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"Eine erweiterte Rolle der Vereinten Nationen wird davon abhängen, ob das allgemeine Sicherheitsumfeld eine größere Präsenz in Irak zulässt"

Aus dem Jahresbericht des UN-Generalsekretärs über die Tätigkeit der Vereinten Nationen

Im Folgenden dokumentieren wir einschlägige Passagen aus dem Jahresbericht 2004 des UN-Generalsekretärs, die sich mit der Situation im Irak befassen. Der Auszug stammt aus dem Kapitel II "Herbeiführung von Frieden und Sicherheit".

Konfliktverhütung und Friedensschaffung

14. Auf Grund der gravierenden Verschlechterung der Sicherheitslage in Irak beschloss ich, das internationale Personal der Hilfsmission der Vereinten Nationen für Irak (UNAMI) sowie der Einrichtungen, Programme und Fonds der Vereinten Nationen vorübergehend an Standorte außerhalb des Landes zu verlegen. Das System der Vereinten Nationen steuerte jedoch weiterhin ein breites Spektrum an grundlegenden Hilfstätigkeiten in allen Teilen Iraks, sowohl von innerhalb als auch außerhalb des Landes.

15. In seiner Resolution 1483 (2003) ersuchte mich der Sicherheitsrat, das "Öl-für- Lebensmittel"-Programm in Irak bis zum 21. November 2003 zu beenden und die Verantwortung für alle noch verbleibenden Tätigkeiten im Rahmen des Programms an die Provisorische Behörde der Koalition zu übertragen. Am 21. November 2003 übertrugen die Vereinten Nationen die gesamte operative Verantwortung auf die Behörde. Bis zum 30. Juni 2004 wurden 8,6 Milliarden US-Dollar an verbleibenden Mitteln an den Entwicklungsfonds für Irak übertragen. Das Büro für das Irak-Programm schloss seine Tätigkeit am 31. Mai ab.

16. In seiner Resolution 1511 (2003) bat der Sicherheitsrat den Regierungsrat Iraks, bis zum 15. Dezember 2003 einen Zeitplan und ein Programm für die Ausarbeitung einer neuen Verfassung für Irak und für die Abhaltung demokratischer Wahlen festzulegen. Er traf außerdem den Beschluss, dass die Vereinten Nationen ihre maßgebliche Rolle in Irak stärken und weiter wahrnehmen sollen, soweit die Umstände es zulassen, und ermächtigte eine multinationale Truppe, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Stabilität in Irak beizutragen. Am 15. November 2003 unterzeichneten die Provisorische Behörde der Koalition und der Regierungsrat ein Abkommen zur Festlegung eines politischen Prozesses für die Wiederherstellung der Souveränität bis zum 30. Juni 2004 sowie für die Ausarbeitung einer neuen Verfassung und die Abhaltung von Wahlen im Rahmen dieser Verfassung.

17. Am 19. Januar 2004 veranstaltete ich in New York ein Treffen mit einer Delegation des Regierungsrats und der Provisorischen Behörde der Koalition; im Anschluss daran wurden die Vereinten Nationen gebeten, einen Prozess des Dialogs und der Konsensbildung unter den Irakern fördern zu helfen, um einen friedlichen und erfolgreichen politischen Übergang zu gewährleisten. Zu diesem Zweck unternahm mein Sonderberater drei Missionen nach Irak. Bei seiner ersten Mission vom 6. bis 13. Februar 2004 kam er gemeinsam mit einem Team der Abteilung Wahlhilfe der Hauptabteilung Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten zu dem Schluss, dass bis zum 30. Juni 2004 keine glaubhaften Wahlen stattfinden könnten und dass auf andere Weise eine Interimsregierung gebildet werden müsse. Während seines zweiten Besuchs vom 26. März bis 16. April war mein Sonderberater auf Grund weitreichender Konsultationen mit einem breiten Spektrum von Vertretern der irakischen Gesellschaft, dem Regierungsrat und der Provisorischen Behörde der Koalition in der Lage, vorläufige Vorstellungen für einen erfolgreichen Übergang zu erarbeiten. Am 27. April legte er diese Vorstellungen dem Sicherheitsrat dar. Bei seiner dritten Mission vom 1. Mai bis 2. Juni unterstützte er die Bildung der irakischen Interimsregierung am 1. Juni. Parallel dazu wurde vom 3. Mai bis 6. Juni eine Wahlhilfemission entsandt, um die Aushandlung der Wahlmodalitäten zu erleichtern und eine Wahlkommission einzusetzen. Nach einem landesweiten Nominierungs- und Auswahlverfahren unter der Aufsicht der Vereinten Nationen wurde am 31. Mai die Unabhängige Wahlkommission Iraks gebildet. Nach Konsultationen mit einer breiten Vielzahl von Irakern im ganzen Land und Gesprächen mit dem Regierungsrat und der Provisorischen Behörde der Koalition wurde am 7. Juni der rechtliche Rahmen für das Wahlsystem sowie die politischen Parteien und Rechtsträger verkündet.

18. Am 8. Juni 2004 verabschiedete der Sicherheitsrat die Resolution 1546 (2004), in der er den vorgeschlagenen Zeitplan für den politischen Übergang Iraks billigte und beschloss, dass die Vereinten Nationen eine führende Rolle dabei übernehmen werden, soweit die Umstände es zulassen, bei der Einberufung einer Nationalkonferenz behilflich zu sein, hinsichtlich des Verfahrens für die Abhaltung der Wahlen Rat zu erteilen und den nationalen Dialog und die Herbeiführung eines Konsenses über die Ausarbeitung einer nationalen Verfassung zu fördern. Außerdem erteilte der Rat der UNAMI ein Mandat in anderen Bereichen, wie etwa Entwicklung und humanitäre Hilfe, Menschenrechte und nationale Aussöhnung.

19. Auf der Grundlage ihres mit Resolution 1546 (2004) gestärkten Mandats werden die Vereinten Nationen ihr Möglichstes tun, um dem irakischen Volk im Übergangsprozess behilflich zu sein. Zu diesem Zweck wird mein neuer Sonderbeauftragter eng mit der Interimsregierung zusammenarbeiten und einen Dialog mit Ländern in der Region und darüber hinaus aufnehmen. Eine erweiterte Rolle der Vereinten Nationen beim Aufbau von Institutionen, beim Wiederaufbau sowie auf dem Gebiet der Menschenrechte und auf anderen Gebieten wird jedoch davon abhängen, ob das allgemeine Sicherheitsumfeld eine größere Präsenz in Irak zulässt. In der Zwischenzeit wird sich mein Sonderbeauftragter auf die in Resolution 1546 (2004) festgelegten vorrangigen Aufgaben konzentrieren, sowohl von außerhalb als auch innerhalb Iraks, soweit die Umstände es zulassen. Um dabei erfolgreich zu sein, bedarf er der vollen Unterstützung der internationalen Gemeinschaft.

Quelle: Bericht des Generalsekretärs über die Tätigkeit der Vereinten Nationen Vereinte Nationen, New York 2004 (Dokument A/59/1), S. 3-5


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