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Koalition der Söldner / Coalition of the Mercenaries

Irak: Besatzer zahlen Millionen Dollar an Privatarmeen
Iraq: Occupiers Spend Millions on Private Army of Security Men

Von Robert Fisk und Severin Carrell
(The Independent)

Tausende von Söldnern - schwer bewaffneten Sicherheitsleuten - gibt es im Irak bereits, darunter viele frühere britische und amerikanische Soldaten, die von den Besatzungsbehörden und Privatunternehmen angeworben wurden. Viele von ihnen kommen auch aus Südafrika, obwohl ihnen dies ein neues nationales Gesetz untersagt. Der Flughafen von Baghdad soll künftig sogar von chilenischen Söldnern, die unter der Pinochet-Diktatur ausgebildet wurden, bewacht werden.

Eine Armee von Tausenden von Söldnern ist in den Großstädten Iraks aufgetaucht. Viele von ihnen sind frühere britische und amerikanische Soldaten, die von den anglo-amerikanischen Besatzungsbehörden und Dutzenden von Privatunternehmen, die für das Leben ihrer Angestellten fürchten, angeworben wurden.

Viele der bewaffneten Briten sind frühere Soldaten des SAS (Special Air Service); schwerbewaffnete Südafrikaner arbeiten ebenfalls für die Besatzungsmacht. "Meine Leute können mit Waffen umgehen, und sie sind alle vom SAS", sagt der britische Anführer eines Sicherheitsteams im südlichen Baghdad. "Aber jetzt laufen da Leute mit Schußwaffen herum, die bloß Cowboys sind. Wir verbergen unsere Waffen immer, aber diese Burschen denken, sie sind in einem Hollywood-Film".

Sogar bei der Besatzungsmacht gibt es ernste Zweifel über Amerikas Option, chilenische Söldner, von denen viele unter der brutalen Diktatur General Pinochets ausgebildet wurden, zur Bewachung des Flughafens von Baghdad zu entsenden. Viele Südafrikaner halten sich illegal im Irak auf - sie verstoßen damit gegen neue Gesetze, die von der Regierung in Pretoria verabschiedet wurden, um Südafrikas boomenden Export von Söldnern zu kontrollieren. Viele von ihnen sind bei ihrer Heimkehr verhaftet worden, weil sie keine Genehmigung haben, die jetzt von privaten Soldaten verlangt werden.

Opfer unter den Söldnern sind in der regulären Opferstatistik der Besatzungsbehörden nicht enthalten, was vielleicht den bleibenden Verdacht der Irakis erklärt, daß die USA ihre Zahlen von toten und verwundeten Militärangehörigen untertreibt. Einige britische Experten behaupten, private Polizeibetreuung sei jetzt der größte Exportschlager Großbritanniens in den Irak - eine Zunahme, die von der Welle von Bombenanschlägen auf Koalitionsstreitkräfte, Hilfsorganisationen und UN-Gebäude seit dem offiziellen Ende des Krieges im Mai letzten Jahres angeheizt wird.

Viele Firmen operieren von Villen in Mittelklasse-Wohngebieten Baghdads aus, ohne Namensschild an der Tür. Einige Sicherheitsleute behaupten, sie würden mehr als 80 000 Pfund im Jahr verdienen, aber der kurzzeitige, riskikoreiche Söldnerdienst kann viel höhere Belohnungen einbringen. Sicherheitspersonal, das in Städten wie Fallujah unter 7-Tage-Kontrakt arbeitet, kann 1000 $ pro Tag machen.

Obwohl sie keine Uniform anhaben, tragen manche Sicherheitsleute auf ihren kugelsicheren Westen ein persönliches Kennzeichen, zusammen mit ihren Gewehren und Pistolen. Andere weigern sich sogar in Hotels sich auszuweisen, wenn sie, ihre Waffen zu Füßen, am Swimming-Pool Bier trinken. In mehreren Hotels haben sich Gäste und Personal darüber beschwert, daß Sicherheitsleute Trinkgelage abhielten und ein Hotelmanager war gezwungen, Söldner in seinem Hotel anzuweisen, sie sollten beim Verlassen des Gebäudes ihre Waffen in einem Beutel tragen. Seine Forderung wurde jedoch igoriert.

David Claridge, der Direktor der britischen Sicherheitsfirma Janusian, schätzt, daß britische Firmen bis zu 800 Mill. Pfund aus ihren Kontrakten im Irak verdient haben - kaum ein Jahr nach der Invasion des Irak. Erinys, eine Firma unter britischer Leitung, beschäftigt 14.000 Irakis als Wachleute und Sicherheitswachen, um die Ölfelder und Pipelines des Landes zu bewachen.

Die Verwendung privater Sicherheitsfirmen hat unter den Entwicklungshelfern des [britischen] Entwicklungshilfeministeriums (DFID) zu einigem Unmut geführt, da sie befürchten, daß dies das Vertrauen der irakischen Zivilisten untergräbt. "Das DFID-Personal würde es vorziehen, das nicht zu haben", sagt ein Vertreter. ?Es ist viel leichter für sie, ihre Arbeit ohne sichtbaren Schutz zu verrichten, aber die Sicherheitsrisiken sind da unten sehr groß.?

Die Firma Meteoric Tactical Solutions in südafrikanischem Besitz hat einen 270 000-Pfund-Vertrag mit dem [britischen] Entwicklungshilfeministerium, zu dem auch die Stellung eines Leibwächters und Fahrers für ihren höchsten Funktionär im Irak und seinen kleinen persönlichen Stab gehören soll.

Armor Group, ein anderes Unternehmen in britischem Besitz, hat einen 876 000-Pfund-Vertrag zur Stellung von 20 Sicherheitswachen für das Außenministerium. Dieser Betrag wird im Juli um 50 % steigen. Die Firma beschäftigt auch etwa 500 Gurkhas zur Bewachung von Managern der US-Firmen Bechtel und Kellogg Brown & Root.

Oppositionelle Abgeordnete des [britischen] Parlaments waren schockiert, in welchem Ausmaß, die [britische] Regierung private Firmen dazu verwendet, britische Zivilangestellte zu bewachen; sie behaupteten, dies sei ein weiterer Beweis dafür, daß die britische Armee zu klein für die Aufgabe sei. Menzies Campbell, der außenpolitische Sprecher der Liberaldemokraten, sagte: "Dies deutet darauf hin, daß die britischen Streitkräfte nicht imstande sind, für gebührenden Schutz zu sorgen, und wirft die leidige Frage nach der Überforderung [der Streitkräfte] auf - besonders im Lichte der Bemerkungen des Chefs des Verteidigungsstabs in der letzten Woche, daß Großbritannien in den nächsten fünf Jahren keine andere Militäroperation von der Dimension des Irak starten könne."

Andrew Robathan, ein Parlamentsabgeordneter der Tories (Konservativen) im Sonderausschuß für Entwicklung und früherer Offizier der SAS, sagte: "Die Armee hat nicht die Truppenstärke, um konstant Wachleute in diesem Umfang zu stellen." Global Risk Strategies, die größte private Sicherheitsfirma Großbritanniens im Irak, hilft der provisorischen Behörde der Koalition und der irakischen Verwaltung, neue Regelungen zu erarbeiten. Sie hofft, in diesem Frühjahr ihre Personalstärke von 1000 auf 1200 zu erhöhen; sie könnte noch in diesem Jahr 1800 erreichen. Hilfsorganisationen sind jedoch beunruhigt über die Summen, die für Sicherheit ausgegeben werden, da das Entwicklungshilfe-Ministerium 278 Mill. Pfund aus seinem regulären Entwicklungsbudget für den Wiederaufbau des Irak abgezweigt hat. Dominic Nutt von Christian Aid sagte: "Das liegt schwer im Magen. Es ist richtig, daß das Entwicklungshilfeministerium sein Personal schützt, aber das bedeutet, das eine Loch zu stopfen und ein anderes aufzumachen."

Übersetzung: Kh - 05.04.2004

Original: CounterPunch, 29. März 2004
http://www.counterpunch.org/fisk03292004.html


Coalition of the Mercenaries

Occupiers Spend Millions on Private Army of Security Men

By ROBERT FISK and SEVERIN CARRELL

(The Independent)

An army of thousands of mercenaries has appeared in Iraq's major cities, many of them former British and American soldiers hired by the occupying Anglo-American authorities and by dozens of companies who fear for the lives of their employees.

Many of the armed Britons are former SAS soldiers and heavily armed South Africans are also working for the occupation. "My people know how to use weapons and they're all SAS," said the British leader of one security team in southern Baghdad. "But there are people running around with guns now who are just cowboys. We always conceal our weapons, but these guys think they're in a Hollywood film."

There are serious doubts even within the occupying power about America's choice to send Chilean mercenaries, many trained during General Pinochet's vicious dictatorship, to guard Baghdad airport. Many South Africans are in Iraq illegally--they are breaking new laws, passed by the government in Pretoria, to control South Africa's booming export of mercenaries. Many have been arrested on their return home because they are do not have the licence now required by private soldiers.

Casualties among the mercenaries are not included in the regular body count put out by the occupation authorities, which may account for the persistent suspicion among Iraqis that the US is underestimating its figures of military dead and wounded. Some British experts claim that private policing is now the UK's biggest export to Iraq--a growth fueled by the surge in bomb attacks on coalition forces, aid agencies and UN buildings since the official end of the war in May last year.

Many companies operate from villas in middle-class areas of Baghdad with no name on the door. Some security men claim they can earn more than lbs80,000 a year; but short-term, high-risk mercenary work can bring much higher rewards. Security personnel working a seven-day contract in cities like Fallujah, can make $1,000 a day.

Although they wear no uniform, some security men carry personal identification on their flak jackets, along with their rifles and pistols. Others refuse to identify themselves even in hotels, drinking beer by the pool, their weapons at their feet. In several hotels, guests and staff have complained that security men have held drunken parties and one manager was forced to instruct mercenaries in his hotel that they must carry their guns in a bag when they leave the premises. His demand was ignored.

One British company director, David Claridge of the security firm Janusian, has estimated that British firms have earned up to lbs800m from their contracts in Iraq--barely a year after the invasion of Iraq. One British-run firm, Erinys, employs 14,000 Iraqis as watchmen and security guards to protect the country's oil fields and pipelines.

The use of private security firms has led to some resentment amongst the Department for International Development's aid workers--who fear it undermines the trust of Iraqi civilians. "DFID staff would prefer not to have this," said one source. "It's much easier for them to do their job without any visible security, but the security risks are great down there."

One South African-owned firm, Meteoric Tactical Solutions, has a lbs270,000 contract with DFID which, it is understood, involves providing bodyguards and drivers for its most senior official in Iraq and his small personal staff.

Another British-owned company, ArmorGroup has an lbs876,000 contract to supply 20 security guards for the Foreign Office. That figure will rise by 50 per cent in July. The firm also employs about 500 Gurkhas to guard executives with the US firms Bechtel and Kellogg Brown & Root.

Opposition MPs were shocked by the scale of the Government's use of private firms to guard British civil servants, and claimed it was further evidence that the British army was too small to cope. Menzies Campbell, the Liberal Democrat's foreign affairs spokesman, said: "This suggests that British forces are unable to provide adequate protection and raises the vexed question of overstretch--particularly in light of the remarks by the Chief of the Defence Staff, last week that Britain couldn't stage another operation on the scale of Iraq for another five years."

Andrew Robathan, a Tory MP on the international development select committee and former SAS officer, said: "The Army doesn't have the troops to provide static guards on this scale. Surely it would have been cheaper to have another battalion of troops providing guards."

The UK's largest private security firm in Iraq, Global Risk Strategies, is helping the coalition provisional authority and the Iraqi administration to draft new regulations. It is expecting to increase its presence from 1,000 to 1,200 staff this spring, and could reach 1,800 this year. However, aid charities are disturbed by the sums being spent on security, since DFID has diverted lbs278m from its mainstream aid budget for Iraqi reconstruction. Dominic Nutt, of Christian Aid, said: "This sticks in the craw. It's right that DFID protects its staff, but this is robbing Peter to pay Paul."

CounterPunch, March 29, 2004


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