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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

November 2009


Sonntag, 1. November, bis Sonntag 8. November
  • Bei der Explosion einer auf einem Fahrrad angebrachten Bombe sind am 1. November im Irak fünf Menschen getötet und 37 verletzt worden. Ziel des Anschlags war nach Polizeiangaben ein Obst- und Gemüsemarkt in der Nähe der Provinzhauptstadt Hillah, 95 Kilometer südlich von Bagdad. Der Täter stellte das Fahrrad mit der Bombe in der Nähe einer belebten Straßenkreuzung ab.
  • Die irakische Regierung hat ein Ölförderabkommen mit einem britisch-chinesischen Konsortium unter Führung des Energieriesen BP abgeschlossen. Ölminister Hussain al Schahristani sowie Vertreter von BP und der chinesischen CNPC unterzeichneten den Vertrag zur Erschließung des mit einer geschätzten Reserve von 17,8 Milliarden Barrel größten irakischen Ölfelds Rumaila im Süden des Landes am 3. November. Beide Unternehmen hatten Ende Juni den Zuschlag für die Förderung erhalten. Mit dem Vertrag beginne für den Irak ein neues Zeitalter des Aufbaus, und das Land werde weitere Unternehmen und Investoren anziehen, sagte Al Schahristani. In Rumaila liegen die drittgrößten bekannten Ölreserven weltweit. BP und CNPC wollen dort 2,85 Millionen Barrel pro Tag fördern und erhalten zwei Dollar pro Barrel. Das Abkommen läuft über 20 Jahre mit einer Option auf Verlängerung um fünf weitere Jahre.
  • Die kurdische Rebellengruppe PKK lehnt die jüngsten Reformzusagen der türkischen Regierung zur friedlichen Lösung des Kurdenkonflikts als Täuschungsmanöver ab. Die Reformen seien nur "Fassade", sagte der PKK-Anführer Murat Karayilan der Nachrichtenagentur AFP im Versteck der Kurdenrebellen in den nordirakischen Kandil-Bergen. Karayilan forderte die Freilassung des inhaftierten PKK-Chefs Abdullah Öcalan. Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) sei bereit, noch jahrzehntelang weiter zu kämpfen, so die Presse am 4. November. Karayilan forderte Ankara auf, den zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilten Öcalan freizulassen. Wenn die Türkei Öcalan als Gesprächspartner ablehne, könne sie auch mit der PKK oder mit der im Parlament von Ankara vertretenen legalen Kurdenpartei DTP verhandeln. Fortschritte in der Kurdenfrage könne es nur geben, wenn die türkische Armee sofort die Kampfhandlungen im Kurdengebiet einstelle und die türkische Regierung in einen Dialog mit Vertretern der Kurden eintrete. Die PKK hatte sich auf Geheiß Öcalans 1999 aus der Türkei in den Nordirak zurückgezogen. Die nordirakischen Kandil-Berge waren für die türkischen Kurdenrebellen lange ein sicherer Rückzugsraum. In jüngster Zeit haben irakische Spitzenpolitiker allerdings an die PKK appelliert, die Kandil-Berge zu verlassen. Karayilan betonte jedoch, die Kurdenguerilla genieße weiter das Vertrauen der Kurden.
  • Der Irak hat ein weiteres Ölförderabkommen mit einem internationalen Konsortium abgeschlossen. Die Großkonzerne Exxon Mobil und Royal Dutch Shell werden auf dieser Basis rund 50 Milliarden Dollar in die Erschließung des westlichen Ölfelds Kurna investieren, wie die Regierung in Bagdad am 5. November bekanntgab. Der Vertrag ist ebenfalls auf 20 Jahre angelegt.
  • Erstmals seit mehr als vier Jahren ist Ägypten wieder mit einem Botschafter im Irak vertreten. Wie am 7. November aus Diplomatenkreisen verlautete, kam der langgediente Diplomat Scherif Kamal Schahin ein Tag zuvor (6. November) in Bagdad an. Er ist der erste Botschafter seines Landes im Irak seit der Entführung und Ermordung des damaligen ägyptischen Geschäftträgers in Bagdad im Juli 2005. Zu der Tat hatte sich das Terrornetzwerk El Kaida bekannt.
  • Was die Berichterstattung zum gegenwärtigen Irak-Konflikt betrifft, hat die US-Zeitungslandschaft ein echtes Objektivitätsproblem. Einer Forschergruppe der Columbia University in New York ist nun der Nachweis gelungen, dass im Zeitraum von März 2003 bis März 2008 im Schnitt vier von fünf US-amerikanische Nachrichtenblätter in ihrer Berichterstattung zu Todesopfern auf der eigenen Seite übertrieben hohe Angaben verbreitet haben. Gleichzeitig wurde die entsprechende Opferzahl auf Seite der zivilen irakischen Bevölkerung deutlich reduziert wiedergegeben, was zu einem völlig verzerrten öffentlichen Bild der Ereignisse führte. "Wir sind überzeugt davon, dass unsere Untersuchung ein wichtiges Licht auf die Rolle der Medien bei der Berichterstattung zu bewaffneten Auseinandersetzungen und den Angaben zu menschlichen Kriegsopfern werfen kann", erklärt Studienleiter Schyler W. Henderson von der Columbia Universität gegenüber dem Wissenschaftsmagazin Science Daily. Es sei zwar nicht sehr überraschend, dass die US-Blätter einseitig über den Irak-Konflikt berichten, da sie schließlich auch die Interessen ihrer Leser wiederspiegeln würden. "Mit ethisch korrektem Journalismus hat das aber nicht mehr viel zu tun", kritisiert Henderson. "Objektivität ist zumeist das erste Opfer, wenn es um die journalistische Berichterstattung zu bewaffneten Konflikten geht", stellt Hendrik Zörner, Sprecher des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) fest. Was den speziellen Fall des Irak betrifft, sei mittlerweile einigermaßen bekannt, dass die US-Medien bereits seit 2001 ein Objektivitätsproblem hätten. "Positiv zu vermerken ist, dass zu dieser Problematik inzwischen auch in den USA selbst eine aktive Diskussion stattfindet", ergänzt Zörner.
  • Nach langer Verzögerung hat das irakische Parlament einem neuen Wahlgesetz zugestimmt und damit den Weg für die Wahl im Januar frei gemacht. Die Abgeordneten billigten das Gesetz am 8. November nach einer mehrstündigen Sitzung in gespannter Atmosphäre. Umstrittenster Punkt war die Einteilung der Wahlbezirke in der nordirakischen Stadt Kirkuk, wo Kurden, Turkmenen, Araber und Angehörige anderer Volksgruppen leben. Wie der Streitpunkt gelöst wurde, war zunächst nicht bekannt. Die Parlamentswahl im Irak ist für den 16. Januar geplant. Der Wahltermin werde vermutlich in der darauf folgenden Woche angesetzt, sagte der Vorsitzende der Wahlkommission, Faradsch al Haidari, am 7. November der Nachrichtenagentur AP. Wenn der Präsident und die beiden Vizepräsidenten das Wahlgesetz abgezeichnet hätten, werde die Kommission entscheiden, wie viel Zeit nötig sei. Die Verzögerung im Parlament hatte international die Sorge wachsen lassen, dass die Wahl verschoben werden müsse und sich damit möglicherweise auch der Zeitplan für den Abzug der US-Truppen hinauszögern könne. US-Präsident Barack Obama sprach nach der Abstimmung am 8. November von einem «wichtigen Meilenstein» für den Irak. Das Votum sei ein weiteres Signal, dass militante Feinde der Demokratie im Irak keine Chance hätten. Die USA würden auch bei ihrem Abzug weiter eng mit dem irakischen Volk und der Regierung zusammenarbeiten, versicherte Obama.
Montag, 9. November, bis Sonntag, 15. November
  • Unbekannte haben in der nordirakischen Stadt Kirkuk einen Vertrauten des radikalen Schiiten-Predigers Muktada al-Sadr ermordet. Nach Angaben der Polizei wurde der Vertreter der Sadr- Bewegung vor seinem Haus erschossen. Ein Parteifreund sagte, die Polizei habe den Sadr-Vertrauten nicht ausreichend geschützt. Dieser habe zu den entschiedensten Gegnern der Pläne der Kurdenparteien für eine Eingliederung der Öl-Stadt Kirkuk in das kurdische Autonomiegebiet gezählt, so die Presse am 9. November.
  • Einen Tag nach der Annahme eines neuen Wahlgesetzes durch das irakische Parlament hat die Wahlkommission für den 21. Januar Parlamentswahlen angesetzt. Der irakischen Präsidentschaft sei ein entsprechender Brief übermittelt worden und sie habe den Termin daraufhin bestätigt, sagte der Chef der Wahlkommission, Faradsch el Haidari, am 9. November der Nachrichtenagentur AFP. Das neue Parlament werde insgesamt 323 Sitze umfassen. Derzeit sitzen 275 Abgeordnete in der irakischen Volksvertretung.
  • Während in den US-Medien alles über das tragische Blutbad auf dem Armeestützpunkt Ford Hood spricht, hat die irakische Regierung am 10. November die aktuelle Ablenkung vor allem dazu genutzt, um ihre Zensurbemühungen voranzutreiben. So hat der Kommunikationsminister des Irak, Faruq Abd Al-Qadir, kürzlich eine neue Lizenzsteuer in der Höhe von 5.000 Dollar eingeführt, die künftig von allen Medienunternehmen zu entrichten ist. Die Mitarbeiter der insgesamt 58 im Land tätigen Branchenvertreter müssen zudem ab sofort um eine Arbeitserlaubnis beim Ministerium ansuchen, wenn sie auch weiterhin ihrem Job nachgehen wollen. Hintergrund für den aktuellen Zensurvorstoß im Irak ist laut Bericht des britischen Guardian vor allem die Sicherheitsproblematik des Landes, die sich durch eine Reihe von verheerenden Selbstmordattentaten mit geschätzten 250 Todesopfern im Laufe der letzten zwei Monate zunehmend zugespitzt hat. Die strengere Medienkontrolle soll dabei verhindern, dass durch negative Berichterstattung in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, dass es der Regierung nicht gelingt, innerhalb der eigenen Landesgrenzen für die nötige Sicherheit der Menschen zu sorgen. Obwohl Kritiker bereits von der Errichtung eines neuen Polizeistaats im Irak sprechen, will die dortige Regierung von Zensur oder Gleichschaltung der Medien nichts wissen. Einem Sprecher zufolge würden die aktuell umgesetzten Maßnahmen lediglich einen Versuch darstellen, die "innere Sicherheit" zu verbessern. "Wenn sich ein Medienunternehmen ungerecht behandelt fühlt, kann es jederzeit bei den zuständigen Behörden Beschwerde einreichen", lässt der Regierungssprecher wissen. Mit den neuen Regelungen werde ein völlig neues regulatorisches Umfeld für Medien geschaffen, das eine faire Berichterstattung fördere.
  • Im Zusammenhang mit dem blutigen Doppelanschlag im Bagdader Regierungsviertel Ende Oktober sind 73 mutmaßliche Mitglieder des Terrornetzwerks El Kaida und der früher regierenden Baath-Partei festgenommen worden. Iraks Ministerpräsident Nuri el Maliki sagte am 10. November auf einer Pressekonferenz in Bagdad, er habe das Vernehmungsprotokoll eines der Verdächtigen gelesen. Dieser sei gefragt worden, weshalb das Justizministerium für den schweren Anschlag ausgesucht worden sei. Er habe geantwortet, dass sich das Gebäude an einer belebten Straße befinde und viele Fenster habe, was zu "einer maximalen Opferzahl" führen werde, sagte Maliki.
  • Die türkische Regierung hat am 10. November eine seit Monaten angekündigte Initiative zur friedlichen Beilegung des Kurdenkonflikts ins Parlament eingebracht. Die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan will den Kurden mehr kulturelle Rechte geben. Innenminister Besir Atalay rief die Volksvertreter zu einem möglichst breiten Konsens für das Vorhaben auf. Die nationalistische Opposition kritisierte das Projekt jedoch heftig. Die Regierung möchte insbesondere die Sprachfreiheit für die Kurden ausweiten. Zugleich sollen möglichst viele Rebellen der im Irak verschanzten Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) dazu bewegt werden, die Waffen niederzulegen und in die Türkei zurückzukehren. Bereits am 3. November legte die Regierung im Parlament einen Entwurf für eine Gesetzesänderung vor, mit der Strafen für jugendliche Kurdendemonstranten abgemildert werden sollen. Abgeordnete der Oppositionspartei CHP warfen der Regierung vor, den kurdischen Separatismus zu unterstützen und das Land über ihre Pläne im Dunkeln zu lassen. Zudem protestierten die CHP und die rechtsnationalistische MHP dagegen, die Kurdendebatte am Todestag von Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk beginnen zu lassen. Zwei Oppositionsanträge auf Verschiebung der Debatte wurden mit der Mehrheit von Erdogans Regierungspartei AKP jedoch abgelehnt.
  • Die EU-Kommission hat sich mit der Regierung in Bagdad auf ein Abkommen zur Vertiefung der europäisch-irakischen Beziehungen verständigt. «Ich hoffe, dass wir mit dieser Vereinbarung eine sehr fruchtbare Partnerschaft aufbauen können», erklärte EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner am 13. November. Der von Ferrero-Waldner ausgehandelte Vertragstext muss allerdings noch von den 27 EU-Regierungen angenommen werden. Er sieht einen regelmäßigen politischen Dialog und eine Vereinfachung der Handelsbeziehungen zwischen der EU und dem Irak vor.
  • Nach dem Abzug seiner Truppen untersucht das britische Verteidigungsministerium Dutzende neue Misshandlungsvorwürfe aus dem Irak. Die mehr als 30 Fälle schließen Vergewaltigungen und Folter mit ein, wie die Regierung in London am 14. November bekanntgab. Es gebe daneben auch Vorwürfe von Irakern, Soldaten hätten sie ausgezogen und in ähnlicher entwürdigender Weise fotografiert, wie es US-Militärangehörige bei Gefangenen in Abu Ghraib taten. Auch weibliche britische Soldaten sollen an den Gewalttaten beteiligt gewesen sein. Der zuständige Minister Bill Rammell sicherte zu, dass alle Vorwürfe untersucht würden. Der Anwalt Phil Shiner, der die Iraker vertritt, erklärte, er gehe davon aus, dass es noch viele weitere Fälle gebe, die bislang nicht gemeldet worden seien. Einige Betroffene brächten erst jetzt, nach dem Abzug der Briten, ihre Klagen ein. Wegen der unmenschlichen Behandlung irakischer Gefangener wurde ein britischer Soldat vor zwei Jahren zu einem Jahr Gefängnis verurteilt und aus der Armee entlassen. Zwei weitere Anklagepunkte, Totschlag und Behinderung der Justiz, wurden indes zurückgewiesen. Es war das erste Mal, dass sich ein britischer Soldat vor einem Militärgericht zum Anklagepunkt eines Kriegsverbrechens für schuldig erklärte.
  • US-Verteidigungsminister Robert Gates hat mit einer neuen Sondervollmacht die Veröffentlichung weiterer Fotos untersagt, die amerikanische Soldaten beim Missbrauch von Gefangenen in Afghanistan und Irak zeigen. Die Veröffentlichung solcher Aufnahmen würde die Sicherheit von amerikanischen Bürgern und Soldaten gefährden, hieß es in einer Mitteilung des Pentagon am 15. November. Die Amerikanische Bürgerrechts-Union (ACLU) hatte durch alle Instanzen erfolgreich auf die Veröffentlichung von 21 Farbfotos geklagt, die amerikanische Soldaten beim Missbrauch afghanischer und irakischer Gefangener zeigen. Bevor der Fall das Verfassungsgericht erreichte, verabschiedete der Kongress ein Gesetz, das der Regierung neue Möglichkeiten gibt, die Veröffentlichung zu verhindern. Präsident Barack Obama unterzeichnete im vergangenen Monat das Gesetz, auf das sich Gates in einer am 13. November dem Verfassungsgericht zugeleiteten Notiz berief: «Die Veröffentlichung dieser Fotos würde Bürger der Vereinigten Staaten, Mitglieder der Streitkräfte oder Mitarbeiter der US-Regierung außerhalb der Vereinigten Staaten gefährden», heißt es darin. Pentagon-Sprecher Bryan Whitman sagte, Gates' Anordnung betreffe nicht nur die Veröffentlichung der von der ACLU beantragten Fotos, sondern von allen Ermittlungen in dem Zeitraum vom 11. September 2001 bis zum 22. Januar diesen Jahres.
  • Der irakische Vizepräsident Tarek al Haschimi hat mit einem Veto gegen das neue Wahlgesetz gedroht und damit die für Januar geplante Parlamentswahl infrage gestellt. Er könne das erst vor einer Woche vom Parlament gebilligte Gesetz ohne Korrekturen nicht akzeptieren, erklärte der Sunnit am 15. November. Sollte es bis 17. November nicht nachgebessert sein, werde er von seinem Vetorecht Gebrauch machen, sagte er dem Fernsehsender Al Hurra. Im Ausland lebenden Irakern müssten mehr Sitze im Parlament garantiert werden, und die bisherige Regelung sei ihnen gegenüber nicht fair, schrieb Al Haschimi in einem Brief an die Abgeordneten. Im Fernsehen sagte er, er werde kein Gesetz zulassen, «das der Verfassung und den Grundsätzen der Gerechtigkeit widerspricht, egal welcher Preis dafür gezahlt werden muss». Die meisten der schätzungsweise zwei Millionen Iraker, die vor der Gewalt im Irak ins Ausland geflüchtet sind, sind Sunniten. Das Parlament in Bagdad hatte nach langer Verzögerung dem neuen Wahlgesetz zugestimmt und damit den Weg für die am 21. Januar geplante Wahl frei gemacht.
Montag, 16. November, bis Sonntag, 22. November
  • Frankreich will seinen Einfluss im Irak ausbauen und strebt eine neue Zusammenarbeit mit dem Land an. Während des am 16. November beginnenden viertägigen Staatsbesuchs von Präsident Dschalal Talabani sollen etliche Verträge geschlossen werden, sagte der französische Botschafter in Bagdad, Boris Boillon. Die Abkommen zur Verteidigung, Inneren Sicherheit, Luftfahrt, Kultur und Wirtschaft sollten die Beziehung der beiden Staaten "rundum erneuern", sagte der Botschafter im Radiosender Europe 1. Sie beruhten auf einer "staatlich-privaten Partnerschaft" und sollten den französischen Steuerzahler nicht teuer zu stehen kommen.
  • In einem sunnitischen Dorf westlich von Bagdad sind bei einem Massaker mindestens 13 Menschen getötet worden. Ihre Leichen wurden auf einem Friedhof gefunden, wie die irakischen Behörden am 16. November mitteilten. Die Hintergründe der Tat waren noch unklar. Es könnte sich um einen gezielten Angriff Aufständischer auf Verbündete der Zentralregierung oder auch eine Auseinandersetzung innerhalb der Stämme der Region handeln. Einem unbestätigten Bericht zufolge trugen die mutmaßlichen Täter Militäruniformen. Unter den Toten waren auch Angehörige eines führenden Vertreters der Irakisch-islamischen Partei in der Region, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Allen Opfern sei wie bei einer Hinrichtung in den Kopf geschossen worden. Die Sicherheitskräfte verhängten ein Ausgehverbot. Die Gewalt in den sunnitischen Regionen westlich von Bagdad ist zwar drastisch zurückgegangen, seit sich die Stämme gegen die Terrororganisation Al Kaida im Irak verbündet haben, es kommt aber trotzdem immer wieder zu Angriffen auf Politiker, die der Regierung nahestehen, und deren Familien.
  • Laut der Organisation "Handicap International" hat es allein im Jahr 2008 weltweit 5 197 Unfälle mit Landminen und Blindgängern gegeben, wobei viele Menschen ums Leben gekommen oder verstümmelt worden sind. Viele Überlebende, darunter zahlreiche Kinder, verlieren mindestens ein Bein, manche werden auch an den Armen oder am Rumpf oder Kopf schwer verletzt; einige Opfer erblinden. Besonders betroffen sind Länder wie Irak, Afghanistan, Mosambik, Kambodscha und Bosnien-Herzegowina. Seit 1999 ist die "Ottawa-Konvention" in Kraft, die den Einsatz von Anti-Personenminen ächtet. Während im Jahr 1999 noch wahrscheinlich 15 Staaten solche Explosionswaffen verwendet haben, sind es laut dem "Landmine Monitor 2009" in diesem Jahr nur noch zwei Staaten: Myanmar und Russland, so die Presse am 16. November
  • Der kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger hat am 16. November den US-Truppen im Irak einen Besuch abgestattet. Im Camp Victory bei Bagdad dankte er den amerikanischen Soldaten für ihren Einsatz, schüttelte Hände, ließ sich bereitwillig fotografieren und verteilte Zigarren. Der ehemalige Bodybuilder sprach mit den Soldaten auch darüber, wie sie sich am besten fit halten könnten. Am 17. November will Schwarzenegger mit einigen Soldaten trainieren, wie sein Sprecher mitteilte. Anschließend fliegt der US-Politiker in seine österreichische Heimatstadt Graz, von wo aus er zum World Regions Forum nach Mailand weiterreist.
  • Die Misshandlung von Gefangenen im Irak war nach Aussagen eines ehemaligen britischen Soldaten in seiner Einheit "weit verbreitet". Jeder aus seiner Kompanie habe irakische Häftlinge getreten und geschlagen, sagte Donald Payne am 16. November in London in einer Anhörung zum Tod des 26-jährigen Irakers Baha Musa im September 2003. Er beschuldigte seinen ehemaligen Kommandeur, in einem Fall sogar Musas Verbrennung vorgetäuscht zu haben. Der Leutnant habe "einen Kanister Benzin vor dem Jungen platziert", dann "Wasser über ihn gegossen und ein Streichholz angezündet". Der junge Hotelrezeptionist war in der südirakischen Stadt Basra in britischer Gefangenschaft gestorben; seine Leiche wies 93 Verletzungen auf. Den Soldaten wird einem Zeitungsbericht zufolge vorgeworfen, irakische Zivilisten zwischen 2003 und 2007 vergewaltigt, gefoltert oder auf andere Weise misshandelt zu haben. Als ein möglicher Tatort wurde das von britischen und US-Soldaten geführte Gefängnis Camp Bucca bei Basra genannt.
  • Der Korruptionswahrnehmungsindex der Organisation Transparency International misst den Grad der bei Beamten und Politikern wahrgenommenen Korruption. Die Mehrzahl der 180 untersuchten Länder hat auf einer Skala von 0 (als sehr korrupt wahrgenommen) bis 10 Punkten (als wenig korrupt wahrgenommen) weniger als fünf Punkte erzielt. Der Irak wird nach der Auffassung genannter Organisation mit 1,5 (damit eines der korruptesten Länder weltweit) bewertet. Zum Vergleich: Deutschland wurde der Wert 8,0 (14. Platz mit Neuseeland als Spitzenreiter, wo am wenigsten Korruption wahrgenommen wird) verliehen, so nach Zeitungsberichten vom 17. November.
  • Die Selbstmordrate im amerikanischen Heer nimmt weiter zu. In diesem Jahr hat es nach Angaben der dpa vom 17. November schon 140 Selbstmorde gegeben - so viele wie im gesamten Jahr 2008. Damit dürfte 2009 zu einem neuen Suizid-Rekordjahr werden, obwohl es Fortschritte bei der Bekämpfung des Selbstmord-Problems gegeben habe, so ein Heeres-Vizestabschef. US-Soldaten werden verstärkt ermutigt, nach ihren Kriegseinsätzen in Afghanistan oder Irak, Hilfe in Anspruch zu nehmen und mögliche Probleme nicht unter den Teppich zu kehren.
  • Die Iraker dürfen künftig wieder Waffen im Haus haben. Wie das Büro des irakischen Regierungschefs Nuri el Maliki am 18. November mitteilte, hat dieser die Sicherheitskräfte angewiesen, leichte Waffen wie beispielsweise Pistolen oder Automatikgewehre künftig nicht mehr wie bisher zu konfiszieren. Allerdings darf es in jedem Haushalt nur eine Waffe geben und diese muss polizeilich registriert sein. Nach den schweren Gewaltakten zwischen verschiedenen Glaubensgruppen im Irak in den Jahren 2006 und 2007 hatte die Regierung in Bagdad der Polizei befohlen, sämtliche Haushalte des Landes nach Waffen zu durchsuchen und diese zu beschlagnahmen.
  • Der Irak will den französischen Mineralölkonzern Total bei der Vergabe von Ölförderlizenzen bevorzugen. Die Ausschreibung für ausländische Investoren sei nicht nur eine Frage von Zahlen, sagte der irakische Staatschef Dschalil Talabani am 18. November in Paris. Seine Regierung bevorzuge ein französisches Angebot, deshalb solle Total "das beste Angebot" vorlegen. "Wir wollen Total auf unseren Ölfeldern arbeiten sehen", sagte der Präsident.
  • Der Oberste Gerichtshof im Irak hat den Einspruch von Vize-Präsident Tarek el Haschemi gegen das Wahlgesetz für die im Januar geplante Parlamentswahl zurückgewiesen. In einem am 19. November bekannt gewordenen Schreiben des Gerichts an das Parlament heißt es, die Verfassung unterscheide nicht zwischen Inlands- und Auslandsirakern. Außerdem halte sich das Wahlgesetz an die in der Verfassung vorgesehenen Frauenquoten. Die Abgeordneten werden jetzt am 20. November erneut über das Wahlgesetz abstimmen, wie Parlamentspräsident Ijad Samarrai mitteilte. Nach Haschemis Veto war eine Verschiebung der Wahl erwarten worden. Eine Verzögerung des Urnengangs hätte auch Auswirkungen auf den Plan der USA, ihre Truppen bis zum August kommenden Jahres aus dem Irak abzuziehen. In dem Schreiben ist auch die Rede davon, dass für die Verteilung der Abgeordnetensitze "weder Haschemi noch das Parlament, sondern ausschließlich die Wahlkommission zuständig" sei. Gemäß der Verfassung bedarf ein Gesetz zu seinem Inkrafttreten der Ratifizierung durch den Präsidentschaftsrat, der aus dem Staatsoberhaupt und seinen beiden Stellvertretern besteht. Der Sunnit Haschemi hatte sich zuvor dafür ausgesprochen, dass der Anteil der Parlamentssitze für die im Ausland lebenden vier Millionen Iraker erhöht werden müsse. Das nach wochenlangen Verhandlungen am 8. November vom Parlament verabschiedete Wahlgesetz sieht bisher fünf Prozent der Sitze, also 16 der insgesamt 323 Abgeordnetenmandate, für Minderheiten, Auslandsiraker und kleine Parteien vor. Haschemi forderte dagegen einen Anteil von 15 Prozent. Für diesen Prozentsatz, der auch bei der Parlamentswahl 2005 galt, sprachen sich auch der irakische Präsident Dschalal Talabani, ein Kurde, sowie sein zweiter Stellvertreter, ein Schiit, aus.
  • Der irakische Präsident Dschalal Talabani ist Medieninformationen zufolge am 22. November ins Nachbarland Iran gereist, um dort Kurden vor der Hinrichtung zu bewahren. Talabani habe sich am 22. November in Teheran beim iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad für das Leben von zum Tode verurteilten iranischen Kurden eingesetzt, berichtete die Online-Ausgabe der Zeitung "Awina". Nach Talabanis Willen solle sich Ahmadinedschad bei Justizchef Sadek Laridschani dafür stark machen, diese Verurteilten nicht hinzurichten. Talabani ist selbst Kurde. Von amtlicher irakischer Seite wurde der Bericht zunächst nicht bestätigt.
  • Schlechte Ausrüstung, überstürzter Einsatz und keinen Plan: Beim Einmarsch britischer Soldaten in den Irak ist es nach einem Regierungsbericht zu gravierenden Pannen gekommen. Die ganze Operation sei schlecht vorbereitet, die Soldaten seien sowohl für den Kampfeinsatz als auch für die anschließende Besatzungszeit schlecht ausgerüstet gewesen. Das geht aus offiziellen Dokumenten hervor, aus dem der «Sunday Telegraph» am 22. November Anhörungen einer parteiübergreifenden Untersuchung zum Irak-Krieg zitierte. Zudem könnte der damalige Premierminister Tony Blair die Öffentlichkeit getäuscht haben, wie aus den Dokumenten hervorgeht, die der Zeitung zugespielt wurden. Demnach habe es schon im Februar 2002 Pläne für eine Invasion und einen Sturz des Regimes von Saddam Hussein gegeben. Blair hatte zu dieser Zeit behauptet, dass es Großbritannien nur um Abrüstung gehe und keine militärischen Aktionen geplant seien. Zwar sei der Kampfeinsatz als deutlicher militärischer Erfolg eingeschätzt worden, allerdings sei der Gegner auch eine drittklassige Armee gewesen. «Ein fähigerer Gegner hätte die Unzulänglichkeiten schwer bestraft», hieß es in dem Bericht. Kritiker bemängelten, dass ein Ergebnis der Untersuchung nicht vor den Wahlen im nächsten Jahr erwartet wird. Bei der Untersuchung handelt es sich nicht um einen Gerichtsprozess, weshalb es keine strafrechtlichen Konsequenzen geben wird. Opposition und Menschenrechtsgruppen hatten seit Jahren eine unabhängige Untersuchung gefordert.
  • Ein ranghoher turkmenischer Politiker ist in der nordirakischen Stadt Mossul ermordet worden. Nach Polizeiangaben wurde Jawus Ahmed Efendi vom Exekutivkomittee der Turkmenischen Front am 22. November in seinem Haus von einer Gruppe Bewaffneter erschossen. Im Irak leben rund 500.000 Turkmenen, die meisten von ihnen in Mossul, Kirkuk und Tal Afar. Sie sind immer wieder Zielscheibe von Attentaten, hinter denen die örtlichen Behörden Mitglieder des Terrornetzes El Kaida vermuten.
Montag, 23. November, bis Sonntag, 29. November
  • Zwischen der US-Militärführung im Irak und ihren britischen Verbündeten hat nach dem Einmarsch im März 2003 oftmals eine alles andere als harmonische Stimmung geherrscht: In Gesprächen mit Vertretern des Londoner Verteidigungsministeriums beklagten sich zahlreiche ranghohe Rückkehrer über ihren geringen Einfluss auf die Entscheidungen ihrer US-Kollegen, wie der "Daily Telegraph" am 23. November berichtete.
  • Im Irak ist eine Verschiebung der für Januar geplanten Parlamentswahl offenbar beschlossene Sache. Die Abstimmung könne aus juristischer und logistischer Sicht unmöglich wie vorgesehen stattfinden, erklärte Kassim al Abudi von der Wahlkommission am 24. November. Vizepräsident Tarik al Haschemi deutete an, er werde zum zweiten Mal sein Veto gegen das neue Wahlgesetz einlegen. Er verlangt mehr Mandate für die im Ausland lebenden Iraker. Diese Wählergruppe besteht mehrheitlich aus Sunniten - dieser Glaubensrichtung gehört auch Al Haschemi an. Der Verfassung zufolge muss die Parlamentswahl im Januar stattfinden. Die Wahlkommission werde aber ein Ergebnis im Streit über das Wahlgesetz abwarten, «bevor wir einen neuen Termin festsetzen», sagte Al Abudi. Nach dem ersten Veto Al Haschemis wurde das Gesetz mit Zustimmung der schiitischen und kurdischen Abgeordneten bereits geändert. Die bereits beschlossene Nachbesserung stellt zwar die kurdische, nicht aber die sunnitische Minderheit zufrieden. Die Sunniten sind der Ansicht, dass sie damit noch weniger Mandate als in der ursprünglichen Fassung erhalten würden. Al Haschemis Büro sagte, der Vizepräsident werde auf das Gesetz genauso reagieren wie beim letzten Mal. Präsident Dschalal Talabani rief seinen Stellvertreter auf, das nachgebesserte Gesetz zu akzeptieren. Es entspreche den Erwartungen aller Iraker, erklärte der Kurde. Das Parlament kann ein zweites Veto mit einer Dreifünftelmehrheit überstimmen.
  • In London hat am 24. November die mit Spannung erwartete öffentliche Untersuchung zur britischen Beteiligung am Irak-Krieg begonnen. Der Vorsitzende der unabhängigen Kommission, John Chilcot, betonte, es handle sich um Anhörungen, niemand stehe vor Gericht. In der ersten Sitzung schilderten ranghohe Regierungsvertreter die Irak-Politik der britischen Regierung vor Beginn des Irak-Kriegs im Jahr 2003. Vertreter des Außen- und Verteidigungsministeriums schilderten vor der fünfköpfigen Untersuchungskommission die britische Irak-Politik im Jahr 2001. Das Regime von Saddam Hussein in Bagdad sei zu diesem Zeitpunkt wegen seiner andauernden Bemühungen um Massenvernichtungswaffen zwar als Gefahr gesehen worden, habe jedoch nicht zu den Hauptsorgen der Regierung in London gehört, sagten die Ministeriumsvertreter. Nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 in den USA habe in Washington, und bis zu einem gewissen Maß auch in London, die Bereitschaft abgenommen, die mit dieser Politik verbundenen Risiken weiter hinzunehmen, sagte Peter Ricketts, der damals bei der Regierung erst für Geheimdienste zuständig war und dann ins Außenministerium wechselte.
  • Die US-Regierung hat ihre Bereitschaft erklärt, die öffentliche Untersuchung zur britischen Beteiligung am Irak-Krieg in London zu unterstützen. "Natürlich sind wir zur Zusammenarbeit bereit", sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums am 25. November. Die Untersuchung in Großbritannien sei ein "wichtiger demokratischer Vorgang". Falls dafür Informationen von den USA benötigt würden, wolle Washington diese wenn möglich weitergeben.
  • Mehr als 20 Menschen sind durch einen Bombenanschlag am 25. November in der irakischen Pilgerstadt Kerbela ums Leben gekommen. Nach Angaben von Augenzeugen explodierte zuerst ein Sprengsatz in einem Restaurant, das viele Soldaten zu seinen Stammgästen zählt. Wenige Minuten später explodierte eine zweite Bombe, die an einem vor dem Restaurant geparkten Motorrad befestigt war. Zur genauen Zahl der Opfer konnten Krankenhausärzte noch keine Angaben machen. In Kerbela leben fast ausschließlich Schiiten.
  • Nun betreibt auch die Irakische Regierung einen eigenen YouTube-Kanal. Ab sofort kann den irakischen Regierungsmitgliedern unter http://www.youtube.com/iraqigov live bei Gesprächen und Reden aus aller Welt zugesehen werden. Außerdem gibt es Filmmaterial, das einen Blick hinter die Kulissen der politischen Willensbildung in dem Land gewährt, wie Google am 25. November mitteilt.
  • Bewaffnete Angreifer haben bei einem Einbruch in ein Wohnhaus im Irak sechs Mitglieder einer Familie getötet. Bei den Opfern handelte es sich um ein Elternpaar und seine zwei Töchter sowie um zwei Brüder des Mannes, wie die Polizei in Tarmijah, 50 Kilometer nördlich von Bagdad, mitteilte. Zwei weitere Kinder des Paares blieben unverletzt. Das Motiv für die Bluttat vom 25. November war zunächst nicht bekannt. Die Region ist eine ehemalige Hochburg der Al Kaida.
  • Der britischen Regierung lagen vor Beginn des Irak-Kriegs im März 2003 offenbar Informationen vor, nach denen das Regime von Saddam Hussein seine Massenvernichtungswaffen selbst zerstört haben sollte. In den Tagen vor Beginn des Einmarsches von britischen und US-Truppen im Irak habe die Regierung in London entsprechende Hinweise erhalten, sagte ein früherer Mitarbeiter des britischen Außenministeriums, William Ehrman, am 25. November in London vor der unabhängigen Kommission, die den britischen Einsatz im Irak-Krieg untersucht. Das angebliche irakische Arsenal von Massenvernichtungswaffen hatte vor dem US-geführten Einmarsch als Rechtfertigung für die Militäraktion gedient.
  • Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki betrachtet die Blockade der ursprünglich für Januar angesetzten Parlamentswahl als eine Bedrohung der nationalen Sicherheit. Die anhaltende Weigerung des sunnitischen Vizepräsidenten Tarik al Haschemi, das nötige Wahlgesetz zu unterzeichnen, sei ein großes Risiko hinsichtlich der Verfassung, der Wirtschaft und der Sicherheit des Landes, sagte Al-Maliki am 26. November in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP. Der Regierungschef betonte jedoch, dass es trotz der Kontroverse um die Parlamentswahl keinen Anlass gebe, den Rückzug der US-Truppen zu verzögern. «Die amerikanische Präsenz im Irak wird in Übereinstimmung mit dem Rückzugsplan bis Ende 2011 beendet sein», sagte Al-Maliki.
  • Nur wenige Stunden nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 hat die damalige US-Außenminister Condoleezza Rice die Tat mit dem Irak in Verbindung gebracht. Dies erklärte der frühere britische Botschafter in Washington, Christopher Meyer, am 26. November in seiner Aussage vor dem Untersuchungsausschuss zum Irakkrieg in London. Rice habe gesagt, es gebe keinen Zweifel daran, dass es sich um eine Al-Kaida-Aktion handele, und es werde geprüft, ob es möglicherweise einen Bezug zum irakischen Staatschef Saddam Hussein gebe, erklärte Meyer. Jahre später musste die Regierung von Expräsident George W. Bush einräumen, dass eine solche Verbindung nicht festgestellt werden konnte. In ersten Gesprächen nach den Anschlägen sei der damalige britische Premierminister Tony Blair der Ansicht gewesen, dass man sich auf Al Kaida und Afghanistan konzentrieren müsse, sagte Meyer. Bis zu einem Treffen zwischen Blair und Bush auf dessen Ranch in Texas im April 2002 habe sich der Schwerpunkt aber auf den Irak verlagert gehabt. Die beiden Politiker hätten viel Zeit ohne Berater verbracht. Kritiker glauben, dass Blair zu diesem Zeitpunkt zugesichert hat, einen Sturz Saddam Husseins zu unterstützen - ein Jahr vor der Zustimmung des britischen Parlaments.
  • Drei Jahre nach der Hinrichtung von Saddam Hussein haben im Irak hunderte Menschen des ehemaligen irakischen Machthabers gedacht. Sie versammelten sich am 27. November in der nordirakischen Ortschaft Audscha am Grab des ehemaligen Präsidenten, der im Dezember 2003 von US-Truppen in einem unterirdischen Versteck entdeckt und festgenommen worden war. Den ganzen Tag über strömten sie zu dem dortigen Mausoleum, wo Saddam Hussein und seine beiden Söhne Udai und Kussai beigesetzt sind. Diese waren im Juli 2003 in der nordirakischen Stadt Mossul von US-Soldaten getötet worden. Saddam Hussein war am 30. Dezember 2006 gehenkt worden, dem ersten Tag des islamischen Opferfestes Eid el Adha, der dieses Jahr auf den 27. November fiel.
  • Auf dem Weg in den Irak-Krieg 2003 waren die USA nach Darstellung des ehemaligen britischen UN-Botschafters nicht an einer breiten internationalen Unterstützung interessiert. Vielmehr seien die entsprechenden britischen Bemühungen bewusst untergraben worden, sagte der damalige britische UN-Botschafter Jeremy Greenstock am 27. November vor dem Londoner Untersuchungsausschuss zum Irak-Krieg. Die damalige US-Regierung unter Präsident George W. Bush habe den Eindruck erweckt, als sei sie ungeachtet der Weltmeinung zum Krieg wild entschlossen. Bush habe kein echtes Interesse an einer UN-Resolution gehabt, die die Anwendung von Gewalt gegen Saddam Hussein autorisiert hätte, erklärte Greenstock. «Die USA haben die britischen Bemühungen nicht aktiv unterstützt und schienen unabhängig von der britischen Haltung den Krieg vorzubereiten», hieß es in der schriftlich vorbereiteten Stellungnahme des ehemaligen UN-Botschafters. Bemühungen um eine breite internationale Unterstützung seien von Washington als Zeitverschwendung abgetan worden.
  • US-Vize-Präsident Joe Biden hat die politischen Führer im Irak zu einer Einigung über die Modalitäten der Parlamentswahl aufgefordert. Biden habe dazu aufgerufen, eine "für alle Seiten faire Vereinbarung" zu treffen, teilte das Weiße Haus in Washington am 28. November mit. Ursprünglich sollte die Wahl am 18. und 21. Januar abgehalten werden. Der sunnitische Vize-Präsident Tarek el Haschemi hatte jedoch sein Veto gegen die Gesetzesvorlage eingelegt. Nach der Verfassung muss die Wahl eigentlich bis zum 31. Januar abgehalten werden. Parlamentspräsident Ijad el Samarai sagte jedoch am 27. November, die Wahl werde wegen den vielen Unstimmigkeiten wohl erst im März stattfinden.
  • Der frühere britische Generalstaatsanwalt Peter Goldsmith hat den damaligen Premierminister Tony Blair einem Zeitungsbericht zufolge vor dem Einmarsch in den Irak gewarnt. Wie die "Mail on Sunday" am 29. November berichtet, hatte Goldsmith dem Regierungschef im Sommer 2002, acht Monate vor Beginn des Irak-Kriegs, einen Brief geschrieben. Darin habe er festgestellt, dass es gegen internationales Recht verstoße, den irakischen Machthaber Saddam Hussein zu stürzen. Völkerrechtlich sei eine militärische Intervention nur zur Selbstverteidigung erlaubt, zitiert die Zeitung aus dem Schreiben. Der Irak habe für Großbritannien zu der Zeit aber keine Bedrohung dargestellt.
Montag, 30. November
  • Die Gewalt im Irak hat nach Regierungsangaben im November weniger als 90 Zivilpersonen das Leben gekostet, so wenige wie in kaum einem Monat seit dem Beginn der US-geführten Invasion 2003. Den am 30. November veröffentlichten Zahlen verschiedener Ministerien zufolge gab es 88 zivile Todesopfer. Im Oktober waren es mehr als 300, vor allem wegen eines Bombenanschlags in der Hauptstadt Bagdad. Seit Jahresbeginn ist die Gewalt durch Aufständische und Gefechte im Irak insgesamt deutlich zurückgegangen.
  • Das Oberste Gericht der USA hat am 30. November die Veröffentlichung von Fotos über die Misshandlung von Terrorverdächtigen durch US-Soldaten im Irak und in Afghanistan verhindert. Die Washingtoner Richter hoben das Urteil eines Gerichts in New York auf, welches das Verteidigungsministerium zur Vorlage der Fotos angewiesen hatte. Die US-Regierung wollte die Veröffentlichung verhindern, um weiteren Imageschaden für die USA sowie eine mögliche Gefährdung von US-Bürgern im Ausland abzuwenden.
  • Ein Fernsehsender mit Lobpreisungen auf den hingerichteten Diktator Saddam Hussein ist im Irak nach drei Tagen wieder gestoppt worden. Der Vorsitzende des sogenannten Saddam-Kanals sagte der Nachrichtenagentur AP am 30. November zur Begründung, man arbeite an technischen Verbesserungen und sei bis zum Wochenende wieder auf Sendung. Auf der Website des von Ministerpräsident Nuri al-Maliki geführten Parteienbündnisses wurde dagegen bereits das Aus des Satelliten-Kanals begrüßt. Regierungsvertreter vermuten, dass das Programm von Mitgliedern von Saddam Husseins Baath-Partei betrieben wird. Gezeigt wurden mit Reden und patriotischen Liedern unterlegte Bilder des früheren Staatschefs und seiner Söhne. Saddam Hussein wurde im Dezember 2006 hingerichtet.


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