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"Demokratische Staaten führen keine Kriege mit ihren Nachbarn" / "Democracies don't war with their neighbors"

Glückwünsche des US-Präsidenten zum irakischen Verfassungsentwurf / President Congratulates Iraqis on Draft Constitution

Im Folgenden dokumentieren wir die Erklärung von US-Präsident George W. Bush zum Entwurf einer Verfassung im Irak vom 28. August 2005. Die Übersetzung stammt wie immer vom Amerika Dienst der US-Botschaft in Berlin. Präsident Bush gab die Erklärung am Sonntag, den 28. August 2005, in seiner Ranch in Crawford, Texas, ab. Zuvor widmete er sich dem Hurrikan Katrina, der sich auf New Orleans, Lousiana, und den Bundesstaat Mississippi zubewegte.
Die Irak-Erklärung mag inhaltlich nicht viel Neues oder Überraschendes bringen. Sie ist aber bedeutsam, weil sich schon bald herausstellen kann, dass die Lobpreisung des "demokratischen" Wandels im Irak mit der realen Entwicklung nicht viel zu tun hat. Das Zitat in der Überschrift ("Demokratische Staaten führen keine Kriege mit ihren Nachbarn") gibt ebenfalls zum Nachdenken Anlass. Einmal könnte das heißen, dass demokratische Staaten zwar keine Kriege mit ihren Nachbarn, wohl aber Kriege in weit entfernten Regionen führen (Irak und Afghanistan sind nur die aktuellen Beispiele). Zum anderen trifft die Aussage auf keinen Fall auf die Vereinigten Staaten zu, zweifellos ein demokratischer Staat. Die militärischen Interventionen in ihrem "Hinterhof", also in der Nachbarschaft, sind Legion (Nicaragua, Grenada, Panama ...).
Gleichwohl: Lassen wir den Präsidenten im Original bzw. zuerst in der deutschen Übersetzung sprechen.


Erklärung des Präsidenten

(...) Heute hat die politische Führung des Irak die Erarbeitung einer dauerhaft gültigen Verfassung abgeschlossen. Ihr Beispiel dient all jenen als Inspiration, die die allgemeinen Werte der Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit teilen. Die Verhandlungsführer und Gestalter dieses Dokuments boten den Einschüchterungsversuchen von Terroristen die Stirn und betrauern die feige Ermordung von Freunden und Kollegen, die an der Erarbeitung der Verfassung beteiligt waren.

Ihre Anstrengungen spiegeln den Mut der Millionen von Iraker wider, die im Januar eine Übergangsregierung wählten. Das Beispiel dieser Wähler ist und bleibt ein Ehrfurcht gebietendes Zeugnis der Macht eines freien Volkes, sein Schicksal zu gestalten und zu bestimmen. Wir würdigen ihren Mut und ihr Opfer, und wir sind entschlossen zu gewährleisten, dass die Iraker die demokratischen Errungenschaften sichern können.

Das irakische Volk hat der Welt wieder einmal gezeigt, dass es den vor ihm liegenden historischen Herausforderungen gerecht wird. Das von den Irakern erarbeitete Dokument enthält weit reichende Schutzmechanismen für Grundfreiheiten des Menschen, einschließlich Religions-, Versammlungs-, Gewissens- und Meinungsfreiheit. Es überträgt die in regelmäßigen geheimen Wahlen zum Ausdruck kommende Souveränität auf das Volk. Es erklärt, dass alle Iraker vor dem Gesetz gleich sind, ungeachtet ihres Geschlechts, ihrer Ethnizität und ihrer Religion. Es ist ein Dokument, auf dass alle Iraker und der Rest der Welt stolz sein können.

Der politische Prozess erreicht nun eine weitere, für einen neuen und freien Irak wichtige Phase. In den kommenden Monaten werden die Iraker über ihren Verfassungsentwurf diskutieren. Am 15. Oktober stimmen sie in einem nationalen Referendum über die Ratifizierung der Verfassung ab und legen damit die Grundlage für eine dauerhafte irakische Regierung. Wenn das Referendum erfolgreich ist, wählen die Iraker am 15. Dezember gemäß der neuen Verfassung eine neue Regierung, und diese Regierung wird ihr Amt vor Ende des Jahres antreten.

Dieser Kurs wird hauptsächlich deshalb schwierig sein, weil die Terroristen sich entschlossen haben, gegen eine Zukunft in Freiheit Krieg zu führen. Sie führen Krieg gegen den Frieden im Irak. Mit der Festigung der Demokratie im Irak werden die Feinde der Freiheit, die Terroristen, verzweifelter, abscheulicher und bösartiger werden.

Erst vorige Woche forderten die Terroristen den Tod jeder Person, auch von Frauen und älteren Menschen, die den demokratischen Prozess im Irak unterstützt. Sie haben bewusst Kinder, die von Soldaten Süßigkeiten bekommen, als Ziel ausgewählt. Sie haben Wahlhelfer als Ziel ausgewählt, die bei der Registrierung der Iraker für die Wahl mitarbeiteten. Sie haben Krankenhausangestellte, die sich um Verwundete kümmern, als Ziel ausgewählt. Wir können davon ausgehen, dass derartige Gräueltaten in den kommenden Monaten zunehmen, da der Feind weiß, dass seine größte Niederlage in der freien Meinungsäußerung freier Menschen, in frei verabschiedeten Gesetzen und in freien Wahlen liegt.

Wir werden den Irakern zur Seite stehen. Es liegt in unserem Interesse, ihnen zur Seite zu stehen. Es liegt in unserem Interesse, die Grundlage für Frieden zu schaffen. Wir werden ihnen behilflich sein, diese Barbarei zu bekämpfen, und wir werden über die dunkle terroristische Ideologie aus Hass und Furcht triumphieren.

Es gab unter den Irakern Meinungsverschiedenheiten über die Verfassung. Natürlich gibt es Meinungsverschiedenheiten. Wir beobachten einen sich entwickelnden politischen Prozess, der Debatten und Kompromisse ermöglicht, die Erarbeitung einer Verfassung in einer Gesellschaft, der bewusst ist, dass Geben und Nehmen erforderlich sind.

Erinnern Sie sich doch bitte daran, dass auch unsere Verfassung nicht einstimmig begrüßt wurde. Einige Delegierte der verfassungsgebenden Versammlung in Philadelphia 1787 weigerten sich, sie zu unterschreiben. Über den Entwurf wurde in jedem Staat heftig debattiert, und das Ergebnis stand erst fest, als alle Stimmen ausgezählt waren.

Wir wissen, dass es beispielsweise Spaltungen unter den Sunniten im Irak gibt. Und ich denke, wenn Sie wollen, finden Sie einen Schiiten, der die Verfassung ablehnt und einen Schiiten, der die Verfassung unterstützt, und vielleicht auch einige Kurden, die Bedenken gegenüber der Verfassung haben. Anders ausgedrückt, wir beobachten einen sich entwickelnden politischen Prozess. Einige Sunniten haben Bedenken gegenüber verschiedenen Bestimmungen der Verfassung geäußert, und das ist ihr gutes Recht als freie Menschen, die in einer freien Gesellschaft leben. Andere Sunniten sind fest davon überzeugt, dass diese Verfassung für alle Iraker gut ist, und dass sie für alle Gruppen vertretbare Kompromisse enthält.

Wichtig ist, dass jetzt alle Iraker aktiv am verfassungsgebenden Prozess teilnehmen, indem sie die Hauptpunkte dieses bedeutenden Dokuments erörtern und am 15. Oktober eine mündige Entscheidung treffen.

Im Namen aller Amerikaner beglückwünsche ich die Iraker zur Vollendung des nächsten Schrittes beim Übergang von einer Diktatur zu einer Demokratie. Ich möchte die Amerikaner daran erinnern, dass die Entfaltung der Demokratie im Irak nicht nur dazu dienen wird, die Vereinigten Staaten sicherer zu machen, sondern auch Auswirkungen auf den Nahen und Mittleren Osten haben wird. Demokratische Staaten führen keine Kriege mit ihren Nachbarn, demokratische Staaten sind keine Zufluchtsorte für Terroristen, die Unschuldige töten wollen. Wir haben harte Arbeit vor uns, aber wir erzielen gute Fortschritte dabei, unsere Welt für zukünftige Generationen friedlicher zu gestalten.

Quelle: http://amerikadienst.usembassy.de


President Congratulates Iraqis on Draft Constitution

Prairie Chapel Ranch, Crawford, Texas
August 28, 2005


(...) Today Iraqi political leaders completed the process for drafting a permanent constitution. Their example is an inspiration to all who share the universal values of freedom, democracy, and the rule of law. The negotiators and drafters of this document braved the intimidation of terrorists and they mourn the cowardly assassination of friends and colleagues involved in the process of drafting the constitution.

Their efforts follow the bravery of the Iraqis who voted by the millions to elect a transitional government in January. The example of those voters remains a humbling testament to the power of free people to shape and define their own destiny. We honor their courage and sacrifice, and we are determined to see the Iraqis fully secure their democratic gains.

The Iraqi people have once again demonstrated to the world that they are up to the historic challenges before them. The document they have produced contains far-reaching protections for fundamental human freedoms, including religion, assembly, conscience and expression. It vests sovereignty in the people to be expressed by secret ballot and regular elections. It declares that all Iraqis are equal before the law without regard to gender, ethnicity and religion. This is a document of which the Iraqis and the rest of the world can be proud.

The political process now advances to another important stage for a new and free Iraq. In coming months, Iraqis will discuss and debate the draft constitution. On October the 15th, they will vote for a national referendum to decide whether to ratify the constitution and set the foundation for a permanent Iraqi government. If the referendum succeeds, Iraqis will elect a new government to serve under the new constitution on December the 15th, and that government will take office before the end of the year.

This course is going to be difficult largely because the terrorists have chosen to wage war against a future of freedom. They are waging war against peace in Iraq. As democracy in Iraq takes root, the enemies of freedom, the terrorists, will become more desperate, more despicable, and more vicious.

Just last week, the terrorists called for the death of anyone, including women and the elderly, who supports the democratic process in Iraq. They have deliberately targeted children receiving candy from soldiers. They have targeted election workers registering Iraqis to vote. They have targeted hospital workers who are caring for the wounded. We can expect such atrocities to increase in the coming months because the enemy knows that its greatest defeat lies in the expression of free people, and freely enacted laws, and at the ballot box.

We will stand with the Iraqi people. It's in our interest to stand with the Iraqi people. It's in our interest to lay the foundation of peace. We'll help them confront this barbarism, and we will triumph over the terrorist's dark ideology of hatred and fear.

There have been disagreements amongst the Iraqis about this particular constitution. Of course there's disagreements. We're watching a political process unfold, a process that has encouraged debate and compromise; a constitution that was written in a -- in a society in which people recognize that -- that there had to be give and take.

I want our folks to remember our own constitution was not unanimously received. Some delegates at the Philadelphia Convention in 1787 refused to sign it, and the draft was vigorously debated in every state, and the outcome was not assured until all the votes were counted.

We recognize that there's a split amongst the Sunnis, for example, in Iraq. And I suspect that when you get down to it, you'll find a Shiia who disagrees with the constitution and Shiia who support the constitution, and perhaps some Kurds who are concerned about the constitution. In other words, we're watching a political process unfold. Some Sunnis have expressed reservations about various provisions of the constitution, and that's their right as free individuals living in a free society. There are strong beliefs among other Sunnis that this constitution is good for all Iraqis and that it adequately reflects compromises suitable to all groups.

It's important that all Iraqis now actively engage in the constitutional process by debating the merits of this important document and making an informed decision on October the 15th.

On behalf of the American people, I congratulate the people of Iraq on completing the next step in their transition from dictatorship to democracy. And I want to remind the American people, as the democracy unfolds in Iraq, not only will it help make America more secure, but it will affect the broader Middle East. Democracies don't war with their neighbors; democracies don't become safe haven for terrorists who want to destroy innocent life. We have hard work ahead of us, but we're on the -- we're making good progress toward making sure this world of ours is more peaceful for generations to come.

Source: www.whitehouse.gov


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