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"Niemand braucht mehr die Herrschaft Saddam Husseins zu fürchten"
"You will not have to fear the rule of Saddam Hussein ever again"

Im Wortlaut: Fernsehansprache von US-Präsident George W. Bush - Weitere Reaktionen von Regierungen
REMARKS BY THE PRESIDENT ON THE CAPTURE OF SADDAM HUSSEIN

Im Folgenden dokumentieren wir
  1. die Fernsehansprache von US-Präsident Bush am Abend des 14. Dezember in einer deutschen Übersetzung (Amerika Dienst) sowie im Original,
  2. verschiedene Reaktionen von Regierungschefs und anderen Politikern auf die Festnahme Saddam Husseins.
Eine andere Sichtweise vermittelt eine Presseerklärung aus der Friedensbewegung, die wir an anderer Stelle dokumentiert haben. ("Verhaltener Jubel bei der Friedensbewegung")



US-Präsident George W. Bush: Fernsehansprache, 14. Dezember 2003

Gestern, am 13. Dezember gegen 20.30 Uhr Ortszeit Bagdad, haben Militärkräfte der Vereinigten Staaten Saddam Hussein lebend gefasst. Er wurde in der Nähe eines Bauernhofes außerhalb von Tikrit bei einem raschen Angriff entdeckt, der ohne Verluste ausgeführt wurde. Jetzt wird dem einstigen Diktator des Irak die Gerechtigkeit widerfahren, die er Millionen verwehrt hat. Die Festnahme dieses Mannes war entscheidend für das Entstehen eines freien Irak. Sie markiert für ihn das Ende seines Weges und für alle diejenigen, die in seinem Namen drangsaliert und getötet haben.

Für die Mitglieder der Baath-Partei, die in hohem Maße für die derzeitige Gewalt verantwortlich sind, wird es keine Rückkehr zu der korrupten Macht und zu den Privilegien geben, die sie einst innehatten. Für die große Mehrheit der irakischen Bürger, die als freie Männer und Frauen leben wollen, bringt dieses Ereignis weitere Gewissheit, dass die Folterkammern und die Geheimpolizei für immer vorbei sind.

Und an diesem Nachmittag habe ich eine Botschaft an das irakische Volk: Niemand braucht sich mehr vor der Herrschaft Saddam Husseins zu fürchten. Alle Iraker, die sich für die Seite der Freiheit entscheiden, sind auf der Seite der Gewinner. Die Ziele unserer Koalition sind die gleichen Ziele wie die ihrigen: Souveränität für Ihr Land, Würde für Ihre große Kultur und für jeden irakischen Bürger die Möglichkeit für ein besseres Leben. In der Geschichte Iraks ist eine dunkle und schmerzvolle Ära zu Ende. Ein Tag voller Hoffnung ist angebrochen. Alle Iraker können nun zusammenkommen und die Gewalt zurückweisen und einen neuen Irak aufbauen.

Der Erfolg der gestrigen Mission ehrt unsere Männer und Frauen, die nun im Irak Dienst tun. Die Operation erfolgte auf der Basis einer exzellenten Arbeit der Geheimdienstexperten, die Saddam Husseins Spuren in einem großflächigen Land fanden. Die Operation wurde mit Geschick und Präzision von einer tapferen Kampfeinheit ausgeführt. Unsere Dienst tuenden Männer und Frauen und unsere Koalitionsverbündeten sind bei der Fahndung nach Mitgliedern des gestürzten Regimes und in ihrem Bemühen, dem irakischen Volk Hoffnung und Freiheit zu geben, zahlreiche Gefahren eingegangen. Ihre Arbeit dauert an, und damit bestehen auch die Risiken weiter. Heute danke ich im Namen der Nation den Mitgliedern der Streitkräfte, und ich gratuliere ihnen.

Ich habe auch eine Botschaft für alle Amerikaner: Die Gefangennahme Saddam Husseins bedeutet nicht das Ende der Gewalt im Irak. Wir haben es noch immer mit Terroristen zu tun, die es vorziehen, unschuldige Menschen zu töten, statt das Entstehen der Freiheit im Herzen des Nahen Ostens zu akzeptieren. Solche Männer bedeuten eine direkte Bedrohung für das amerikanische Volk, und sie werden vernichtet.

Wir sind an diesen Punkt durch Geduld und Entschlossenheit und konzentrierten Einsatz gekommen, und das ist auch unsere Strategie, um voranzukommen. Der Krieg gegen den Terror ist verschieden von anderen Kriegen; er wird geführt von Festnahme zu Festnahme, von Zelle zu Zelle und von Sieg zu Sieg. Garant unserer Sicherheit ist unsere Beharrlichkeit und unser reine Glaube an den Erfolg der Freiheit. Und die Vereinigten Staaten von Amerika werden nicht weichen, bis dieser Krieg gewonnen ist. Möge Gott das irakische Volk segnen, und möge Gott Amerika segnen. Danke.

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Following is the White House transcript of Bush's remarks:

REMARKS BY THE PRESIDENT ON THE CAPTURE OF SADDAM HUSSEIN

THE PRESIDENT: Good afternoon. Yesterday, December the 13th, at around 8:30 p.m. Baghdad time, United States military forces captured Saddam Hussein alive. He was found near a farmhouse outside the city of Tikrit, in a swift raid conducted without casualties. And now the former dictator of Iraq will face the justice he denied to millions.

The capture of this man was crucial to the rise of a free Iraq. It marks the end of the road for him, and for all who bullied and killed in his name. For the Baathist holdouts largely responsible for the current violence, there will be no return to the corrupt power and privilege they once held. For the vast majority of Iraqi citizens who wish to live as free men and women, this event brings further assurance that the torture chambers and the secret police are gone forever.

And this afternoon, I have a message for the Iraqi people: You will not have to fear the rule of Saddam Hussein ever again. All Iraqis who take the side of freedom have taken the winning side. The goals of our coalition are the same as your goals -- sovereignty for your country, dignity for your great culture, and for every Iraqi citizen, the opportunity for a better life.

In the history of Iraq, a dark and painful era is over. A hopeful day has arrived. All Iraqis can now come together and reject violence and build a new Iraq.

The success of yesterday's mission is a tribute to our men and women now serving in Iraq. The operation was based on the superb work of intelligence analysts who found the dictator's footprints in a vast country. The operation was carried out with skill and precision by a brave fighting force. Our servicemen and women and our coalition allies have faced many dangers in the hunt for members of the fallen regime, and in their effort to bring hope and freedom to the Iraqi people. Their work continues, and so do the risks. Today, on behalf of the nation, I thank the members of our Armed Forces and I congratulate them.

I also have a message for all Americans: The capture of Saddam Hussein does not mean the end of violence in Iraq. We still face terrorists who would rather go on killing the innocent than accept the rise of liberty in the heart of the Middle East. Such men are a direct threat to the American people, and they will be defeated.

We've come to this moment through patience and resolve and focused action. And that is our strategy moving forward. The war on terror is a different kind of war, waged capture by capture, cell by cell, and victory by victory. Our security is assured by our perseverance and by our sure belief in the success of liberty. And the United States of America will not relent until this war is won.

May God bless the people of Iraq, and may God bless America. Thank you.

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Internationale Reaktionen auf die Festnahme Saddam Husseins

Die europäischen Regierungen haben die Festnahme des gestürzten irakischen Machthabers Saddam Hussein begrüßt. Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder äußerte die Hoffnung auf eine Stabilisierung der Lage in dem kriegszerstörten Land. In einem Glückwunsch-Schreiben an US-Präsident George W. Bush erklärte Schröder am Sonntag, Saddam habe unsägliches Leid über das irakische Volk und die gesamte Region gebracht. "Ich hoffe, dass seine Festnahme die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft zum Wiederaufbau und zur Stabilisierung des Irak fördern wird", schrieb Schröder. "Mit großer Freude habe ich von der Festnahme von Saddam Hussein erfahren, ich beglückwünsche Sie zu dieser erfolgreichen Aktion", heißt es in dem von der deutschen Bundesregierung verbreiteten Schreiben zudem.

Der französische Staatspräsident Jacques Chirac zeigte sich erfreut über die Festnahme. "Die Verhaftung ist ein größeres Ereignis, das erheblich zur Demokratisierung und Stabilisierung des Iraks beitragen dürfte", sagte Chiracs Sprecherin Catherine Colonna am Sonntag in Paris. Damit werde es den Irakern ermöglicht, ihr Schicksal in einem souveränen Irak wieder in die eigenen Hände zu nehmen. Frankreich war ein führender Gegner des von Washington und London geführten Krieges gegen den Irak.

Der italienische Außenminister und EU-Ratsvorsitzende Franco Frattini bezeichnet die Festnahme des ehemaligen irakischen Machthabers als die "entscheidende Wende im Kampf gegen die Guerilla". "Die Gefangennahme des Diktators ist offensichtlich der entscheidende Schlag gegen die todbringende irakische Guerilla", sagte Frattini. Den Truppen der internationalen Koalition im Irak sei der Beweis gelungen, dass sie Saddam als Symbol des irakischen Terrors gestürzt hätten, fügte er in einem Interview mit dem italienischen Rundfunk hinzu. Italien unterstützt die USA und Großbritannien im Irak mit rund 3000 Soldaten.

NATO-Generalsekretär George Robertson begrüßte die Festnahme Saddams. Diese Gefangennahme werde "helfen, die Demokratie im Irak aufzubauen" und den Wiederaufbau des Landes voranbringen, sagte Robertsons Sprecher, Jamie Shea, am Sonntag in Brüssel. Die NATO hoffe, dass nach der Festnahme auch die Zahl der Anschläge zurückgehen werde.

Der britische Premierminister Tony Blair, der am 14. Dezember als einer der ersten von der Verhaftung erfuhr, sagte, für das irakische Volk sei der Albtraum einer möglichen Rückkehr des Regimes nun vorüber. "Das ist eine sehr gute Neuigkeit für das irakische Volk", sagte Blair. Saddam Husseins Verhaftung könne den Beginn besserer Zeiten in Irak markieren. Sie gebe den Koalitionstruppen die Möglichkeit, "einen Schritt voranzugehen". "Wir sollten jetzt versuchen, ganz Irak zu vereinigen, indem wir das Land wieder aufbauen und ihm einen neue Zukunft anbieten", sagte Blair.

Auch der spanische Ministerpräsident Jose Maria Aznar begrüßte die Nachricht. Seine Außenministerin Ana Palacio sprach von einem "großen Tag für die Menschheit". "Der schreckliche Schatten dieses blutigen Diktators wird verschwinden", sagte Palacio. Der australische Außenminister Alexander Downer erklärte, die Verhaftung des Exdiktators berge "das Potenzial, die Situation vor Ort zu ändern".

Der deutsche Außenminster Joschka Fischer sieht nach der Festnahme des irakischen Ex-Diktators wachsende Chancen für eine Stabilisierung der Lage in Irak. Vor Journalisten in Berlin nannte Fischer die Festnahme am Sonntag einen "wichtigen Erfolg im Interesse von Frieden und Stabilität für das irakische Volk". "Ich denke, jetzt besteht auch die Chance, dass die Gewalt abnimmt, der Terror zum Stillstand kommt im Land, der Wiederaufbau energisch vorangebracht werden kann und gleichzeitig darüber hinaus auch eine schnellere Souveränitätsübertragung auf eine Übergangsregierung der Iraker möglich ist." Dies alles werde zur Stabilität in der Region beitragen. Fischer fügte hinzu, Saddam sei ein "brutaler Diktator" gewesen, der nun "seiner gerechten Strafe zugeführt" werde.

Auch die japanische Regierung hat die Festnahme Saddam Husseins begrüßt. Regierungssprecher Yasuo Fukuda sagte Sonntagnacht (Ortszeit) in einer Stellungnahme, die Festnahme Saddams sei ein "großer Schritt des Sieges für die internationale Gemeinschaft", die sich damit abmühe, den Irak zu befreien und wieder aufzubauen. Die japanische Regierung hatte kürzlich beschlossen, eigene Soldaten zum Wiederaufbau des Zweistromlandes zu entsenden. Ein Zeitpunkt steht aber noch nicht fest. Am Sonntag demonstrierten Tausende in Japan gegen die heftig umstrittenen Entsendungspläne der Regierung.

Als einen "sehr wichtigen Tag für das irakische Volk" hat der EU-Repräsentant für die gemeinsame Außen-und Sicherheitspolitik, Javier Solana, die Festnahme des Ex-Machthabers Saddam Hussein gewürdigt. "Die Festnahme Saddam Husseins sollte zur Stabilität in dem Land und einer Beschleunigung von Wiederaufbau und Demokratisierung beitragen", erklärte Solana am Sonntag in Brüssel in einer ersten Stellungnahme.

Der australische Regierungschef John Howard zeigte sich "hoch erfreut". Dies bedeute das Ende einer gewaltigen Last und großer Ängste für das irakische Volk, teilte Howard am Sonntag nach Angaben der australischen Nachrichtenagentur AAP mit. "Die Gefangennahme Saddams ist ein riesiger Schub für Freiheit und Demokratie im Irak." Australien hatte sich mit rund 2000 Soldaten an der US-geführten Invasion des Irak beteiligt.

Saddams Festnahme wurde auch vom italienischen Verteidigungsminister Antonio Martino begrüßt. "Wir hoffen, dass Saddams Festnahme zum Ende der verheerenden Terrorwelle führen wird", kommentierte Martino. Im Irak sind rund 2400 italienische Soldaten stationiert. Der italienische Europaminister Rocco Buttiglione sprach von einem verheerenden Schlag gegen den internationalen Terrorismus. "Wir dürfen nicht glauben, dass Saddams Festnahme sofort das Ende der Terroranschläge bedeuten wird. Sie wird seine Anhänger jedoch stark deprimieren. Jede Hoffnung auf eine Rückkehr des alten Regimes ist für sie vernichtet", sagte Buttiglione.

Quelle: Der Standard, 15.12.2003


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