Streit um Truppenverbleib
Irak hält Verlängerung des Einsatzes ausländischer Truppen offen
Von Karin Leukefeld *
Das UN-Mandat für ausländische Truppen in Irak läuft Ende 2008 aus. Wenn bis dahin keine schriftliche Vereinbarung zwischen der irakischen und der US-Regierung über den weiteren Verbleib der US-Soldaten vorliegt, wäre dem US-Militär in Irak die rechtliche Grundlage entzogen. Wirbel gibt es auch um ein ähnliches Sicherheitsabkommen, das zwischen der irakischen und britischen Regierung getroffen werden soll.
Derzeit sind noch 4100 britische Soldaten in Südirak stationiert, wo seit September 2007 Iraks Armee und Polizei das Sagen haben. Damals hatten sich die britischen Truppen aus ihrem Quartier im Basra-Palast zum etwa zehn Kilometer vom Stadtzentrum entfernten Flughafen von Basra zurückgezogen. Die nachrückende irakische Armee hatte zunächst Probleme, die Gewalt in Basra, den Kampf verschiedener krimineller Banden und Milizen, zu kontrollieren.
Im Frühjahr 2008 waren britische Sondereinheiten noch einmal massiv an einer Militäroperation gegen die Milizen der Sadr-Bewegung in Basra beteiligt. Ansonsten dient ihre Präsenz in Irak hauptsächlich dem Eigenschutz. Sie eskortieren britische Offizielle und Militäroffiziere und sorgen für deren Sicherheit.
Mitte Oktober hatte der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki erklärt, die britischen Truppen könnten abziehen. Man bedanke sich für alles, doch nun seien sie nicht mehr nötig, sagte Maliki. Fast umgehend wurde Verteidigungsminister John Hutton in Bagdad vorstellig, um dem irakischen Regierungschef und dessen Verteidigungsminister, General Abdul Kader, zu erklären, man müsse noch vor Ende des Jahres 2008 über ein ähnliches Sicherheitsabkommen wie zwischen den USA und Irak verhandeln.
Beginnend 2009, so machte Hutton deutlich, könne die Zahl der britischen Soldaten in Südirak weiter reduziert werden. Großbritannien wolle einen »fundamentalen Wechsel« seiner Militärmission einleiten. Man wolle sich künftig mehr auf das »militärische Training und die Ausbildung« konzentrieren. Maliki begrüßte die Äußerungen des britischen Verteidigungsministers. »Die irakische Arena ist offen für britische Unternehmen und britische Freundschaft«, sagte er in der britischen Tageszeitung »The Times«.
Wie es um die Sicherheitslage in Irak tatsächlich bestellt ist, lässt sich schwer sagen. Gerade ist mit Babil (Babylon) die zwölfte von 18 Provinzen der irakischen Armee unterstellt werden. Doch ob irakische Armee oder ausländische Truppen – fast tägliche Anschläge und Kämpfe nicht nur in Bagdad zeigen, dass niemand die Lage wirklich kontrolliert.
Die Diskussion um das Sicherheitsabkommen wird inzwischen für eine generelle Abrechnung genutzt. US-Generalstabschef Admiral Michael Mullen machte Iran verantwortlich für den Streit, und der befehlshabende US-General in Irak, Raymond Odierno erklärte, Iran bezahle irakische Politiker dafür, dass sie das Abkommen mit den USA blockierten. In diese Kerbe schlägt auch ein Artikel der arabischen Tageszeitung »Al Hayat«, die vom US-Verbündeten Saudi-Arabien finanziert wird. Der frühere irakische Regierungschef Ibrahim al-Dschafari erhalte für seinen Widerstand gegen das Abkommen möglicherweise massive Unterstützung von Teheran, schreibt die Zeitung.
Doch auch christliche und sunnitische Iraker wehren sich gegen die Vereinbarung. Und selbst die beiden Präsidentschaftskandidaten Barack Obama und John McCain haben unterschiedliche Vorstellungen über den Verbleib der US-Truppen in Irak. Während Obama die Truppen rasch zurückholen will – um Geld zu sparen und die Soldaten nach Afghanistan zu schicken – fordert McCain, die USA müssten erst Al Qaida in Irak vernichten, bevor der Krieg dort gewonnen sei. Bis dahin sei es die »strategische und moralische Verpflichtung« der USA, die irakische Regierung zu unterstützen, bis sie in der Lage sei, »allein zu regieren und ihr Volk zu schützen«.
* Aus: Neues Deutschland, 24. Oktober 2008
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