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"PSYOPS" in der Offensive

Friedensbewegung in den USA ruft zu Protesten gegen Irak-Krieg auf

Von Karin Leukefeld

Das Internationale Aktionszentrum (IAC) in Washington D.C. ruft weltweit die Antikriegsbewegung auf, alle Kräfte zu mobilisieren, um einen neuen US-Krieg gegen den Irak zu stoppen. Es sei ein "Muß für alle fortschrittlichen Arbeiter- und Antikriegsorganisationen, den angekündigten Krieg jetzt zu stoppen", schreibt Brian Becker, Direktor des IAC, in einem via Internet (www.iacenter.org) verbreiteten Aufruf. Die Bush-Regierung meine den Angriff auf den Irak zwar ernst und wolle die irakische Regierung stürzen, um "ein Marionettenregime wie in Afghanistan zu installieren", heißt es dort. Dennoch gäbe es in den USA und weltweit genügend Möglichkeiten, eine solche Invasion zu verhindern.

Für Becker und das IAC ist ein neuer Angriff auf den Irak ein "imperialistischer Krieg gegen ein unterdrücktes und ehemals kolonisiertes Volk". Hintergrund sei das "große Ölgeschäft". Die USA, so Becker, beanspruchen die alleinige Kontrolle über die arabischen Ölvorkommen. Der Irak, der über die weltweit zweitgrößten Ölvorkommen verfügt, habe es gewagt, sein Öl zu verstaatlichen. Mit den Einnahmen konnte eine unabhängige, moderne Regionalmacht am Persischen Golf entstehen. In Wahrheit kümmere sich weder George W. Bush noch das Pentagon um die mangelnde Demokratie im Irak oder mögliche Massenvernichtungswaffen. Mit Diktaturen habe die USA noch nie Probleme gehabt, schließlich unterstütze Washington auch Saudi-Arabien und Kuwait.

In den vergangenen zwei Wochen habe die Bush-Regierung gezielt die mediale Kriegstrommel gerührt. So ein "psychologischer Krieg" vermittele den Eindruck, der Angriff sei tatsächlich nicht mehr zu vermeiden. Wiederholt sei berichtet worden, daß das Amerika-freundliche Jordanien den USA insgeheim bereits die Nutzung von Flughäfen für den Krieg zugesagt habe. Offiziell hingegen habe die Führung in Amman mehrfach klargemacht, daß man einen Krieg gegen den Irak ablehne. Mit Unterstützung der CIA sei in London eine "virtuelle Exilregierung" aus Militärs installiert worden. In verschiedenen Zeitungen werde die irakische Niederlage beschworen und der britische Premier Tony Blair erklärte zeitgleich, er halte es nicht für erforderlich, mit dem Parlament über eine britische Beteiligung an dem bevorstehenden Krieg zu diskutieren.

Psychologische Kriegsführung sei fester Bestandteil der US-Regierungspolitik, so Becker. In der militärischen Fachsprache nenne man das "Psyops". Die Kampagne habe mit der Veröffentlichung des angeblich "streng geheimen" Dossiers begonnen, in dem ausführlich eine Irak-Invasion mit 250.000 Soldaten beschrieben wurde. Dieses Dossier war Anfang Juli an die New York Times "durchgesickert" und zwar gerade zu dem Zeitpunkt, als in Wien die dritte Gesprächsrunde zwischen UNO und Irak stattfand. Inzwischen werde überhaupt nicht mehr über die Legitimität eines solchen Angriffsplans gesprochen, sondern nur noch darüber, welches die beste Angriffstaktik sei, kritisiert Becker. Dadurch verfestige sich nicht nur im Irak der Eindruck, ein Militärschlag sei unvermeidlich, und man könne sowieso nichts mehr dagegen tun.

Dieses "Klima eines unvermeidlichen Krieges", dirigiert von Bush und seiner Crew, "richtet sich an zwei Adressen", so Becker. Einerseits solle das irakische Militär gespalten werden, andererseits versuche man, alle zu demoralisieren, die irgendwo in der Welt den Krieg verhindern wollen. Man habe "die Geschichte des Vietnamkrieges sehr genau" analysiert und fürchte "einen massiven Widerstand gegen den Krieg (...) von Washington D.C. bis nach Kairo und Amman".

"Die fortschrittlichen und anti-imperialistischen" Kräfte müßten jetzt die Opposition von unten mobilisieren, schreibt Brian Becker, gegen den Krieg, "in jeder Universität und Schule, am Arbeitsplatz und in der Gemeinde". Vereint könnten die weltweiten Antikriegskräfte den Krieg verhindern. "Die Kriegstreiber müssen daran erinnert werden, daß Widerstand gegen ihre mörderischen und zerstörerischen Pläne unausweichlich."

Aus: junge Welt vom 25. Juli 2002


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