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Die USA sind untauglich zum Frieden - Irak versinkt im Chaos der Gewalt

Im Wortlaut: Ein Statement der Pax Christi-Kommission Friedenspolitik

"Die Pax Christi-Kommission Friedenspolitik greift einen Auftrag der pax christi-Delegiertenversammlung vom Oktober 2004 in Mainz auf und stellt anläßlich der für den 30.1. angesetzten Wahlen im Irak mit diesem Statement eindeutig und klar die Friedensfähigkeit der US-geführten Besatzungstruppen in Frage.
Die einzige Chance für eine Rückkehr zur Zivilität im Irak besteht in einer Entspannung der Situation durch den schnellstmöglichen Rückzug der 'Koalition der Willigen'. Hoffnungen für eine Friedenslösung können nur auf die Vereinten Nationen und die Iraker selbst, namentlich auf das mehrfach erwiesene Friedens- und Versöhnungspotential der schiitischen Bevölkerungsmehrheit gesetzt werden." (Aus dem Begleitschreiben von Christof Grosse, der die Erklärung der Pax-Christi-Kommission Friedenspolitik am 27. Januar 2005 per e-mail verschickte.

Im Folgenden dokumentieren wir die Erklärung im Wortlaut.


Die völkerrechtswidrige Invasion durch die US-geführte Kriegskoalition hat in Irak zu einer Katastrophe geführt. Die Friedensbewegung und viele Kritiker der US-Politik haben vor ihr gewarnt und das Unheil vorausgesagt. Mindestens 100.000 Menschen, vorwiegend Zivilpersonen, darunter zumeist Frauen und Kinder, sind nach vorsichtiger Schätzung allein das Opfer der militärischen Aggression geworden.

Das US-Militär hat mit der Rückeroberung der Enklave Falludscha nicht nur eine ganze Stadt in Schutt und Asche gelegt, sie hat auch die Gegengewalt der bewaffneten Gruppen nicht brechen können. Im Gegenteil: Die Kampfmoral der dschihadistischen Kommandos und der in den militärischen Untergrund abgetauchten Reste des alten Hussein-Regimes ist sogar gestärkt worden.

Unter diesen Bedingungen werden auch die bevorstehenden Wahlen keine friedensstiftende Wirkung entfalten können. Die USA haben nicht nur jeglichen Kredit in der Bevölkerung verloren, sie können sich in Irak - wenn überhaupt - auch nur noch auf weitgehend diskreditierte Gewährsleute, hochbezahltes Sicherheitspersonal und auf die eigenen Bajonette verlassen.

Bislang haben sich führende schiitische Geistliche wie Ayatollah Al Sistani trotz der sich mehrenden Anschläge auf schiitische Einrichtungen und Würdenträger mit ihren Appellen zum Gewaltverzicht durchsetzen können. Die große Bevölkerungsmehrheit in Irak folgt dieser Position. Dieses kostbare Friedens- und Versöhnungspotential wird durch die Fortdauer des Besatzungsregimes in Irak zunichte gemacht.

Wirkliche Friedenslösungen müssen außerhalb des unmittelbaren US-Einflusses gesucht werden. Denn die USA sind heute nicht mehr friedensfähig. Wir rufen die Bundesregierung und ihre europäischen Partner dazu auf, gegen diesen bedrohlichen Zustand der zunehmenden Verselbständigung einer gewaltbereiten US-Politik nicht nur im Nahen und Mittleren Osten mit gebührendem Nachdruck aktiv zu werden. Geeignete Friedenslösungen müssen gegebenenfalls auch ohne die Bush-II-Administration aufgebaut werden. Wichtig sind Maßnahmen der umgehenden Schadensbegrenzung: Es muss Druck gemacht werden, damit ein verbindlicher Zeitplan zum vorzeitigen Abzug aller Koalitionstruppen aus Irak zustandekommt. Im Sicherheitsrat muss unter den Augen der Weltöffentlichkeit darüber verhandelt werden, das Besatzungsstatut der UN-Resolution 1483 aufzuheben. Damit entfallen auch alle Interventionsrechte des Besatzungsregimes. Ferner sind schon jetzt in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen, der Arabischen Liga sowie der Anrainerstaaten von Irak die Rahmenbedingungen für eine alternative Friedenslösung vorzubereiten. Eine legitime, aus freien und demokratischen Wahlen hervorgehende Regierung Iraks muss sich auf die nötigen Friedensgarantien und Soforthilfen zur Konfliktbearbeitung stützen können, die u.U. erforderlich werden, um die innere Sicherheit des Landes wieder herzustellen.

Eine Friedenslösung für Irak ist möglich!


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