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Iraks Raketenprogramm und und der Griff nach A-, B- und C-Waffen

Aus einem US-Geheimdienstbericht

In einer Bedrohungsanalyse haben die elf US-amerikanischen Geheimdienste im Januar 2002 ein Profil mehrerer Staaten erstellt - darunter Irak, Nordkorea und Iran , die "Achse des Bösen" (US-Präsident Bush). Die Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) hat sie übersetzt. Wir dokumentieren im Folgenden Auszüge aus dem Irak-Papier. Mehr Informationen gibt es unter: www.hsfk.de

Bagdads Ziel, die vorherrschende Regionalmacht zu werden und seine feindseligen Beziehungen zu vielen seiner Nachbarn sind die Hauptmotivationen hinter Iraks Raketenprogramm. Der Irak hat es geschafft, die für die Entwicklung von Raketen notwendige Infrastruktur und Expertise zu erhalten; die Intelligence Community glaubt, dass er eine kleine, verdeckte Streitkraft aus Raketen vom Typ Scud, Abschussvorrichtungen sowie Scudspezifische Produktionsmittel und Hilfssysteme zurückbehalten hat.

Zumindest für die nächsten Jahre werden sich die irakischen Raketenbemühungen darauf konzentrieren, die Vor-Golfkriegs-Kapazitäten wiederzuerlangen, um regionale Ziele zu bedrohen und werden somit wahrscheinlich nicht über Mittelstreckensysteme hinausgehen.

Vor dem Golfkrieg hatte Irak mehrere Programme zur Ausweitung der Reichweite der Scud-Kurzstreckenrakete und machte Erfahrungen mit Flüssigtreibstofftechnologie. Seit dem Golfkrieg war es Bagdad trotz der UN-Resolutionen, die die Reichweite irakischer Raketen auf 150 km beschränken, möglich, die Infrastruktur und Expertise aufrecht zu erhalten, die zur Entwicklung von Raketensystemen mit größeren Reichweiten notwendig ist.

Eine Militärparade im Dezember 2000 führte Al Samoud-Raketen auf neuen Transport- und Startfahrzeugen (transporter-erector-launchers, TELs) vor. Die mit Flüssigtreibstoff angetriebene Al Samoud- Kurzstreckenrakete wird wahrscheinlich bald disloziert. Die IC schätzt, dass Irak weiterhin eine kleine, verdeckte Streitkraft von Scud-ähnlichen Raketen, Abschussvorrichtungen und konventionellen, chemischen und biologischen Sprengköpfen unterhält.

Wir können nicht zuverlässig voraussagen, wie lange die UN-bezogenen Sanktionen und Verbote noch in Kraft bleiben. Es erscheint plausibel, dass sie Irak während der gesamten Laufzeit dieses Berichts beschränken werden. Szenarien, die die Verbote in einigen Jahren schwächen würden, sind ebenfalls denkbar und würden es dem Irak erlauben, seine Raketen-Infrastruktur wiederaufzubauen und vor Ende des Jahrzehnts mit der Entwicklung von Langstreckenraketen zu beginnen.

Die folgende Erörterung beschäftigt sich mit Entwicklungen, die auftreten könnten und deren Auftreten wahrscheinlich ist, sollten die UN-Verbote in der Zukunft erheblich geschwächt werden. Irak wird wahrscheinlich seine Erfahrungen mit der Scud-Technologie nutzen, um die Produktion der 650 km weit reichenden Al Hussein aus der Zeit vor dem Golfkrieg, der Al Abbas mit einer Reichweite von 900 km oder anderer Scud-Varianten wiederaufzunehmen, und Zusammenlegungsmöglichkeiten und Stufenoptionen erforschen, um weiter entfernte Ziele zu erreichen.

Irak könnte - mit ausländischer Unterstützung - die Produktion von Scud-Varianten rasch nach dem Ende von UN-Verboten wiederaufnehmen. Mit erheblicher ausländischer Unterstützung könnte Bagdad eine inländische MRBM zur Mitte des Jahrzehnts flugtesten. Diese Möglichkeit setzt ein schnelles Aufweichen der UN-Verbote und Bagdads Bereitschaft voraus, die Aufdeckung von Entwicklungsschritten wie Tests eines statischen Antriebs früher zu riskieren. Ein MRBM-Flugtest vor 2010 ist wahrscheinlich. Eine importierte MRBM könnte innerhalb von Monaten nach der Anschaffung fluggetestet werden.

In den ersten Jahren nach der Lockerung von UN-Verboten wird Irak wahrscheinlich anstreben, sein Kurzstreckenarsenal wieder auf Vor-Golfkriegs-Niveau zu bringen, mit der Entwicklung und Aufstellung feststoffgetriebener Systeme fortzufahren und die Entwicklung von Mittelstreckenraketen anzutreiben, um mit seinen Nachbarn Schritt zu halten. Wenn erst seine regionalen Sicherheitsbelange berücksichtigt sind, könnte Irak die Entwicklung einer Interkontinentalrakete/ SLV der ersten Generation verfolgen. Obwohl Irak vor 2015 versuchen könnte, eine rudimentäre Langstreckenrakete auf der Basis seiner gescheiterten Al Abid-Trägerrakete zu testen, würde eine solche Rakete nahezu mit Sicherheit versagen.

Es ist unwahrscheinlich, dass Irak einen solchen Versuch unternimmt. Nachdem Irak die nordkoreanischen Raketenversuche über die letzten Jahre beobachtet hat, wäre es wahrscheinlicher, dass er eine dreistufige TD-2-Annäherung an eine Trägerrakete oder ICBM verfolgt, die auch in der Lage wäre, eine Nutzlast von Nuklearwaffengröße in die USA zu transportieren.

Einige Voraussetzungen für mögliche irakische ICBM/SLV-Konzepte nach dem Ende von UN-Verboten sind: Falls Irak eine TD-2 von Nordkorea kaufen könnte, könnte er innerhalb von einem oder zwei Jahren nach dem Erwerb Abschussfähigkeit haben. Er könnte ein System vom TD-1-Typ innerhalb weniger Jahre entwickeln und testen. Falls er No Dongs von Nordkorea erwirbt, könnte er durch Zusammenlegungs- und Aufbauoptionen der No Dongs innerhalb weniger Jahre ab dem Erwerb eine Interkontinentalrakete testen - ähnlich dem Zusammenlegen der Scuds für die Al Abid-Trägerrakete.

Falls Irak TD-2-Antriebe kaufte, könnte er innerhalb von ungefähr fünf Jahren ab Erwerb eine ICBM testen. Irak könnte ein System vom Typ Taepo Dong-2 innerhalb von ungefähr zehn Jahren entwickeln und testen, wenn er sich dazu entscheidet. Die meisten Dienste glauben, dass vor 2015 ein irakischer Test jeglicher ICBMs unwahrscheinlich ist, die die USA bedrohen würden, sogar, wenn die UN-Verbote in den nächsten 12 Jahren beseitigt oder erheblich zurückgefahren würden.

Einige glauben, dass, falls die Verbote in den nächsten paar Jahren beseitigt würden, Irak wahrscheinlich vor 2015, möglicherweise vor 2010, eine vermutlich als SLV getarnte ICBM testen würde. Demnach würde ausländische Unterstützung sowohl die zeitliche Planung als auch die Fähigkeit der Rakete beeinflussen. Bagdad hatte 1990 ein Eilprogramm zur Entwicklung einer Nuklearwaffe zur Raketenbestückung, aber die alliierte Bombardierung und die Aktivitäten der IAEA (International Atomic Energy Agency) und UNSCOM (United Nations Special Commission) haben diese Unternehmung aufgehalten. Die Intelligence Community schätzt, dass Irak - wenn er nicht daran gehindert wird - mehrere Jahre bräuchte, genug spaltbares Material zur Herstellung einer Waffe zu produzieren. Irak hat zugegeben, vor dem Golfkrieg biologische und chemische Waffenprogramme gehabt zu haben und erhält diese Programme weiterhin aufrecht.

Ausländische Unterstützung ist der Schlüssel zu den irakischen Bemühungen, schnell Raketen mit größeren Reichweiten zu entwickeln. Irak war vor dem Golfkrieg auf umfassende ausländische Unterstützung angewiesen und wird diese weiterhin suchen, um seine derzeitigen Fähigkeiten auszubauen. ...


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