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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

Februar 2009


Sonntag, 1. Februar, bis Sonntag, 8. Februar
  • Anders als bei der letzten Wahl im Jahr 2005 gab es bei der Abstimmung über die Provinzräte diesmal weder Bombenterror noch Boykottaufrufe. Um das Risiko von Terroranschlägen zu minimieren, hatte die Polizei am Wahltag in den Stadtzentren Fahrverbote verhängt. Vor den zum Jahresende anstehenden Parlamentswahlen werteten Beobachter dies als ein hoffnungsvolles Zeichen, so die Presse am 1. Februar. Regierungschef Nuri al-Maliki bezeichnete die Wahlen im Nachhinein als Aufbruch und "Schritt in die richtige Richtung".
  • Der bisherige Chefunterhändler der USA für Nordkorea, Christopher Hill, soll Medienberichten am 4. Februar zufolge neuer Botschafter in Bagdad werden. Präsident Obama haben den erfahrenen Diplomaten für den Schlüsselposten in der irakischen Hauptstadt ausgewählt, berichten mehrere US-Medien.
Montag, 9. Februar, bis Sonntag, 15. Februar
  • Frankreich will massiv in Irak investieren: Bei einem Überraschungsbesuch in Bagdad kündigte Präsident Nicolas Sarkozy am 10. Februar Investitionen französischer Unternehmen sowie eine intensive Zusammenarbeit mit der irakischen Regierung an. Sarkozy ist der erste europäische Staatschef, der seit dem Sturz Saddam Husseins 2003 in den Irak reiste, gleichzeitig auch der erste französische Präsident, der den Irak besucht. Frankreich biete eine uneingeschränkte Zusammenarbeit in Bereichen wie Verteidigung, Sicherheit sowie bei der Energieversorgung an. Es könne bei der Ausbildung irakischer Eliten sowie von Polizei und Militär geholfen werden. Außerdem sollen Landesvertreter in Irak gesandt werden. Sarkozy will von Irak aus weiter Richtung Oman, Kuwait und Bahrain fliegen, um seine Amtskollegen zu besuchen.
  • In Irak haben sich Parlamentarier verschiedener Parteien zusammengefunden, um von Israel Entschädigungszahlungen für die Zerstörung der Atomanlage Osirak bei Bagdad zu fordern. Israels Luftwaffe hatte den Reaktor 1981, während der Irak gegen Iran Krieg führte, in Schutt und Asche gelegt. Nach einem Zeitungsbericht vom 12. Februar wollen die Abgeordneten, dass Israel mehrere Milliarden US-Dollar Entschädigung für den zerstörten Reaktor zahlt. Unterdessen wurde der sunnitische Politiker, Abdelkarim Challaf al-Scharabi, ein führendes Mitglied der Partei Nationale Dialogfront, von Unbekannten ermordet.
  • Schon wieder hat sich eine Selbstmordattentäterin inmitten einer schiitischen Pilgergruppe in Irak in die Luft gesprengt und mindestens 31 Menschen getötet. Der Anschlag am 13. Febrauer galt vor allem schiitischen Frauen und Kindern. Das Imam-Hussein-Mausoleum in Kerbela wird immer wieder zum Schauplatz furchtbarer Attentate. Am selben Tag hat die türkische Armee Medienberichten zufolge während eines Angriffs auf mehrere Stützpunkte 13 Extremisten der kurdischen PKK im Norden Iraks getötet.
  • Der Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitkräfte im Mittleren Osten, General David Petraeus, forderte am 14. Februar Iran auf, extremistische Gruppen nicht länger zu unterstützen. Dies gelte insbesondere für Organisationen, die zur anhaltenden Gewalt in Irak beitrügen, sagte Petraeus auf einem Islam-Forum im Emirat Katar. Die Vereinigten Staaten beobachteten Teheran "sehr, sehr genau", aber sie seien auch offen für Signale einer neuen Bereitschaft zur Kooperation.
Montag, 16. Februar, bis Samstag, 28. Februar
  • Als erster deutscher Außenminister seit 1987 ist Frank-Walter Steinmeier am 17. Februar zu einem Besuch in Irak eingetroffen. "Die irakische Regierung hat in den vergangenen Monaten wichtige Erfolge bei der politischen Stabilisierung des Landes erzielt", so Steinmeier gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Seien Reise solle die Unterstützung "auf dem Weg der demokratischen Konsolidierung und des friedlichen Ausgleichs zwischen Religionen und Ethnien" signalisieren. Steinmeier will eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Irak fördern. Regierungschef Nuri al-Maliki äußerte während des Besuchs die Hoffnung auf ein stärkeres Engagement deutscher Unternehmen in Irak.
  • Ab dem 18. Februar steht in Bagdad der berühmteste Schuhwerfer vor Gericht. "Dies ist der Abschiedskuss der Iraker, du Hund!". Mit diesem wenig schmeichelhaften Gruß warf der irakische Journalist Muntazer al-Zaidi (30) am 14. Dezember beherzt seinen ersten Schuh auf US-Präsident George W. Bush, dem es in einer raschen Reaktion gelang, sich hinter dem Rednerpult wegzuducken. "Und dies ist für die Witwen und Waisen und alle, die in Irak ermordet wurden", rief der aufgebrachte Journalist weiter und warf seinen zweiten Schuh gleich hinterher. Der Präsident blieb jedoch unversehrt.
  • Das berüchtigte Gefängnis Abu Ghraib in Irak ist unter neuem Namen wiedereröffnet worden, hieß es in einem Bericht der Süddeutschen Zeitung am 23. Februar. Es heißt jetzt Zentralgefängnis Bagdad und verfügt nach Behördenangaben über Freizeiteinrichtungen, Trainingsgeräte, Computer und eine Bücherei. "Wir haben daraus etwas gemacht, das eher wie eine Ferienanlage aussieht", sagte Mohammed al Seidi vom Amt für Wiedereingliederung in dem Artikel. Abu Gharaib war unter dem früheren Machthaber Saddam Hussein ein Zentrum für Folter. Später wurde die Haftanstalt zum Symbol amerikanischer Menschenrechtsverstöße.
  • US-Präsident Obama will nach Medienberichten vom 26. Februar zufolge noch Ende Februar den Abzug aller US-amerikanischen Kampftruppen aus Irak bis August 2010 verkünden. Ein Abzug bis August 2010 würde drei Monate über die 16-monatige Abzugsfrist hinausgehen, die Obama im Präsidentschaftswahlkampf genannt hatte.
  • Wirtschaftsminister Karl-Theodor-Guttenberg (CSU) sieht große Potentiale für die deutsche Wirtschaft in Irak und hat die deutsche Wirtschaft aufgerufen, die Geschäfte mit dem Land auszubauen, so die Presse am 28. Februar. Guttenberg deutete an, dass er im Laufe dieses Jahres noch mit einer Wirtschaftsdelegation in den Irak reisen könnte. Außenminister Steinmeier besuchte in der letzten Woche (am 17. Februar) Irak und eröffnete dabei ein Informationsbüro für die deutsche Wirtschaft in Bagdad.


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