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Bomben gegen irakische Schiiten

Mehr als 60 Menschen starben *

Irak kommt nicht zur Ruhe. Eine Anschlagsserie löschte am Donnerstag die Leben von mehr als 60 Menschen aus. Die Opfer der Terrortaten waren vor allem Anhänger des schiitischen Glaubens.

Nach einer neuen Serie von Anschlägen auf Schiiten in Irak zeichnete sich am Donnerstag bei Redaktionsschluss ab, dass die Zahl der Toten die 60 wohl überschreiten würde. Die Gewalttäter hatten ihre Angriffe auf Bagdad und die Gegend um die südlich gelegene Stadt Nasirija konzentriert.

In der Hauptstadt trafen die Bombenexplosionen Stadtteile, die vor allem von Schiiten bewohnt werden. So explodierten im Viertel Kadhimija zwei Autobomben: Mindestens 14 Menschen starben, 40 erlitten Verletzungen. Eine Explosion im Stadtteil Sadr City, unweit einer Gruppe von Tagelöhnern, riss sieben Menschen in den Tod und verletzte 20 weitere. Selbst das Krankenhaus, in das Verletzte gebracht wurden, war Ziel des Terrors: Bei der Klinik deponierte Bomben brachten mindestens zwei weiteren Menschen den Tod und verletzten 15. In Batha nahe Nasirija hatte ein Selbstmordattentäter schiitische Pilger zum Ziel gewählt. Mit seinem Sprengstoffgürtel riss er mindestens 45 Menschen in den Tod und verletzte 68 weitere. Die Pilger befanden sich auf dem Weg zum Heiligen Schrein in der Stadt Kerbela, einem der wichtigsten schiitischen Wallfahrtsorte.

Die Anschläge verschärfen die schwere politische Krise, die Irak nach dem Abzug der US-Truppen erlebt und die maßgeblich von Machtkämpfen zwischen Schiiten und Sunniten geprägt ist. Mitte Dezember beschloss die sunnitische Irakija-Fraktion, die neun Minister der Einheitsregierung stellt, einen Boykott von Regierung und Parlament. Ein Richtergremium wiederum erließ Haftbefehl gegen den sunnitischen Vizepräsidenten Tarik al-Haschemi, da seine Leibwächter in Anschläge verwickelt gewesen sein sollen.

Iraks Vizeaußenminister Hussein Amir Abdollahian verurteilte die neuen Anschläge als »Versuch, interreligiöse Zusammenstöße zu provozieren«.

* Aus: neues deutschland, 6. Januar 2012


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