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Lektion nicht gelernt

Arabische Liga versucht, irakisch-syrischen Streit zu schlichten

Von Karin Leukefeld *

Bei ihrem 132. Treffen bemühten sich die Außenminister der Arabischen Liga am Mittwoch und Donnerstag in Kairo um eine Lösung des irakisch-syrischen Streits, der seit den Anschlägen am 19. August in Bagdad die gerade neu belebten und intensiven Beziehungen beider Länder zu einem abrupten Stillstand gebracht hatte. Der Ministerpräsident des besetzten Irak, Nuri Al-Maliki, beschuldigt Syrien, hinter den Anschlägen zu stecken, und will, daß der UN-Sicherheitsrat ein UN-Sondertribunal einsetzt, das die Hintergründe untersuchen soll. Das Tribunal würde sich eindeutig gegen Syrien richten, das ohnehin schon mit dem UN-Sondertribunal zur Ermordung des früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri (2005) an den Pranger gestellt werden soll. Maliki wirft Damaskus zudem vor, hochrangige Funktionäre der im Irak verbotenen irakischen Baath- Partei nicht, wie von ihm mehrfach gefordert, an Irak ausgeliefert zu haben. Zuletzt hatte Maliki einen Tag vor den Anschlägen bei seinem ansonsten harmonisch verlaufenen Staatsbesuch in Damaskus eine entsprechende Auslieferungsliste vorgelegt. In Syrien lebende Baath-Funktionäre hätten die Anschläge in Auftrag gegeben, ist Maliki überzeugt und bezog sich dabei auf das entsprechende Videogeständnis eines ehemaligen Polizeichefs und Funktionärs der Baath-Partei der Provinz Diwanija. Syrien weist die Anschuldigungen zurück und fordert Beweise. Staatspräsident Baschar Al-Assad bezeichnete die Vorwürfe als »unmoralisch« und verwies auf rund 1,2 Millionen irakische Flüchtlinge, die in Syrien Aufnahme gefunden hätten. Beobachter gehen davon aus, daß der Streit auf Dauer vor allem wirtschaftlich für beide Staaten sehr negative Auswirkungen hätte.

Ein erster Vermittlungsversuch des türkischen Außenministers Ahmet Davutoglu blieb ohne Erfolg, nun kam es in Kairo zu einem Treffen an dem neben Walid Mou'allem und Hoschjar Zebari, den Außenministern Syriens und Iraks, auch ihr türkischer Amtskollege sowie der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mousa, teilnahmen. Das Treffen sei sehr zu begrüßen, sagte der syrische Außenminister Mou'allem auf einer anschließenden Pressekonferenz. Sein Land akzeptiere die Vermittlerrolle der Türkei und der Arabischen Liga, deren Vorschlägen Syrien zugestimmt habe. Im übrigen sei er überzeugt, daß Syrien keine Verantwortung für die Anschläge am 19. August trage. Mousa und Davutoglu hatten die Einstellung der wechselseitigen Medienkampagnen gefordert und bilaterale Sicherheitsgespräche sowie die Rückkehr der abgezogenen Botschafter vorgeschlagen.

Insbesondere die Forderung von Maliki nach einem UN-Sondertribunal hatte in Syrien, aber auch im Irak für Unverständnis gesorgt. In der englischen Ausgabe der irakischen Tageszeitung AzZaman hieß es, die »kurzsichtige« Forderung zeige, wie unfähig die irakischen Politiker seien. Anstatt intensive Diplomatie zu nutzen, um mit Syrien gemeinsam die Gewalt im Irak einzudämmen, »geht die Regierung in die Medien und unternimmt akrobatische Anstrengungen, etwas vorzuführen«, heißt es in einem Kommentar. Die innenpolitische Lektion, die die irakische Regierung noch lernen müsse, sei, daß man alle irakischen Gruppen ethnisch, religiös und politisch zusammenbringen müsse. Syriens Botschafter bei der Arabischen Liga, Youssef Ahmad, warnte derweil vor einer »Internationalisierung des syrisch-irakischen Streits«. »Die Erfahrung in der Arabischen Region zeigt, daß Internationalisierung Spannungen und Krisen in der Re­gion immer verschärft und nicht gelöst hat.«

* Aus: junge Welt, 11. September 2009

Mindestens 20 Tote bei Selbstmordanschlag nahe Mossul im Nordirak

Bei einem Selbstmordanschlag nahe der nordirakischen Stadt Mossul sind mindestens 20 Menschen getötet worden. Wenigstens 35 weitere Menschen wurden laut Verteidigungsministerium verletzt, als ein Attentäter in der Nacht zum Donnerstag (10. Sept.) im Dorf Wardak einen mit Sprengstoff beladenen Lastwagen in die Luft jagte.

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wurden in dem kurdischen Dorf mehrere Häuser durch die Wucht der Explosion zerstört (Foto). Mehrere Menschen seien unter den Trümmern gestorben. Sicherheitskräfte erschossen laut Polizeiangaben einen zweiten Selbstmordattentäter, bevor dieser sein Fahrzeug in die Luft sprengen konnte. Die Region rund um Mossul, 350 Kilometer nördlich von Bagdad, ist eine der gefährlichsten im Irak. Dort kommt es fast täglich zu Anschlägen.

In Mahmudijah, 30 Kilometer südlich von Bagdad, explodierte nach Angaben des Verteidigungsministeriums am Donnerstag morgen eine Bombe auf einem Marktplatz. Neben den vier Toten wurden 29 Verletzte gezählt. jW




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