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Brief an den UN-Generalsekretär Kofi Annan: "Unterstützen Sie keinen Angriff auf Irak" / Letter to Secretary General Kofi Annan: "Do Not Support Attack on Iraq"

Von Ramsey Clark, ehemaliger US-Justizminister / By Ramsey Clark, former U.S. Attorney General

Der folgende Brief des ehemaligen US-Justizmninisters Ramsey Clark wurde allen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates zugeschickt. Kopien gingen an die UN Generalversammlung.
Der BSV-Bunde für Soziale Verteidigung hat diesen Brief dankenswerterweise übersetzt (Ingrid von Heiseler) und zur weiteren Verbreitung zur Verfügung gestellt. Der BSV schreibt dazu: "Wir bitten Sie, diesen wichtigen, kritischen Text zur Kenntnis zu nehmen, ihn bei Möglichkeit weiterzuleiten und ihn bei eventuellen, zukünftigen Argumentationen zu benutzen. 'Nichts ist besser als eine Anti-Kriegspropganda aus dem kriegführenden Land selbst.'
Wir dokumentieren im Folgenden sowohl die deutsche Übersetzung als auch das englische Original.



20. September 2002
An den Herrn Generalsekretär der Vereinten Nationen Kofi Annan New York, NY


Sehr geehrter Herr Generalsekretär Annan,
George Bush will in den Irak einmarschieren, wenn er nicht durch die Vereinten Nationen daran gehindert wird.

Weitere internationale Organisationen wie die Europäische Union, die Afrikanische Union, die OAS, die Arabische Liga, selbstbewusste Nationen, die genügend Mut haben, ihre Stimme gegen die Aggression einer Supermacht zu erheben, internationale Friedensbewegungen, politische Führer und die öffentliche Meinung in den Vereinigten Staaten müssen auch ihren Teil zum Frieden beitragen. Wenn die Vereinten Nationen sich einer Invasion des Irak durch die USA nicht widersetzen, büßen sie ihre Ehre, Integrität und Daseinsberechtigung ein.

Ein militärische Angriff auf den Irak ist offensichtlich verbrecherisch, völlig unvereinbar mit den dringenden Bedürfnissen der Völker der Vereinten Nationen, auf legaler oder moralischer Grundlage nicht zu rechtfertigen, angesichts der bekannten Tatsachen unvernünftig, unverhältnismäßig gegenüber anderen vorhandenen Bedrohungen durch Krieg und Gewalt und darüber hinaus ein gefährliches Abenteuer, mit dem man einen dauerhaften Konflikt in der Region und weit darüber hinaus für künftige Jahre heraufbeschwört. Es muss sorgfältig untersucht werden, warum die Welt einer solchen Gewaltdrohung durch ihre einzige Supermacht ausgesetzt ist, einer Macht, die uns sicher und entschieden auf dem Weg zum Frieden vorausgehen könnte, und es muss untersucht werden, wie die UN die menschliche Tragödie eines weiteren Angriffs auf den Irak verhindern könnten und damit einen starken Anstoß für Vergeltungsmaßnahmen des Terrorismus, den ein solcher Angriff erzeugen würde.

1. Präsident George Bush war von Anfang an dazu entschlossen, den Irak anzugreifen und dessen Regierung abzusetzen

George Bush beeilt sich mit seinem Vorhaben, damit der Krieg bald stattfindet und nicht mehr aufzuhalten ist. Am letzten Freitag sagte er, dass er nicht daran glaube, dass der Irak UN-Inspektoren zulassen werde. Er reagierte auf die umgehende bedingungslose Akzeptanz des Irak, indem er jedes Eingehen darauf als "falsche Hoffnung" bezeichnete und versprach, den Irak alleine anzugreifen, wenn die UN nicht handelten. Er ist von dem Wunsch besessen, einen Feldzug gegen den Irak zu führen und eine Ersatzregierung zu errichten, die den Irak mit Gewalt regiert. Einige Tage nach der aggressivsten Ansprache vor den Vereinten Nationen, die jemals gehalten worden ist - ein nie dagewesener Angriff auf die Charter der Vereinten Nationen, die Geltung des Gesetzes und das Verlangen nach Frieden - kündigten die USA an, dass sie ihre erklärten Ziele der letzten elf Jahre geändert hätten. Es gehe nicht mehr um die Vergeltung für die Bedrohung von und Angriffe auf Flugzeuge der USA, die täglich gesetzwidrig den irakischen Luftraum verletzen. Wie ernst konnten diese Bedrohungen und Angriffe wohl gewesen sein, wenn niemals auch nur ein einziges Flugzeug getroffen wurde? Dagegen wurden hunderte von Menschen im Irak durch Raketen und Bomben der USA getötet, und zwar nicht nur in der so genannten "flugfreien Zone", sondern in Baghdad selbst. Jetzt erklären die USA ihre Absicht, die wichtigsten Militäreinrichtungen im Irak zu zerstören, als Vorbereitung auf die Invasion. Das ist eine klare Ankündigung militärischer Aggression. Täglich gibt es neue Drohungen, und weitere Propaganda wird eingesetzt, um den Widerstand gegen Bushs Kriegstreiberei zu überwinden. Das wird so weitergehen, bis schließlich die Panzer rollen, wenn die Überzeugungskraft für Gewaltfreiheit das nicht verhindert.

2. George Bush führt die Vereinigten Staaten in eine weltweite Gesetzlosigkeit endloser Kriege und nimmt die UN und alle anderen Nationen dorthin mit.

George Bush hat für seinen Krieg gegen den Terrorismus das Recht behauptet, jedes beliebige Land, jede Organisation oder Person zuerst, ohne Warnung und nach seinem eigenen Ermessen anzugreifen. Er und seine Verwaltungsbeamten haben erklärt, dass die bisher gültigen Einschränkungen, die die Gesetze aggressiven Handlungen durch die Regierung und der Unterdrückung der Bürger entgegensetzen, mit nationaler Sicherheit nicht mehr zu vereinbaren seien.

Der Terrorismus ist eine solche Gefahr, sagen sie, dass die "Notwendigkeit" die USA zwingt, präventiv zuzuschlagen, um das Potential für terroristische Handlungen zu zerstören, die vom Ausland aus ausgeführt werden könnten. Ebenso werden willkürliche Verhaftungen, Einkerkerungen, Verhöre, Kontrollen und (ungesetzliche) Behandlungen von Menschen innerhalb und außerhalb der USA begründet. Die Gesetze sind zum Feind der öffentlichen Sicherheit geworden. Notwendigkeit ist ein Argument von Tyrannen! "Notwendigkeit bringt ein schlechtes Geschäft."

Heinrich Himmler, der die Gestapo der Nationalsozialisten instruierte: "Zuerst schießen und dann Fragen stellen; ich werde euch decken", wird von George Bush übertroffen.

Wie die von Jorge Luis Borges im "Deutschen Requiem" beschriebenen Deutschen hat George Bush sich jetzt zu "Gewalt und dem Glauben ans Schwert bekannt", ebenso wie Nazideutschland es tat. Und, so schrieb Borges, es tat dem Glauben an das Schwert keinen Abbruch, dass Deutschland besiegt wurde. "Wichtig ist, dass jetzt die Gewalt regiert." Zwei Generationen von Deutschen haben diesen Glauben verworfen. Ihre Beharrlichkeit bei der Verfolgung des Zieles Frieden wird sich überall den Respekt der folgenden Generationen verdienen.

Den Völkern der Vereinten Nationen droht durch George Bushs Krieg gegen den Terrorismus und seine Entschlossenheit, in den Irak einzumarschieren, das Ende des internationalen Rechts und des Schutzes der Menschenrechte.

Seitdem George Bush dem Terrorismus den Krieg erklärte, erheben auch andere Länder den Anspruch auf Präventivschläge. Indien und Pakistan brachten die Erde und ihre eigenen Bürger einem nuklearen Konflikt näher denn je seit dem Oktober 1962. Das war eine direkte Folge des Anspruchs der USA auf das unumschränkte Recht, Terroristen zu verfolgen und zu töten oder Nationen anzugreifen, die Terroristen beschützen. Die USA stützten sich dabei einseitige auf ihre eigene Entscheidung, ohne die Vereinten Nationen oder ein Gericht zu konsultieren und ohne eindeutige Fakten vorzulegen, und behaupteten, ihre Angriffsziele seien Terroristen und sie würden sich nur auf sie beschränken.

Auf der Grundlage von George Bushs Machtanspruch im Krieg gegen den Terrorismus gibt es jetzt schon einen fast epidemisch verbreiteten Anspruch auf das Recht, andere Nationen anzugreifen oder die Menschenrechtsverletzungen gegen die eigenen Bürger zu verschlimmern. Mary Robinson hat in ihrer verhalten mutigen Rede aus Anlass der Beendigung Ihrer Amtszeit als Hohe Kommissarin für Menschenrechte der UN davon gesprochen, dass der Anspruch der USA auf einen Präventivschlag und die Aufhebung des Schutzes der fundamentalen Menschenrechte einen Schneeballeffekt habe.

Am 11. September 2002 beanspruchte Kolumbien, dessen neue Verwaltung stark von den USA unterstützt wird, "eine neue Ermächtigung, Verdächtige ohne Haftbefehl festzunehmen und Gebiete zu militärischen Kontrollzonen zu erklären", außerdem "zusätzliche Kräfte, die die Telefonüberwachung ermöglichen und den Zugang von Ausländern zu Konfliktzonen einschränken ... Sicherheitsbeamte erhalten das Recht, jederzeit ohne Haussuchungsbefehl Häuser und Büros zu durchsuchen, wenn sie jemanden für verdächtig halten." Zu diesen zusätzlichen Bedrohungen der Menschenrechte kommen nach dem 11. September 2002 noch die "Notfall"-Pläne, nach denen für eine Bevölkerung von vierzig Millionen Bürgern ein Netzwerk von einer Millionen Informanten aufgebaut werden soll. (Vgl. New York Times, 12. September 2002, p. A7.)

3. Die USA und nicht der Irak sind die größte Einzelbedrohung für die Unabhängigkeit und den Zweck der Vereinten Nationen

Präsident Bushs Behauptung, der Irak bilde eine den Krieg rechtfertigende Bedrohung, ist falsch. Achtzig Prozent der Militärkapazität des Irak wurde, dem Pentagon zufolge, 1991 zerstört. Neunzig Prozent von Material und Einrichtungen, die zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen benötigt werden, wurden während der mehr als acht Jahre dauernden Inspektion von den Inspektoren der UN zerstört. 1990 war der Irak, verglichen mit den meisten seiner Nachbarn, noch stark. Heute ist er schwach. Eins von vier im Irak lebend geborenen Kindern wiegt bei seiner Geburt weniger als 2000 Gramm, was ein kurzes Leben, Krankheit und beeinträchtigte Entwicklung erwarten lässt. 1989 war es nur eins von zwanzig. Die Bedrohung des Friedens, die vom Irak ausgehen kann, ist gering, viel geringer als die durch viele andere Nationen und Gruppen, und kann einen gewaltsamen Angriff auf das Land nicht rechtfertigen. Ein Angriff auf den Irak macht Vergeltungsangriffe auf die USA und Staaten, die deren Aktionen unterstützen, auf Jahre hinaus viel wahrscheinlicher.

George Bush erklärt den Irak zu einer Bedrohung der Autorität der Vereinten Nationen, während die von den USA erzwungenen UN-Sanktionen die Sterblichkeitsrate des irakischen Volkes immer weiter erhöhen. Sei zwölf Jahren bewegen sich die Zahlen der durch die Sanktionen verursachten Sterbefälle auf dem Niveau eines Völkermordes. Die Rolle, die die UN bei den Sanktionen gegen den Irak spielt, kompromittiert und befleckt die Integrität und die Ehre der UN. Das alles trägt dazu bei, dass der Widerstand der UN gegen einen Krieg jetzt umso wichtiger ist.

Die Inspektionen werden seit acht Jahren als Vorwand dafür benutzt, die Sanktionen fortzusetzen, während täglich tausende von irakischen Kindern und alten Menschen an den Folgen der Sanktionen sterben. Der Irak ist das Opfer der kriminellen Sanktionen, die schon 1991 hätten aufgehoben werden müssen. Für jeden Menschen, der am 11. 9. 2001 durch den terroristischen Akt in den USA starb, starben 500 Menschen im Irak an den Folgen der Sanktionen.

Die USA gefährden nicht nur die Autorität der Vereinten Nationen, sondern auch ihre Unabhängigkeit, ihre Integrität und (die Hoffnung auf) ihre Wirksamkeit. Die USA zahlen ihre UN-Beiträge falls, wann und in der Höhe, wie sie wollen. Sie zwingen Mitglieder der UN dazu, im Interesse der USA zu stimmen. Sie zwingen dem Sekretariat die Wahl der personellen Besetzung auf. Sie traten wieder der UNESCO bei, um nach 18 Jahren des Widerstandes gegen deren Zwecke, sich zeitweilig beliebt zu machen. Sie schleusen Spione in die Inspektionsteams ein. Die USA haben Verträge über die Kontrolle von Kernwaffen und ihre Weitergabe abgelehnt, sie haben gegen das Protokoll gestimmt, das eine Stärkung der Konvention über biologische Waffen ermöglichen sollte, sie haben den Vertrag zur Ächtung von Landminen abgelehnt, sich darum bemüht, seine Entstehung zu verhindern, und damit den Internationalen Gerichtshof in seiner Wirksamkeit eingeschränkt und die Kinder-Konvention und das Verbot, Kinder im Krieg einzusetzen, zunichte gemacht. Die USA haben sich mehr oder weniger allen internationalen Bemühungen, Krieg zu kontrollieren und zu beschränken, die Umwelt zu schützen, Armut zu vermindern und die Gesundheit zu schützen, widersetzt. > >

George Bush nennt zwei Invasionen des Iraks in andere Länder in den letzten 22 Jahren. Er ignoriert die vielen Fälle von Invasionen und Angriffen der USA auf andere Länder in Afrika, Asien und den beiden Amerikas in den letzten 220 Jahren, und die permanente Beschlagnahmung des Landes der amerikanischen Ureinwohner und anderer Nationen, in Ländern wie Florida, Texas, Arizona, New Mexico, Kalifornien und Puerto Rico neben vielen anderen, die durch Gewalt und Drohungen beschlagnahmt wurden.

In denselben 22 Jahren griffen die USA die folgenden Staaten direkt an: Grenada, Nikaragua, Lybien, Panama, Haiti, Somalia, Sudan, Irak, Jugoslawien, Afghanistan und andere. Außerdem unterstützen sie Angriffe und Einmärsche anderer Staaten in Europa, Asien, Afrika und den beiden Amerikas.

Man tut gut daran, sich zu erinnern, dass die USA 1983 nach einem Jahr der Drohungen das kleine Grenada besetzten, dabei hunderte von Zivilisten töteten und die kleine psychiatrische Klinik zerstörten, wobei viele Patienten starben. In einem Überraschungsangriff auf die schlafenden und wehrlosen Städte Tripolis und Benghazi töteten die USA 1986 hunderte von Zivilisten und beschädigten vier Botschaften. Im August 1998 schossen sie 21 Tomahawk Raketen auf die pharmazeutische Anlage El Shifa in Khartoum ab, wobei sie die Hälfte der dem sudanesischen Volk zur Verfügung stehenden Medizin vernichteten. Seit Jahren kämpfen USamerikanische Streitkräfte in Uganda und im Südsudan gegen die sudanesische Regierung. Die USA haben seit dem Golfkrieg den Irak bei vielen Gelegenheiten bombardiert, auch noch diese Woche, wobei hunderte von Menschen getötet wurden, ohne dass ein angreifendes Flugzeug abgeschossen oder auch nur beschädigt worden wäre.

4. Warum hat George Bush entschieden, dasss die USA den Irak angreifen müssen?

Es gibt keine vernünftige Grundlage dafür zu glauben, dass der Irak eine Bedrohung für die Vereinigten Staaten oder irgendein anderes Land darstelle. Der Grund dafür, den Irak anzugreifen, muss anderswo liegen.

Als Gouverneur von Texas führte George Bush den Vorsitz bei mehr Hinrichtungen als irgendein anderer Gouverneur der Vereinigten Staaten, seit 1976 die Todesstrafe wieder eingeführt worden war (nach einer Pause seit 1967). Er zeigte denselben Eifer, den er jetzt für einen "Regimewechsel" im Irak zeigt, als er die Hinrichtungen von Minderjährigen, Frauen, geistig Behinderten und Ausländern zu verantworten hatte. Das in der Wiener Konvention über diplomatische Beziehungen festgelegte Recht, dass die Verhaftung von Ausländern der diplomatischen Vertretung ihres Landes mitgeteilt werden müsse, wurde verletzt. Der oberste Gerichtshof der USA stellte fest, dass die Hinrichtung eines geistig Behinderten eine grausame und unübliche Strafe darstelle und gegen die Verfassung der USA verstoße. George Bush tritt den Vereinten Nationen jetzt mit denselben Wertvorstellungen und demselben Eigensinn entgegen.

Seine Motive sind vielleicht auch dadurch bestimmt, dass er seine Präsidentschaft, die eine gesunde Wirtschaft und einen Haushaltsüberschuss in einen Verlust von mehreren Billionen Dollar verkehrt hat, retten will, dass er einen Traum verwirklichen will, der ein Albtraum werden wird, den Traum von einer neuen Weltordnung, die den besonderen Interessen der USA dienen soll, dass er allgemeinen Groll gegen den Irak schüren will, dass er eine arabische Nation nach der anderen schwächen will, dass er eine moslemische Nation schlagen will, um den Islam zu schwächen, dass er Israel schützen oder ihm in der Region zu mehr Dominanz verhelfen will, dass er sich die Kontrolle über das irakische Öl sichern will, um die Interessen der USA zu stärken, in Zukunft über das Öl in der Region zu bestimmen und die Ölpreise zu kontrollieren. Kriegshandlungen gegen den Irak aus irgendeinem dieser Beweggründe sind kriminell und ein Verstoß gegen eine große Anzahl internationaler Konventionen und Gesetze, darunter die Resolution der Generalversammlung über die Definition von Aggression vom 14. Dezember 1974.

Neben einer großen Anzahl von Tyrannen brachten die Regimeveränderungen durch die USA bisher Staatsoberhäupter wie den Schah im Iran, Mobuto im Kongo und Pinochet in Chile an die Macht, die alle drei die demokratisch gewählten Staatsoberhäupter ersetzten.

5. Eine vernünftige Politik, die dazu angetan ist, die Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen in Nahost zu vermindern, muss auch Israel berücksichtigen

Eine Politik der UN oder der USA, die die Feinde der USA zu Angriffszielen erklärt, ist kriminell und kann nur Hass, Zersplitterung und Terrorismus verstärken und zum Krieg führen. Die USA zahlen Israel pro Kopf mehr Unterstützung, als das Prokopfeinkommen (aus allen Einnahmequellen) im gesamten Afrika südlich der Sahara beträgt. Die von den USA erzwungenen Sanktionen haben das Prokopfeinkommen der Menschen im Irak um 75 % dessen gesenkt, was sie 1989 hatten. Das Prokopfeinkommen in Israel war in den letzten zehn Jahren etwa 12mal so hoch wie das der Palästinenser.

Israel verstärkt seine jahrzehntelangen Angriffe auf das palästinensische Volk, indem es George Bushs Kriegserklärung gegen den Terrorismus als Entschuldigung dafür benutzt, unterschiedslos große und kleine Städte der Westbank und in Gaza zu zerstören und mehr Land zu annektieren. Damit verstößt Israel gegen internationales Recht und die wiederholten Resolutionen des Sicherheitsrats und der Generalversammlung.

Israel hat ein Waffenarsenal von hunderten von nuklearen Sprengköpfen amerikanischer Bauart, ausgeklügelte Raketen, die auf eine Entfernung von einigen tausend Kilometern genau treffen können, und Verträge mit den USA, gemeinsam mit den USA noch ausgeklügeltere Raketen und andere Waffen zu entwickeln.

Massenvernichtungswaffen in der Hand einer einzigen Nation in einer Region mit einer Geschichte voller Feindseligkeiten befördern den Rüstungswettlauf und damit den Krieg. Die UN müssen etwas unternehmen, um a l l e Massenvernichtungswaffen zu reduzieren und zu zerstören. Sie dürfen sich nicht der Forderung beugen, die "Bösen" und "Feinde" d e r Supermacht zu bestrafen, die die größte Menge solcher Waffen besitzt und darüber hinaus die Fähigkeit, sie anzuwenden.

Israel hat ungestraft seit vierzig Jahren mehr UN-Resolutionen ignoriert oder gegen sie verstoßen als jede andere Nation.

Der Verstoß gegen Resolutionen des Sicherheitsrats kann in Friedenszeiten, und wenn es keine Bedrohung durch einen unmittelbar bevorstehenden Angriff gibt, kein Grund für die UN sein, einen Angriff auf eine Nation oder ein Volk gutzuheißen, sondern die Bemühungen, die Resolutionen des Sicherheitsrates gegen a l l e Nationen, die gegen sie verstoßen, durchzusetzen, müssen vergleichbar sein.

6. Die Alternative ist Krieg oder Frieden

Die UN und die USA müssen den Frieden suchen und nicht den Krieg. Ein Angriff auf den Irak könnte die Büchse der Pandora öffnen, aus der das Übel entweicht, das die ganze Welt zu Jahrzehnten sich ausbreitender Gewalt verdammt. Frieden ist nicht nur möglich; er ist unumgänglich notwendig angesichts der menschlichen Fähigkeit zur Zerstörung des Planeten und der menschlichen Art, zu der es Wissenschaft und Technik gebracht haben.

Wenn es George Bush mit oder ohne Zustimmung der UN erlaubt wird, den Irak anzugreifen, wird er zum öffentlichen Feind Nummer Eins und die UN schlimmer als überflüssig. Die UN würden zu Komplizen in Kriegen, zu deren Beendigung sie einmal gegründet wurden. In dem Fall werden die Völker der Erde einen Neubeginn suchen müssen, wenn sie die Hoffnung behalten wollen, eines Tages die Geißel des Krieges zu zerbrechen.

Dies ist ein entscheidender Augenblick für die Vereinten Nationen. Werden sie stark, unabhängig und treu zu ihrer Charta, internationalem Recht und ihren erklärten Zielen stehen, oder werden sie einen Krieg gegen die Wiege unserer Kultur stillschweigend dulden und sich dem Druck der Supermacht beugen, die uns in eine Welt ohne geltendes Recht führt?
Lassen Sie es nicht so weit kommen!

Hochachtungsvoll
Ramsey Clark


The following letter by former U.S. Attorney General Ramsey Clark has been sent to all members of the UN Security Council, with copies to the UN General Assembly. Please circulate.

September 20, 2002
Secretary General Kofi Annan United Nations New York, NY


Dear Secretary General Annan,
George Bush will invade Iraq unless restrained by the United Nations.

Other international organizations-- including the European Union, the African Union, the OAS, the Arab League, stalwart nations courageous enough to speak out against superpower aggression, international peace movements, political leadership, and public opinion within the United States--must do their part for peace. If the United Nations, above all, fails to oppose a U.S. invasion of Iraq, it will forfeit its honor, integrity and raison d'etre.

A military attack on Iraq is obviously criminal; completely inconsistent with urgent needs of the Peoples of the United Nations; unjustifiable on any legal or moral ground; irrational in light of the known facts; out of proportion to other existing threats of war and violence; and a dangerous adventure risking continuing conflict throughout the region and far beyond for years to come. The most careful analysis must be made as to why the world is subjected to such threats of violence by its only superpower, which could so safely and importantly lead us on the road to peace, and how the UN can avoid the human tragedy of yet another major assault on Iraq and the powerful stimulus for retaliatory terrorism it would create.

1. President George Bush Came to Office Determined to Attack Iraq and Change its Government.

George Bush is moving apace to make his war unstoppable and soon. Having stated last Friday that he did not believe Iraq would accept UN inspectors, he responded to Iraq's prompt, unconditional acceptance by calling any reliance on it a "false hope" and promising to attack Iraq alone if the UN does not act. He is obsessed with the desire to wage war against Iraq and install his surrogates to govern Iraq by force. Days after the most bellicose address ever made before the United Nations--an unprecedented assault on the Charter of the United Nations, the rule of law and the quest for peace--the U.S. announced it was changing its stated targets in Iraq over the past eleven years, from retaliation for threats and attacks on U.S. aircraft which were illegally invading Iraq's airspace on a daily basis. How serious could those threats and attacks have been if no U.S. aircraft was ever hit? Yet hundreds of people were killed in Iraq by U.S. rockets and bombs, and not just in the so called "no fly zone," but in Baghdad itself. Now the U.S. proclaims its intentions to destroy major military facilities in Iraq in preparation for its invasion, a clear promise of aggression now. Every day there are threats and more propaganda is unleashed to overcome resistance to George Bush's rush to war. The acceleration will continue until the tanks roll, unless nonviolent persuasion prevails.

2. George Bush Is Leading the United States and Taking the UN and All Nations Toward a Lawless World of Endless Wars.

George Bush in his "War on Terrorism" has asserted his right to attack any country, organization, or people first, without warning in his sole discretion. He and members of his administration have proclaimed the old restraints that law sought to impose on aggression by governments and repression of their people, no longer consistent with national security. Terrorism is such a danger, they say, that necessity compels the U.S. to strike first to destroy the potential for terrorist acts from abroad and to make arbitrary arrests, detentions, interrogations, controls and treatment of people abroad and within the U.S. Law has become the enemy of public safety. "Necessity is the argument of tyrants." "Necessity never makes a good bargain."

Heinrich Himmler, who instructed the Nazi Gestapo "Shoot first, ask questions later, and I will protect you," is vindicated by George Bush. Like the Germany described by Jorge Luis Borges in Deutsches Requiem, George Bush has now "proffered (the world) violence and faith in the sword," as Nazi Germany did. And as Borges wrote, it did not matter to faith in the sword that Germany was defeated. "What matters is that violence ... now rules." Two generations of Germans have rejected that faith. Their perseverance in the pursuit of peace will earn the respect of succeeding generations everywhere.

The Peoples of the United Nations are threatened with the end of international law and protection for human rights by George Bush's war on terrorism and determination to invade Iraq.

Since George Bush proclaimed his "war on terrorism," other countries have claimed the right to strike first. India and Pakistan brought the earth and their own people closer to nuclear conflict than at any time since October 1962 as a direct consequence of claims by the U.S. of the unrestricted right to pursue and kill terrorists, or attack nations protecting them, based on a unilateral decision without consulting the United Nations, a trial, or revealing any clear factual basis for claiming its targets are terrorists and confined to them.

There is already a near epidemic of nations proclaiming the right to attack other nations or intensify violations of human rights of their own people on the basis of George Bush's assertions of power in the war against terrorism. Mary Robinson, in her quietly courageous statements as her term as UN High Commissioner for Human Rights ended, has spoken of the "ripple effect" U.S. claims of right to strike first and suspend fundamental human rights protection is having.

On September 11, 2002, Colombia, whose new administration is strongly supported by the U.S., "claimed new authority to arrest suspects without warrants and declare zones under military control," including "[N]ew powers, which also make it easier to wiretap phones and limit foreigners' access to conflict zones... allow security agents to enter your house or office without a warrant at any time of day because they think you're suspicious." These additional threats to human rights follow Post-September 11 "emergency" plans to set up a network of a million informants in a nation of forty million. See, New York Times, September 12, 2002, p. A7.

3. The United States, Not Iraq, Is the Greatest Single Threat to the Independence and Purpose of the United Nations.

President Bush's claim that Iraq is a threat justifying war is false. Eighty percent of Iraq's military capacity was destroyed in 1991 according to the Pentagon. Ninety percent of materials and equipment required to manufacture weapons of mass destruction was destroyed by UN inspectors during more than eight years of inspections. Iraq was powerful, compared to most of its neighbors, in 1990. Today it is weak. One infant out of four born live in Iraq weighs less than 2 kilos, promising short lives, illness and impaired development. In 1989, fewer than one in twenty infants born live weighed less than two kilos. Any threat to peace Iraq might become is remote, far less than that of many other nations and groups and cannot justify a violent assault. An attack on Iraq will make attacks in retaliation against the U.S. and governments which support its actions far more probable for years to come.

George Bush proclaims Iraq a threat to the authority of the United Nations while U.S.-coerced UN sanctions continue to cause the death rate of the Iraqi people to increase. Deaths caused by sanctions have been at genocidal levels for twelve years. Iraq can only plead helplessly for an end to this crime against its people. The UN role in the sanctions against Iraq compromise and stain the UN's integrity and honor. This makes it all the more important for the UN now to resist this war.

Inspections were used as an excuse to continue sanctions for eight years while thousands of Iraqi children and elderly died each month. Iraq is the victim of criminal sanctions that should have been lifted in 1991. For every person killed by terrorist acts in the U.S. on 9/11, five hundred people have died in Iraq from sanctions.

It is the U.S. that threatens not merely the authority of the United Nations, but its independence, integrity and hope for effectiveness. The U.S. pays UN dues if, when and in the amount it chooses. It coerces votes of members. It coerces choices of personnel on the Secretariat. It rejoined UNESCO to gain temporary favor after 18 years of opposition to its very purposes. It places spies in UN inspection teams.

The U.S. has renounced treaties controlling nuclear weapons and their proliferation, voted against the protocol enabling enforcement of the Biological Weapons Convention, rejected the treaty banning land mines, endeavored to prevent its creation and since to cripple the International Criminal Court, and frustrated the Convention on the Child and the prohibition against using children in war. The U.S. has opposed virtually every other international effort to control and limit war, protect the environment, reduce poverty and protect health.

George Bush cites two invasions of other countries by Iraq during the last 22 years. He ignores the many scores of U.S. invasions and assaults on other countries in Africa, Asia, and the Americas during the last 220 years, and the permanent seizure of lands from Native Americans and other nations--lands like Florida, Texas, Arizona, New Mexico, California, and Puerto Rico, among others, seized by force and threat.

In the same last 22 years the U.S. has invaded, or assaulted Grenada, Nicaragua, Libya, Panama, Haiti, Somalia, Sudan, Iraq, Yugoslavia, Afghanistan and others directly, while supporting assaults and invasions elsewhere in Europe, Asia, Africa, and the Americas.

It is healthy to remember that the U.S. invaded and occupied little Grenada in 1983 after a year of threats, killing hundreds of civilians and destroying its small mental hospital, where many patients died. In a surprise attack on the sleeping and defenseless cities of Tripoli and Benghazi in April 1986, the U.S. killed hundreds of civilians and damaged four foreign embassies. It launched 21 Tomahawk cruise missiles against the El Shifa pharmaceutical plant in Khartoum in August 1998, destroying the source of half the medicines available to the people of Sudan. For years it has armed forces in Uganda and southern Sudan fighting the government of Sudan. The U.S. has bombed Iraq on hundreds of occasions since the Gulf War, including this week, killing hundreds of people without a casualty or damage to an attacking plane.

4. Why Has George Bush Decided The U.S. Must Attack Iraq Now?

There is no rational basis to believe Iraq is a threat to the United States, or any other country. The reason to attack Iraq must be found elsewhere.

As governor of Texas, George Bush presided over scores of executions, more than any governor in the United States since the death penalty was reinstated in 1976 (after a hiatus from 1967). He revealed the same zeal he has shown for "regime change" for Iraq when he oversaw the executions of minors, women, retarded persons and aliens whose rights under the Vienna Convention on Diplomatic Relations of notification of their arrest to a foreign mission of their nationality were violated. The Supreme Court of the U.S. held that executions of a mentally retarded person constitute cruel and unusual punishment in violation of the U.S. Constitution. George Bush addresses the United Nations with these same values and willfulness.

His motives may include to save a failing Presidency which has converted a healthy economy and treasury surplus into multi-trillion dollar losses; to fulfill the dream, which will become a nightmare, of a new world order to serve special interests in the U.S.; to settle a family grudge against Iraq; to weaken the Arab nation, one people at a time; to strike a Muslim nation to weaken Islam; to protect Israel, or make its position more dominant in the region; to secure control of Iraq's oil to enrich U.S. interests, further dominate oil in the region and control oil prices. Aggression against Iraq for any of these purposes is criminal and a violation of a great many international conventions and laws including the General Assembly Resolution on the Definition of Aggression of December 14, 1974.

Prior regime changes by the U.S. brought to power among a long list of tyrants, such leaders as the Shah of Iran, Mobutu in the Congo, Pinochet in Chile, all replacing democratically elected heads of government.

5. A Rational Policy Intended to Reduce the Threat of Weapons of Mass Destruction in The Middle East Must Include Israel.

A UN or U.S. policy of selecting enemies of the U.S. for attack is criminal and can only heighten hatred, division, terrorism and lead to war. The U.S. gives Israel far more aid per capita than the total per capita income of sub Sahara Africans from all sources. U.S.-coerced sanctions have reduced per capita income for the people of Iraq by 75% since 1989. Per capita income in Israel over the past decade has been approximately 12 times the per capita income of Palestinians.

Israel increased its decades-long attacks on the Palestinian people, using George Bush's proclamation of war on terrorism as an excuse, to indiscriminately destroy cities and towns in the West Bank and Gaza and seize more land in violation of international law and repeated Security Council and General Assembly resolutions.

Israel has a stockpile of hundreds of nuclear warheads derived from the United States, sophisticated rockets capable of accurate delivery at distances of several thousand kilometers, and contracts with the U.S. for joint development of more sophisticated rocketry and other arms with the U.S.

Possession of weapons of mass destruction by a single nation in a region with a history of hostility promotes a race for proliferation and war. The UN must act to reduce and eliminate all weapons of mass destruction, not submit to demands to punish areas of evil and enemies of the superpower that possesses the majority of all such weapons and capacity for their delivery.

Israel has violated and ignored more UN Resolutions for forty years than any other nation. It has done so with impunity.

The violation of Security Council resolutions cannot be the basis for a UN-approved assault on any nation, or people, in a time of peace, or the absence of a threat of imminent attack, but comparable efforts to enforce Security Council resolutions must be made against all nations who violate them.

6. The Choice Is War Or Peace.

The UN and the U.S. must seek peace, not war. An attack on Iraq may open a Pandora's box that will condemn the world to decades of spreading violence. Peace is not only possible; it is essential, considering the heights to which science and technology have raised the human art of planetary and self-destruction.

If George Bush is permitted to attack Iraq with or without the approval of the UN, he will become Public Enemy Number One--and the UN itself worse than useless, an accomplice in the wars it was created to end. The Peoples of the World then will have to find some way to begin again if they hope to end the scourge of war.

This is a defining moment for the United Nations. Will it stand strong, independent and true to its Charter, international law and the reasons for its being, or will it submit to the coercion of a superpower leading us toward a lawless world and condone war against the cradle of civilization?
Do not let this happen.

Sincerely,
Ramsey Clark


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