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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

Januar 2010


Freitag, 1. Januar, bis Sonntag, 3. Januar
  • Die Zahl der durch die Gewalt im Irak getöteten Zivilisten ist im vergangenen Jahr einer Nichtregierungsorganisation zufolge auf den niedrigsten Stand seit dem US-Einmarsch im Jahr 2003 gesunken. Wie die in Großbritannien ansässige Organisation Iraq Body Count (IBC) am 1. Januar mitteilte, wurden im Jahr 2009 4497 Zivilisten getötet. Im Jahr zuvor waren den Angaben zufolge noch 9226 Zivilisten der Gewalt zum Opfer gefallen. Allerdings sei zu befürchten, dass sich die Opferzahl auf dem Niveau stabilisiert, da es in der zweiten Jahreshälfte im Vergleich zum ersten Halbjahr 2009 keinen Rückgang gegeben habe.
  • Am 1. Januar entführten Unbekannte im Zentrum von Mossul einen Bewohner christlichen Glaubens. Die Christen sind im Irak eine religiöse Minderheit und werden relativ oft zu Opfern der Gewalt im Land.
  • Mit einer Zeremonie in ihrem Militärlager bei Bagdad haben die US-Truppen im Irak am 1. Januar offiziell ihren Namen geändert. Die Bezeichnung «Multinationale Streitkräfte - Irak» (MNF-I) für die derzeit rund 110 000 Soldaten im Zweistromland weicht damit dem Namen «US-Streitkräfte - Irak» (USF-I), teilte das US-Militärkommando in Bagdad mit. Der feierlichen Umbenennung wohnte auch General David Petraeus bei. Er hatte die US-Truppen im Irak von 2007 bis 2008 befehligt. Der alte Name ging auf die ursprüngliche Kriegsallianz aus dem Jahr 2003 mit bis zu 39 US-Verbündeten (die sogenannte «Koalition der Willigen») zurück. Diese hatten aber ihre Verbände nach und nach zurückgezogen, zuletzt Großbritannien und Australien im Juli des Vorjahres. Das US-Militär gab indes bekannt, dass der Dezember 2009 der erste Monat seit Kriegsbeginn war, in dem kein einziger US- Soldaten bei Kampfhandlungen ums Leben kam.
  • Aufständische haben am 2. Januar am Stadtrand von Mossul im Irak zwei Polizisten erschossen. Dies bestätigten Sicherheitskreise in der nordirakischen Großstadt.
  • Bei einem Anschlag im Südwesten von Bagdad kam am 2. Januar ein Zivilist ums Leben. Drei weitere Personen wurden verletzt, als eine Haftbombe an ihrem Fahrzeug explodierte, berichtete die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak. In der Schiiten-Vorstadt Sadr City erschossen unbekannte einen Offizier der irakischen Armee.
  • Eine Gruppierung Aufständischer im Irak hat sich am 3. Januar zu dem doppelten Bombenanschlag vom 30. Dezember mit mindestens 29 Toten in der Stadt Ramadi bekannt. In einer auf einer islamistischen Webseite veröffentlichten Erklärung bezeichnete der Islamische Staat Irak die Anschläge vom 30. Dezember als «göttlichen Schlag» gegen «den verbrecherischen Sicherheitsapparat». Der Islamische Staat Irak spricht nach eigenen Angaben für eine Reihe von Gruppen mit Verbindungen zu Al Kaida im Irak. Sie bekannte sich zuletzt zu den Bombenanschlägen vom 8. Dezember in Bagdad, bei denen 127 Menschen getötet wurden. Die Authentizität der Erklärung konnte zunächst nicht überprüft werden.
Montag, 4. Januar, bis Sonntag, 10. Januar
  • Bei Bombenanschlägen in der nordirakischen Stadt Kirkuk sind am 4. Januar drei Menschen getötet worden. Der erste Sprengsatz galt einem Polizeikonvoi, bei den Opfern handelte es sich um zwei Personenschützer des Polizeichefs. Nur wenige Minuten später detonierte rund 200 Meter entfernt eine weitere am Straßenrand versteckte Bombe. Bei diesem Anschlag kam ein Polizist ums Leben.
  • Die irakische Regierung hat vier Verträgen mit ausländischen Unternehmen zur Erschließung von Ölfeldern zugestimmt. Wie Regierungssprecher Ali El Dabbagh am 5. Januar in Bagdad mitteilte, befindet sich darunter auch das Abkommen über die Ausbeutung des zweitgrößten Ölfeldes des Landes. Das Feld Madschnun nahe der iranischen Grenze, dessen Reserven auf insgesamt 12,6 Milliarden Barrel Öl geschätzt werden, soll vom britisch-niederländische Mineralölkonzern Shell sowie der malaysischen Petronas betrieben werden. Beide Unternehmen verpflichten sich in dem Vertrag, pro Tag 1,8 Millionen Barrel Öl (ein Barrel entspricht 159 Liter) zu fördern. Die Regierung zahlt ihnen dafür 1,39 US-Dollar je Fass.
  • Im vergangenen Jahr sind im Irak 77 Menschen hingerichtet worden, die in Terrorprozessen zum Tode verurteilt worden waren. Die Todesstrafe sei im Zusammenhang mit verschiedenen terroristischen Vergehen verhängt worden, erklärte der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs, Madhat el Mahmud, am 5. Janaur in Bagdad. Im Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International war von insgesamt 120 Hinrichtungen im Irak im Jahr 2009 die Rede gewesen, insbesondere wegen Mordes oder Entführungen. In den sogenannten Todeszellen säßen rund 900 weitere Häftlinge. Amnesty bemängelte, dass die Todesstrafen oft auf ungerechten Prozessen oder durch Folter erzwungenen Geständnissen beruhten.
  • Mehrere Bombenexplosionen in der irakischen Provinz Anbar forderten am 7. Januar mindestens sechs Menschenleben. Ziel der Attentäter war unter anderem der Leiter der Anti-Terror-Einheit in der Stadt Hit, Mohammed Slaiman. Sowohl auf sein Haus als auch auf das Haus seines Vaters in der Nachbarschaft wurden Anschläge verübt. Slaiman wurde verletzt, seine Mutter, zwei Schwestern, ein weiteres Familienmitglied sowie ein Kind kamen ums Leben. Eine weitere Bombe riss einen Anwalt in den Tod, eine vierter Sprengsatz verletzte einen Polizisten. Die überwiegend von Sunniten bewohnte Provinz Anbar war einst ein Zentrum des vom Terrornetzwerk Al Kaida unterstützten Aufstands gegen die irakische Regierung.
  • Die Nachbarstaaten Iran und Irak wollen in einem neuen Anlauf ihren Grenzstreit beilegen. In rund einer Woche werde ein Treffen zwischen Vertretern beider Länder zur Lösung der Grenzfrage stattfinden, sagte Irans Außenminister Manuschehr Mottaki am 7. Januar bei einem Kurzbesuch in Bagdad nach einem Treffen mit seinem irakischen Kollegen Hoschjar Sebari. In den darauffolgenden Wochen werde es dann mehrere Treffen auf Expertenebene geben, in denen über die gemeinsamen Land- und Seegrenzen verhandelt werden solle.
  • Die für März vorgesehene Parlamentswahl im Irak soll unter Ausschluss von 14 Parteien und Persönlichkeiten stattfinden, denen Verbindungen zur verbotenen Baath-Partei des früheren Präsidenten Saddam Hussein vorgeworfen werden. Einen entsprechenden Beschluss fasste jetzt das nicht gewählte Komitee für Gerechtigkeit und Rechenschaftspflicht und versetzte damit den auch von UNO und USA unterstützten Bemühungen zur nationalen Versöhnung einen Schlag. Zu den bekanntesten von der Wahl ausgeschlossenen Politikern gehört Saleh el Motlak, ein säkularer sunnitischer Abgeordneter und Chef der Front des nationalen Dialogs. Diese hatte für die Wahl ein Bündnis mit dem Block des ehemaligen Ministerpräsidenten Ijad Allawi geschlossen, so die Presse am 8. Januar.
  • Nach dem Scheitern eines US-Prozesses gegen fünf Mitarbeiter der US-Sicherheitsfirma Blackwater wegen des Todes irakischer Zivilisten will die US-Regierung eine Wiederaufnahme des Verfahrens prüfen. Das US-Außenministerium werde mit dem Justizministerium die vor einer Woche gefällte Entscheidung eines US-Bundesgerichts "vorsichtig prüfen", das Verfahren gegen fünf frühere Blackwater-Angestellte einzustellen, sagte Außenamtssprecher Philip J. Crowley am 9. Januar in Washington. Dabei sollten alle rechtlichen Möglichkeiten erwogen werden.
  • Ein von Mitarbeitern der US-Sicherheitsfirma Blackwater verletzter Iraker hat das angebotene Schmerzensgeld abgelehnt und will weiter den Klageweg beschreiten. Mahdi Abdul Kadir erklärte am 10. Januar, die von der Anwältin der Kläger ausgehandelte Summe sei zu niedrig. Mitarbeitern des inzwischen in Xe Services umbenannten Unternehmens wird vorgeworfen, im September 2007 auf einem Platz in Bagdad 17 Passanten erschossen und weitere verletzt zu haben. Blackwater arbeitete lange für die US-Truppen im Irak. Wie am 10. Januar aus Kreisen der Kläger verlautete, hat die Sicherheitsfirma den Verletzten je 30.000 Dollar (21.000 Euro) und den Angehörigen der Toten je 100.000 Dollar angeboten. «Diese Summe werden wir nicht akzeptieren», sagte Abdul Kadir. Zunächst war allerdings nicht bekannt, ob sich andere Kläger in dem Zivilverfahren seiner Entscheidung anschließen.
  • Das Revenue Watch Institute beglückwünschte heute die Regierung des Irak, der Extractive Industries Transparency Initiative beigetreten zu sein und damit einen historischen Schritt in Richtung einer effizienten und offenen Verwaltung ihrer Erdölindustrie unternommen zu haben. Premierminister Nuri Kamal al-Maliki gab den Beitritt des Irak zur EITI am 10. Januar bei einer förmlichen Auftaktveranstaltung in Bagdad bekannt, an der Regierungsmitglieder, Vertreter der irakischen Zivilgesellschaft und internationaler Gruppen und des Revenue Watch Institute und der Weltbank teilnahmen. Der Irak verfügt über die zweitgrössten Ölreserven der Welt und die Staatseinnahmen beruhen zu 90 Prozent auf Erdöl. Durch den Beitritt zu dieser freiwilligen weltweiten Initiative hat sich der Irak als wichtiger Vorkämpfer der Prinzipien von Transparenz und Verantwortlichkeit bei der Handhabung der Erdöl- und Erdgasressourcen im Nahen Osten etabliert.
Montag, 11. Januar, bis Sonntag, 17. Januar
  • Unbemannte Flugzeuge der US-Streitkräfte in Afghanistan und im Irak sammeln offenbar mehr Informationen, als die Geheimdienste auswerten können. Laut "New York Times" (11. Januar) haben die Drohnen im vergangenen Jahr dreimal mehr Material erfasst als 2007. Die gesamten Videobilder am Stück anzuschauen, würde demnach rund 24 Jahre dauern. In den kommenden Jahren könnte die Masse an Bildern sogar noch zunehmen, da immer mehr Drohnen eingesetzt würden und sie teilweise schon mit mehreren Kameras ausgestattet seien. Die Drohnen des US-Auslandsgeheimdienstes CIA und der US-Armee sammeln aber nicht nur Informationen, sondern fliegen im Grenzgebiete zu Afghanistan auch Luftangriffe. Dort haben die radikalislamischen Taliban ihre Rückzugsgebiete. In Pakistan waren die Angriffe in der Vergangenheit heftig kritisiert worden. Die Kritik war allerdings etwas abgeflaut, nachdem im August bei einem solchen Angriff der gefürchtete Taliban-Anführer Baitullah Mehsud getötet wurde
  • Wenige Wochen vor der geplanten Parlamentswahl im Irak ist ein Mitarbeiter der Wahlkommission getötet worden. Ein weiterer wurde entführt, wie das Gremium am 11. Januar in Bagdad mitteilte. Offenbar stünden die Taten der vergangenen beiden Wochen in Zusammenhang mit der Tätigkeit der Opfer für die Wahlkommission. Zahlreiche weitere Mitarbeiter seien ebenfalls bedroht worden, sagte Kommissionsmitglied Hamdia al Hussaini der Nachrichtenagentur AP. Angehörige von Mitarbeitern seien entführt oder getötet worden. Die Parlamentswahl ist für den 7. März angesetzt.
  • Die Lufthansa will nach 20 Jahren wieder den Irak anfliegen. Beabsichtigt sei, von diesem Sommer an Flüge nach Bagdad und in die nordirakische Stadt Erbil anzubieten, teilte das Unternehmen am 12. Januar mit. Das stehe aber noch unter dem Vorbehalt der notwendigen Verkehrsrechte und einer Prüfung der Infrastruktur. m Zuge einer zunehmenden Öffnung des Iraks für die zivile Luftfahrt wachse die Nachfrage nach Flügen dorthin, erklärte die Lufthansa. Bagdad wurde von 1956 bis zum Beginn des Golfkrieges 1990 von der Lufthansa angeflogen. Erbil im nordirakischen Kurdengebiet wird bereits von der Konzerntochter Austrian Airlines ab Wien bedient. Die beiden irakischen Städte sollen im Sommer an die Drehkreuze in Frankfurt beziehungsweise München angebunden werden. Flugzeiten und Tarife würden zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben, erklärte die Fluggesellschaft weiter.
  • Der Einmarsch der USA und ihrer Verbündeten 2003 im Irak war nach Ansicht eines niederländischen Untersuchungsausschusses nicht durch internationales Recht gedeckt. "Die Rechtsgrundlage war unzureichend", sagte der Vorsitzende des Ausschusses, Willibrord Davids, am 12. Januar in Den Haag. Die 2002 verabschiedete UN-Resolution 1441 könne nicht so interpretiert werden, dass einzelne Mitgliedstaaten das Recht auf Anwendung militärischer Gewalt gehabt hätten. Dies habe die niederländische Regierung aber getan. Der Ausschuss untersucht seit vergangenem März die politische Unterstützung der Regierung für den Einmarsch. Oppositionspolitiker hatten argumentiert, den niederländischen Parlamentariern seien wichtige Informationen vorenthalten worden.
  • Der Sprecher des früheren britischen Premierministers Tony Blair hat Vorwürfe von Manipulationen der Geheimdienstberichte vor dem Irak-Krieg 2003 zurückgewiesen. Er habe das seinerzeitige Dokument zur Rechtfertigung des britischen Militäreinsatzes nicht «aufgemotzt», sagte Alastair Campbell am 12. Januar vor dem Irak-Untersuchungsausschuss in London. Auch hätten weder Blair noch irgendwelche anderen ranghohen Politiker die Geheimdienste angewiesen, manipulierte Informationen zu liefern. Der frühere Kommunikationschef ist einer der einflussreichsten damaligen Politiker, die bislang vom Irak-Untersuchungsausschuss vernommen wurden. Er bemühte sich indes, seine Bedeutung herunterzuspielen. Er habe an vielen wichtigen Besprechungen teilgenommen, aber keinen Einfluss auf politische Entscheidungen gehabt, sagte Campbell. Der neue Ausschuss nahm seine Arbeit Ende November auf. Blair dürfte Ende Januar oder Anfang Februar vernommen werden.
  • Fast sieben Jahre nach der US-Invasion im Irak ist der niederländische Ministerpräsident Jan Peter Balkenende von einer unabhängigen Kommission für seine politische Unterstützung des Krieges scharf kritisiert worden. n den Niederlanden kam die sogenannte Davids-Kommission zu dem Schluss, dass die seinerzeit von der Regierung in Den Haag angeführten UN-Resolutionen zur mangelnden Kooperation des irakischen Diktators mit den UN-Waffeninspekteuren «kein adäquates völkerrechtliches Mandat» für einen Krieg waren. Zugleich stellten die Ermittler fest, dass der Regierung dieser Sachverhalt durchaus klar gewesen sein könnte. Den Umgang mit einem Geheimdossier, in dem Experten des niederländischen Außenministeriums warnten, ein Angriff auf den Irak könne gegen das Völkerrecht verstoßen, habe Balkenende fast vollständig dem damaligen Außenminister Jaap de Hoop Scheffer überlassen. Der christdemokratische Parteifreund Balkenendes wurde wenig später NATO-Generalsekretär. Davids betonte aber, dass es für Vermutungen, wonach De Hoop Scheffer von den USA für sein Stillhalten mit dem prestigeträchtigen NATO-Chefposten belohnt worden sei, keinerlei Beweise gebe. Auch Wirtschaftsinteressen hätten für die Niederlande bei der Unterstützung der Invasion keine Rolle gespielt. Balkenende hatte die Untersuchung der politischen Unterstützung seiner Regierung für das Vorgehen der USA unter Präsident George W. Bush gegen den Irak jahrelang verhindert. Erst nachdem die Zeitung «NRC Handelsblad» Anfang vergangenen Jahres an das Geheimdossier gelangte und darüber berichtete, sah sich Balkenende gezwungen, dem Drängen der Opposition sowie der inzwischen an der Regierung beteiligten Sozialdemokraten nach einer unabhängigen Untersuchung nachzugeben. Die Veröffentlichung brachte die Niederlande als Gastland der wichtigsten internationalen Gerichtshöfe für Staats- und Völkerrecht in eine peinliche Situation. Die 2003 von Balkenende geführte bürgerlich-liberale Regierung hat die Irak-Invasion nach Erkenntnissen der Davids-Kommission allerdings tatsächlich nicht militärisch unterstützt - auch nicht insgeheim, wie dies vereinzelt behauptet worden war. Erst nach dem Sturz Saddam Husseins schickten die Niederlande Soldaten zur Unterstützung der US- geführten Koalitionstruppen in den Irak, so die Presse am 12. Januar.
  • Die Regierung von US-Präsident Barack Obama will im Kongress weitere 33 Milliarden Dollar für den Krieg in Afghanistan beantragen. Die zusätzlichen Mittel sollen den Rekordhaushalt von 708 Milliarden Dollar für das Verteidigungsministerium im Budgetjahr 2011 ergänzen, wie am 12. Januar aus Regierungskreisen verlautete. Die Mittel sind bestimmt für die Auslandseinsätze, darunter auch im Irak, sollen aber im Wesentlichen nach Afghanistan fließen.
  • Der niederländische Ministerpräsident Jan Peter Balkenende hat seine scharfe Kritik an den Ergebnissen einer Untersuchungskommission zum Irak-Krieg abgeschwächt. Der christlich-demokratische Politiker räumte am 13. Januar in einem Brief an das Parlament ein, dass die rechtliche Grundlage für die Invasion von 2003 «bei jetzigem Kenntnisstand» zu schwach gewesen sei. Mit seinem Brief will Balkenende offenbar die Koalition mit der sozialdemokratischen Arbeitspartei (PvdA) retten, die die ursprüngliche Erklärung des Ministerpräsidenten scharf kritisiert hatte. Darin wies Balkenende am 12. Januar die Ergebnisse der Kommission scharf zurück, die den damals von ihm unterstützten Einmarsch im Irak als völkerrechtswidrig eingestuft hat. Die PvdA ist besonders aufgebracht darüber, dass Balkenende auch im Namen ihrer Partei zu sprechen schien, obwohl sich die damals oppositionellen Sozialdemokraten 2003 gegen den Irak-Krieg ausgesprochen hatten.
  • Trotz der kriegsbedingt noch schweren Verwüstung der irakischen Ölförderindustrie könnte es das krisengeschüttelte Land aufgrund seiner riesigen Ressourcenvorräte bis zum Ende der Dekade schaffen, zu Saudi-Arabien aufzuschließen. Dieses Szenario ist Experten nach alles andere als unwahrscheinlich. Als ein Entwicklungsschritt in diese Richtung werden die Ende 2009 versteigerten Förderlizenzen für zehn irakische Ölfelder gesehen. Obwohl sich das Land bis 2016 zu den global größten Erdölproduzenten zählt, bleiben noch viele Probleme zu lösen. "Der Irak verfügt über ein sehr großes Wachstumspotenzial und ist für Unternehmen wie BP, Royal Dutch Shell, CNPC, Lukoil und andere ein lohnendes Investitionsziel", sagt Ölanalyst Alexander Pögl von JBC Energy am 14. Januar gegenüber pressetext. Der Insider geht davon aus, dass 2016 bis zu 10,3 Mio. Barrel pro Tag gefördert werden können. "Dies entspräche einer Verfünffachung der heutigen Förderleistung. Je mehr Öl die Konzerne produzieren, desto mehr können sie im Zuge der Regierungsverträge verdienen", erklärt Pögl. Sowohl die dringend nötige Modernisierung als auch hohe Investitionen werden jedoch nur mit Finanzmitteln ausländischer Investoren zu bewerkstelligen sein. Fachleute sehen als Basis hierfür polische Stabilität. Einem CNN-Bericht zufolge strebt die irakische Regierung an, dass auf den lizenzversteigerten Ölfeldern in den kommenden sieben Jahren durch Investitionen elf Mio. Barrel pro Tag gefördert werden sollen. Erschließen die Unternehmen die Gebiete nach den Wünschen der Politik, würde der Irak in der Liga Russlands oder Saudi-Arabiens spielen.
  • Die Wahlkommission im Irak hat 500 Kandidaten von der Teilnahme an der bevorstehenden Parlamentswahl ausgeschlossen. Das teilte ein Sprecher der Kommission, Hamadi al Hussaini, am 14. Januar in Bagdad mit. Unter den abgewiesenen Bewerbern ist auch der prominente sunnitische Abgeordnete Saleh al Mutlak, ein scharfer Kritiker des Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki. Die nicht zugelassenen Bewerber können innerhalb von drei Tagen die Entscheidung der Kommission anfechten. Al Mutlak hat bereits Einspruch gegen seinen Ausschluss von der Wahl am 7. März angekündigt. Bei den meisten der ausgeschlossenen Kandidaten handelt es sich offenbar um Sunniten. Dieser Umstand könnte zu einer weiteren Vertiefung der Kluft zwischen den verschiedenen Religions- und Volksgruppen im Irak führen. Die Sunniten hatten die vorige Parlamentswahl im Januar 2005 boykottiert, weil sie sich benachteiligt fühlten.
  • Die hessische Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) gibt am kommenden Donnerstag (21. Januar) in Berlin 22 altorientalische Kulturgüter an den irakischen Botschafter in Deutschland zurück. Die antiken Stücke waren 2007 von der hessischen Polizei bei einer Hausdurchsuchung sichergestellt worden, wie das Wissenschaftsministerium am 15. Januar in Wiesbaden mitteilte. Die Keilschrifttafeln, Tonbriefe und Rollsiegel stammen nach Angaben des Ministeriums eindeutig aus dem Irak und hätten nicht aus dem Land ausgeführt werden dürfen. Das wissenschaftlich wertvollste Stück sei ein fast 4000 Jahre alter sogenannter Tonnagel mit Inschrift.
  • Die Zahl der Selbstmorde beim Heer der US-Streitkräfte, der Army, ist im vergangenen Jahr mit 160 so hoch gewesen wie noch nie. "2009 war ohne Frage ein schmerzliches Jahr für die Army, was die Selbstmorde betrifft", sagte Oberst Christopher Philbrick am 16. Januar in Washington. Philbrick ist Vizechef einer Einsatzgruppe, die Selbstmorde verhüten soll. Das Heer steht angesichts der langjährigen Kampfeinsätze im Irak und in Afghanistan unter großem Druck. Häufige Einsätze in diesen Kampfgebieten können nach Berichten von Offizieren Depressionen und Eheprobleme verschärfen.
  • Die irakischen Behörden haben nach eigenen Angaben einen Extremistenführer festgenommen, der für den Anschlag auf das UN-Hauptquartier in Bagdad 2003 verantwortlich sein soll. Ali Hussein Alwan Hamid al Assaui sei bereits am 26. Juni in seinem Haus in Bagdad gefasst worden, sagte Militärsprecher Generalmajor Kassim al Mussawi am 16. Januar. Al Assaui gehöre der Führung der Terrorgruppe Islamischer Staat Irak an, die mit der Al Kaida in Verbindung gebracht wird, und sei für mehrere große Anschläge verantwortlich. Darunter sei der Anschlag auf das UN-Hauptquartier, bei dem am 19. August 2003 22 Menschen getötet worden waren. Man habe Al Assauis Festnahme bislang nicht bekanntgegeben, um weitere Verdächtige aus seinem Umfeld festnehmen zu können, sagte Al Mussawi der AP.
  • Die mit dem "Golden Globe Award" ausgezeichnete Regisseurin des Irak-Films, «Tödliches Kommando - The Hurt Locker», Kathryn Bigelow, erklärte bei der Preisübergabe am 17. Januar: «Die wahre Anerkennung gebührt den Männern und Frauen, die noch heute jeden Tag vor Ort im Einsatz sind.» Im Mittelpunkt ihres Werks steht ein Kampfmittelräumdienst zur Entschärfung von Bomben. Zugleich dankte Bigelow dem Drehbuchautor Mark Boal, der wiederum die «unerschöpfliche Inspiration» der Regisseurin würdigte. Aus einer vom US-Verteidigungsministerium veröffentlichten Erklärung geht jedoch hervor, dass der Zusammenhang zwischen Kampfeinsätzen und Selbstmorden nicht selbstverständlich sei. Offenbar unterscheiden sich die Gründe für häufige Suizide von einem Army-Stützpunkt zum anderen. Ein Drittel der Soldaten, die sich das Leben nahmen, waren noch nicht in Kampfeinsätzen gewesen. Hochrangige US-Militärs bemühen sich darum, dass seelische Probleme in den Streitkräften nicht mehr unter den Tisch gekehrt werden. Generalstabschef Mike Mullen appelliert an die Offiziere, sie sollten sicherstellen, dass Soldaten, die psychologische Hilfe brauchen, weder lächerlich gemacht, noch in ihrer Laufbahn benachteiligt werden.
  • Der frühere irakischen Gouverneur und General Ali Hassan al Madschid ist am 17. Januar wegen des Giftgasangriffs auf die nordirakische Stadt Halabdscha zum Tode verurteilt worden. Der 68-jährige wurde wegen des Angriffs auf die überwiegend von Kurden bewohnte Stadt, bei dem 1988 bis zu 5.000 Menschen getötet wurden, als «Chemie-Ali» berüchtigt. Wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist der frühere Gouverneur in den irakischen Nordprovinzen bereits drei Mal zum Tode verurteilt worden, darunter einmal wegen Völkermordes gegen die kurdische Bevölkerung. Der Vetter des früheren langjährigen Machthabers Saddam Hussein wurde in den 90er Jahren Innen- und Verteidigungsminister, kurz vor dem Einmarsch der alliierten Truppen 2003 wurde er zum Überbefehlshaber im Südirak ernannt. Im ersten Golfkrieg 1991 war er Gouverneur im vom Irak annektierten Kuwait; nach dem Krieg war er für die Niederschlagung des schiitischen Aufstands in Basra verantwortlich.
  • Der ehemalige irakische Vize-Regierungschef Tarik Asis hat einen Schlaganfall erlitten und ist deshalb vom Gefängnis ins Krankenhaus verlegt worden. Asis' Zustand sei ernst, sagte sein Anwalt Badie Aref am 17. Januar der Nachrichtenagentur AFP in Bagdad. Asis sei nach dem Schlaganfall am 15. Januar in ein Krankenhaus im US-Militärlager Balad rund 70 Kilometer nördlich von Bagdad verlegt worden. Der 1936 geborene Asis war der einzige Christ in der ehemaligen irakischen Führung unter Saddam Hussein und galt als Sprachrohr des Diktators im Ausland.
Montag, 18. Januar, bis Sonntag, 24. Januar
  • Der ehemalige britische Premierminister Tony Blair wird am 29. Januar vor dem Untersuchungsausschuss aussagen, der sich mit der umstrittenen Beteiligung Großbritanniens am Irak-Krieg auseinandersetzt. Wie der Ausschuss am 18. Januar auf seiner Internetseite mitteilte, wurde ein ganzer Tag für Blairs Auftritt angesetzt. Wegen des großen Publikumsinteresses seien die Zuschauerplätze im Losverfahren vergeben worden.
  • Die EU will ihre Chancen auf Erdgas aus dem Irak verbessern. Energiekommissar Andris Piebalgs habe am 18. Januar mit Iraks Ölminister Hussein Schahristani in Bagdad eine Absichtserklärung für eine "strategische Energiepartnerschaft" unterzeichnet, teilte die Kommission in Brüssel mit. Die Zusammenarbeit betreffe unter anderem die "Identifizierung der Quellen und Versorgungswege für Erdgaslieferungen aus dem Irak" in die EU. Hiervon verspricht sich Brüssel bessere Chancen für Erdgaslieferungen, zum Beispiel durch die geplante Nabucco-Pipeline.
  • Im Irak kommt es immer wieder zu Angriffe auf Christen. Dazu erklärte am 19. Januar die Beauftragte der CDU/CSU-Fraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften, Ingrid Fischbach MdB: "Die Anschläge gegen Angehörige der christlichen Minderheit sind weiterhin besorgniserregend. Sie unterstreichen auf dramatische Weise, dass die Situation der Christen im Irak sich nicht gebessert hat und weiterhin unserer größten Aufmerksamkeit bedarf. Die internationale Staatengemeinschaft darf in ihrer Unterstützung der christlichen Minderheit im Irak nicht nachlassen."
  • Der frühere britische Verteidigungsminister Geoff Hoon hat den USA Fehler bei der Planung des Irak-Kriegs vorgeworfen. Die Vorbereitungen für den Angriff im März 2003 seien weniger «detailliert und umfassend gewesen, als wir uns das gewünscht hätten», erklärte Hoon am 19. Januar vor einer Kommission zur Untersuchung des Irak-Kriegs. Er habe seine Bedenken einen Monat vor Kriegsbeginn dem damaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld mitgeteilt. Zugleich räumte Hoon auch eigene Fehler ein. Der britischen Regierung sei das Ausmaß der Probleme, mit denen die Soldaten im Irak zu kämpfen hatten, vorab nicht klar gewesen. Auch seien zu spät zivile Aufbauhelfer ins Zweistromland geschickt worden. Ex-Verteidigungsminister Hoon war der bislang ranghöchste Zeuge, der vor der Untersuchungskommission auftrat.
  • Die USA wollen sich offenbar in den Streit über die bevorstehende Parlamentswahl im Irak einschalten. Der irakische Präsident Dschalal Talabani erklärte am 20. Januar, US-Vizepräsident Joe Biden wolle in Kürze nach Bagdad kommen und sich um Vermittlung zwischen Sunniten und Schiiten bemühen. Biden wolle die irakische Regierung dazu bringen, den Ausschluss von Anhängern des früheren Präsidenten Saddam Hussein von öffentlichen Ämtern zu verschieben. Die irakische Wahlkommission hatte in der vergangenen Woche mehr als 500 Kandidaten von der Wahl ausgeschlossen, denen Verbindungen zur Baath-Partei von Saddam Hussein vorgeworfen wurden. Die meisten Betroffenen gehören zur Volksgruppe der Sunniten, was zu neuen Spannungen mit der von Schiiten dominierten Regierung geführt hat. Die letzte Parlamentswahl im Januar 2005 hatten die Sunniten noch komplett boykottiert. Die US-Regierung sieht die bevorstehende Abstimmung am 7. März als wichtige Chance, die Versöhnung der verschiedenen Volksgruppen voranzubringen und damit auch den vollständigen Abzug der US-Truppen aus dem Irak zu beschleunigen.
  • Mehr als die Hälfte der Asylbewerber 2009 kamen aus dem Irak (rund 5.500), wie das Innenministerium am 21. Januar berichtete. Die Zahl der Asylanträge von Irakern im Jahr 2009 ist damit auf einem ähnlich hohen Niveau wie im Vorjahr geblieben. Dazu sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière am gleichen Tag: «Asyl und Flüchtlingsschutz kommt in Deutschland ein hoher Stellenwert zu. Das zeige die im internationalen Vergleich hohe Schutzquote in Deutschland.»
  • Der frühere britische Außenminister Jack Straw war nach eigenen Worten der entscheidende Befürworter für den Irak-Krieg 2003. Ohne seine Zustimmung hätte der damalige Premierminister Tony Blair das Parlament nicht von der Beteiligung Londons an der US-geführten Invasion überzeugen können, erklärte Straw am 21. Januar vor einer Kommission zur Untersuchung des Irak-Kriegs in London. Die Entscheidung sei die schwerste seines Lebens gewesen. Zugleich verteidigte der heutige Justizminister sein Ja zu der Invasion. Er und die Regierung hätten den Krieg nach der bestmöglichen Beurteilung der damaligen Umstände befürwortet, heißt es in einer schriftlichen Erklärung an die Kommission.
  • US-Soldaten im Irak und in Afghanistan werden häufiger von Rückenproblemen oder Sehnenentzündungen außer Gefecht gesetzt, als von Kampfverletzungen. Dies geht aus einer am 22. Januar im britischen Fachjournal «Lancet» veröffentlichten Studie hervor. Jeder vierte Soldat, der aus den Krisengebieten vorzeitig zurückgebracht wurde, konnte seinen Einsatz wegen gewöhnlicher Muskel- oder Gelenkprobleme nicht fortsetzen. Nur in 14 Prozent der Fälle waren Verwundungen die Gründe. Zugenommen hat im Vergleich zu früheren Kriegen der Prozentsatz der Soldaten, die wegen neurologischen oder psychischen Problemen ausgeflogen wurden (zehn und neun Prozent). Die Studie im Auftrag der US-Streitkräfte und des amerikanischen John-P-Murtha-Instituts wertete die Daten von 34.000 Soldaten aus, die von 2004 bis 2007 aus gesundheitlichen Gründen heimgebracht wurden. In vorangegangenen Konflikten wie dem Zweiten Weltkrieg, dem Vietnamkrieg und dem Koreakrieg lagen Lungenentzündungen und Infektionskrankheiten noch an erster Stelle, gefolgt von Kampfverletzungen. Der führende Autor der Studie, Steven Cohen von der Johns Hopkins School of Medicine, sieht nun Handlungsbedarf bei den Verantwortlichen. Wer bei der Infanterie eingesetzt werde, der leide notgedrungen an Überbelastungen, Rückenschmerzen etwa seien der Normalfall. «Die Militärärzte sind nicht auf die Behandlungen der Probleme vorbereitet, die am häufigsten auftreten», sagte er der Nachrichtenagentur AP.
  • Der britische Premierminister Gordon Brown muss nun doch schon vor der Parlamentswahl vor der Irak-Untersuchungskommission aussagen. Untersuchungsleiter John Chilcot erklärte am 22. Januar, Brown werde bis zum April angehört, ebenso wie Außenminister David Miliband und Entwicklungshilfeminister Douglas Alexander. Dass damit der höchst unpopuläre Irak-Krieg vor der spätestens im Juni stattfindenden Wahl in die Schlagzeilen kommen wird, bringt die ohnehin angeschlagene Labour Party zusätzlich in Bedrängnis. Browns Rolle beim Irak-Krieg ist umstritten. Der Premier war Finanzminister, als die Invasion im März 2003 begann. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, die britischen Truppen in Gefahr gebracht zu haben, weil er bei der Ausrüstung sparte. Untersuchungsleiter Chilcot hatte ursprünglich einen Anhörungstermin Browns nach der Wahl geplant, damit die Aufarbeitung der britischen Rolle im Irak-Krieg nicht politisch ausgeschlachtet werde. Die Opposition beklagte jedoch, es wäre unfair, Brown den Aufschub zu gewähren.
  • Auf der Mittelmeerinsel Korsika sind die französischen Behörden am 22. Januar von der Landung von über 120 Flüchtlingen überrascht worden. Sie seien von Schleusern unweit der südkorsischen Ortschaft Bonifacio auf einem Strand abgesetzt worden, teilte die Präfektur der Insel mit. Es sei das erste Mal, dass eine so große Zahl illegaler Einwanderer auf Korsika gelandet sei. Sie stammten entweder aus dem Nahen Osten oder Nordafrika. Laut Augenzeugen handelt es sich bei einigen um Kurden aus Syrien oder dem Irak.
  • Großbritannien hat den Export von offenbar fehlerhaften Sprengstoffdetektoren in den Irak und nach Afghanistan untersagt. Der Chef der britischen Herstellerfirma ATSC wurde bereits am 22. Januar unter Betrugsverdacht festgenommen, wie die Polizei mitteilte. Dem 53-Jährigen wird demnach vorgeworfen, Falschangaben gemacht zu haben. Tests hätten ergeben, dass die Geräte nicht zum Aufspüren von Bomben geeignet seien, erklärte das Wirtschaftsministerium in London.
  • Die US-Marineinfanteristen beenden nach sieben Jahren ihren Einsatz im Irak. Bei einer Zeremonie in Ramadi übergaben sie am 23. Januar die Kontrolle über die größte irakische Provinz Anbar an das US-Heer. Die Übergabe ist Teil des bereits eingeleiteten Truppenabzugs der Amerikaner. Bis 31. August sollen nur noch 50.000 US-Soldaten im Land stationiert sein, die verbleibenden Einheiten sollen gemäß eines amerikanisch-irakischen Abkommens bis Ende 2011 abgezogen sein.
  • US-Vizepräsident Joe Biden hat sich am 23. Januar mit einer heiklen Mission in die Vorbereitungen für die irakische Parlamentswahl am 7. März eingeschaltet. Biden führte in Bagdad Gespräche mit Ministerpräsident Nuri el Maliki und anderen Regierungsvertretern, um eine Eskalation des Streits um die Aussonderung von Anhängern des früheren Präsidenten Saddam Hussein zu vermeiden. Der US-Vizepräsident verzichtete auf öffentliche Ratschläge, beide Seiten betonten, die Wahlvorbereitung falle in die Souveränitätsrechte der Iraker.
  • Der irakische Ministerpräsident Nuri el Maliki hat Ermittlungen zu den fehlerhaften Sprengstoffdetektoren aus Großbritannien angeordnet. Mit dem Thema werde sich eine eigens eingerichtete Kommission befassen, teilte ein Regierungssprecher am 24. Januar im staatlichen Fernsehen mit. Nicht nur im Innenministerium werde ermittelt, sondern auch in allen anderen Behörden, die den Gebrauch des handlichen Gerätes empfohlen oder Verträge abgeschlossen hätten. Nach Angaben des Regierungssprechers hatte die britische Herstellerfirma ATSC weder einen Sitz noch eine Adresse in Großbritannien.
Montag, 25. Januar, bis Sonntag, 31. Januar
  • Die irakischen Sicherheitsbehörden wollen einen nach britischen Erkenntnissen weitgehend nutzlosen Bombendetektor weiter einsetzen. Es wäre «ein großer Fehler», das tragbare Gerät aus dem Verkehr zu ziehen, sagte der irakische Sprengstoffexperte Hato al Haschemi am 25. Januar vor Journalisten in Bagdad. Die irakischen Sicherheitskräfte hätten rund 2.000 dieser Detektoren im Einsatz, mit ihrer Hilfe seien bereits zahlreiche Anschläge vereitelt worden. Das Wirtschaftsministerium in London hatte die Ausfuhr des von einer britischen Firma hergestellten Bombendetektors gestoppt, nachdem die BBC das Gerät als untauglich entlarvt hatte. Bei einem von dem Sender in Auftrag gegebenen Labortest stellte sich laut BBC heraus, dass der in den Detektor eingebaute Sensor für die Identifizierung von Sprengstoff ungeeignet ist. Die US-Streitkräfte hatten das Gerät schon vor Monaten für unzuverlässig befunden.
  • Bei einer Serie von Bombenanschlägen sind am 25. Januar in der irakischen Hauptstadt Bagdad mindestens zwölf Menschen ums Leben gekommen. Wie die Polizei mitteilte, wurden zunächst 25 Verletzte gezählt. Das Innenministerium erklärte, die Angriffe seien gezielt gegen Hotels gerichtet gewesen. Drei schwere Explosionen erschütterten das Stadtzentrum im Abstand von wenigen Minuten. Die erste Explosion ereignete sich gegen 15.30 Uhr Ortszeit (13.30 Uhr MEZ) in der Nähe des Hotel Palestine und des Sheraton-Hotels, wie AFP-Korrespondenten beobachteten, die beiden anderen in der Nähe der Hochsicherheitszone im Zentrum der Stadt.
  • Der Ölpreis ist innerhalb von zwei Wochen um 11 Prozent gefallen. Für ein Barrel Rohöl (159 Liter) wurde am 25. Januar im Computerhandel der New Yorker Rohstoffbörse ein Preis von 74,77 Dollar genannt, das sind rund 9 Dollar oder 11 Prozent weniger als vor 14 Tagen. Der Preisrutsch wurde mit ausgelöst von der Börsenschwäche der vergangenen Wochen und den Plänen der US-Regierung über Beschränkungen für Banken. Zu Anfang des Jahres hatte es eine Rallye am Ölmarkt gegeben. Der Preis war zeitweise auf über 83 Dollar gestiegen. Seitdem sind die Börsenkurse gefallen und der Wechselkurs des Dollars gestiegen. Beide Effekte drücken oft auf den Ölpreis: Fallende Kurse können Hinweise auf eine schlechtere Wirtschaftsentwicklung sein. Dann würde die Ölnachfrage fallen. Und ein kräftigerer Dollar könnte Investoren dazu bringen, ihre in Öl angelegten Mittel aufzulösen. Unterdessen erhielten die Ölgiganten Exxon und Shell den Zuschlag für ein gigantisches Ölfeld im Südirak. Die beiden Firmen sollen in den nächsten 20 Jahren die erste Stufe des Feldes West Qurna entwickeln. Dort werden 8,6 Milliarden Barrel Rohöl vermutet.
  • Der als «Chemie-Ali» berüchtigte Cousin des früheren irakischen Machthabers Saddam Hussein ist am 25. Januar hingerichtet worden. Dies erklärte der irakische Regierungssprecher Ali al Dabbagh. Der frühere Gouverneur der irakischen Nordprovinzen wurde insgesamt vier Mal wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Tode verurteilt, zuletzt am 17. Januar wegen des Giftgasangriffs auf die Stadt Halabdscha. Bei dem Angriff auf die überwiegend von Kurden bewohnte nordirakische Stadt waren 1988 schätzungsweise 5.600 Menschen getötet worden.
  • Der britische Premierminister Gordon Brown hat die Politik der westlichen Verbündeten im Irakkrieg kritisiert, den Militäreinsatz als solchen aber gerechtfertigt. Es sei ein "Fehler" gewesen, den Wiederaufbau nicht so zu planen, dass sich das Land nach dem Sturz von Präsident Saddam Hussein hätte "schnell erholen" können, sagte Brown am 25. Januar vor Journalisten in London. Der ehemalige britische Premierminister Tony Blair soll am 29. Januar vor einem Untersuchungsausschuss aussagen, der sich mit der Beteiligung Großbritanniens am Irak-Krieg auseinandersetzt. Brown war damals Finanzminister. London war der stärkste Verbündete der USA im Irakkrieg.
  • Am 26. Januar, einen Tag nach der Anschlagserie gegen Hotels in Bagdad, sind bei einem Selbstmordanschlag in der irakischen Hauptstadt mindestens 18 Menschen ums Leben gekommen. Rund 80 weitere wurden laut einem Vertreter des irakischen Innenministeriums verletzt. Der Attentäter sprengte sich vor dem gerichtsmedizinischen Institut in Karrada, einem Stadtteil im Zentrum der irakischen Hauptstadt, mit seinem Auto in die Luft. Das Institutsgebäude, das damit bereits zum dritten Mal zum Ziel eines Anschlags wurde, stürzte ein. Nach Angaben des Innenministeriums arbeiten dort normalerweise dutzende Menschen, die Rettungskräfte bargen zahlreiche Verletzte aus den Trümmern. Unter den Toten sind fünf Polizisten und 13 Zivilisten.
  • Mehr als tausend Kurden im nordostirakischen Halabdscha haben die Hinrichtung des als "Chemie-Ali" bekannten Cousins des früheren irakischen Präsidenten Saddam Hussein bejubelt. Um 11.35 Uhr Ortszeit (09.35 Uhr MEZ), also genau der Uhrzeit, zu der am 16. März 1988 Saddam Husseins Streitkräfte Halabdscha mit Giftgas angegriffen hatten, legten am 26. Januar Angehörige der Opfer Kränze nieder. Ali Hassan el Madschid alias "Chemie-Ali" habe für seine Beteiligung an dem Gasangriff die gerechte Strafe bekommen, sagte der Vize-Präsident der Opfervereinigung von Halabdscha, Aras Abed.
  • Der Irak-Krieg war nach Einschätzung eines früheren Rechtsberaters der britischen Regierung illegal. Vor der Kommission zur Untersuchung der Invasion erklärte Michael Wood am 26. Januar in London, der Einsatz von Gewalt gegen Bagdad im März 2003 sei gegen internationales Recht gewesen, da er weder vom UN-Sicherheitsrat genehmigt gewesen sei noch sonst eine rechtliche Grundlage gehabt habe. Außenminister Jack Straw habe seine Einschätzung ignoriert, erklärte Wood, der damals juristischer Chefberater des Außenministeriums war.
  • Der irakische Ableger des Terrornetzwerkes El Kaida hat sich zu der Anschlagsserie auf Hotels in Bagdad am 25. Januar bekannt. Das teilte das auf die Auswertung islamistischer Websites spezialisierte US-Unternehmen SITE am 27. Januar mit und berief sich dabei auf eine im Internet erschienene Erklärung der Gruppe. Bei den fast zeitgleich verübten Anschlägen auf drei Hotels in der irakischen Hauptstadt waren 36 Menschen ums Leben gekommen und mehr als 70 verletzt worden. Für den 7. März sind im Irak Parlamentswahlen geplant. Es wird befürchtet, dass Aufständische im Vorfeld verstärkt Anschläge verüben.
  • US-Präsident Barack Obama hat sein Vorhaben bekräftigt, bis Ende August alle amerikanischen Kampfeinheiten aus dem Irak abzuziehen. «Dieser Krieg geht zu Ende, und unsere Soldaten kommen alle nach Hause», sagte Obama am 27. Januar in seiner ersten Rede zur Lage der Nation. Die USA würden die irakische Regierung bei der Abhaltung der Parlamentswahl unterstützen und der Bevölkerung auf dem Weg zu Frieden und Wohlstand helfen.
  • Die US-Streitkräfte haben am 28. Januar den Tod eines Führers der Al Kaida im Irak gemeldet, der hunderte Selbstmordattentäter von Syrien aus in das Land geschleust haben soll. Abu Chalaf sei am 22. Januar bei einer gemeinsamen irakisch-amerikanischen Militäraktion in der nordirakischen Stadt Mossul getötet worden, hieß es in einer Erklärung. Die US-Streitkräfte bezeichneten den Tod Abu Chalafs als Schlag gegen Al Kaida im Irak. Er soll auch Geld und Waffen für das Terrornetzwerk beschafft und verteilt haben.
  • Der ehemalige Premierminister Tony Blair muss sich am 29. Januar vor einer Untersuchungskommission zu seiner Rolle bei der Entscheidung zum Irak-Krieg verantworten. Zwei Stunden vor Beginn der Sitzung traf Blair am 29. Januar durch einen Hintereingang in dem Gebäude ein, um demonstrierenden Kriegsgegnern aus dem Weg zu gehen. Die von der Regierung eingesetzte Kommission wird Blair vermutlich zu Vorwürfen befragen, Geheimdienstberichte über irakische Waffensysteme übertrieben zu haben. Auch soll der damalige Regierungschef vor Beginn des Krieges im März 2003 den anfangs skeptischen Generalstaatsanwalt bedrängt haben, die Invasion im Irak als völkerrechtlich zulässig zu bezeichnen. Der frühere Rechtsberater der britischen Regierung, Michael Wood, erklärte zuletzt vor der Kommission, der Einsatz militärischer Gewalt sei völkerrechtswidrig gewesen, da er weder vom UN-Sicherheitsrat genehmigt gewesen sei noch sonst eine rechtliche Grundlage gehabt habe. Außenminister Jack Straw habe seine Einschätzung ignoriert, sagte Wood, der damals juristischer Chefberater des Außenministeriums war.
  • Der ehemalige Premierminister Tony Blair hat die Entscheidung zum Irak-Krieg von 2003 mit der Absicht verteidigt, einen drohenden Terrorangriff zu verhindern. Es sei damals um «eine absolut machtvolle, klare und unablässige Botschaft» gegangen, dass nach den Anschlägen vom 11. September kein Regime mit Massenvernichtungswaffen mehr toleriert werde», sagte Blair am 29. Januar vor einer von der Regierung eingesetzten Untersuchungskommission in London. Blair räumte ein, dass sich die vom Regime des irakischen Staatschefs Saddam Hussein ausgehende Bedrohung nicht verändert habe. «Es war unsere Wahrnehmung des Risikos, die sich verschoben hat», fügte er hinzu.
  • Bei zwei Anschlägen im Irak sind am 30. Januar mindestens drei Menschen getötet und 23 weitere verletzt worden. In Samarra sprengte sich ein Selbstmordattentäter nach Behördenangaben bei einer Versammlung mehrerer Würdenträger in die Luft. Er wurde von Sicherheitskräften durch Schüsse verletzt, bevor er seinen Sprengstoffgürtel zündete, wie ein Sprecher des Verteidigungsministeriums mitteilte. Laut Polizei starben zwei Menschen, 19 weitere wurden verletzt. An der Veranstaltung nahmen auch mehrere Mitglieder der Sahwa teil, bei denen es sich um ehemalige Aufständische handelt, die ihre ehemaligen Gefährten von El Kaida inzwischen bekämpfen.
  • Das US-Justizministerium prüft offenbar, ob Angestellte der Sicherheitsfirma Blackwater irakische Regierungsvertreter bestochen haben. Wie die "New York Times" am 31. Januar unter Berufung auf ehemalige und derzeitige Vertreter der US-Regierung berichtet, wurden die Ermittlungen gegen Angestellte der Firma Ende vergangenen Jahres eingeleitet. Sie sollen nach einem tödlichen Zwischenfall in Bagdad im September 2007 rund eine Million Dollar an irakische Regierungsvertreter gezahlt haben, um sich deren Unterstützung zu sichern und die Arbeit der Firma im Irak nicht zu gefährden.


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