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Eine "deutliche Nachricht an den UN-Sicherheitsrat und an das irakische Tyrannenregime"

US-Präsident bedankt sich beim Kongress für die Kriegsermächtigung

US-Präsident Bush führt seine großen diplomatischen Gesten mit Bedacht aus. Am selben Tag, an dem der UN-Sicherheitsrat in einer öffentlichen Sitzung über die Irak-Politik debattierte, veröffentlichte er eine Botschaft an den Kongress, worin er sich für die wenige Tage zuvor erhaltene Kriegsermächtigungs-Resolution bedankte und sie zugleich unterzeichnete. Bushs Erklärung ist eine unglaubliche Provokation: Seine "deutliche Nachricht" richtet sich - in einem Atemzug - an das "irakische Tyrannenregime" und an den "UN-Sicherheitsrat". "Die Zeiten, in denen der Irak den Willen der Welt verhöhnte, seinem eigenen Volk Gewalt antat und seine Nachbarn terrorisierte, müssen und werden enden." Die Botschaft ist klar. So wie er gegenüber dem Kongress die Einheit der Nation beschwört, betont er gegenüber der internationalen Gemeinschaft zum wiederholten Mal das Recht, notfalls auch allein den Weltenrichter zu spielen und zur Exekution des Irak zu schreiten: "Der Irak wird entweder alle UN-Resolutionen erfüllen und seine Massenvernichtungswaffen und die Unterstützung von Terroristen aufgeben oder er wird dazu gezwungen werden."

Auch US-Außenminister Colin Powell will nicht zu viele Missverständnisse darüber aufkommen lassen, dass die USA nun eine weiche Linie führen. Er beharrte darauf, dass der UN-Sicherheitsrat den USA nicht das Recht auf einen militärischen Alleingang gegen den Irak nimmt. Unabhängig von dem Ergebnis der UNO-Verhandlungen werde am Ende "eine Resolution herauskommen, die dem US-Präsident die Autorität und das Recht gibt, für das amerikanische Volk und unsere Nachbarn in Selbstverteidigung zu handeln", sagte Powell am 17. Oktober 2002 vor Journalisten im Waldorf Astoria Hotel in New York. Der US-Präsident sei vom Kongress ermächtigt, zusammen mit gleichgesinnten Staaten gegen Bagdad vorzugehen. Und, so hat der Leser in aller Welt zu ergänzen: Das zählt eben mehr als eine Resolution des UN-Sicherheitsrats.

Im Folgenden dokumentieren wir eine am 16. Oktober 2002 vom Weißen Haus veröffentlichte Stellungnahme von Präsident George W. Bush zur Gemeinsamen Resolution 114 über den Einsatz militärischer Gewalt gegen den Irak. Die deutsche Übersetzung besorgte die US-Botschaft in Berlin.


Die Vereinigten Staaten sprechen mit einer Stimme

Präsident George W. Bush über die Irak-Resolution des Kongresses

Heute habe ich durch meine Unterschrift der Gemeinsamen Resolution 114 über die "Ermächtigung zum Einsatz der amerikanischen Streitkräfte gegen den Irak" Gesetzeskraft verliehen. Der Kongress hat durch die Verabschiedung der Gemeinsamen Resolution 114 gezeigt, dass die Vereinigten Staaten mit einer Stimme gegen die Bedrohung des internationalen Friedens und der internationalen Sicherheit durch den Irak sprechen. Er hat auch der internationalen Gemeinschaft, dem UN-Sicherheitsrat und vor allem dem irakischen Tyrannenregime eine deutliche und wichtige Nachricht übermittelt: Die Zeiten, in denen der Irak den Willen der Welt verhöhnte, seinem eigenen Volk Gewalt antat und seine Nachbarn terrorisierte, müssen und werden enden. Der Irak wird entweder alle UN-Resolutionen erfüllen und seine Massenvernichtungswaffen und die Unterstützung von Terroristen aufgeben oder er wird dazu gezwungen werden. Ich hoffe, dass der Irak sich für die Einhaltung der Resolution und für den Frieden entscheidet und ich bin der Überzeugung, dass die Verabschiedung dieser Resolution eine solche Entscheidung wahrscheinlicher macht.

Die im Kongress geführte Debatte über diese Resolution stand in der besten Tradition amerikanischer Demokratie. Es gibt keine gesellschaftliche oder politische Macht, die stärker ist als ein freies Volk, das vereint ein gemeinsames und notwendiges Ziel verfolgt. Aus diesem Grund habe ich zur Unterstützung eventueller Gewaltanwendung gegen den Irak eine zusätzliche Resolution des Kongresses angestrebt. Während ich es begrüße, dass der Kongress mir diese Unterstützung gewährt, bedeutet meine Anfrage und meine Unterschrift unter diese Resolution keinerlei Änderung in der seit langem bestehenden Haltung der Exekutive zur verfassungsgemäßen Autorität des Präsidenten, Gewalt einzusetzen zur Abschreckung, Vorbeugung oder als Reaktion auf Aggressionen oder andere Bedrohungen amerikanischer Interessen oder der Verfassungsmäßigkeit der War Powers Resolution. In der wichtigen Frage über die Bedrohung durch den Irak gehen die Ansichten und Ziele des Kongresses - wie in der Gemeinsamen Resolution 114 und früheren Kongressresolutionen und Erlassen beschrieben - und die des Präsidenten nicht auseinander.

Im Lauf der letzten Monate habe ich mich intensiv mit dem Kongress beraten und freue mich auf weitere enge Abstimmungen in den vor uns liegenden Monaten. Außerdem beabsichtige ich - gemäß Paragraf 4 der Gemeinsamen Resolution 114 -, dem Kongress über relevante Angelegenheiten alle 60 Tage Bericht zu erstatten. Ich beabsichtige soweit wie möglich, die in diesen Berichten enthaltene Informationen mit denen dem Kongress zu unterbreitenden Informationen bezüglich des Irak zu verbinden, die sich aus früheren einschlägigen Resolutionen ergeben.

Die Vereinigten Staaten sind einer Welt verpflichtet, in der die Menschen aller Nationen in Freiheit, Frieden und Sicherheit leben können. Das Inkrafttreten der Gemeinsamen Resolution 114 ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer solchen Welt.

GEORGE W. BUSH
Weißes Haus, 16. Oktober 2002

Originaltext: Bush Praises Congressional Resolution on Iraq (siehe http://usinfo.state.gov)


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