Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Dezember 2002

Irak: Chronik eines angekündigten Krieges

  • Die UN-Waffeninspekteure haben ihre Kontrollen im Irak am 1. Dezember in El Raschidija und Chan bani Saad in der Umgebung von Bagdad fortgesetzt.
    Wie der Sender El Dschasira unter Berufung auf "informierte irakische Kreise" am 1. Dezember berichtete, wurden bei einem von den USA und Großbritannien geflogenen Luftangriff auf Basra die Büros einer Anlage der staatlichen Öl-Industrie getroffen. Augenzeugen berichteten von acht Toten und 20 Verletzten. Die Stadt liegt in einer der so genannten Flugverbotszonen, deren Luftraum von den USA und Großbritannien kontrolliert wird. Die USA und Großbritannien läugnen stets, dass sie auch zivile Ziele angreifen.
    Etwa 5.000 Menschen haben am Sonntag in Istanbul gegen eine Beteiligung der Türkei an einem möglichen US-Angriff gegen Irak demonstriert. Das türkische Fernsehen zeigte Bilder von Demonstranten, die Schilder mit Losungen wie "Nein dem Krieg" und "Frieden jetzt" trugen. Ein starkes Polizeiaufgebot überwachte die Kundgebung, zu der nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu 140 Linksparteien und Nicht-Regierungsorganisationen aufgerufen hatten.
  • Am 2. Dezember verurteileten der Irak und Russland die anglo-amerikanischen Angriffe vom Vortag. In Moskau hieß es, die Angriffe erschwerten die Arbeit der UN-Inspekteure und könnten "keinesfalls gerechtfertigt werden".
    Am 2. Dezember flogen britische und US-Kampfflugzeuge abermals Angriffe gegen irakische Luftabwehr-Stellungen in Nordirak. Die US-Armee teilte mit, sie seien zuvor bei einem Patrouillenflug beschossen worden.
    Der britische Außenminister Jack Straw stellte am 2. Dezember einen Bericht über irakische Folterpraktiken vorgelegt. amnesty international (ai) kritisierte den Bericht und warf der britischen Regierung vor, mit "kalter und kalkulierter Manipulation" einen Krieg gegen Irak vorzubereiten. Kritik ga es auch von den britischen Liberaldemokraten.
  • Am 3. Dezember kam es im Persischen Golf zu einem Zwischenfall zwischen irakischen und kuwaitischen Soldaten. Die kuwaitische Regierung irakisches Militärboot habe das Feuer auf zwei kuwaitische Küstenwache-Boote eröffnet. Daraufhin seien beide Boote zusammengeprallt, wobei ein Matrose verletzt wurde. Andere Quellen bezweifeln diese Darstellung.
    UN-Generalsekretär lobte am 3. Dezember die Zusammenarbeit der Waffeninspekteure mit der irakischen Regierung. Zuvor konnte erstmals ein Präsidentenpalast untersucht werden. Zwei Kontrollteams durchsuchten den El-Sudschud-Palast.
  • Das irakische Außenministerium kritisierte am 4. Dezember die UN-Inspektion des Präsidentenpalastes El-Sudschud vom Vortag. Diese Inspektion sei unnötig gewesen. Demgegenüber verschärften die USA ihren Ton gegenüber Bagdad.Das Verhalten des Irak sei "nicht ermutigens", sagte Präsident Bush.
    Am 4. Dezember wurden die Atomanlage El Tuweitha und die irakische Waffenfabrik in Samara untersucht.
    Während aus der Türkei widersprüchliche Meldungen über eine Beteiligung an einem US-Krieg drangen, kündigte die griechische Regierung am 4. Dezember an, den USA Stützpunkte zur Verfügung zu stellen. Eine Beteiligung griechischer Soldaten schloss Athen aber aus.
    2.000 irakische Exil-Oppositionelle sollen von den USA auf dem südungarischen US-Luftstützpunkt Taszar als Hilfskräfte für den bevorstehenden Krieg ausgebildet werden. Die Iraker sollen von Januar an eintreffen, meldete der ungarische Rundfunk.
    Nach US-Angaben griff die irakische Luftabwehr am 4. Dezember britische und US-Flugzeuge auf einer Patrouille in der sog. Flugverbotszone an. Die Maschinen hätten daraufhin das Feuer erwidert.
  • Saddam Hussein hat die UN-Waffenkontrollen begrüßt. Die Inspektoren sollten die Chance erhalten, Vorwürfe der USA zu entkräften, wonach das Land Massenvernichtungswaffen besitze, sagte Hussein am 5. Dezember vor Mitgliedern der regierenden Baath-Partei in Bagdad. "Der Grund (für die Akzeptanz der UN-Resolution) liegt darin, dass wir unser Volk inmitten einer internationalen Situation vor Schaden bewahren wollen, in der einige behaupten, wir würden ihnen (den Inspektoren) keine wirkliche Chance geben, die Anschuldigungen der USA zu widerlegen, Irak habe während der Abwesenheit der Waffeninspektoren Massenvernichtungswaffen produziert", sagte Hussein. In seiner Rede zum Ende des Fastenmonats Ramadan warf der Diktator Washington "arroganten Despotismus" vor. Die irakische Bevölkerung dürfe nun nicht die Geduld verlieren und solle die Inspektoren unterstützen. Vizepräsident Taha Jassin Ramadan hatte dagegen den Kontrolleuren Spionage für die USA und Israel vorgeworfen. Der stellvertretende Regierungschef Tarik Asis nannte die Waffeninspektionen eine Täuschung. Die USA würden unabhängig vom Ergebnis der Kontrollen einen Krieg gegen Irak beginnen.
    Die amerikanische Akademie für Künste und Wissenschaften hat die möglichen Kosten eines Irak-Krieges errechnet. Nach der Studie, die am 5. Dezember (Ortszeit) der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, würde ein militärisches Eingreifen in Irak im günstigsten Fall 99 Milliarden Dollar kosten, im ungünstigsten 1,9 Billionen Dollar. Danach wären die für den schlechtesten Fall geschätzten Ausgaben so hoch wie der Staatshaushalt der USA für ein Jahr. Die Wissenschaftler rechnen für beide Szenarien damit, dass die USA sich zehn Jahre lang in Irak engagieren. Im günstigeren Szenario gehen sie von einem kurzen Krieg aus, nach dem sich schnell eine stabile Regierung etabliert. Die direkten militärischen Kosten werden auf 50 bis 140 Milliarden Dollar geschätzt. Die folgende Besetzung und Friedenstruppe könnten zwischen 75 und 500 Milliarden Dollar kosten. Für den Wiederaufbau werden 30 bis 105 Milliarden Dollar veranschlagt. Für humanitäre Hilfe müssten zwischen einer und zehn Milliarden Dollar ausgegeben werden. Weitaus größere Kosten könnten auf die USA zukommen, wenn ein Irak-Krieg die Lage auf dem Erdölmarkt für längere Zeit stört – die Studie geht hier von einem Schaden von bis zu 778 Milliarden Dollar aus. (Quelle: Netzeitung, 6. Dezember)
    Das US-Vereidigungsministerium bereitet nach einem Bericht der New York Times vom 5. Dezember die Einberufung von rund 10.000 Reservisten vor. Die Soldaten würden benötigt, falls sich die USA zu einem Angriff auf Irak entschließen würden. Der Zeitpunkt der Mobilisierung hängt nach Angaben des Blattes davon ab, wie Irak auf die Forderungen der UN-Resolution 1441 reagiert und wie rasch die augenblicklichen Waffenkontrollen fortschreiten. Ein US-Regierungsbeamter geht davon aus, dass Verteidigungsminister Donald Rumsfeld die Benachrichtigung auf die Zeit nach dem 1. Januar verschiebt, wenn sie nicht noch in den kommenden Tagen erfolgt.
    Das Programm "Öl gegen Lebensmittel" wird um weitere sechs Monate verlängert. Das beschloss der Weltsicherheitsrat am 5. Dezember einstimmig. Die USA wollten das Programm ursprünglich nur um zwei Wochen verlängern, gaben ihren Widerstand aber schließlich auf. Jetzt soll innerhalb von 30 Tagen die Liste überarbeitet werden, auf der festgehalten ist, für welche Produkte Irak eine spezielle Importgenehmigung braucht. Die US-Regierung hatte Bedenken geäußert, dass Irak als zivil deklarierte Güter zur militärischen Nutzung importiert.
  • Angesichts der bislang ergebnislos verlaufenen Suche der UN-Kontrolleure nach Massenvernichtungswaffen wollen die USA offenbar die Kooperation irakischer Rüstungswissenschaftler erzwingen. Nach den Plänen der US-Regierung sollten die UN-Inspektoren die irakischen Experten notfalls auch gegen deren Willen zur Ausreise bewegen, damit sie außer Landes mögliche Waffenverstecke verraten könnten, berichtete die New York Times am 6. Dezember unter Berufung auf ungenannte UN- und US-Vertreter. Im Gegenzug wolle Washington ihnen Asyl anbieten.
    Für den Kriegsfall erbaten die USA logistische, finanzielle und militärische Hilfe von den Nato-Mitgliedsstaaten. Washington erwarte aber keine "unmittelbare militärische Beteiligung" der Allianz, sagte Nato-Generalsekretär George Robertson am 6. Dezember. Zwei Tage zuvor hielt sich der US-Vize-Verteidigungsminister Wolfowitz in Brüssel zu Gesprächen mit der NATO-Führung auf.
    Die USA schickten einen weiteren Flugzeugträger los. Die "USS Truman" soll die im Mittelmeer stationierte "USS Washington" ablösen, teilte das Verteidigungsministerium am 6. Dezember mit.
  • Irak hat entsprechend der jüngsten UNO-Resolution am 7. Dezember vorfristig (die Frist läuft am 8. Dezember ab) umfangreiche Dokumente zu seinen Waffenprogrammen an Vertreter der Vereinten Nationen (UNO) übergeben. Experten der UNO in New York und der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien werden das rund 12.000 Seiten starke Dossier in der kommenden Woche auswerten. IAEA-Chef Mohamed ElBaradei betonte am Sonntag in Tokio, die Auswertung der irakischen Unterlagen benötige Zeit. Einem Zeitungsbericht zufolge soll Irak in dem Dossier eingeräumt haben, über Pläne zum Bau von Atomwaffen und anderen Massenvernichtungswaffen zu verfügen.
  • Die Bundesregierung hat am 8. Dezember eine Beteiligung an Militäraktionen bei einem Krieg gegen Irak erneut kategorisch ausgeschlossen. "Die Bundesregierung bleibt bei ihrer klaren Linie, sich an militärischen Aktionen bei einem Krieg gegen den Irak nicht zu beteiligen", erklärte Regierungssprecher Béla Anda in Berlin. Ziel bleibe weiterhin, den Bemühungen der Vereinten Nationen und ihrer Waffeninspekteure zum Erfolg zu verhelfen und so den Konflikt in Übereinstimmung mit der UN-Resolution auf friedlichem Weg zu regeln. Anda reagierte mit der Erklärung auf einen Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", nach dem die USA von der NATO Aufklärungsflugzeuge vom Typ Awacs mit deutscher Besatzung anfordern könnten.
  • Am 9. Dezember begannen die Experten der UNO und der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA mit de Auswertung des irakischen Dossiers zu den Waffenprogrammen des Landes. Gleichzeitig berichtete CNN, dass die USA als erstes Land eine Kopie des Berichts erhalten habe. Wie später bekannt wurde, waren gegen Mitternacht (8./9. November) US-Regierungsbeamte in Begleitung des kolumbianischen Botschafters und derzeitigen Vorsitzenden des UN-Sicherheitsrats, Alfonso Valdivieso, im UN-Hauptquartier erschienen und hatten die UNMOVIC-Kommission aufgefordert, ihnen das Dossier herauszugeben. UNMOVIC-Leiter Hans Blix beugte sich dem, wie später UN-Diplomaten sagten, "Raubüberfall", weil sein Posten direkt dem UN-Sicherheitsrat untersteht.
    Nach Auffassung der IAEA decken sich die bisherigen Angaben Iraks mit den Ergebnissen von Untersuchungen aus den Jahren 1991 bis 1998.
    Die US-Streitkräfte begannen am 9. Dezember mit einem rund einwöchigen Manöver "Internal Look" (Innenansicht) in der Golfregion. Das Manöver dient u.a. dazu, die Einsatzfähigkeit des neuen mobilen High-Tech-Kommandozentrums in Katar zu testen. Vor Ort nehmen rund 1.000 britische und US-Soldaten teil.
    Die britische Kampagne für nukleare Abrüstung (CND) ist am 9. Dezember in London vor den Obersten Gerichtshof gezogen, um die Regierung gerichtlich daran zu hindern, sich an einem von den Vereinten Nationen nicht gedeckten Krieg gegen Irak zu beteiligen.
    In der Berliner Regierungkoalition gibt es weiter Uneinigkeit über eine mögliche Unterstützung des US-Krieges gegen Irak. Offenbar gilt bei den Grünen die Linie, dass es keine Überflugsrechte (sie waren den USA eine Woche zuvor schon garantiert worden) geben dürfe, wenn der Krieg nicht vom UN-Sicherheitsrat mandatiert werde. Dagegen sagten Regierungssprecher Bela Anda und SPD-Generalsekretär Olaf Scholz, die Regierung stehe zu ihren Zusagen. Für Scholz gebe es "gar keinen Anlass anzunehmen, dass dies in einer Situation entsteht, die ohne UN-Mandat ist." Offen gelassen wurde die Frage, ob deutsche Soldaten in AWACS-Maschinen sitzen dürften. Die PDS sprach daraufhin von einer "deutlichen Aufweichung des Neins zu einem Krieg gegen den Irak".
  • Außenminister Fischer sagte am 10. Dezember in Brüssel, die Debatte bei den Grünen sei "eine Debatte von gestern". Alles , was künftig geschehe, sei abhängig von UN-Resolution 1441 (2002). Es sei offen, ob es überhaupt eine neue Resolution geben müsse. Der SPD-Außenpolitiker Gernot Erler sprach in einem FR-Interview davon, dass er einerseits einen Krieg gegen Irak nicht für richtig halte, auf der anderen Seite aber den USA "auf jeden Fall" Überflugrechte gewährt würden. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz sagte, dass sich die Nutzungs- und Überflugrechte der USA aus völkerrechtsverbindlichen Verträgen herleiteten. "Dies zu verweiger würde unterstellen, dass sich die USA nicht völkerrechtskonform verhielten." (FR, 11.12.2002).
    Nach einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters gehen 10 von 18 weltweit befragten Experten davon aus, dass der krieg eggen Irak wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich sei und im Januar oder Februar 2003 beginnen werde. Er werde etwa drei Monate dauern.
    Am 10. Dezember haben die UN-Inspektoren fünf Anlagen besucht. Nach der Verstärkung des Teams um 25 Experten sind nun etwa 70 Kontrolleure bei der Arbeit.
  • Die Waffenkontrolleure der UNO haben am 11. Dezember ein weiteres Rüstungsunternehmen in Bagdad besucht. Eine Gruppe von Inspektoren sei bei der Firma El Karama in einem Vorort im Norden der irakischen Hauptstadt angekommen, meldet die Nachrichtenagentur AFP. Rüstungsexperten der UN-Mission Unmovic nahmen bereits vor zehn Tagen eine erste Besichtigung des Fabrikgeländes vor. Die Firma hatte vor dem Golfkrieg 1991 vor allem Al-Hussein-Raketen hergestellt. Die Waffen mit einer Reichweite von 650 Kilometern wurden nach dem Krieg von den Vereinten Nationen verboten. Bis zur Ausweisung der UN-Waffenkontrolleure aus Irak 1998 hatte El Karama unter ständiger Videoüberwachung gestanden.
    Am 11. Dezember hat das Weiße Haus dem US-Kongress ein Strategiepapier zugeleitet, wonach die USA sich vorbehält, Atomwaffen auch gegen Staaten einzusetzen, die selbst nicht über Atomwaffen verfügen, aber von denen eine Drohung mit Massenvernichtungswaffen ausgehe. Insofern setzt diese Doktrin an der im Januar 2002 von Verteidigungsminister Rumsfeld unterzeichneten "Nuclear Posture Revue" an. Als Adressaten dieser Warnung werden in einem geheimen Zusatz neben Irak Iran, Syrien, Nordkorea und Libyen genannt.
  • Mit der Untersuchung der Raketenfabrik El Nida rund 20 Kilometer von Bagdad entfernt haben die UN-Waffeninspektoren am 12. Dezember ihre Inspektionen in Irak fortgesetzt. Wie UN-Dokumente belegen, wurden in der El-Nida-Fabrik vor dem Golfkrieg 1991 El-Hussein-Mittelstreckenraketen hergestellt, die Irak nicht mehr besitzen darf. Ebenfalls am 12. Dezember ist in Irak eine weitere Gruppe von UN-Waffeninspektoren eingetroffen. Die 28 Inspektoren gehören der UN-Waffenkontrollmission UNMOVIC an. Damit wurde das Kontrollteam auf insgesamt 98 Inspektoren aufgestockt.
  • Die Bundesregierung hat auf Arbeitsebene den Einsatz deutscher Soldaten an Aufklärungsflügen in Awacs-Maschinen auch während eines Irak-Krieges ohne Einschränkungen zugesagt. Das berichtete die "Hannoversche Allgemeinen Zeitung" unter Berufung auf einen Mitarbeiter im Verteidigungsministerium am 13. Dezember. In diesem Bericht widerspricht der Beamte, der nicht genannt werden wollte, Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Schröder hatte zuvor gesagt, die deutschen Soldaten dürften nur im Nato-Bündnisgebiet fliegen und den Nato-Partner Türkei schützen. Bei direkten oder indirekten Kampfhandlungen gegen den Irak würden die deutschen Soldaten dagegen nicht mitmachen, betonte Schröder. "Da offenbart sich operative Unkenntnis", sagte der Beamte. Eine Trennung der militärischen Aktivitäten in einem AWACS-Aufklärungsflugzeug in politisch erwünschte und politisch unerwünschte Operationen könne es "unter Einsatzbedingungen" gar nicht geben.
  • Die USA wünschen sich für einen Krieg gegen Irak mehr deutsche Hilfe, als bisher bekannt wurde. Nicht nur Awacs-Überwachungsflugzeuge mit deutscher Besatzung, sondern auch deutsche Schiffe sollen an einem solchen Unternehmen teilnehmen. Einen entsprechenden Zeitungsbericht bestätigte am 14. Dezember Verteidigungsminister Peter Struck (SPD). Die USA haben demnach eine inoffizielle Bitte um "Nato-Fähigkeit" an die Bundesregierung gestellt, in der auch Nato-Marineverbände aufgelistet sind, die im Ernstfall an Einsätzen im Mittelmeer und im Atlantik teilnehmen sollen. Ihre Aufgaben könnten zum Beispiel Geleitschutz für amerikanische Verbände oder Truppentransporte nach Irak sein, so der Bericht. Struck sagte, er halte es nicht für unberechtigt, solche Überlegungen anzustellen. Während eines Truppenbesuchs im Golf von Aden bestätigte er, es gebe Überlegungen, Marineeinheiten, die sich seit der Ausrufung des Bündnisfalls im östlichen Mittelmeer befinden, weiter nach Westen zu verlegen. Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen. Es gehe dabei aber nicht um eine kriegerische Auseinandersetzung, sondern um Schutz vor terroristischen Angriffen.
    UN-Chefinspekteur Hans Blix hat von Irak eine Aufstellung aller Wissenschaftler angefordert, die an Waffenprogrammen des Landes mitarbeiten. Ein Sprecher der UN-Inspektoren sagte am 14. Dezember, Blix habe ein entsprechendes Schreiben an den irakischen UN-Botschafter Mohammed el Duri übergeben. Blix-Sprecher Ewen Buchanan sagte in New York, Irak müsse die Liste in spätestens zwei Wochen übergeben. Bereits am 12. Dezember hatte der irakische Verbindungsoffizier zu den UN-Inspektoren, General Hossam Mohammed Amin, gesagt, das Land arbeite an einer Liste von Wissenschaftlern.
    Mit zwölf Einrichtungen stellten die UNO-Waffeninspektoren bei ihren Kontrollen im Irak am 14. Dezember einen neuen Tagesrekord auf.
    Nach einem Bericht der Online-Ausgabe der britischen Zeitung "The Times" vom 14. Dezember will Großbritannien im Januar mit einer groß angelegten Truppenverlegung in die Golfregion beginnen. Die Planungen seien bereits so weit fortgeschritten, dass die Briten im Februar bereit für den Kriegsbeginn seien. Zur Begründung werde laut Times angeführt, die Lücken im 12.000 Seiten umfassenden irakischen Rüstungsbericht seien so groß, "dass man einen Panzer hindurchfahren kann".
  • Die verschiedenen Oppositionsgruppen des Irak haben sich am Wochenende, 14. und 15. Dezember erstmals in London zu einer Tagung getroffen. Dass das Treffen stattfindet, wird von Bebachtern bereits als Erfolg gewertet. Die mehr als 300 Teilnehmer wollen am Wochenende in London vor allem ein Modell für eine Übergangsregierung finden. Nicht anwesend waren die schiitische El-Daawa-Partei, die die Mehrheit der Volksgruppe vertritt, sowie irakische Sozialisten und Kommunisten. Das zweitägige Treffen kommt mit Unterstützung der USA zustande. Von ihnen wird auch ein Großteil der Oppositionsgruppen finanziert.
    Nach neuen Angriffen in einer Flugverbotszone am 15. Dezember hat Irak den USA und Großbritannien vorgeworfen, bereits jetzt einen "unerklärten Krieg" gegen das Land zu führen. Der irakische Außenminister Nadschi Sabri forderte die UNO auf, "der Aggression Einhalt zu bieten". Sabri rechnete in seinem Schreiben an UNO-Generalsekretär Kofi Annan vor, dass britische und US-Flugzeuge den irakischen Luftraum innerhalb von vier Wochen mehr als 1.140 Mal verletzt hätten. "Diese täglichen Verstöße ... und die barbarische Bombardierung irakischer Städte und Dörfer haben das Niveau eines unerklärten Krieges erreicht." Die US-Armee teilte mit, am 14. Dezember seien in der südlichen Zone Verteidigungseinrichtungen Iraks bombardiert worden, nachdem Patrouillenflugzeuge beschossen worden seien. Irak sagte, es seien zivile Ziele angegriffen worden.
    Großbritannien teilte am 15. Dezember mit, ein Marineflottenverband werde bis zum Februar 2003 im Rahmen langfristiger Vereinbarungen an den Golf verlegt. Es gehe um sechs Kriegsschiffe, darunter den Flugzeugträger "Ark Royal", einen Zerstörer, eine Fregatte und ein U-Boot. "Verlegungen dieser Art demonstrieren die Fähigkeit der Königlichen Marine, weltweit zu agieren und umfassende britische Interessen zu befördern", sagte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums.
    Einer am 15. Dezember veröffentlichten Umfrage zufolge unterstützen 61 Prozent der Briten einen Angriff auf Irak, falls es konkrete Beweise dafür gibt, dass das Land neue chemische, biologische oder nukleare Waffen hat. Ohne solche neuen Hinweise seien nur 38 Prozent für einen Krieg.
    Die im "Anti-Terrorkampf" eingesetzten deutschen Soldaten werden nicht in einen möglichen Irak-Krieg hineingezogen. Das betonte Verteidigungsminister Peter Struck bei einem Besuch des Marineeinsatzverbandes in Dschibuti und Mombasa. Struck war am 15. Dezember zu einem Besuch deutscher Marineflieger im kenianischen Mombasa eingetroffen. Am nächsten Tag kommt Struck in Kuwait mit seinem Amtskollegen zusammen und will sich über die Möglichkeiten der dort stationierten ABC-Abwehrkräfte informieren.
    Die UN-Waffeninspektoren setzten am 15. Dezember ihre Kontrollen fort. Sie besuchten eine Rüstungsfabrik der Firma Um el Marik, etwa 30 Kilometer westlich von Bagdad. Die Uno geht davon aus, dass in den Betrieben von Um el Maarik Raketensprengköpfe hergestellt werden. Mindestens vier Kontrollteams seien von Bagdad aus zu verschiedenen Zielen aufgebrochen, meldete die Nachrichtenagentur AFP. Am Samstag hatten die UN-Experten elf verdächtige Anlagen aufgesucht.
    20 weitere Kontrolleure sollen am 15. Dezember in Bagdad eintreffen. Damit wären insgesamt 113 Inspektoren in Irak im Einsatz. Ein UN-Sprecher sagte, es würden auch neues Material und Kommunikationsgerät sowie Fahrzeuge und Hubschrauber geliefert.
  • Das Pentagon plant, die Mittel der psychologischen Kriegsführung auch in Freundesland einzusetzen. US-Verteidigungsminister Rumsfeld sei "zutiefst frustriert" darüber, dass die US-Regierung keine Strategie dafür habe, die öffentliche Meinung weltweit zu Gunsten des amerikanischen Krieges gegen den Terror zu manipulieren, heißt es in der New York Times" vom 16. Dezember. Im Pentagon werde daher erwogen, die US-Armee mit verdeckten Operationen zur Beeinflussung der Öffentlichkeit durch Falschmeldungen oder manipulierte Nachrichten zu beauftragen. Rumsfeld hat dem Bericht zufolge Verbündete im Visier. Zum Beispiel Deutschland oder Pakistan. Geprüft wird Pentagon-intern derzeit auch die Strategie, Journalisten für gefällige oder manipulative Nachrichten zu bezahlen sowie durch die Finanzierung pro-amerikanischer Demonstrationen und Kundgebungen oder gar mit der verdeckten Gründung eigener, gemäßigter Koranschulen für gute Nachrichten gleich selbst zu sorgen. Propaganda zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung und damit der politischen Entscheidungsprozesse wird bislang allein gegen Feinde der USA eingesetzt, nicht gegen Alliierte oder Neutrale. Die Pläne sind auch Pentagon-intern umstritten. "Operationen gegen unsere Alliierten zu unternehmen, funktioniert nicht sehr gut", sagte Admiral im Ruhestand Dennis Blair der NYT, früherer Kommandeur von US-Truppen in der Pazifikregion und Berater des Pentagons bei der Prüfung der Propaganda-Pläne. Bereits im Frühjahr hatte das US-Verteidigungsministerium unter großem öffentlichen Druck sein "Büro für strategischen Einfluss" schließen müssen, das nach dem 11. September für einige Monate ähnliche Ziele verfolgt hatte. Die Kritiker hatten seinerzeit argumentiert, dass die bloße Existenz einer solchen Einrichtung die in antiamerikanischen Kreisen verbreiteten Verschwörungstheorien stärken würden. Ergebnis wäre demnach nicht mehr Zustimmung für die USA, sondern eine geschmälerte Glaubwürdigkeit Washingtons.(Quelle: Netzeitung, 16.12.2002)
    Etwa 50 Lastwagen mit leichten Waffen aus den USA haben laut türkischen Presseberichten die Grenze zu Irak passiert. Das Kriegsgerät sei für Kurden im Norden des Landes bestimmt, schreiben mehrere Zeitungen am 16. Dezember. Die USA wollen die Kurden als Verbündete für einen Krieg gegen Saddam Hussein gewinnen. Zurzeit hielten sich etwa 500 amerikanische Militärexperten in Nordirak auf, um rund 2000 Kämpfer auszubilden, heißt es in den Berichten. Die türkischen Behörden haben dazu bislang keinen Kommentar abgegeben. Laut der Zeitung "Milliyet" entsandte Ankara aber weitere Truppen an die Grenzen. Dem Bericht zufolge sollen die entlang der 400 Kilometer langen Grenze zwischen Türkei und Irak stationierten türkischen Soldaten eine mögliche Offensive irakischer Kurden abwehren. Die Truppen hätten auch den Auftrag, die Entstehung eines unabhängigen Kurdenstaates im Norden Iraks zu verhindern, heißt es. Zudem sollen sie sich auf den Andrang von Flüchtlingen nach einem US-Angriff auf Irak vorbereiten.
    Britische Waffenexperte sind unzufrieden mit dem irakischen Rüstungsbericht. Der Inhalt sei "enttäuschend", zitiert die Financial Times am 16. Dezember einen hohen Regierungsbeamten. Viele Waffenprogramme seien in dem 12.000 Seiten umfassenden Dossier überhaupt nicht erwähnt. Bagdad habe einen im September verbreiteten Bericht Großbritanniens über das irakische Waffenarsenal kaum beachtet, heißt es. "Saddam Hussein hat eine wichtige Gelegenheit verpasst."
    Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Manfred Kock, hat die Bundesregierung dazu aufgefordert, bei der Ablehnung jeder deutschen Beteiligung an einem Irak-Krieg "stark" zu bleiben. Vor dem Hintergrund des drohenden bewaffneten Konflikts werde die rheinische Kirche "sicher zu Friedensgottesdiensten aufrufen", sagte der Geistliche am 16. Dezember in Düsseldorf.
    Die in London tagende Konferenz von oppositionellen Exil-Irakern, die ursprünglich am 15. Dezember zu Ende gehen sollte, wurde um zwei Tage verlängert, nachdem keine Einigung über die Zukunft des Irak nach einem US-Krieg erzielt werden konnte. Die von den USA finanzierten Oppositionsgruppen konnten sich bisher nicht auf einen gemeinsamen Ausschuss einigen, der für den Fall eines Regimewechsels die Übergangsregierung übernehmen soll.
  • Am 17. Dezember hat sich die Londoner Konferenz der Exil-Iraker zum Abschluss über die Zusammensetzung eines gemeinsamen Ausschusses geeinigt, der für den Fall eines Regimewechsels eine Übergangsregierung in Bagdad bilden soll. Die ursprünglich vorgesehene Zahl von 50 Ausschussplätzen wurde um 15 auf 65 erhöht - ein Hinweis auf anhaltende Meinungsverschiedenheiten, wie Beobachter meinen. Ein Drittel der Plätze sei für Schiiten reserviert, ein Fünftel für Kurden. Fünf schiitische Gruppen verließen indessen aus Protest die Konferenz, weil sie mit der Dominanz des "Obersten Rats für die Islamische Revolution" nicht einverstanden sind.
    Die italienische Regierung will sich zwar nicht mit eigenen Soldaten an einem US-Krieg gegen Irak beteiligen, aber den USA NATO-Stützpunkte zur Verfügung stellen, sagte der italienische Verteidigungsminister Antonio Martino am 17. Dezember.
  • Den 10 nicht ständigen UN-Sicherheitsratsmitgliedern (auch Deutschland, das ab 1. Januar 2003 dem Gremium angehören wird) sind von dem irakischen Waffenbericht nur zensierte Fassungen im Umfang von ca. 3.000 Seiten (statt der insgesamt 12.000 Seiten) zugestellt worden.
  • Nach einem Bericht der Washington Post vom 18. Dezember haben ranghohe US-Militärs davor gewarnt, dass der Krieg gegen Irak zu einem schnellen Sturz Saddam Husseins führen werde. Mehrere Generäle hätten verlangt, dass man Vorkehrungen für langwierige Schlachten treffen sollte.
  • Der amerikanische UN-Botschafter John Negroponte hat am 19. Dezember in New York den irakischen Waffenbericht als schwerwiegende Verletzung der UN-Resolution 1441 bezeichnet. Bagdad habe damit seine letzte Chance verloren. Ein sofortiger Angriff solle aber nicht folgen. Fragen, die seit 1998 offen seien, seien noch immer nicht beantwortet, sagte Negroponte. Aus US-Regierungskreisen verlautete, die USA würden offiziell feststellen lassen, dass der Irak die Resolution verletzt habe. Man werde eine intensive diplomatische Offensive starten, um die Verbündeten von dem Verstoß zu überzeugen. Auch US-Außenminister Colin Powell sprach von einer "materiellen Verletzung" der UN-Resolution. Der Bericht verstoße vollständig gegen die Forderungen der UN-Resolution. Viele Fragen, die seit 1998 offen seien, seien nicht beantwortet worden.
    Auch der britische UN-Botschafter Jeremy Greenstock, sagte der Bericht enthalte viele Lücken. Der britische Außenminister Jack Straw sagte in London, der Bericht käme einer "Verweigerung" der irakischen Regierung gleich. Sie komme ihren Verpflichtungen nicht nach. Allerdings halte er einen Krieg immer noch für vermeidbar, betonte Straw.
    UN-Chefinspektor Hans Blix sagte vor dem UN-Sicherheitsrat, der Bericht enthalte Unzulänglichkeiten. So fehle eine Tabelle über den biologischen Bereich, der von Irak bereits einmal erwähnt worden sei. Diese Auslassung müsse geklärt werden. Die Debatte müsse sich nun darauf konzentrieren, wie man die fehlenden Angaben erhalten könne. In dem Bericht fehlten vor allem Beweise dafür, dass Bagdad seine Chemiewaffen zerstört habe.
    IAEA-Generaldirektor Mohamed ElBaradei sagte in der Sitzung des UN-Sicherheitsrates, viele Fragen seien noch offen. Wichtig sei jedoch nun, die Inspektionen fortzusetzen und die irakischen Angaben zu verifizieren.
    Kurz vor der Anhörung im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen über den Irak-Bericht hatte es einen Eklat gegeben. Das nicht ständige Mitglied Syrien kündigte an, die Sitzung zu blockieren. Man habe im Gegensatz zu den fünf ständigen Mitgliedern nicht den vollständigen Text des irakischen Waffen-Dossiers erhalten, sagte der syrische UN-Botschafter Michail Wehbe. Daher könne man auch nicht an einer Sitzung teilnehmen, in der über das Dossier geurteilt werde.
    Der irakische Vizepräsident Taha Jassin Ramadan sagte in Bagdad, der Irak sei bereit, Informationen nachzuliefern.
  • Die US-Regierung hatte in ihrer Mängelliste zum irakischen Rüstungsbericht geschrieben, die Erklärung enthalte keine Hinweise darauf, dass Bagdad versucht habe, sich in Niger Uran zu verschaffen. Dieser Punkt gilt Washington als Beweis für die Unvollständigkeit des Berichts. Der nigerische Präsident Mamadou Tandja sagte dazu am 20. Dezember, er wisse nichts von Kaufgesuchen aus Bagdad. Seines Wissens verkaufe sein Land Uran nur an Frankreich und Japan. Niger gehört zu den ärmsten Ländern der Welt, ist aber nach Kanada und Australien der weltweit drittgrößte Uran-Produzent.
  • UN-Chefermittler Hans Blix hatte Washington am 20. Dezember zu einer besseren Zusammenarbeit aufgefordert. Die Inspektoren bräuchten Zugang zu US-Geheimdiensterkenntnissen über irakische Waffenlager, sagte Blix.
    Die Bush-Regierung hat sich am 20. Dezember bemüht, den UN-Sicherheitsrat von der Notwendigkeit eines Krieges gegen Irak zu überzeugen. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur AP soll das Gremium auf Wunsch der USA hin feststellen, dass Irak mit seinem Waffendossier die Forderung der Weltgemeinschaft verletzt. Anschließend soll ein Mandat für eine Militäraktion erteilt werden.
    Großbritannien will einem Pressebericht zufolge einen Krieg gegen Irak durch eine zweite UN-Resolution absichern. Die Zeitung "The Times" berichtete am 20. Dezember, bereits Ende Januar wolle sich London um die Zustimmung im Sicherheitsrat bemühen - sollte Saddam Hussein weiter gegen die Forderungen und Auflagen der Vereinten Nationen verstoßen. Die britische Regierung wolle so die volle Unterstützung der internationalen Gemeinschaft für eine Militäraktion bekommen.
    Nach Auskunft eines hohen Regierungsbeamten am 20. Dezember hat US-Präsident George W. Bush seine Zustimmung dafür erteilt, dass Anfang Januar die Truppenstärke der USA am Golf verdoppelt werde, von 50.000 auf 100.000 Soldaten. Es werde erwartet, dass US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld in der kommenden oder der darauf folgenden Woche den Marschbefehl unterzeichnen werde.
    Am 20. Dezember bestätigten das Bundesverteidigungsministerium und der SPD-Fraktionsvize Gernot Erler, die Bundesregierung habe den USA ab Ende Januar militärischen Schutz ihrer Stützpunkte in Deutschland zugesichert. 2.000 Bundeswehrsoldaten seien für diese Aufgabe eine "realistische Annahme", sagte Erler.
  • Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat sowohl die USA als auch Irak wegen ihrer Informationspolitik kritisiert. Weder habe Washington Belege für seine Anschuldigungen geliefert, Irak habe in Niger Uran erwerben wollen, noch habe Bagdad das Gegenteil bewiesen, sagte IAEA-Sprecher Mark Gwozdecky am 21. Dezember in Wien. Die UN-Experten hätten es begrüßt, wenn Irak auf diese Behauptungen eingegangen wäre und sie widerlegt hätte, betonte er. Zugleich wünsche sich die IAEA, dass die USA zur Erhärtung ihrer Vorwürfe Informationen lieferten, auf deren Basis die UN-Inspektoren die Aussagen beider Seiten überprüfen könnten.
    Die Vereinigten Staaten wollen den UN-Inspektoren nach einem Bericht der "New York Times" vom 21. Dezember neues Geheimdienst-Material zu irakischen Massenvernichtungswaffen liefern. Die Abrüstungs-Experten könnten damit vermutete Lager von chemischen und biologischen Waffen in Irak durchsuchen, meldete die Zeitung unter Berufung auf US-Regierungsbeamte.
    Tausende Soldaten und hunderte von Panzern sind derzeit an einem US-Manöver in Kuwait beteiligt. Die zweitägige Übung, die am 21. Dezember begann, ist das größte Manöver der USA in der Golfregion seit 1991. Seine Soldaten seien schon jetzt die bestausgebildeten in der Welt, sagte der Befehlshaber der US-Truppen in Kuwait, Generalmajor Buford Blount. Die Übung werde ihre Sinne weiter schärfen und die Schlagkraft der Truppe erhöhen. In den örtlichen Medien wurde die Übung als Vorbereitung auf einen Krieg gegen Irak und als Warnung an Staatschef Saddam Hussein gesehen.
  • Am 23. Dezember bestätigten die Vereinten Nationen einen Bericht der britischen Zeitung "The Times", wonach sich die Hilfsorganisationen der UN auf einen Krieg im Irak vorbereiten. UN-Organisationen hätten zusätzliche Lebensmittel, Medikamente und Ausrüstung im Nahen Osten bereitgestellt. Dies gehöre zu den Notfallplänen für den Irak, erklärte ein Sprecher des Flüchtlingshilfswerks UNHCR. In der Times wurde berichtet, die UN bereiteten sich auf rund 900.000 Flüchtlinge im Falle eines Krieges vor. Zwar rechnen die UN damit, dass sich der Irak an die Vorgaben der UN-Resolution 1441 halte, aber sie müssten sich auf jedes Szenario einstellen.
    Die UN-Waffeninspekteure inspizierten am 23. Dezember eine Fabrik für Babynahrung sowie eine Rüstungsfabrik in El Fao.
    Die Einladung Bagdads an den CIA, sich an Waffeninspektionen zu beteiligen, wurde am 23. Dezember vom Weißen Haus abgelehnt. Nach einem Bericht des britischen Senders BBC erklärte ein Sprecher des Weißen Hauses, die Beweislast liege allein bei Saddam Hussein, dass der Irak keine Massenvernichtungswaffen besitze.
    Am 23. Dezember teilten die US-Streitkräfte mit, irakische Flugzeuge hätten in der südlichen "Flugverbotszone" ein unbemanntes US-Aufklärungsflugzeug abgeschossen.
  • Am 24. Dezember erschien in der Frankfurter Rundschau eine großflächige Anzeige "Stoppt den Krieg, bevor er beginnt", die von 1.600 Menschen und Friedensorganisationen unterzeichnet wurde.
    Der Irak erklärte seine Bereitschaft, über die Kritik der Inspekteure am Waffenbericht zu sprechen. Bagdad sei daran interessiert, mit den Vereinten Nationen eine Übereinkunft zu erzielen. Allerdings habe die Regierung dem Waffenbereicht nichts hinzuzufügen.
    Der EKD-Ratsvorsitzende Manfred Kock hat die Christen angesichts des drohenden Krieges in Irak zum Aufstehen für den Frieden aufgerufen. "Der Weg der Menschheit muss ein Friedensweg sein", sagte der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirchen in Deutschland (EKD) der Nachrichtenagentur AP. Er wünsche sich vor allem, "dass die Bundesregierung stark genug ist zu verhindern, dass wir uns an dem Krieg beteiligen." In seiner Heiligabend-Predigt in Überdorf im Bergischen Land sagte er, ein neuer Golfkrieg würde "das Gespenst des Terrorismus durch alle Ritzen unserer Gesellschaft hineinpressen". Auch der evangelische Bischof von Berlin-Brandenburg, Wolfgang Huber plädierte zu Weihnachten für eine friedliche Lösung des Konflikts.
  • Die Weihnachtsgottesdienste am 25. und 26. Dezember waren geprägt von der Sehnsucht nach Frieden. Der Eichstätter Bischof Walter Mixa, der zugleich katholischer Militärbischof ist, predigte gegen die "voreilige Parole vom gerechten Krieg": Und der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Friedrich Wetter, rief im Münchner Dom zu einer "Mobilmachung für den Frieden" auf. Die christliche Weihnachtsbotschaft sei eine Absage an Krieg und Gewalt, sagte er unter Anspielung auf den drohenden Krieg im Irak und auf die Gewaltauseinandersetzungen im Nahen Osten. Papst Johannes Paul II forderte in seiner traditionellen Weihnachtsansprache "Urbi et Orbi" am 25. Dezember, Krieg müsse und könne vermieden werden.
    Am 25. Dezember berichtete die Zeitung "Arab News", Saudi-Arabien lehne eine Teilnahme am US-Krieg gegen Irak ab. Die USA könnten den Militärstützpunkt Prinz Sultan für sog. Kontrollflüge in den sog- Flugverbotszonen nutzen, aber "das bedeutet nicht", wurde, der saudische Außenminister Sauf al Faisal zitiert, "dass Saudi-Arabien Angriffe auf den Irak von seinem Gebiet aus dulden wird".
    Die syrische Regierung hat Vorwürfe des israelischen Ministerpräsidenten Scharon zurückgewiesen, Irak habe Massenvernichtungswaffen in Syrien versteckt.
    In einem Interview mit der britischen BBC am 26. Dezember sagte NATO-Generalsekretär Lord Robertson, die NATO hätte eine "moralische Verpflichtung", einen US-Krieg gegen Irak zu unterstützen, wenn er von den Vereinten Nationen gebilligt würde. Robertson schloss die Möglichkeit eines Alleingangs der USA aus.
    In zwei Fernsehansprachen an das eigene Volk rief Saddam Hussein die Bevölkerung zum Widerstand gegen die "amerikanische Aggression" auf. Das irakische Volk sei bereit, im Heiligen Krieg einen Märtyrertod zu sterben. Die irakische Militärzeitung El Kadissija berichtete, irakische Truppen hätten in der Provinz Babil Manöver abgehalten und Kämpfe in ländlichen und dichte besiedelten Gegenden geprobt.
    Die UN-Waffeninspekteure setzten am 26. Dezember ihre Kontrollen u.a. in der Technischen Universität in Bagdad fort.
    Kampfflugzeuge der USA und Großbritanniens griffen am 26. Dezember irakische Militäranlagen im Süden des Landes an. Den Angriffen gingen "Verletzungen" der sog. Flugverbotszone durch irakische Flugzeuge voraus, teilte das für die Region zuständige US-Oberkommando Centcom mit.
  • Am 27. Dezember erklärte der Chef der türkischen Regierungspartei AKP, die Türkei werde über eine Beteiligung am Krieg gegen Irak erst entscheiden, wenn es einen entsprechenden Beschluss des UN-Sicherheitsrats gibt. Erst dann werde das türkische Parlament abstimmen. "Generell ist niemand in der AKP mit einem Krieg einverstanden", sagte er.
    Am 27. Dezember wurde weitere Einrichtungen im Irak untersucht. Aus dem UN-Verbindungsbüro verlautete, seit Beginn der Inspektionen vor einem Monat seien 188 Einrichtungen kontrolliert worden, 32 davon erstmals. Die Inspektionen seien eindringlich, aggressiv und professionell gewesen. Inzwischen habe man damit begonnen, irakische Wissenschaftler und andere Experten zu befragen.
    Der US-Flugzeugträger "USS Truman" ist am 27. Dezember von Marseille aus Richtung Golf ausgelaufen. Das Schiff mit 5.000 Mann Besatzung soll die USS Washington im östlichen Mittelmeer ablösen. Bis Januar sollen in der Region vier US-Flugzeugträger zusammengezogen werden.
    Ruud Lubbers, UN-Flüchtlingskommissar, warnte am 27. Dezember in einem BBC-Interview vor den humanitären Folgen eines Irak-Krieges.
  • Am 28. Dezember meldete Spiegel-online, dass die deutsche Bundesregierung immer weiter von ihrem "Nein" zum Irak-Krieg abrücke. Außenminister Fischer äußerte sich zur Frage des Verhaltens Deutschlands im UN-Sicherheitsrat: "Das kann niemand vorhersagen, da keiner weiß, wie und unter welchen Begleitumständen der Sicherheitsrat sich hiermit befassen wird."
    Wenige Tage vor Fristablauf hat Bagdad den Vereinten Nationen eine Liste von irakischen Experten übergeben, die an Waffenprogrammen beteiligt waren oder sind.
    Nach einem Bericht der New York Times soll Saudi-Arabien entgegen öffentlichen Äußerungen bereit sein, den USA den Luftraum sowie die Nutzung einer Kommandozentrale in der Nähe Riads für den Krieg gegen Irak zu gewähren.
  • Nach zweitägigen türkisch-amerikanischen Verhandlungen in Ankara verlautete am 29. Dezember, dass die Türkei im Falle eines Irak-Krieges mit einer Finanzhilfe von 28 Mrd. Dollar rechnen könne.
  • Am 30. Dezember dementierte der saudische Vize-Verteidigungsminister Prinz Abdelrahman bin Abdelaziz einen Zeitungsbericht der New York Times vom 28. Dezember, wonach das Land den USA im Falle eines Irak-Krieges Militäreinrichtungen zur Verfügung stellen sollte. Die Haltung seines Landes sei "von Anfang an" klar gewesen. Auch der saudische Außenminister Saud Al Feisal betonte bei einem Besuch im Sudan, dass die arabischen Staaten bis zuletzt nach einer politischen Lösung suchen würden.
    Zu einer verbalen Auseinandersetzung kam es am 30. Dezember beim Besuch einer irakischen Rüstungsfabrik durch UN-Waffeninspekteure. Der Fabrikdirektor nannte die Kontrolleure eine "Bande", die "überfallartig und provokant" auftrete. - Ein Berater von Saddam Hussein nannte die von den UN ermöglichte Befragung irakischer Experten im Ausland als juristisch problematisch. Irak warf den USA vor, sie wollten den Experten z.B. durch Geschenke Falschinformationen entlocken oder dem Irak Wissenschaftler "wegzunehmen".
    US-Außenminister Powell schloss den Zerfall Iraks nach einem Krieg nicht aus. Die USA würden alles tun, um eine "Balkanisierung" Iraks zu verhindern.
    Der UN-Sicherheitsrat hat am 30. Dezember auf Antrag der USA und Großbritanniens die Sanktionen gegen den Irak ausgeweitet. Mit 13 Stimmen beschloss er in New York, die Zahl der Güter, die Bagdad nur mit besonderer Genehmigung einführen darf, zu erhöhen. Washington und London wollen mit den neuen Restriktionen verhindern, dass der Irak in den Besitz von Waren kommt, die für kriegerische Zwecke eingesetzt werden könnten.
    Die Spitzen von Rot-Grün stellen sich in der Irak-Frage hinter Außenminister Joschka Fischer (Grüne). Als "Viel Lärm um nichts" bezeichnete Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) am 30. Dezember die kritischen Reaktionen auf Fischers Ankündigung, dass eine Zustimmung Deutschlands zu einem Irak-Krieg im UN-Sicherheitsrat nicht völlig ausgeschlossen sei. Fischer habe die deutsche Position in der Frage deutlich gemacht. Auch SPD-Fraktionsvize Gernot Erler und Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt halten Fischers Äußerungen nicht für ein Umschwenken. Kritisiert wurden die Äußerungen Fischers dagegen von der Friedensbewegung.
  • Die Uno-Inspektoren besuchten am 31. Dezember acht Einrichtungen, darunter eine Maschinenbaufirma des staatlichen irakischen Rüstungskonzerns, eine militärische Chemieanlage westlich von Bagdad, eine Elektronikfirma und ein medizinisches Forschungszentrum.
    Die USA sollten, bevor sie einen Angriff starteten, den Bericht der Inspektoren abwarten sagte Annan am 31. Dezember in einem Interview mit dem israelischen Armeerundfunk. Die Inspektoren wollen am 27. Januar in New York einen Bericht über ihre Untersuchungen in Irak vorlegen. Er hoffe weiter, dass ein Krieg vermieden werden könne, sagte Annan. Die Inspektoren machten derzeit ungehindert ihre Arbeit und Irak kooperiere. Er sehe deshalb im Moment keinen Grund für eine Militäraktion. Wenn die Kontrollen in der selben Geschwindigkeit weitergingen, "dann werden wir bald wissen, was in Irak vorgeht."
    In seiner Neujahrsansprache am 31. Dezember sagte Bundeskanzler Schröder zur Irak-Kriegsfrage: "Wir Deutsche wissen aus eigener Erfahrung, dass Diktatoren manchmal nur mit Gewalt zu stoppen sind. Wir wissen aber auch, was Bomben, Zerstörung und Verlust der Heimat für die Menschen bedeuten. Deshalb bleibt es Ziel meiner Politik, die Durchsetzung der UN-Resolution ohne Krieg zu erreichen. Und ich bin dankbar für die Unterstützung aus der Mitte unserer Gesellschaft, zum Beispiel von Kirchen und Gewerkschaften für diese Politik." (Wohlweislich ist vom Dank an die Friedensbewegung nicht die Rede; Anmerkung des Chronisten.)



Zurück zur "Chronik eines angekündigten Krieges"

Zur Irak-Seite

Zurück zur Homepage