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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

Juli 2009


Mittwoch, 1. Juli, bis Sonntag, 5. Juli
  • Die Bundesregierung hat weitere Unterstützung für den Irak angedeutet. Außenamtssprecher Jens Plötner sagte am 1. Juli in Berlin, der Abzug der amerikanischen Truppen aus den großen Städten sei ein weiter Schritt zur Konsolidierung der irakischen Souveränität. Die Bundesrepublik werde ihre Unterstützung fortsetzen, wo immer die Sicherheitslage es erlaube. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm ergänzte, die Regierung des Iraks habe bei Besuchen und Treffen ein hohes Interesse an Aufträgen der deutschen Wirtschaft bekundet. Insbesondere bei der Infrastruktur sei sie sehr gefragt. «Die Regierung wird all das, was sinnvoll ist, begleiten und unterstützen», sagte er. Plötner nannte als Beispiel für bereits existierende Maßnahmen ein Büro für Wirtschaftsförderung in Bagdad, Stipendien für junge Iraker und Kooperation bei der Sicherung archäologischer Stätten. Das kulturelle Erbe der «Wiege der Menschheit» sei in den Kriegs- und Besatzungsjahren «sehr schlecht behandelt» worden, sagte er.
  • Saddam Hussein hat die Welt bezüglich seines Waffenarsenals offenbar bewusst irregeführt, weil er den Iran fürchtete. Dies geht aus Vernehmungsprotokollen der US-Bundespolizei FBI hervor, die am Mittwoch (1. Juli) ins Internet gestellt wurden. Demnach räumte der frühere irakische Staatschef nach seiner Festnahme im Dezember 2003 ein, die Absichten des damaligen US-Präsidenten George W. Bush unterschätzt zu haben. Er habe geglaubt, die USA planten nur einen eingeschränkten Angriff auf sein Land, wird Saddam Hussein zitiert, der später von der irakischen Justiz zum Tode verurteilt und Ende Dezember 2006 gehenkt wurde. Einen solchen begrenzten Militärschlag habe er bewusst in Kauf genommen, um dem Iran nicht zu offenbaren, dass er überhaupt keine Massenvernichtungswaffen besitze. Denn in diesem feindlichen Nachbarland habe er die größte Bedrohung gesehen. Das Nationale Sicherheitsarchiv, ein regierungsunabhängiges US-Forschungsinstitut, hat auf der Basis des Gesetzes zur Informationsfreiheit eine Zusammenfassung der Vernehmungsprotokolle erhalten und auf seiner Website veröffentlicht. Demnach tat Saddam Hussein Osama bin Laden als Eiferer ab. Er selbst habe den Chef des Terrornetzwerks Al Kaida nie getroffen und auch nie mit ihm gegen die USA zusammengearbeitet, wird der gestürzte irakische Präsident weiter zitiert. Die Auffassung der US-Behörden, dass der Irak Massenvernichtungswaffen besitze und Terrororganisationen wie Al Kaida unterstütze, galt seinerzeit als Hauptgrund für die US-Invasion im März 2003.
  • Nach enttäuschendem Interesse bei der ersten Vergabe von Öl-Lizenzen seit über 30 Jahren hat die irakische Regierung am 2. Juli eine zweite Runde auf einen noch unbestimmten Termin verschoben. Ursprünglich sollten noch in diesem Jahr Förderrechte für elf Öl- und Gasfelder an internationale Unternehmen vergeben werden. Irak wollte mit den Einnahmen seinen Aufbau nach dem Krieg voranbringen.
  • US-Vizepräsident Joe Biden ist am Donnerstag, 2. Juli, zu einem nicht angekündigten Besuch im Irak eingetroffen. Wie das Weiße Haus mitteilte, will Biden die im Irak stationierten US-Truppen besuchen und mit Präsident Dschalai Talabani und Ministerpräsident Nuri al-Maliki sprechen. Es ist Bidens erster Besuch im Irak als Vizepräsident. Die US-Truppen übergaben am 30. Juni die Verantwortung für die Sicherheit in Bagdad und anderen Zentren der irakischen Regierung.
Montag, 6. Juli, bis Sonntag, 12. Juli
  • Der niederländische Diplomat Ad Melkert soll neuer UN-Gesandter für den Irak werden. Das kündigte UN-Generalsekretär Kofi Annan am 7. Juli in New York an. Melkert, einer von mehreren stellvertretenden Generalsekretären, soll den Schweden Staffan de Mistura Leiter der UN-Mission im Irak ablösen, der zum Welternährungsprogramm (WFP) wechselt
  • Am Mittwoch, 8. Juli, kamen bei der Explosion von Autobomben in zwei schiitischen Dörfern in der Nähe der nordirakischen Stadt Mossul 16 Zivilpersonen ums Leben.
  • Bei den schwersten Anschlägen im Irak seit dem Rückzug der US-Truppen sind am 9. Juli fast 60 Menschen getötet worden. Der folgenschwerste Anschlag ereignete sich in der nordirakischen Stadt Tal Afar. Dort rissen zwei Attentäter bei einer Doppelexplosion in enger zeitlicher Abfolge mindestens 38 Menschen mit in den Tod. Rund 70 weitere Menschen wurden nach Angaben der Polizei verletzt. Der Anschlag ereignete sich am Morgen (Donnerstag, 9. Juli) in der Nähe des Hauses eines Polizisten. Im Bagdader Stadtteil Sadr City detonierten am 9. Juli im Abstand von einer Minute und rund 100 Metern zwei Bomben. Dabei wurden nach Polizeiangaben 18 Menschen getötet und Dutzende verletzt. Ein Augenzeuge sagte, nach der ersten Detonation sei eine zweite Bombe explodiert, die unter Abfällen verborgen gewesen sei. Ein weiterer Anschlag im Bagdader Geschäftsviertel Karrada zielte am gleichen Tag auf Zentralbankgouverneur Sinan al Schibibi. Dabei wurden nach Polizeiangaben eine Zivilperson getötet und fünf weitere verletzt, darunter drei Leibwächter des Gouverneurs. Al Schibibi selbst blieb bei der Bombenexplosion unverletzt.
  • Bei zwei Bombenanschlägen im Irak sind am 11. Juli wieder acht Menschen ums Leben gekommen. Eine Autobombe riss dabei in einem vorwiegend von Schiiten bewohnten Dorf im Norden des Iraks vier Menschen in den Tod, wie die Polizei mitteilte. 38 Menschen erlitten Verletzungen, acht Häuser wurden zerstört. Die meisten Opfer waren in ihren Häusern, als sich die Explosion ereignete, erklärte die Polizei. Vier weitere Menschen kamen bei einem Anschlag in der Hauptstadt Bagdad ums Leben. Der Sprengsatz war dabei vor dem Eingang zu einer Billard-Halle platziert worden. 15 Menschen wurden verletzt, wie die Polizei mitteilte.
  • Am Sonntag, 12. Juli, zündeten Extremisten in der Hauptstadt Bagdad vor verschiedenen Kirchen insgesamt vier Sprengsätze. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Aswat al-Irak starben vier Menschen, 25 wurden verletzt. In der Stadt Kirkuk wurde am gleichen Tag ein christlicher Politiker ermordet.
  • Der US-Botschafter im Irak, Christopher Hill, ist einem Anschlag entgangen. Wie die Botschaft der Vereinigten Staaten in Bagdad mitteilte, wurde der Anschlag am 12. Juli verübt, als der Konvoi des Botschafters durch die Provinz Si Kar im Süden fuhr. Auch andere US-Diplomaten waren demnach mit dem Konvoi unterwegs, sie blieben alle unverletzt. Ein Wagen, der vor dem Wagen des Botschafters fuhr, wurde beschädigt.
Montag, 13. Juli, bis Sonntag, 19. Juli
  • Extremisten haben im Irak eine neue Terrorwelle gegen Christen begonnen. In Bagdads südlichem Vorort Al-Dura wurden am 13. Juli drei Zivilisten verletzt, als ein Sprengsatz neben der Mar-Jussif-Kirche explodierte. Drei Kinder erlitten Verletzungen durch einen Sprengstoffanschlag in der nordirakischen Stadt Mossul, durch den eine schiitische Moschee und die Jungfrau-Maria-Kirche beschädigt wurden. Rund die Hälfte der Christen ist seit dem Sturz von Präsident Saddam Hussein durch die US-Armee im Frühjahr 2003 aus dem Irak geflohen. Wie viele Christen sich in dem arabischen Land noch aufhalten, weiß niemand genau. Laut Schätzungen gibt es im Irak noch rund 800 000 Christen, von denen die meisten Chaldäer sind. Unter den wenigen Irakern, die in Deutschland in den vergangenen Jahren Flüchtlingsstatus erhalten haben, sind überproportional viele Christen.
  • Die Zahl der Asylbewerber ist im ersten Halbjahr (2009) leicht gestiegen. Mit Abstand am häufigsten waren irakische Asylanträge, wenn auch mit leicht sinkender Tendenz, wie das Innenministerium am 14. Juli berichtete. Etwa jeder vierte Asylbewerber kam aus dem Irak, insgesamt waren es 3.168 Personen.
  • Bei einem Selbstmordanschlag in der westirakischen Provinz Anbar sind mindestens sieben Menschen getötet worden. Der Attentäter zündete seine Autobombe am 15. Juli an einem Kontrollposten der irakischen Polizei und der Streitkräfte. Unter den Opfern waren mindestens sechs Polizisten, wie die Behörden mitteilten. 17 Menschen wurden verletzt. Der Anschlag ereignete sich in Ramadi rund 120 Kilometer westlich von Bagdad - einst eine Hochburg der sunnitischen Aufständischen.
  • In Bagdad kam am Freitag, 17. Juli, ein Ehepaar bei einem Bombenanschlag ums Leben. Der Sprengsatz detonierte unter einer Brücke im Osten der irakischen Hauptstadt, als das Paar wie hunderttausende weitere Schiiten zu Feiern anlässlich des Todestags von Imam Mussa al Kasim anreiste. Zwölf Menschen wurden verletzt. Einem Anschlag auf einen Polizisten in Karma, rund 50 Kilometer westlich von Bagdad, fielen dessen zwölfjährige Tochter und eine vierjährige Enkelin zum Opfer. Die Angreifer hatten zwei Sprengsätze unter dem Auto des Mannes und nahe der Eingangstür seines Hauses deponiert. Der Polizist und sechs weitere Familienmitglieder wurden verletzt.
  • Beim Absturz eines US-Militärhubschraubers in der Nähe von Bagdad sind zwei Besatzungsmitglieder ums Leben gekommen. Der Helikopter vom Typ MD-530 stürzte am 17. Juli während eines Übungsflugs ab, wie das Außenministerium in Washington mitteilte. Die Ursache war zunächst unklar. Zwei weitere Besatzungsmitglieder wurden nach Angaben der US-Botschaft im Irak schwer verletzt.
Montag, 20. Juli, bis Sonntag, 26. Juli
  • Die US-Truppen im Irak müssen nach ihrem Rückzug aus den Städten dort inzwischen weitgehend in ihren Kasernen bleiben. Ein Kommandeur der irakischen Streitkräfte verglich die Lage der amerikanischen Soldaten am 20. Juli mit einem Hausarrest. Sie könnten sich jetzt nicht mehr so frei bewegen wie zuvor, sagte Oberst Ali Fadhil der Nachrichtenagentur AP. So hätten die Iraker ein Ansinnen der US-Truppen abgelehnt, eine Razzia in Bagdad durchzuführen und ohne irakische Begleitung in der Hauptstadt zu agieren. Außerhalb der Städte könnten sich die amerikanischen Truppen aber ohne Genehmigung weiterhin völlig frei bewegen, sagten mehrere Behördenvertreter. Das Verteidigungsministerium in Washington sprach von einer engen Zusammenarbeit der amerikanischen und irakischen Truppen. Die US-Soldaten müssten sich wesentlich passiver verhalten als bislang und seien offenbar frustriert, weil sie nicht mehr so häufig auf Patrouille gehen könnten, sagte Oberst Fadhil. Die von den Amerikanern beantragte Razzia hätten irakische Soldaten selbst durchgeführt. In einem weiteren Fall habe eine US-Patrouille westlich von Bagdad eine Festnahme geplant, erklärte der Oberst. Er habe jedoch angeordnet, dass die Truppen ihre Hinweise an die irakischen Truppen weitergaben, die später auch die Festnahme in Eigenregie durchführten. Die US-Streitkräfte hatten sich in einem ersten Schritt zum 30. Juni aus den irakischen Städten zurückgezogen. Die zwischen Washington und Bagdad geschlossene Sicherheitsvereinbarung sieht den vollständigen Abzug der Amerikaner bis Ende 2011 vor.
  • US-Verteidigungsminister Robert Gates will das Heer vorübergehend um 22 000 Mann auf 569 000 Soldaten aufstocken. Grund sind die Belastungen durch die Kriege in Afghanistan und im Irak. Die Vergrößerung der US-Armee sei über die nächsten drei Jahre geplant, so Gates. Der Minister nannte die Aufstockung einen notwendigen Schritt, um den Bedürfnissen der Kommandeure gerecht zu werden, aber auch um die bereist entsandten Soldaten und ihre Familien zu entlasten, so Medien am Montag (20. Juli).
  • Bei einer Serie von Bombenanschlägen in mehreren irakischen Städten sind am 21. Juli nach offiziellen Angaben mindestens 18 Menschen getötet und Dutzende verletzt worden. Unter den Toten in Bagdad und anderen Städten sind laut Polizei mehrere Kinder. Die ersten zwei Explosionen ereigneten sich am frühen Dienstagmorgen (21. Juli) in Bagdad, im Abstand weniger Sekunden. Dabei wurden vier Menschen getötet und 31 verletzt. Die Sprengsätze detonierten im mehrheitlich schiitischen Viertel Sadr City in der Nähe einer Gruppe Tagelöhner, wie die Polizei mitteilte. Weitere Bomben detonierten später in Ramadi und Bakuba. Die Anschlagsserie kam einen Tag vor einem Treffen des irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki mit US-Präsident Barack Obama in Washington.
  • Bei ihrem Treffen am 22. Juli im Weißen Haus haben US-Präsident Barack Obama und Iraks Ministerpräsident Nuri el Maliki eine Vertiefung der zivilen Zusammenarbeit ihrer Länder angekündigt. "Die Beziehungen, die Amerikaner und Iraker im Krieg eingegangen sind, ebnen den Weg zum Fortschritt im Frieden", sagte Obama. Maliki äußerte den Wunsch nach engeren Beziehungen in Wirtschaft, Kultur und Bildung.
  • Die USA halten trotz der andauernden Gewalt im Irak an ihrem Zeitplan für einen endgültigen Rückzug aus dem Land bis Ende 2011 fest. Das erklärte US-Präsident Barack Obama nach einem Treffen mit dem irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki am 22. Juli in Washington. Der Abzug der US-Soldaten aus den irakischen Städten im vergangenen Monat (Juni 09) sei ein «unmissverständliches Signal, dass wir unsere Zusagen an das irakische Volk einhalten werden». Al-Maliki erklärte, die irakischen Truppen seien inzwischen hoch qualifiziert. Er versprach, sich für ein Ende der Gewalt zwischen den zerstrittenen islamischen Glaubensrichtungen einzusetzen. Zudem kündigte der irakische Regierungschef für Oktober 2009 eine internationale Konferenz zum Wiederaufbau seines Landes an. Beide Politiker sprachen sich für eine Aufhebung der nach dem Golfkrieg 1991 verhängten UN-Sanktionen gegen den Irak aus. Es war das erste Treffen Al-Malikis mit Obama im Weißen Haus. Beide hatten sich im April im Irak getroffen.
  • Die Bundesregierung hat mit ihrem restriktiven Vorgehen im BND-Untersuchungsausschuss gegen das Grundgesetz verstoßen. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Der am 23. Juli veröffentlichte Beschluss bezieht sich konkret auf die Ausschussarbeit zur Aufklärung der Hintergründe der Verschleppung deutscher Staatsbürger. Der 2006 eingesetzte Ausschuss sollte die Arbeit von BND-Agenten zur Zeit des Irak-Kriegs, mutmaßliche CIA-Gefangenenflüge über Deutschland und die Verschleppung deutscher Staatsbürger beleuchten. Im Zentrum standen zunächst die Entführung des Deutsch-Libanesen Khaled el-Masri durch die CIA und das Schicksal des langjährigen Guantanamo-Häftlings und Bremer Türken Murat Kurnaz, schließlich auch der Fall des von US-Soldaten verschleppten Deutsch-Ägypters Abdul-Halim Khafagy.
  • Der irakische Ministerpräsident Nuri el Maliki hat die wachsenden Spannungen zwischen den arabischen und kurdischen Einwohnern als Gefahr für sein Land bezeichnet. Der Streit der Volksgruppen sei "eines der gefährlichsten Probleme" für den Irak, sagte er am Donnerstag (23. Juli) in Washington. In einer weiteren Rede in der US-Hauptstadt erwog Maliki eine US-Truppenpräsenz im Irak auch nach 2011.
  • Ein Selbstmordattentäter hat bei einem Anschlag auf eine Trauergesellschaft westlich der irakischen Hauptstadt Bagdad bis zu fünf Menschen mit in den Tod gerissen. Der Anschlag ereignete sich nach Angaben der Polizei am Sonntagabend (26. Juli) in der Ortschaft Chladija in der Provinz Anbar. Zu diesem Zeitpunkt versammelten sich die Trauergäste zur Beisetzung eines am Vorabend bei einer Bombenexplosion getöteten Polizisten in einem Zelt.
  • Aus den Regionalwahlen im irakischen Kurdengebiet sind die Regierungsparteien nach Angaben der Wahlkommission als klare Sieger hervorgegangen. Präsident Massud Barsani konnte sich mit 69,57 Prozent aller Stimmen zudem eine zweite Amtszeit sichern. Der Herausforderer des Oppositionsbündnisses «Wandel», Kamal Mirawdeli, kam auf 25 Prozent der Stimmen. Bei der Wahl des Regionalparlaments ging Barsanis regierende Demokratische Partei Kurdistans (DPK) zusammen mit ihrem Koalitionspartner, der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) des irakischen Präsidenten Dschalal Talabani, mit 57,34 Prozent aller Stimmen in Führung. «Wandel» konnte sich bei der Abstimmung in den drei kurdischen Provinzen Dahuk, Erbil und Sulaimanija 23,75 der Stimmen sichern, was einen deutlichen Zugewinn für die Partei bedeutete. Von den 2,5 Millionen Wahlberechtigten waren am Samstag (25. Juli) 78 Prozent der Wähler an die Urnen gegangen, um den neuen Präsidenten der Region und das Parlament mit seinen 111 Sitzen neu zu bestimmen. Beobachter führten die hohe Wahlbeteiligung auf eine zunehmende Frustration der Wähler über die Regierungskoalition zurück, die wegen Vorwürfen der Korruption unter Druck stand.
Montag, 27. Juli, bis Freitag, 31. Juli
  • US-Verteidigungsminister Robert Gates ist zu einem unangekündigtem Besuch im Irak eingetroffen. Wie ein AFP-Reporter berichtete, landete Gates aus Jordanien kommend auf dem US-Militärstützpunkt Tallil rund 350 Kilometer südlich der Hauptstadt Bagdad. Gates hatte zuvor mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu über das iranische Atomprogramm beraten. Nach den Gesprächen reiste Gates weiter nach Amman, wo er den jordanischen König Abdullah II. traf. Gates werde zwei Tage im Irak bleiben und sich mit Regierungschef Nuri el Maliki treffen, sagte ein ranghoher Vertreter des US-Verteidigungsministeriums am 27. Juli. Zudem sei eine Reise ins Kurdengebiet im Norden des Irak geplant, wo Gates zwischen kurdischen und arabischen Irakern im Streit um die Kontrolle ölreicher Gebiete vermitteln will. Auf dem Programm des US-Verteidigungsministers stehe zudem eine Bewertung des Einsatzes der US-Truppen nach ihrem Rückzug aus den irakischen Städten und Dörfern Ende Juni.
  • Großbritannien verlegt seine letzten Soldaten im Irak bis auf weiteres nach Kuwait. Die Regierung zog damit die Konsequenzen daraus, dass es bislang keine gültige Grundlage für eine Stationierung über das Monatsende (Juli 09) hinaus gibt. Ein Abkommen, das bis zu 100 britische Soldaten für den Schutz von Ölplattformen und zur Ausbildung der irakischen Streitkräfte vorsieht, fand keine Mehrheit im irakischen Parlament. Der britische Botschaftssprecher Jawwad Syed sagte am 28. Juli, er sei optimistisch, dass eine Lösung gefunden werde, um die Soldaten in den Irak zurückkehren zu lassen. Das irakische Parlament vertagte sich am 27. Juli in eine einmonatige Sommerpause.
  • Irakische Truppen haben nördlich von Bagdad ein Lager von Exiliranern gestürmt. Dabei wurden nach Angaben eines Polizisten und der iranischen Volksmudschahedin (PMOI) sieben Menschen getötet. Rund 300 weitere wurden laut PMOI verletzt. Die Opferzahlen konnten nicht unabhängig bestätigt werden; die Behörden ließen Journalisten am Mittwoch (29. Juli) nicht zu dem Lager vor. Die Regierung in Teheran fordert seit langem die Schließung des Lagers, während die USA für eine weitere Tolerierung eintraten. Die Präsidentin des Nationalen Widerstandsrats, zu dem auch die Volksmudschahedin gehören, Maryam Rajavi, warf den US-Truppen vor, bei der Erstürmung des Lagers anwesend gewesen zu sein, aber nichts unternommen zu haben. «Wir rufen Präsident Obama zur Intervention auf», sagte sie. Ein Sprecher des US-Außenministeriums, Ian Kelly, sagte in Washington, kein Mitglied der Organisation werde gewaltsam in ein Land abgeschoben, wo es Verfolgung zu befürchten habe. Es handle sich um eine irakische Angelegenheit, die von den USA aber aufmerksam beobachtet werde.
  • US-Verteidigungsminister Robert Gates schließt angesichts einer Verbesserung der Sicherheitslage im Irak einen schnelleren Truppenabzug nicht aus. Auf dem Rückflug in die USA sagte Gates, so wie der US-Kommandeur im Irak, Ray Odierno, die Entwicklung sehe, könne der Rhythmus für den Abzug beschleunigt werden, so Medienberichten zufolge am 29. Juli. Gates war zu einem zweitägigen Überraschungsbesuch im Irak eingetroffen. US-Präsident Barack Obama hat angekündigt, dass bis Ende August 2010 alle Kampftruppen aus dem Irak abgezogen werden sollen. Zwei der insgesamt 14 Kampfbrigaden sollen das Land demnach bis Ende dieses Jahres verlassen. Gates sagte nun, "vielleicht" könne eine weitere Kampfbrigade vor der Parlamentswahl im Januar abgezogen werden. Alles hänge von den Umständen ab. Eine Kampfbrigade besteht aus 2000 bis 3000 Soldaten. Derzeit haben die USA etwa 128.000 Soldaten im Irak stationiert. Ein Kontingent von bis zu 50.000 US-Soldaten soll bis Ende 2011 im Land bleiben, um die irakischen Sicherheitskräfte zu unterstützen. Ende Juni hatten sich die US-Truppen aus den irakischen Städten in ihre Hauptstützpunkte zurückgezogen.
  • Zwei weitere britische Geiseln sind wahrscheinlich getötet worden, das bestätigte der britische Außenminister David Miliband am 29. Juli in Washington. Sie waren vor mehr als zwei Jahren im Irak verschleppt worden. Inzwischen hat das Londoner Außenamt den Familien mitgeteilt, dass glaubwürdige Informationen nahelegten, «dass ihre Lieben sehr wahrscheinlich tot sind». Im Juni waren der britischen Botschaft in Bagdad bereits die Leichen zweier toter Sicherheitsleute übergeben worden.
  • Die irakische Regierung hat erstmals eingeräumt, dass bei der Erstürmung eines Lagers von Exiliranern nördlich von Bagdad Menschen zu Schaden gekommen sind. Es seien sechs Bewohner von Camp Aschraf getötet und etwa 35 Polizisten verletzt worden, erklärte Regierungssprecher Ali al Dabbagh am 30. Juli. Er wies aber Vorwürfe zurück, die irakischen Sicherheitskräfte seien mit übermäßiger Härte gegen die Volksmudschahedin (PMOI) vorgegangen.
  • Bei zwei Anschlägen sind im Irak am 30. Juli nach Polizeiangaben mindestens zwölf Menschen getötet und 25 weitere verletzt worden. Ein Selbstmordattentat in der Provinz Dijala nördlich von Bagdad galt dem Gebäude einer mehrheitlich von Sunniten unterstützten Partei, der Bewegung für Reform und Entwicklung. Die Explosion in der Provinzhauptstadt Bakuba riss sieben Menschen in den Tod, 10 weitere wurden verletzt. In der Stadt Kaim im Westen des Landes nahe der syrischen Grenze wurden bei einem Anschlag auf eine Polizeiwache fünf Menschen getötet. 15 Menschen wurden verletzt.
  • Australien hat drei Tage vor der mit Bagdad vereinbarten Frist zum Monatsende seine letzten Soldaten aus dem Irak abgezogen. Die zwölf Mann wurden bereits am Dienstag (28. Juli) nach Hause geholt, wie die Streitkräfte am 31. Juli mitteilten. Australien hatte sich an der Invasion im Irak 2003 mit 2.000 Soldaten beteiligt. Von August an bleiben lediglich noch rund 100 Soldaten zum Schutz von Diplomaten und der australischen Botschaft im Land.


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