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Iran: Chronik wichtiger Ereignisse

November/Dezember 2003

1. bis 9. November 2003

Die Führung in Teheran hat Berichte bestritten, sie habe dem verfeindeten Israel eine Nachricht mit einem Gesprächsangebot übermittelt. Ein Sprecher des iranischen Außenministeriums sagte der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA am 1. November, diese Behauptung entbehre jeglicher Grundlage. Die israelische Tageszeitung "Haaretz" hatte berichtet, israelische Regierungsstellen prüften, ob eine indirekt überbrachte Nachricht mit dem Wunsch nach Unterredungen ernst gemeint und Zeichen eines echten Wandels in Iran sei.

Iran lehnt einen endgültigen Stopp seines Programms zur Anreicherung von Uran ab. Die von dem Land betriebene Uran-Anreicherung befinde sich erst im Anfangsstadium und sei "freiwillig unterbrochen", nicht aber beendet worden, sagte ein Sprecher des iranischen Außenministeriums am 2. November in Teheran. Die Nutzung von Nukleartechnologie für friedliche Zwecke sei das gute Recht Irans, auf das die Regierung nicht verzichten wolle und dürfe. Kein Land der Welt könne Iran diese Technologie entziehen, betonte der Sprecher. Gleichwohl sei Teheran bereit, über den der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) abgegebenen Bericht hinaus weitere Fragen zu seinen atomaren Aktivitäten zu beantworten
Der geistliche Führer Irans, Ajatollah Ali Chamenei, hat die Übereinkunft seines Landes mit der Internationalen Atomenergie-Behörde begrüßt. Die Übereinkunft sei ein diplomatischer Schritt gewesen, um "Verschwörungen der USA und Israels zu durchkreuzen", sagte Chamenei am 2. November.

Iran hat gegenüber der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) Verstöße gegen das Verbreitungsverbot für Nuklearmaterial eingeräumt. Dies gehe aus Dokumenten hervor, die Iran jüngst an die IAEA geliefert habe, sagte ein Sprecher der Behörde am 4. November in Wien. "Wir haben bereits in der Vergangenheit Verstöße verzeichnet, und in dem bevorstehenden Bericht wird es neue geben", zitierte der Sprecher aus einem Interview von IAEA-Direktor Mohamed el Baradei mit der spanischen Tageszeitung "El País".
Die Vereinigten Staaten warnten Iran vor einer Missachtung der internationalen Forderungen zu seinem Atomprogramm. Drohungen aus Teheran, die Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft zu beenden, seien "ernsthaft Besorgnis erregend", sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums am 4. November in Washington. Er reagierte damit auf Äußerungen des geistlichen iranischen Führers Ayatollah Ali Chamenei, wonach sich Iran das Recht vorbehalte, seine Zusagen zur Offenlegung des Atomprogramms nicht einzuhalten.
Ein Chamenei-Berater, der frühere Parlamentspräsident Ali Akbar Nategh Nuri, sagte am 4. November in Teheran, sein Land werde niemals auf die Nukleartechnologie und die Anreicherung von Iran verzichten.

Fast 10.000 junge Iraner haben am 4. November in Teheran der Besetzung der früheren US-Botschaft in Teheran vor 24 Jahren gedacht. "Tod Amerika, Tod Großbritannien, Tod dem Zionismus", rief die vorwiegend aus Schülern bestehende Menge vor der früheren diplomatischen Vertretung der Vereinigten Staaten. US-Präsident George W. Bush wurde von den Demonstranten als "blutdürstig" bezeichnet. Teilnehmer verbrannten US- und israelische Flaggen. (Meldung: AFP)

US-Präsident George W. Bush hat Teheran zur Beachtung der Demokratiebestrebungen in der iranischen Bevölkerung ermahnt. Die iranische Regierung müsse auf die demokratischen Tendenzen antworten, ansonsten "verliert sie den letzten Anspruch auf Legitimität", sagte Bush am 6. November in Washington.

Iran will sein Programm zur Urananreicherung «in den nächsten Tagen» aussetzen. Zudem werde Teheran offiziell seine Bereitschaft zur Unterzeichnung eines international geforderten Zusatzprotokolls zum Atomwaffensperrvertrag erklären, kündigte das Außenministerium am 9. November an. Das Zusatzprotokoll gestattet der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) unangekündigte Kontrollen in allen iranischen Nuklearanlagen.

Eine arabischsprachige Zeitung meldete am 9. November überraschend, die USA hätten mit Iran geheime Verhandlungen über Sicherheitsfragen aufgenommen. Die Gespräche fänden in der Schweiz statt, berichtete die Zeitung el Hajat unter Berufung auf den irakischen Politiker Dschalal Talabani. Der derzeitige Vorsitzende des Irakischen Verwaltungsrats unterhält nach eigenen Angaben enge Beziehungen zu Teheran und diente mehrfach als "Botschafter" zwischen amerikanischen und iranischen Politikern.

10. bis 23. November 2003

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat nach Angaben von Diplomaten im Iran keine Hinweise auf ein geheimes Atomwaffenprogramm gefunden. "Sie haben keinerlei Hinweis auf ein Waffenprogramm gefunden", sagte am 10. November ein Diplomat aus dem Umfeld der IAEA der Nachrichtenagentur Reuters in Wien. Über die jüngsten Erkenntnisse der IAEA zum Iran sollen die Diplomaten, die dem aus 35 Staaten bestehenden Gouverneursrat der Behörde angehören, in dieser Woche einen Bericht erhalten. Er gehe davon aus, dass der neue Bericht vor allem darauf hinweisen werde, dass mehr Arbeit getan werden müsse, bevor Schlussfolgerungen gezogen werden könnten, sagte ein Diplomat. Der Bericht soll in der Sitzung des Rates am 20. November diskutiert werden. Es wird erwartet, dass die USA bei der Sitzung darauf drängen werden, dass die IAEA mit dem Iran den UNO-Sicherheitsrat befassen solle, weil das Land gegen den Atomwaffensperrvertrag verstoßen habe. Der Sicherheitsrat könnte dann Sanktionen gegen den Iran verhängen. Ein Diplomat räumte den USA jedoch geringe Chancen ein, in dieser Sitzung ein solches Vorgehen der IAEA zu erreichen. (Quelle: Reuters)
Der Chef des Obersten Nationalen Sicherheitsrates im Iran, Hassan Rohani, kündigte am 10. November während eines Besuchs in Moskau an, dass der Iran sein umstrittenes Programm zur Urananreicherung sofort vorerst einstellen werde. Angereichertes Uran kann zur Herstellung von Atomwaffen benutzt werden. Rohani sagte, sein Land übergebe der IAEA zudem am Montag einen Brief, in dem seine Regierung das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag akzeptiere. Dies erlaubt der IAEA kurzfristig angemeldete Kontrollen von Atomanlagen. "Sie (die IAEA) haben uns zu verstehen gegeben, dass sie keine weiteren Fragen haben, die Iran noch nicht beantwortet hat", sagte Rohani. Nach einem Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Außenminister Igor Iwanow kündigte Rohani zudem an, dass Russland im Iran den umstrittenen Atomreaktor von Buschehr fertig stellen werde. Darüber hinaus werde mit Russland über den Bau eines zweiten Reaktors verhandelt werden.

Für sein jahrzehntelang heimlich betriebenes Atomprogramm hat der Iran einem UNO-Bericht zufolge Hilfe aus vier Staaten erhalten. Die vier Staaten wurden in dem vertraulichen Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA nicht genannt. Sie hätten dem Iran Technologie zur Verfügung gestellt, die zum Bau von Atomwaffen verwendet werden könnte, heißt es in dem der Nachrichtenagentur Reuters am 11. November vorliegenden Dokument. Darin wirft die IAEA dem Iran vor, in der Vergangenheit mehrfach gegen den Atomwaffensperrvertrag verstoßen zu haben. Der iranische Botschafter bei der UNO-Behörde in Wien, Ali Akbar Salehi, bezeichnete die dem Land zur Last gelegten Verstöße als unerheblich. Der Iran habe eingeräumt, dass er - beginnend in den 70er Jahren - Verträge zur Urananreicherung mit "ausländischen Quellen aus vier Ländern" gehabt habe, hieß es in dem IAEA-Bericht. Diplomaten sagten, bei einem der vier Staaten, aus denen der Iran Technologie zur Urananreicherung bezogen habe, handele es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Pakistan. Das Land hat den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet. Die IAEA hielt in ihrem Bericht zudem fest, dass sie bislang keinen Hinweis auf ein Atomwaffenprogramm des Iran gefunden habe. Weil der Iran in der Vergangenheit aber vieles verheimlicht habe, werde es noch einige Zeit dauern, bevor die IAEA den Schluss ziehen könne, dass das Atomprogramm nur friedlichen Zwecken diene.

Die USA haben die Einschätzung der IAEA als unglaubwürdig kritisiert, wonach es keine Beweise für ein Atomwaffenprogramm des Iran gebe. Dies sei "einfach unmöglich zu glauben", sagte der Staatssekretär im US- Außenministerium, John Bolton, am 12. November. Schließlich dokumentiere die Behörde in ihrem Iran-Bericht selbst ausführlich die seit 18 Jahren andauernden Täuschungen des Iran im Zusammenhang mit dem Atomprogramm.
Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA hat die Kritik der USA an ihrem Bericht zum Iran zurückgewiesen. Die IAEA stehe weiter zu dem Bericht, sagte IAEA-Sprecher Mark Gwozdecky am 13. November in Wien.
Der vertrauliche Bericht war nur für die Diplomaten bei der IAEA bestimmt gewesen, aber am 10. November dennoch bekannt geworden. Er werde nächste Woche bei der Sitzung des Gouverneursrats der IAEA behandelt werden, sagte der IAEA- Sprecher.
Iran hat mit einer Eskalation im Atomstreit gedroht, falls die Internationale Atomenergiebehörde IAEA ihren Bericht über das iranische Atomprogramm an den UN-Sicherheitsrat weiterleitet. Eine solche Entscheidung des IAEA-Gouverneursrats würde eine "internationale Krise" heraufbeschwören, sagte der iranische Botschafter bei der IAEA, Ali Akbar Salehi, der Nachrichtenagentur AFP am 13. November. Der Diplomat warnte vor "unberechenbaren Folgen", die für eine "friedliche Lösung" des Konflikts nicht zuträglich wären. Iran habe "sehr viel Einfluss" und könne "viele Dinge" machen, sagte Salehi.

Der geistliche Führer Irans hat US-Präsident George W. Bush mit dem Titel des "meistgehassten Mannes" der moslemischen Welt bedacht. Die Politik der USA im Nahen Osten sei gescheitert, und "die USA sind das am meisten verabscheute Land" unter den Moslems, sagte Ayatollah Ali Chamenei vor zehntausenden Gläubigen beim Freitagsgebet am 14. November in Teheran. Auch dem israelischen Ministerpräsidenten gelte besonderer Hass.

Im Atomstreit hat UN-Generalsekretär Kofi Annan Iran am 14, November zur Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA aufgerufen. Annan "ermutige" die IAEA, die iranische und die anderen beteiligten Regierungen "ihre Bemühungen" fortzusetzen, sagte ein Sprecher des UN-Generalsekretärs in New York. Annan begrüße zudem die Ankündigung Teherans, sein Programm zur Urananreicherung auszusetzen.

Die EU will das iranische Atomprogramm nicht zum Thema des UN-Sicherheitsrats machen. Diese Haltung sollen die EU-Mitglieder im Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) am 20. November einnehmen, hieß es in Brüssel am Rande des EU- Außenministerrats aus Kreisen der deutschen Delegation am 17. November. Stattdessen solle abgewartet werden, ob Teheran die im Oktober gemachten Zusagen auch umsetzt, verlautete nach einem Treffen mit dem iranischen Atombeauftragten Hassan Rohani. EU-Chefdiplomat Javier Solana sagte, Iran verhalte sich bei seinem Atomprogramm aufrichtig.
Israel fühlt sich dagegen nach Angaben des Mossad-Chefs Meir Dagan durch das umstrittene Atomprogramm Irans bedroht. Dieses Programm bedeute die größte Bedrohung für den Staat Israel seit seiner Gründung 1948, wurde der Geheimdienst-Chef am 17. November im öffentlichen Rundfunk zitiert. Dagan äußerte sich vor dem Auswärtigen und dem Verteidigungsausschuss der Knesset.

Im Streit um das iranische Atomprogramm hat US- Außenminister Colin Powell den europäischen Resolutionsentwurf als "ungenügend" zurückgewiesen. Das Papier schlage "keine Reaktionsmaßnahmen im Fall neuer Schwierigkeiten oder Unnachgiebigkeit" der iranischen Führung vor, sagte Powell am 18. November nach einem Treffen mit seinen Kollegen der EU- Mitglieds- und Beitrittsländer in Brüssel. Der Resolutionsentwurf über das iranische Atomprogramm war von Deutschland, Frankreich und Großbritannien im Hinblick auf die Beratungen des Gouverneursrats der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA vor wenigen Tagen vorgelegt worden.

Iran will sich gegenüber der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) nicht zum Stopp seines Atomprogramms verpflichten. Jede Art von Resolution, die die freiwillige iranische Zusage zum Stopp seiner Urananreicherung rechtlich bindend machen solle, sei nicht akzeptabel, sagte der Chef des Nationalen Sicherheitsrats, Hassan Rohani, laut amtlicher Nachrichtenagentur IRNA vom 19. November.

Frankreich, Großbritannien und Deutschland haben ihren gemeinsamen Entwurf für eine Iran-Resolution der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) im Ton der härteren Haltung der USA angeglichen. Die erste Fassung, in der von Verfehlungen oder dem Versagen des Iran bei der Einhaltung des Atomwaffensperrvertrags die Rede war, sei unter dem Druck der USA abgeändert worden, sagte ein Diplomat am 20. November. Im neuen Text sei zu lesen, dass das höchste Gremium der UNO-Behörde die Verstöße des Iran gegen den Atomwaffensperrvertrag missbillige. Der zu Beginn der Sitzung des Gouverneursrats der IAEA am 20. November vorgelegte Entwurf sei den USA, aber auch IAEA-Chef Mohamed ElBaradei in der Wortwahl zu milde erschienen. Damit hätten sich die drei Staaten der Position der USA zwar angenähert, aber seien weiterhin nicht nah genug, sagten Diplomaten. (Reuters)

Die Führung der Internationalen Atomenergiebehörde ist über die Bewertung des umstrittenen iranischen Atomprogramms weiter uneins. Der IAEA-Gouverneursrat konnte sich nicht auf eine gemeinsame Resolution einigen, sagte Generaldirektor Mohammed El Baradei am 21. November in Wien. Die eine Fraktion, darunter die europäischen Staaten und Russland wollen den UN-Sicherheitsrat nicht einschalten. Das andere Lager, darunter die USA, will den Sicherheitsrat anrufen, der Sanktionen gegen das Land verhängen könnte. Die Sitzung des Gouverneursrates werde am kommenden Mittwoch (26.11.2003) fortgesetzt, kündigte IAEA-Sprecherin Melissa Fleming an.

Hunderttausende Iraner haben am 21. November in Teheran anlässlich des "Jerusalem-Tags" gegen Israel demonstriert. Die Demonstranten, die mit Autos und Bussen anreisten, zogen durch das Universitätsviertel im Zentrum der iranischen Hauptstadt und skandierten Parolen gegen Israel, die USA und Großbritannien. Sie verbrannten Bilder von US-Präsident George W. Bush und dem israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon. An der Demonstration nahmen Präsident Mohammed Chatami, Parlamentspräsident Mehdi Karubi und andere führende Politiker teil.
Unbekannte haben am 21. November eine Brandbombe auf die britische Botschaft in Teheran geschleudert. Dabei entstand nach Angaben des Außenministeriums in London kein Sachschaden, auch wurde niemand verletzt. Der Brandsatz sei aus einem Auto auf das hintere Tor der Botschaft in der iranischen Hauptstadt geworfen worden.

Der Menschenrechtsausschuss der UN-Vollversammlung hat Iran zur Einhaltung der Bürger- und Menschenrechte in seinem Land aufgefordert. 73 Staaten votierten am 21. November für die von Kanada eingebrachte Resolution bei 49 Gegenstimmen und 50 Enthaltungen. Darin wird unter anderem die anhaltende Beschneidung der Meinungsfreiheit in Iran beklagt. Die Regierung in Teheran wird ermahnt, Folter und andere "grausame und inhumane Strafmaßnahmen wie Amputationen und Auspeitschungen" zu unterlassen und die Diskriminierung religiöser Minderheiten einzustellen. Gegen die Entschließung stimmten die meisten arabischen Staaten sowie die ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat Russland und China. Da im Menschenrechtsausschuss alle UN-Mitgliedsstaaten vertreten sind, gilt die Annahme der Resolution in der UN-Vollversammlung als sicher.
Die Regierung in Teheran hat die UN-Resolution über anhaltende Menschenrechtsverletzungen in Iran am 23. November als völlig inakzeptabel kritisiert. Der Text verdrehe Tatsachen und sei lediglich politisch motiviert, sagte Außenamtssprecher Hamid Resa Asefi. Positive Entwicklungen in Iran würden nicht berücksichtigt.

Drei Tage vor Wiederaufnahme der Gespräche der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) über Irans umstrittenes Atomprogramm hat Teheran die gute Zusammenarbeit mit Europa hervorgehoben. Die iranische Regierung habe "fruchtbare Gespräche" mit IAEA-Direktor Mohamed el Baradei sowie "gewissen europäischen Ländern und Russland" geführt, sagte der iranische Außenamtssprecher Hamid Resa Assefi am 23. November in Teheran. Dabei habe sich "eindeutig" gezeigt, dass Iran seinen Verpflichtungen nachkomme und "konstruktiv" mit der IAEA zusammenarbeite. Mit den Europäern habe dabei "eine neue Phase der Beziehungen" begonnen, über die Teheran nach den "konstruktiven Gesprächen" sehr zuversichtlich sei.

24. bis 30. November

Im Streit um die Haltung der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEO) gegenüber Iran haben die USA und Europa eine Einigung erzielt. Zwei Tage vor der Wiederaufnahme der Beratungen wurde dem Gouverneursrat der UN-Organisation ein Entwurf für eine gemeinsame Entschließung vorgelegt, wie mehrere Diplomaten am 24. November in Wien mitteilten. Für den Fall künftiger Verstöße gegen den Atomwaffensperrvertrag soll demnach ein Verfahren in Gang gesetzt werden, das Iran indirekt mit Sanktionsmaßnahmen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen bedroht.

Der Streit innerhalb der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) über die iranische Nuklearpolitik ist vorerst beigelegt. Der IAEA-Gouverneursrat in Wien nahm am 26. November den Kompromissvorschlag der USA und europäischer Staaten für eine neue Entschließung an. Darin wird der Regierung in Teheran für künftige Verstöße gegen die Richtlinien der IAEA nicht direkt mit Sanktionen gedroht. Der Gouverneursrat begrüßte zugleich die Ankündigung Irans zur völligen Offenlegung seines Atomprogramms. "Dies ist ein guter Tag für den Frieden und die Nichtverbreitung von Atomwaffen", erklärte IAEA-Generaldirektor Mohamed ElBaradei. Ihm sei nunmehr die Hand gestärkt worden, um sicherzustellen, dass das iranische Nuklearprogramm wirklich ausschließlich friedlichen Zwecken diene. Zugleich wies er warnend darauf hin, dass Teheran in den kommenden Wochen und Monaten voll mit der Wiener UN-Behörde kooperieren müsse. Der nun erzielte Kompromiss droht nur noch indirekt mit dem Sicherheitsrat. Die entscheidende Stelle lautet: "Sollten irgendwelche weiteren schwer wiegenden Verstöße Irans ans Licht kommen, wird der Gouverneursrat sofort zusammenkommen, um in Anbetracht der Umstände und der Empfehlung des Generaldirektors alle verfügbaren Optionen zu erwägen." Zu diesen Optionen gehört nach dem IAEA-Statut auch die Anrufung des Sicherheitsrats, sie ist aber nicht zwingend vorgeschrieben. Der iranische Gesandte bei der IAEA, Ali Akbar Salehi, schloss sich der Interpretation an, dass der von den USA geforderte Automatismus in der Entschließung nicht mehr enthalten sei. Zugleich bekräftigte er allerdings, Iran könnte die vorerst ausgesetzte Anreicherung von Uran künftig wieder aufnehmen. Das diesbezügliche Moratorium bezeichnete er als lediglich vorübergehend. In jedem Fall aber diene das iranische Atomprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken.

US-Außenminister Colin Powell hat den Kooperationswillen der US-Regierung im Streit um das iranische Atomprogramm hervorgehoben. Die Einigung zwischen den USA, der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) und der EU zeige, dass Washington bei einem gemeinsamen Ziel auch multilaterale Politik betreiben könne, sagte Powell am 27. November im öffentlichen Radio (NPR). Er betonte, dass die US-Regierung zu Recht auf ihrem Vorwurf beharrt hätten, Iran entwickle Atomwaffen. "Und wissen Sie was? Am Ende sah die Welt die Beweise", fügte Powell hinzu.

Iran hat die baldige Unterzeichnung des Zusatzprotokolls zum Atomwaffensperrvertrag in Aussicht gestellt. Der iranische Atombeauftragte, Hassan Rohani, sagte am 29. November in Teheran, die Regierung müsse nur noch ihren Vertreter bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) damit beauftragen. Dies werde in Kürze geschehen. Zudem werde Iran der IAEA alle notwendigen Mittel zur Überprüfung der bisherigen Informationen zur Verfügung stellen.
Iran will nach eigenen Angaben im Rahmen seines Nuklearprogramms künftig genügend Brennstoff für mindestens einen von sieben geplanten Atomreaktoren anreichern. Teherans Entscheidung, die Urananreicherung auszusetzen, sei freiwillig und befristet, betonte der Sekretär des iranischen Nationalen Sicherheitsrats, Hassan Rohani, am 29. November. Eine dauerhafte Einstellung stünde nicht zur Debatte. Iran werde zudem alle Staaten "bestrafen" und von Aufträgen für den Bau seiner Atomanlagen ausschließen, die die von den USA geforderte Einschaltung des UN-Sicherheitsrats unterstützten, sagte Rowhani weiter.

1. bis 7. Dezember

Die iranische Regierung hat nach dem Tod eines Iraners bei dem schweren Gefecht zwischen US-Truppen und Aufständischen in der nordirakischen Stadt Samarra heftigen Protest eingelegt. Die Führung in Teheran berief dazu den Schweizer Botschafter Tim Guldimann ein, der die Interessen der USA in Iran vertritt, wie die amtliche iranische Nachrichtenagentur Irna am Dienstag meldete. Dem eidgenössischen Diplomaten wurde den Angaben zufolge am 1. Dezember der "heftige Protest" gegen die "Ermordung" des iranischen Staatsbürger durch die US-Streitkräfte übermittelt. Die Führung Irans forderte eine Klärung der Umstände seines Todes sowie eine "Entschädigung".

Rund 50 fundamentalistische Studenten haben am 3. Dezember eine Rede der Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi an einer Teheraner Universität verhindert. Die Ansprache musste nach "Tod für Ebadi"-Rufen abgesagt werden, wie ein Vertreter der Frauenuniversität El Sahra mitteilte. Dies bestätigte auch Ebadis Büro. Einige Demonstranten bezeichneten die Iranerin als "Amerikanerin" und forderten sie auf, um Entschuldigung zu bitten.

Iran hat entgegen seiner Zusage das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag noch nicht unterzeichnet. Der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohamed ElBaradei, sagte am 4. Dez. in Wien, er erwarte diesen Schritt jedoch "in Kürze". ElBaradei deutete an, Teheran werde das geforderte Abkommen möglicherweise binnen einer Woche unterzeichnen.

8. bis 14. Dezember

In einer unsichersten Provinzen Irans sind zwei Deutsche und ein Ire entführt worden. Das bestätigte der iranische Polizeioberst Mahdi Ahmadi am 8. Dez. der Nachrichtenagentur AP in Teheran. Die drei Touristen seien in der Südost-Provinz Sistan-Balutschistan nahe Pakistan entführt worden. In der Region ist die staatliche Autorität durch Bandenaktivitäten offenkundig eingeschränkt.
Am 9. Dez. haben sich Drogenschmuggler zur Entführung von zwei Deutschen und einem Iren in Iran bekannt. Wie die iranischen Behörden mitteilten, fordern die Entführer fünf Millionen Euro Lösegeld.

Nach dem Einlenken Irans im Atomstreit ist die Europäische Union grundsätzlich zu einer Wiederaufnahme der Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit der Regierung in Teheran bereit. Dazu soll der außenpolitische EU-Beauftragte Javier Solana Anfang nächsten Jahres nach Teheran reisen, wie es in einer Erklärung der EU- Außenminister am 9. Dez. in Brüssel hieß.

Die iranische Regierung hat das Außenministerium zur Unterzeichnung eines international geforderten Zusatzprotokolls zum Atomwaffensperrvertrag ermächtigt. Die Entscheidung sei in der vergangenen Woche gefallen, teilte ein Regierungssprecher in Teheran am 10. Dez. mit. Wann der iranische Botschafter bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien das Protokoll unterzeichnen wird, blieb offen. Das Protokoll soll Inspektoren der IAEA unangekündigte Kontrollen der iranischen Atomanlagen ermöglichen.

Bei der Entgegennahme des Friedensnobelpreises in Oslo am 10. Dez. hat die iranische Rechtsanwältin Schirin Ebadi die USA für ihr Vorgehen nach dem 11. September 2001 kritisiert. In den vergangenen Jahren hätten "einige Staaten" die Ereignisse aus dem September 2001 als "Vorwand" genutzt, um universelle Prinzipien zu verletzen. Menschenrechts-Aktivisten beobachteten mit wachsender Sorge, dass die Normen nicht nur von ihren "notorischen Gegnern" missachtet würden, sondern zunehmend auch von westlichen Demokratien.

Iran hat Regierungsangaben zufolge 130 mutmaßliche El-Kaida-Mitglieder festgenommen und will einige davon ausliefern. "Denen, die Verbrechen in Iran begangen haben, wird in Iran der Prozess gemacht, und die anderen werden in ihre Herkunftsländer ausgeliefert", sagte Präsident Mohammed Chatami am 11. Dez. auf dem UN-Informationsgipfel in Genf. El Kaida sei der Regierung in Teheran "sehr feindlich" gesinnt.

Iran will in den kommenden Tagen das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag unterschreiben. Das gab Außenminister Kamal Charrasi am 13. Dez. in der iranischen Hauptstadt Teheran bekannt. Einen Termin nannte er nicht. Das Zusatzprotokoll ermöglicht den Inspekteuren der internationalen Atomenergie-Organisation umfassende und unangemeldete Kontrollen in Iran.

Die drei in Iran entführten Fahrradtouristen aus Deutschland und Irland sind nach Informationen der Polizei wohlauf. Das gab ein Sprecher des iranischen Außenministeriums am 14. Dez. bekannt. Die Behörden seien den Entführern dicht auf den Fersen. Teheran sei mit den Nachbarländern Afghanistan und Pakistan ebenso wie mit Berlin und Dublin in ständigem Kontakt, hieß es. Die drei Touristen waren in der vergangenen Woche im Südosten Irans verschwunden. Die Entführer fordern ein Lösegeld von fünf Millionen Euro.

Die iranische Regierung hat die Festnahme ihres ehemaligen Kriegsgegners Saddam Hussein begrüßt. Iran sei "sehr glücklich" und teile die Freude des Nachbarlandes, sagte der iranische Außenamtssprecher Hamid Resa Assefi am 14. Dez. im staatlichen Fernsehen. Der frühere Machthaber habe "unzählige Verbrechen" begangen. Das schwerste davon sei gewesen, dass er im Krieg Chemiewaffen gegen die iranische Bevölkerung eingesetzt habe. Irak hatte von 1980 bis 1988 gegen Iran Krieg geführt.

15. bis 21. Dezember

Bei einem Armeemanöver auf einem Militärstützpunkt in der Nähe der südiranischen Atomanlage Buschehr sind am 15. Dez. mindestens zwei Zivilisten ums Leben gekommen. Ein Behördensprecher sagte der Nachrichtenagentur AFP, 13 Menschen seien verletzt worden. Berichte, wonach es sieben Tote gegeben habe, würden derzeit überprüft. Einer der Toten sei enthauptet worden. Es habe sich um einen Unfall gehandelt, der durch das Abfeuern von Luftabwehrgeschossen während einer Übung verursacht worden sei. Statt in der Luft zu explodieren hätten die Granaten einen Minibus und ein Wohnviertel getroffen. Die meisten Opfer habe es in dem Minibus gegeben. Das umstrittene Atomkraftwerk befindet sich in der zweiten Bauphase. Es ist das erste in der Islamischen Republik Iran.

Russland und Iran wollen voraussichtlich im Januar ein Abkommen zur Fertigstellung des ersten Atomreaktors in dem vorderasiatischen Land unterzeichnen. Das Abkommen werde während eines Besuchs des russischen Ministers für Atomenergie, Alexander Rumjanzew, in Iran unterzeichnet, zitierte die russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti am 17. Dez. den Chef der iranischen Atomenergiebehörde, Gholamresa Aghasadeh. Nach Angaben Moskauer Behörden soll die Reise Ende Januar stattfinden.

Iran hat am 18. Dez. das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag unterschrieben, das unangemeldete und verschärfte Kontrollen in den Atomanlagen des Landes vorsieht. An der feierlichen Unterzeichnung am Sitz der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien nahmen für Teheran der scheidende iranische Vertreter im IAEA-Gouverneursrat, Ali Akbar Salehi, und IAEA-Generaldirektor Mohamed el Baradei teil. Teheran erlaubt IAEA-Inspekteuren künftig unangemeldete und eingehende Überprüfungen seiner Atomanlagen. Die Kontrollen können mit ausdrücklicher Genehmigung der Führung in Teheran schon vor der Ratifizierung des Protokolls durch das Parlament der Islamischen Republik und den Obersten Wächterrat beginnen, da das Verfahren mehrere Monate in Anspruch nehmen könnte.
Die USA haben zurückhaltend auf die Unterzeichnung des Zusatzprotokolls zum Atomwaffensperrvertrag durch Iran reagiert. Washington begrüße zwar die Unterzeichnung, diese sei aber "lediglich ein erster Schritt", sagte der Sprecher des US-Außenamts, Richard Boucher am 18. Dez. Iran müsse das Abkommen nun auch umsetzen und vor allem alle Zusagen einhalten.

22. bis 31. Dezember

Wegen des Verdachts unerlaubter Kontakte zu Iran befragen die Behörden in Pakistan hochrangige pakistanische Atomwissenschaftler, berichtete die Daily Times am 22. Dez. Unter den Beschuldigten befindet sich auch Abdul Qadeer Khan, der in den 70er Jahren ein Labor zur Entwicklung der pakistanischen Atombombe gegründet hatte.

Libyens Revolutionsführer Muammar el Gaddafi hat Iran, Syrien und Nordkorea aufgerufen, dem Beispiel Libyens zu folgen und auf Massenvernichtungswaffen zu verzichten. "Auf diese Weise könnten sie Unheil für ihr eigenes Volk abwenden", sagte Gaddafi in einem Interview mit dem US-Nachrichtensender CNN am 23. Dez. Der Revolutionsführer bestritt, dass Libyen Massenvernichtungswaffen besitzt. Die libysche Verzichtserklärung beziehe sich auf Programme "mit friedlichem Zweck". Dennoch habe sich Libyen entschlossen, "sie komplett loszuwerden".

Die iranische Regierung hat einen neuen Botschafter in Wien ernannt, der zugleich neuer Gesandter bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) sein wird. Der Karrierediplomat Pirus Husseini löst den Atomphysiker Ali Akbar Salehi ab, wie Außenminister Kamal Charrasi am 24. Dez. mitteilte. Salehi wird zu Gute gehalten, den Streit zwischen Teheran und der IAEA über das iranische Atomprogramm zu einem für beide Seiten befriedigenden Abschluss gebracht zu haben. Am 18. Dezember unterzeichnete Iran das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag, das uneingeschränkte Kontrollen ohne vorherige Anmeldung gewährt.

Bei einem schweren Erdbeben im Südosten Irans sind am 26. Dez. nach ersten Schätzungen bis zu 6.000 Menschen ums Leben gekommen, 30.000 wurden verletzt, noch mehr obdachlos. Das Epizentrum des Bebens lag bei der Stadt Bam in der Provinz Kerman. In Bam (zwischen 80.000 und 100.000 Einwohner) wurden 60 Prozent der Häuser zerstört. Teilweise zerstört wurde die 2000 Jahre alte Zitadelle der Stadt. Zwei Tage später musste man bereit von 21.000 Toten ausgehen.

Rund vier Wochen nach ihrer Entführung sind zwei deutsche und ein irischer Fahrradurlauber freigelassen worden. Die Touristen seien wohlauf, verkündete am 28. Dez. Außenminister Kamal Kharrasi im iranischen Fernsehen.

In einem am 30. Dez. in der Washington Post veröffentlichten Interview sagte US-Außenminister Powell, sein Land sei offen für einen Dialog mit Iran. Die Zeitung berichtete außerdem, die US-Regierung überprüfe ihre Haltung zum Iran.

Bis zum 30. Dez. waren bereits 28.000 Tote im Erdbebengebiet geborgen worden. Es wird damit gerechnet, dass die Zahl der Toten auf 40.000 steigen könne. (Genauere Zahlen: Vgl. Chronik vom 29. März 2004.)


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