine Wohnung finden. Der Fonds werde mit umgerechnet rund 1,1 Milliarden Euro ausgestattet. Das Geld stammt aus den sprudelnden Öleinnahmen des Landes. Arbeitslosigkeit unter den Jugendlichen gilt als eines der Hauptprobleme im Iran. Wohnungsmieten können sich viele daher nicht leisten. Das führt die neue iranische Regierung als Grund für das stark gestiegene Durchschnittsalter bei Hochzeiten an.
  • Die Europäische Union will im Atomstreit mit dem Iran offenbar vorerst auf die Forderung nach Sanktionen gegen Teheran verzichten. Dies verlautete am 31. August aus Diplomatenkreisen bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien. IAEA-Direktor Mohamed ElBaradei will dem Gouverneursrat der UN-Behörde am 3. Sept. einen Bericht über die Wiederaufnahme der Urankonversion in der Atomanlage Isfahan vorlegen. Sollte sich der Gouverneursrat nicht auf einen Beschluss einigen können, will Großbritannien nach Angaben eines westlichen Diplomaten den UN-Sicherheitsrat einschalten. Dieser solle zunächst jedoch den Iran lediglich ermahnen, die Forderungen der IAEA umzusetzen.



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