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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

Juni 2008


Sonntag, 1. Juni, bis Sonntag, 8. Juni
  • Australien hat offiziell den Kampfeinsatz seiner Truppen im Irak beendet. In einer kurzen Zeremonie wurde im Stützpunkt Terendak im Süden des Landes die Flagge eingeholt, berichteten die australischen Medien am 2. Juni. Die australischen Militärs übertrugen ihre bisherigen Aufgaben an amerikanische Truppen. Rund 550 australische Soldaten sollen noch bis Monatsende in die Heimat zurückkehren. Die Australier räumten die Provinzen Dhi Kar und Muthanna, wie der irakische Gouverneur Asis Kadum Alwan mitteilte. Auch nach dem Abzug der Kampftruppen werden sich im Irak und den benachbarten Ländern noch rund tausend australische Sicherheitskräfte aufhalten, darunter eine 110 Mann starke Einheit in Bagdad. Damit hat Australiens Regierungschef Kevin Rudd ein zentrales Wahlversprechen umgesetzt.
  • Der frühere australische Premierminister John Howard soll sich wegen der Beteiligung seines Landes am Irak-Krieg vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStG) verantworten. Wie der australische Rundfunk am 2. Juni berichtete, bezichtigt ein Zusammenschluss von Rechtsanwälten, Akademikern und Politikern Howard als Kriegsverbrecher, weil er australische Soldaten in einen nicht von der UNO gut geheißenen Krieg geschickt habe. "Wir haben auf 52 Seiten Beweise zusammengstellt", sagte der Sprecher der Initiative, Glen Floyd. Der Antrag wurde demnach dem IStG in Den Haag zugestellt. Howards Nachfolger Kevin Rudd, der inzwischen einen Rückzug aus dem Irak ankündigte, warf der Vorgängerregierung bei einer Parlamentssitzung vor, den Irak-Einsatz ohne stichhaltige Begründung angeordnet zu haben. Weder sei es gelungen, Terroranschläge zu verhindern, noch seien im Irak Massenvernichtungswaffen gefunden worden, sagte Rudd. Die humanitäre Lage sei nicht verbessert worden, die terroristische Bedrohung habe sich im Grunde noch verstärkt.
  • Die US-Regierung soll in ihren Verhandlungen über ein langfristiges Militärabkommen mit der irakischen Regierung angeblich am 3. Juni das Recht gefordert haben, vom Irak aus jedes Land anzugreifen, “das eine Gefahr für die internationale Stabilität darstellt“. Das wurde als indirekte Drohung gegen den Iran verstanden. Zahlreiche irakische Politiker und führende Geistliche hatten in den vergangenen Tagen vehement gegen das geplante Abkommen agitiert.
  • Das Nationale Olympische Komitee (NOK) des Irak ist vom Exekutivkomitee des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) am 4. Juni auf seiner Sitzung in Athen vorläufig suspendiert worden. Das IOC reagierte damit auf einen irakischen Regierungserlass vom 20. Mai, der die Auflösung des NOKs und aller nationaler Sportverbände angeordnet hatte. "Das ist die Konsequenz für die politische Einflussnahme der Regierung auf die Sportbewegung im Irak", hieß es in der IOC-Mitteilung. Sollte es bei der Suspendierung bleiben, würden keine irakischen Sportler an den Olympischen Spielen in Peking (8. bis 24. August) teilnehmen können. Der gleiche Vorgang hatte sich bereits in der vergangenen Woche im Fußball-Weltverband FIFA ereignet, der den irakischen Fußball-Verband IFA aus dem gleichen Grund ausgeschlossen hatte. Dieser Beschluss wurde jedoch drei Tage später wieder rückgängig gemacht, nachdem der Generalsekretär des irakischen Ministerrats der FIFA mitgeteilt hatte, dass der Regierungserlass nicht auf den IFA angewandt werde. Damit sei die statuarische Ordnung des irakischen Verbands wiederhergestellt und auch die Verbandsführung wieder legitimiert.
  • Die irakische Regierung hat ihre Verhandlungen über ein langfristiges Militärabkommen mit den USA vorübergehend auf Eis gelegt. Der Grund: Die Iraker fühlen sich von dem Entwurf, den Washington vorgelegt hat, regelrecht beleidigt. Ein Vertrauter von Ministerpräsident Nuri al-Maliki sagte am 4. Juni im staatlichen Fernsehen, in dem amerikanischen Entwurf gebe es so viele Forderungen, die inakzeptabel seien. Ende dieses Jahres läuft das UN-Mandat für die ausländischen Truppen im Irak aus.
  • Eine Autobombe hat in Bagdad am 4. Juni mindestens 13 Menschen in den Tod gerissen, darunter ein Kind. Mehr als 50 weitere Menschen wurden verletzt, wie aus Polizei- und Krankenhauskreisen weiter verlautete. Die Bombe detonierte am Nachmittag in der Nähe des Hauses eines Polizeigenerals. Der General kam nicht zu Schaden. Es war der folgenschwerste Autobombenanschlag in der irakischen Hauptstadt seit Mitte April.
  • Soldaten entdeckten am 4. Juni im Irak zwei Massengräber. Gemeinsam mit Dorfbewohnern gruben irakische Sicherheitskräfte am Rand der Ortschaft Latifija mindestens 13 Tote aus, wie die Behörden mitteilten. Amerikanische Soldaten fanden weiterhin mindestens zehn Leichen in einem Abwasserkanal eines Hauses im Osten Bagdads. Das gab die US-Armee am 4. Juni bekannt. Die Region um Latifija, etwa 30 Kilometer südlich von Bagdad, war eine Hochburg des sunnitischen Aufstands. Ende vergangenen Jahres brachten US-Truppen sie unter Kontrolle. Erst jetzt fühlten sich Einwohner sicher genug, um Hinweise auf Massengräber zu geben, sagte ein irakischer Soldat bei der Ausgrabung. Die Leichen wurden in der Nähe des Massengrabs beigesetzt. Die von den Amerikanern geborgenen Opfer sind nach Angaben der US-Armee seit mindestens zwei Jahren tot. Soldaten hatten den Kanal auf den Tipp eines Anwohners hin durchsucht.
  • Am 4. Juni wurden nach Militärangaben bei einem Feuergefecht im Norden Iraks drei US-Soldaten erschossen. Die Zahl der seit Beginn des Irakkriegs im März 2003 getöteten US-Soldaten steigt damit laut einer Zählung der Nachrichtenagentur AP auf 4.090. Die irakische Polizei hob nach eigenen Angaben ein großes Waffenlager in Samarra aus. Darin hätten die Polizisten Hunderte Sprengstoffgürtel, drei Autobomben und einige Raketen gefunden, sagte ein Polizist.
  • Der Irak will gegen die Suspendierung seines Nationalen Olympischen Komitees (NOK) Einspruch einlegen. Wie die Regierung am 5. Juni mitteilte, sollen hochrangige Beamte zu Sondierungsgesprächen mit dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) entsandt werden, um die am Mittwoch durch die Exekutive wegen "politischer Einflussnahme" verhängte Sperre rückgängig zu machen. Sollte die Regierung in Bagdad nicht einlenken, könnte der Irak nicht an den Sommerspielen von Peking (8. bis 25. August) teilnehmen. Denkbar wäre allerdings, dass irakische Sportler unter der IOC-Flagge starten. Eine entsprechende Regelung gab es zuletzt 2000 in Sydney für Ost-Timor. Die irakische Regierung hatte am 21. Mai eine neue NOK-Führung unter dem Sportminister eingesetzt, da das alte Gremium angeblich nicht handlungsfähig sei. Iraks NOK-Präsident Ahmed Al Samarrai war 2006 entführt worden, über sein Schicksal ist bis heute nichts bekannt. Der Eingriff der Regierung in die NOK-Autonomie sei jedoch unabhängig von der politischen Lage ein klarer Verstoß gegen die Olympische Charta, der in keiner Weise akzeptiert werde, befand die IOC-Exekutive.
  • Die Bundesanwaltschaft hat im Prozess um Internet-Propaganda für Al Kaida vor dem Oberlandesgericht Celle für den angeklagten Iraker eine Haftstrafe von drei Jahren und zehn Monaten gefordert. Der 37-Jährige aus Georgsmarienhütte habe sich des Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für das Terrornetzwerk in 22 Fällen schuldig gemacht, sagte Oberstaatsanwalt Peter Ernst am 5. Juni in seinem Plädoyer. Der Bundesanwalt beantragte außerdem die Einziehung des Notebooks, mit dem der Angeklagte Botschaften von Al-Kaida-Anführern verbreitet hatte. Außerdem verlangte Ernst, die Fortdauer der Untersuchungshaft des Irakers anzuordnen. Nach Aussage des Oberstaatsanwalts hat der 37-Jährige den Teilnehmern eines islamistischen Internet-Chats unter anderem Video- und Audiobotschaften von Osama bin Laden zugänglich gemacht. Im Laufe des Verhandlung vor dem OLG Celle wurden von ursprünglich 28 Anklagevorwürfen sechs weniger ins Gewicht fallende aus prozessökonomischen Gründen eingestellt. Laut Bundesanwaltschaft handelt es sich um den ersten Prozess in Deutschland, der wegen Werbung für Al Kaida im Internet angestrengt wurde. Dem Angeklagten wird Werbung um Mitglieder und Unterstützer sowohl für Al Kaida als auch deren im Irak aktive Gliederung Al Kaida im Zweistromland vorgeworfen.
    Der Iraker habe die Al-Kaida-Botschaften keineswegs nur zu Informationszwecken weitergegeben, betonte der Oberstaatsanwalt. Das ergebe sich aus den Gesamtumständen seiner Taten. So habe er für die Verbreitung gezielt den islamistischen Internet-Chat ausgesucht und habe auch selbst eine fundamentalistisch-islamistische Einstellung. In Telefonaten mit Familienangehörigen im Irak habe er den gewaltsamen Djihad als Pflicht eines jeden Moslems und den Terror als wesentliches Element des Islams bezeichnet. Die Verbreitung der Al-Kaida-Botschaften über das Internet sei keine Freizeitaktivität ohne Bezug zum realen Leben, betonte der Oberstaatsanwalt. Al Kaida sei auf die Propaganda im Internet, auf die “Terrorwaffe Internet“ angewiesen, um neue Täter und Spenden von Unterstützern zu werben. Deshalb dürfe man die Propaganda für Al Kaida nicht bagatellisieren, fuhr Ernst fort. Der Anklagte habe für “die feigen Mörderhände, die aus dem Hinterhalt agieren“, geworben. Für die Strafbarkeit komme es auf den Erfolg seines Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für Al Kaida nicht an. Die Verteidigung soll vor dem Staatsschutzsenat des OLG Celle am 12. Juni plädieren. Das Urteil wird eine Woche später erwartet.
  • Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) will am 5. Juni bei den EU-Partnern für eine verstärkte Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Irak werben. Beim Treffen der EU-Innenminister in Luxemburg will Schäuble seine Pläne erstmals im Detail vorstellen. Diplomaten zufolge hat der Bundesinnenminister den Vorschlag nach erster Kritik aus der EU abgeschwächt. So gehe es nicht mehr allein um eine verstärkte Aufnahme irakischer Christen, sondern allgemein um den Schutz religiöser Minderheiten. Thema bei dem Ministerrat sind zudem geplante EU-Regeln für die Abschiebehaft. Die europäischen Justizminister beraten am 6. Juni über den umstrittenen Plan, Unterhaltsansprüche in einem anderen EU-Land leichter geltend machen zu können.
    Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble dringt weiter auf die Aufnahme verfolgter Christen aus dem Irak in Europa. Die Europäische Union sollte “ein deutliches politisches Zeichen von Solidarität und aktiverer humanitärer Unterstützung gegenüber den Flüchtlingen setzen“, forderte Schäuble in einem Papier, das er den übrigen EU-Innenministern in Luxemburg vorlegte. Zwar nähmen Deutschland und andere EU-Länder schon heute zahlreiche Asylbewerber aus dem Irak auf, erklärte Schäuble. “Angesichts der Fortdauer von weit verbreiteter Unsicherheit, Gewalt und der Verletzung von Menschenrechten im Irak“ sollte die EU aber nicht nur denjenigen Schutz gewähren, die ihr Territorium aus eigenen Kräften erreichten, forderte der Bundesinnenminister. Vielmehr sollten die Europäer auch besonders gefährdete Personen aufnehmen, “die in die Nachbarstaaten geflohen oder innerhalb des Iraks vertrieben sind“.
    Vor Journalisten verteidigte Schäuble seinen Vorschlag, dabei speziell die christliche Minderheit im Irak ins Auge zu fassen. “Dass wir eine besondere Verantwortung für Christen empfinden, die in besonderer Weise in einer Notlage sind, das ist ja etwas, was man nach der Ordnung unseres Grundgesetzes sagen darf“, sagte der CDU-Politiker. Schäuble räumte ein, die Durchsetzung seiner Initiative auf EU-Ebene könnte einige Zeit in Anspruch nehmen: “Ich bin da ganz zuversichtlich, aber das wird Schritt für Schritt gehen.“ Auf nationaler Ebene mit gutem Beispiel voranzugehen und im Alleingang irakische Christen aufzunehmen, hat der Bundesinnenminister offenbar nicht vor: “Wir setzen uns für eine europäische Aktion ein und sind bereit, im Rahmen einer solchen Aktion einen Beitrag zu leisten“, sagte Schäuble auf entsprechende Nachfragen.
  • Angesichts der dramatischen Lage im Irak könnte Deutschland nun doch einen Alleingang zur Aufnahme verfolgter Christen starten. Im Vorgriff auf eine erwartete europäische Initiative könnte Deutschland voranschreiten, erklärte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble am 5. Juni in Luxemburg. Der Vorsitzende der Landesinnenministerkonferenz, Ehrhart Körting, sprach sich für eine großzügige Aufnahme aus: “Wir wollen nicht kleckern, sondern klotzen.“ Noch vor dem EU-Innenministertreffen in Luxemburg hatte sich Schäuble ablehnend zu einem Voranschreiten Deutschlands geäußert. Seinen Sinneswandel erklärte er damit, dass die Chancen für eine europäische Initiative gestiegen seien. Er erwarte deshalb auf EU-Ebene “im September einen Beschluss, dass es eine gemeinsame Aktion gibt“. Deutliche Unterstützung für die deutsche Initiative signalisierten nach Darstellung Körtings allerdings nur Großbritannien und Frankreich. Dabei blieb Diplomaten zufolge offen, ob die beiden Staaten ebenfalls christliche Flüchtlinge aus dem Irak aufnehmen oder die Initiative in anderer Form unterstützen wollten. Als Vorsitzender der Landesinnenminsterkonferenz will sich der Berliner Senator Körting dennoch für eine Vorleistung Deutschlands einsetzen. “Angesichts der humanitären Katastrophe“ im Irak könne man nicht sagen: “Nun lasst doch erstmal Europa entscheiden“, sagte Körting.
  • Der Irak will um seine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Peking kämpfen. Bassem al-Husseini, der sportpolitische Berater von Ministerpräsident Nuri al-Maliki, sagte in Bagdad, eine Delegation werde demnächst nach Lausanne reisen, um das Internationale Olympische Komitee (IOC) noch umzustimmen. Das IOC hatte das Nationale Olympische Komitee (NOK) des Irak am 4. Juni vorläufig suspendiert, weil die Regierung am 20. Mai das alte NOK aufgelöst und ein neues Komitee unter Leitung des Sportministers eingesetzt hatte. Dies verstößt gegen die Regeln der olympischen Charta. IOC-Präsident Jacques Rogge signalisierte bereits die Bereitschaft zu einer Lösung. “Die Athleten sind unsere erste Priorität. Ich bin optimistisch, wir werden eine Lösung finden“, sagte der Belgier am 6. Juni in Athen, wo die IOC-Exekutive tagte.“Die Delegation wird die Entscheidung der Regierung erläutern und wir hoffen, dass das IOC positiv reagieren wird, damit der Irak in Peking teilnehmen kann“, sagte Al-Husseini. Eine Wiedereinsetzung des alten NOK stellte er nicht in Aussicht. Der Irak hatte an den olympischen Sommerspielen 2004 in Athen teilgenommen. Die irakischen Athleten konnten damals allerdings keine Medaille erringen.
  • Bei Bombenanschlägen auf Polizeikonvois wurden am 7. Juni in Bagdad mindestens sechs Menschen getötet. Mindestens 23 weitere wurden teils schwer verletzt, wie die Behörden mitteilten.
  • Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki hat bei einem Besuch im Iran um Verständnis für den mit den USA vereinbarten Sicherheitspakt geworben. “Ein stabiler Irak wird der Sicherheit der Region und der Welt von Nutzen sein“, sagte al-Maliki am 8. Juni dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad, wie die offizielle Website des Präsidenten meldete. Ahmadinedschad wiederum betonte das Interesse seines Landes an der Lage im Irak vor allem in Sicherheitsfragen. “Die Verantwortung der Nachbarn (Iraks) verdoppelt sich in dieser Hinsicht“, sagte er den Angaben zufolge. Es ist bereits al-Malikis zweiter Iran-Besuch in diesem Jahr. Das Militärabkommen mit den USA muss noch vom irakischen Parlament ratifiziert werden. Gegen den Vertrag haben vor allem der Iran und der mit Teheran verbündete einflussreiche schiitische Kleriker Muktada al Sadr Protest erhoben. Nach einem Gespräch mit Al-Maliki sprach sich der iranische Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad ebenfalls für mehr Stabilität im Nachbarland aus. “Alle Nachbarstaaten, Freunde sowie die Vereinten Nationen sollten dem Irak helfen, diese kritische Phase zu überwinden und endlich Sicherheit und Stabilität zu erreichen“, sagte er. Zugleich forderte er indirekt die USA auf, das Nachbarland nicht mehr “zu manipulieren“. Irans Führung hat Bagdad in den vergangenen Tagen davor gewarnt, einen langfristigen Militärpakt mit den USA einzugehen. In dem amerikanischen Entwurf für das Abkommen soll die Rede davon sein, dass die US-Truppen vom Irak aus Staaten angreifen könnten, die “eine Gefahr für die internationale Stabilität“ darstellen.
  • Amerikanische Soldaten haben einen schiitischen Waffenhändler gefangengenommen, der auch Führer einer Todesschwadron sein soll. Das teilten die US-Streitkräfte am 8. Juni mit. Der Verdächtige soll schiitische Extremisten zur Ausbildung in den Iran geschleust und wieder in den Irak zurückgebracht haben. Die USA werfen dem Iran vor, schiitische Milizen mit Waffen und Geld zu versorgen und ihre Kämpfer auszubilden. Teheran bestreitet dies. Die Verhaftung des Waffenhändlers fiel mit einem Besuch des irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki in Teheran zusammen. Die Verhaftung sei nach Hinweisen bereits inhaftierter Milizionäre möglich geworden, hieß es in einer Erklärung der US-Streitkräfte. “Dem gesuchten Mann wird vorgeworfen, Kommandeur einer Todesschwadron in Basra zu sein, ein Waffenhändler mit Verbindungen zum Iran und ein Fälscher“, erklärten die Streitkräfte. In einer weiteren Mitteilung des US-Militärs hieß es, in Mossul seien sechs sunnitische Extremisten verhaftet worden, darunter ein mutmaßlicher Führer der Terrorgruppe Al-Kaida im Irak.
  • Am 8. Juni wurden bei einem Angriff auf den Hauptsitz der irakischen Polizei in Bagdad vier Rekruten getötet und 22 Menschen verletzt, teilte die Polizei mit. Beim Einschlag einer Mörsergranate im Verteidigungsministerium wurde ein Mensch getötet und fünf weitere wurden verletzt.
  • Bei einem Selbstmordanschlag auf eine US-Militärbasis im Nordirak ist am 8. Juni mindestens ein Soldat getötet worden. 20 Menschen wurden teils schwer verletzt, darunter 18 Soldaten und zwei irakische Militärangestellte, wie die US-Streitkräfte mitteilten. Der Attentäter rammte mit seinem Auto eine Außenmauer des Lagers rund 40 Kilometer südwestlich von Kirkuk in der Provinz Tamim. Seit Beginn des Irak-Kriegs im März 2003 sind nach einer Zählung der Nachrichtenagentur AP bereits 4.094 Soldaten getötet worden.
Montag, 9. Juni, bis Sonntag, 15. Juni
  • Bei einem Angriff der US-Luftwaffe im Nordwesten des Iraks sind am 9. Juni fünf mutmaßliche Al-Kaida-Mitglieder getötet worden. US-Soldaten waren nach Militärangaben auf der Suche nach Extremisten im Einsatz und konnten landesweit 13 Verdächtige festnehmen. In einer abgelegenen Region im Nordwesten kamen sie unter heftigen Beschuss und forderten Verstärkung aus der Luft an. Nach dem Angriff seien zahlreiche Waffen sowie Sprengstoff sichergestellt worden, hieß es aus Militärkreisen. Im Osten von Bagdad explodierte am Montag eine Autobombe unweit einer Patrouille der irakischen Streitkräfte. Dabei wurden ein Leutnant sowie drei Passanten in den Tod gerissen, wie die Polizei mitteilte. Mindestens sieben Menschen wurden verletzt.
  • Das Oberhaupt des Stamms des ehemaligen irakischen Präsidenten Saddam Hussein ist am 10. Juni bei einem Bombenanschlag getötet worden. Der 65-jährige sunnitische Scheich Ali al Nida hatte nach der Hinrichtung Saddam Husseins Ende 2006 dessen Begräbnis organisiert. Seit 2007 arbeitete al Nida mit den US-Streitkräften bei der Bekämpfung von Terroristen zusammen. Zu dem sunnitischen Stamm gehören rund 20.000 Menschen, darunter auch die Familie von Saddam Hussein. Al Nadi wurde bei der Explosion einer an seinem Auto befestigten Bombe in Tikrit, rund 130 Kilometer nördlich von Bagdad, zusammen mit einem Leibwächter getötet, wie die Polizei mitteilte. Drei weitere seiner Bewacher wurden bei dem Anschlag schwer verletzt. Mitglieder von Saddams Stamm waren bereits in der Vergangenheit immer wieder Ziel von Anschlägen. Dabei war jedoch unklar, ob Stammesrivalitäten oder die Nähe zum früheren Präsidenten ausschlaggebend waren. Die US-Streitkräfte nahmen unterdessen nach eigenen Angaben in Bagdad fünf Verdächtige fest, darunter zwei mutmaßliche Anführer von Al Kaida im Irak. Die Männer gehörten einer Gruppierung an, die aus der westirakischen Provinz Anbar stamme, gegenwärtig aber im nördlichen Großraum Bagdad agiere, hieß es. Während der Festnahmeaktion am Montag hätten US-Soldaten einen weiteren Mann erschossen, der sich einem Sicherheitsbereich genähert und auf Warnschüsse nicht reagiert habe.
  • Die US-Streitkräfte haben nach eigenen Angaben in Bagdad fünf Verdächtige festgenommen, darunter zwei mutmaßliche Anführer von Al Kaida im Irak. Die Männer gehörten einer Gruppierung an, die aus der westirakischen Provinz Anbar stamme, gegenwärtig aber im nördlichen Großraum Bagdad agiere. Während der Festnahmeaktion am 10. Juni hätten US-Soldaten einen weiteren Mann erschossen, der sich einem Sicherheitsbereich genähert und auf Warnschüsse nicht reagiert habe.
  • Eine Irakerin hat sich als Schwangere verkleidet: Unter dem Tschador trägt sie Sprengstoff, den sie mitten in einer Hochzeitsgesellschaft zündet - mehr als 30 Menschen werden getötet. Eine Jugendliche nähert sich anderntags freundlich einem irakischen Soldaten - dann zündet sie ihren für beide tödlichen Sprengstoffgürtel. Beide Anschläge zeigen, dass immer häufiger Frauen für Terroranschläge eingesetzt werden. “Wir müssen handeln“, forderte Faisa Sajjid Alwan am 11.Juni, sunnitisches Mitglied des Provinzrates in Dijala, die selbst schon drei Anschläge auf ihr Leben überstanden hat. Die Aufständischen versuchten, hoffnungslose und arme Frauen auf ihre Seite zu ziehen. “Wir müssen schneller sein und diese Frauen retten, indem wir ihnen helfen, sie ausbilden und ihnen bessere Chancen eröffnen“, sagte Alwan auf einer Tagung zu Frauenthemen im nordirakischen Erbil.
    Nach Zahlen der US-Streitkräfte gab es 2006 nur vier von Frauen ausgeführte Selbstmordanschläge, ein Jahr später waren es bereits acht und in diesem Jahr waren es bis einschließlich Mai 16. “Al Kaida schnappt sich die, die keine Arbeit haben, ungebildet und verzweifelt sind“, sagte Generalmajor Mark Hertling der Nachrichtenagentur AP. Den Frauen werde für ihren Einsatz von den Terroristen oft versprochen, man würde nach ihrem Tod für ihre Familien sorgen, sagte Hertling. Das stelle sich aber zumeist als Lüge heraus. Der Einsatz von Frauen und sogar Kindern als Attentäter ist den US-Streitkräften zufolge ein Versuch der Al Kaida, die strengen Sicherheitsmaßnahmen im Land zu umgehen. Irakische Frauen werden an von Männern bewachten Checkpoints oft nur durchgewunken - unter dem weiten Tschador können sie dabei problemlos Sprengstoff verstecken. Während die Gewalt im ganzen Land fünf Jahre nach dem US-Einmarsch abnimmt, steigt die Zahl der gewaltbereiten Frauen - eine Entwicklung, die der Irak bislang nicht kannte. “Al Kaida und die Aufständischen sind verzweifelt und wollen sicherstellen, dass ihre Sache und ihre Organisation am Leben bleibt“, sagte die Terrorismusexpertin Farhana Ali vom unabhängigen US-Forschungsinstitut Rand Corporation. “Die Beteiligung der Frauen hält ihre Sache am Leben.“ Frauen trauerten oft um Angehörige, die von irakischen oder US-Streitkräften getötet worden seien. Sobald die Familienstruktur zerbrochen sei, würden sie anfällig, sagte Ali. “Dann sind sie verletzlich, schwach und können leicht von Aufständischen instrumentalisiert werden.“
    Manchmal ist auch Rache das Motiv der Frauen. Am 7. Dezember sprengte sich eine Frau in der Provinz Dijala in die Luft und riss 15 Menschen mit in den Tod. Sie war ein früheres Mitglied in Saddam Husseins Baath-Partei, ihre zwei Söhne hatten sich nach dem US-Einmarsch Al Kaida angeschlossen und waren von irakischen Streitkräften getötet worden. In einem anderen Fall begingen zwei Frauen eines von US-Soldaten getöteten Al-Kaida-Anführers Selbstmordanschläge. Doch die Frauenorganisationen weisen auf das gleiche Grundübel hin: Die Familien sind vom Krieg zerrüttet, den Frauen fehlt es an Perspektiven. Doch woher soll Hilfe kommen? Die Augen richten sich auf die Regierung in Bagdad, die scheint jedoch zu schwach oder unwillig, Geld in die Frauenförderung zu stecken. Die US-Streitkräfte versprechen sich indes Besserung durch die stärkere Einbindung von Frauen in die Polizei. 112 Frauen hätten im vergangenen Jahr in der nordirakischen Stadt Kirkuk eine Polizeiausbildung begonnen, erklärte Hertling. Ein identisches Programm soll nun auch in Dijala, nordöstlich von Bagdad begonnen werden. “Allein die Tatsache, irakische Frauen unter den Polizisten zu haben, wird bei der Sicherheit helfen, bei Durchsuchungen, und auch im Umgang mit weiblichen Verdächtigen, die von den irakischen Polizisten schlecht behandelt werden“, sagte Hertling. Alwan aus Dijala glaubt jedoch nicht an eine militärische Lösung des Problems. Solange die schiitisch dominierte Regierung die Lebensbedingungen der Frauen nicht verbessere, blieben sie anfällig für das Werben der Extremisten. Diese missbrauchten die Religion, um die Frauen zu beeinflussen. “Frauen in Dijala wurden zu Witwen, sind arbeitslos und haben keine Unterstützung. Viele wurden vertrieben, ihre Häuser zerstört, ihr Besitz ist weg“, sagte Alwan. “Wo kann so eine Frau hingehen? Was kann sie machen?“
  • In Großbritannien sind geheime Regierungsdokumente unter anderem über das Terrornetzwerk El Kaida in einem Zug gefunden worden. Die Polizei habe Ermittlungen eingeleitet, nachdem zwei Dokumente in einem Zug in London entdeckt wurden, teilte die Regierung am 11. Juni mit. Wie die BBC berichtete, fand ein Fahrgast einen Umschlag mit den hochgeheimen Papieren über den Irak sowie El Kaida. Er habe die Akten dann dem Sender zukommen lassen.
  • US-Präsident George W. Bush hat bei seinem Abschiedsbesuch in Deutschland seine Entscheidung für den Irak-Krieg verteidigt. "Ich bedauere das überhaupt nicht. Saddam Hussein ist nicht mehr an der Macht, die Welt ist sicherer", sagte Bush mit Blick auf den ehemaligen irakischen Machthaber Saddam Hussein nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 11. Juni in Meseberg. Zwar möge er Krieg nicht, der Irak-Einmarsch im März 2003 sei aber richtig gewesen. Im Atomstreit mit Teheran setzt Bush auf eine diplomatische Lösung. Bush betonte, Washington und Bagdad würden sich auf ein strategisches Abkommen einigen. Die Errichtung ständiger Militärstützpunkte im Irak planten die USA entgegen anders lautender Medienberichte nicht. Die US-Armee sei mit Erlaubnis der souveränen irakischen Regierung vor Ort, um Sicherheit für eine stabile Demokratie herzustellen, betonte der US-Präsident. Zugleich dankte er Deutschland für sein Engagement in Afghanistan. Mit Blick auf die Friedensbemühungen im Nahen Osten bekräftigte Bush seine Zuversicht, dass bis zum Ende seiner Amtszeit eine Einigung über die Grundzüge eines eigenständigen Palästinenserstaates zustande komme. Merkel sagte, auch von deutscher und europäischer Seite bestehe ein "elementares Interesse" an einem stabilem Irak. Deutschland helfe dem Land daher gerne beim wirtschaftlichen und zivilen Aufbau. Die Kanzlerin teilte zudem mit, dass sie den irakischen Ministerpräsidenten Nuri el Maliki eingeladen habe und er voraussichtlich in den kommenden Wochen Deutschland besuchen werde. "Wir ziehen natürlich die diplomatische Lösung vor", sagte Bush mit Blick auf den Atomstreit mit Teheran. Dafür wollten die USA eng mit ihren Partnern zusammenarbeiten. Allerdings lägen weiterhin "alle Optionen auf dem Tisch", betonte der US-Präsident. Wenn der Iran sein Programm zur Anreicherung von Uran nicht stoppe, müssten weitere Sanktionen folgen. Merkel hob hervor, zunächst müssten die zuletzt beschlossenen Sanktionen gegen den Iran entschlossen umgesetzt werden. Wenn der Iran die Angebote der internationalen Gemeinschaft zur Lösung des Atomstreits ausschlage, müssten weitere Sanktionen auf internationaler Ebene folgen.
  • Im Prozess gegen einen Iraker wegen der Verbreitung von Botschaften der Terrororganisation Al-Qaida im Internet hat die Verteidigung am 12. Juni Freispruch gefordert. Für seinen Mandanten sei seinerzeit nicht erkennbar gewesen, dass er eine strafbare Handlung begehe, sagte Rechtsanwalt Klaus Rüther am Donnerstag vor dem Oberlandesgericht Celle. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor drei Jahre und zehn Monate Haft gefordert. Sie wirft dem 37 Jahre alten Iraker aus Georgsmarienhütte vor, in 28 Fällen Audio- und Videobotschaften von Al-Qaida-Führer Osama bin Laden, dessen Stellvertreter Aiman al Zawahiri und dem inzwischen getöteten Al-Qaida-Führer im Irak, Abu Musab al Zarqawi, über das Internet verbreitet zu haben. Auf diese Weise soll er um Mitglieder oder Unterstützer geworben haben. Der Angeklagte äußerte sich nach Angaben seines Anwalts am 12. Juni erstmals in dem Verfahren. Dabei betonte er, nur vier Reden und ansonsten nur Links ins Internet gestellt zu haben. Damit habe er aber niemanden werben wollen. Die Tatsache, dass sein Mandant nicht seinen Nutzernamen gewechselt habe, spreche dafür, dass dieser nichts zu verbergen gehabt habe. In dem Chatroom seien Informationen unter Gleichgesinnten ausgetauscht worden. Es sei eine Art Sport gewesen, dort die neuesten Dinge einzustellen, betonte der Anwalt. Das Urteil in dem bundesweit ersten Prozess gegen einen Angeklagten, der im Internet für das Al-Qaida-Netzwerk geworben haben soll, soll am 19. Juni gesprochen werden.
  • Die frühere Geisel im Irak, Susanne Osthoff, arbeitet an einem Buch über ihre fast einmonatige Entführung im Jahr 2005. Mit dem Buch wolle sie Geld verdienen und zugleich ihre Version der damaligen Ereignisse darstellen, sagte sie in einem Interview am 12. Juni mit "Leben", dem Magazin der Wochenzeitung "Die Zeit". Sie wolle der Version ihres Entführungsfalls in den Medien etwas entgegensetzen. Nach der Freilassung Osthoffs war in Medienberichten der Verdacht geäußert worden, die Archäologin sei möglicherweise in ihre eigene Entführung verstrickt gewesen. Osthoff sagte in dem Interview, mit dem Buch wolle sie die Aufarbeitung ihrer Entführung gerne abschließen, danach solle das Leben weitergehen. Sie räumte allerdings ein, dass es schwer sei, einen Verlag zu finden: "Die großen Verlage wollen Exotik: Der arabische Scheich. Tausendundeine Nacht. Dem entspreche ich nicht." Über die Zeit nach ihrer Entführung sagte die frühere Geisel: "Ich war total überdreht und hatte Albträume und Angstzustände. Es dauerte Monate, bis ich wieder schlafen konnte." Inzwischen blicke sie aber wieder hoffnungsvoller in die Zukunft: "Man darf nicht immer über alles nachdenken. Es wird schon wieder besser werden.“
  • Die Sicherheitslage im Irak hat sich nach Angaben der USA deutlich verbessert. Trotz der jüngsten Militäreinsätze der irakischen Sicherheitskräfte und der Koalitionstruppen in Basra, Sadr-City und Mossul sei die Zahl der sicherheitsrelevanten Zwischenfälle auf den niedrigsten Stand seit vier Jahren gesunken. Das sagte der US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, Zalmay Khalilzad am 13. Juni, vor dem Weltsicherheitsrat. Die Zahl der zivilen Todesopfer sei seit Juli vergangenen Jahres um 75 Prozent gefallen.
  • Zum zweiten Mal binnen einer Woche sind auf einem Londoner Vorstadtzug Geheimdokumente der britischen Regierung gefunden worden. Diesmal habe es sich um Unterlagen über die Finanzen des globalen Terrorismus, Drogenhandel und Geldwäsche gehandelt, berichtete die Zeitung «Independent on Sunday» am 14. Juni vorab. Die Papiere seien am 11. Juni sichergestellt worden. An diesem Tag wurden dem Rundfunksender BBC Dokumente übergeben, die ein Reisender ebenfalls in einem Zug gefunden hatte. Diese Papiere gehörten nach Behördenangaben einem ranghohen Geheimdienstbeamten, der vorerst vom Dienst suspendiert wurde. Laut BBC trugen die sieben Seiten den Stempel «Streng geheim» und bezogen sich auf jüngste Geheimdiensterkenntnisse zu Al Kaida und dem Irak. Der «Independent on Sunday» erklärte, man habe die selbst erworbenen Dokumente der Regierung zurückgegeben und plane keine Veröffentlichung von Auszügen.
  • Bei einem Selbstmordanschlag auf feiernde Fußballfans im Irak sind 34 Menschen verletzt worden. Die Attentäterin sprengte sich am 14. Juni vor einem Café in der Stadt Kara Tappa in die Luft. Die Menge feierte in dem Café den 2:1-Sieg der irakischen Fußballnationalmannschaft über China in einem WM-Qualifikationsspiel. Der Leiter der Stadtverwaltung von Kara Tappa sagte, ein Polizist habe den Zünder der Bombe entdeckt und der Menge zugerufen, sich in Sicherheit zu bringen. Andernfalls hätte es mehr Opfer gegeben, sagte Serwan Schukir. Die in einen schwarzen Schleier gehüllte Attentäterin war zuvor von einem Auto am Anschlagsort abgesetzt worden. Sie sagte der misstrauischen Polizei, sie warte auf ihren Ehemann. Unter den Verletzten waren sieben Polizisten. In Kara Tappa, 120 Kilometer nördlich von Bagdad, leben überwiegend Kurden und schiitische Turkmenen. In Bagdad explodierte unterdessen in einem schiitischen Stadtteil eine unter einem Bus versteckte Bombe. Zwei Menschen wurden getötet, acht weitere erlitten Verletzungen, wie die Polizei erklärte. Drei Zivilpersonen wurden verletzt, als eine Bombe in der Nähe einer Polizeipatrouille detonierte.
  • Der designierte republikanische US-Präsidentschaftskandidat John McCain ist am 15. Juni mit dem irakischen Außenminister Hoschjar Sebari zusammengetroffen. Bei der Unterredung in McCains Wahlkampfbüro in Arlington bei Washington ging es um die Sicherheitslage im Irak sowie um die Verhandlungen über die zukünftige Stationierung amerikanischen Truppen in dem Land. McCain hob nach dem Gespräch die verbesserte Sicherheitslage im Irak hervor. Sebari will sich nach eigenem Bekunden auch mit dem designierten demokratischen Präsidentschaftskandidaten Barack Obama treffen.
  • Amnesty International hat Deutschland zur Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Irak aufgefordert. Inzwischen seien 4,7 Millionen Iraker auf der Flucht, so die Menschenrechtsorganisation in Berlin. Syrien allein habe etwa eine Million Iraker aufgenommen, deren Lebensbedingungen sich zusehends verschlechterten, sagte Ruth Jüttner, Irak-Expertin der Organisation am 15. Juni. Amnesty verwies darauf, dass sich die Bundesländer bereits im April grundsätzlich bereiterklärt hätten, Flüchtlinge aus dem Irak aufzunehmen. Die Organisation kritisierte ferner die Abschiebung irakischer Flüchtlinge durch europäische Länder in gefährliche Regionen ihres Heimatlandes. Anderen würden Hilfen gestrichen, um sie dadurch zu zwingen, in den Irak zurückzukehren. Deutschland wirbt derzeit bei den EU-Partnern für eine verstärkte Aufnahme bedrohter religiöser und ethnischer Minderheiten aus dem Irak. Die Aufnahme soll jedoch nur auf freiwilliger Basis erfolgen. Deutschland schiebt jedoch auch einzelne Flüchtlinge in den Nordirak ab.
  • Die Regierung in Bagdad hat dem UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) zur Betreuung irakischer Flüchtlinge im Nachbarland Jordanien acht Millionen Dollar (5,2 Millionen Euro) zur Verfügung gestellt. Damit solle den rund 750.000 Vertriebenen geholfen werden, erklärte der irakische Finanzminister Bajan Dschabr am 15. Juni in der jordanischen Hauptstadt Amman. Das Geld soll gezielt in Maßnahmen der Bildungsförderung gehen, die Gesundheitsversorgung verbessern und neue Unterkünfte finanzieren. Nach Zahlen des UNHCR sind rund 2,2 Millionen Iraker ins Ausland geflohen, vor allem in die Nachbarländer Syrien und Jordanien.
  • Das Weiße Haus hat einen Zeitungsbericht zurückgewiesen, wonach US-Präsident George W. Bush den britischen Regierungschef Gordon Brown vor einem vorzeitigen Truppenabzug aus dem Irak gewarnt haben soll. "Die Vorstellung, dass Bush Premierminister Brown warnt, ist lächerlich", sagte ein ranghoher US-Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur AFP am 15. Juni. Die britische Zeitung "The Observer" hatte nach einem Interview mit Bush gemeldet, der US-Präsident dränge Brown, von einem Zeitplan für den Abzug der britischen Truppen aus dem Irak Abstand zu nehmen. Der "Obeserver" zitierte Bush mit den Worten, einen solchen Zeitplan dürfe es nicht geben. Bush räumte demnach jedoch ein, dass es sowohl in den USA wie auch in Großbritannien einen gewissen öffentlichen Druck gibt, einen Zeitplan für einen Abzug der Truppen vorzulegen. Eine Entscheidung darüber aber müsse allein "vom Erfolg abhängen", sagte der US-Präsident. Er vertraue darauf, dass Brown wie er selbst auf die Kommandeure hören werde, um sich davon zu überzeugen, dass die bisherigen Opfer im Irak nicht vergeblich gewesen seien und durch einen vorzeitigen Abzug die Erfolge zunichte gemacht würden. Die britische Presse hatte in der vergangenen Woche berichtet, Brown könnte noch vor der parlamentarischen Sommerpause im Juli einen Zeitplan für den Abzug der etwa 4000 im Irak stationierten britischen Soldaten vorlegen. Bush und seine Frau Laura trafen am Nachmittag von Paris kommend in der britischen Hauptstadt ein. Neben einem Nachmittagstee bei Königin Elizabeth II. ist für den Abend ein Diner mit Brown und seiner Frau Sarah in der Downing Street vorgesehen. Offizielle Gespräche zwischen Brown und Bush sind für Montag geplant. Bushs letzte Europareise als Präsident, die ihn auch nach Slowenien, Deutschland, Italien und Frankreich führte, endet in Belfast.
Montag, 16. Juni, bis Sonntag, 22. Juni
  • In der nordirakischen Stadt Mossul ist am 17. Juni ein Reporter des staatlichen Fernsehens erschossen worden. Nach Polizeiangaben stiegen Bewaffnete aus einem Fahrzeug und eröffneten das Feuer auf Muhieddin Abdul Hamid in der Nähe von dessen Wohnung im Osten Mossuls. Ein Sprecher des Staatsfernsehens Irakija sagte, der 50-jährige Journalist sei ein Moderator des örtlichen Senders in Mossul gewesen. Seit Beginn der US-Invasion im Irak im März 2003 wurden dort nach einer Zählung des Komitees zum Schutz von Journalisten mit Sitz in New York mindestens 129 Journalisten und 50 Medienmitarbeiter getötet. Der Todesfall vom Dienstag ist in diesen Zahlen nicht enthalten.
  • Bei einem verheerenden Autobombenanschlag sind in der irakischen Hauptstadt Bagdad mehr als 50 Menschen getötet worden. Rund 80 weitere Menschen wurden nach Polizeiangaben verletzt, als der Sprengsatz am 17. Juni während des abendlichen Berufsverkehrs in dem Schiiten-Viertel Hurrija im Norden der Stadt detonierte. Bei den Opfern handele es sich ausschließlich um Zivilisten, darunter Frauen und Kinder. Es war der blutigste Anschlag in Bagdad seit Monaten. Der US-Nachrichtensender CNN berichtete, die Bombe sei in der Nähe einer Bushaltestelle explodiert. Ein Markt sowie Wohnungen seien von der Explosion ebenfalls getroffen worden.
  • In der Provinz Dijala nordöstlich von Bagdad riss ein Selbstmordattentäter am 17. Juni mit einer Autobombe an einer Straßensperre zwei Polizisten mit in den Tod. 15 weitere Menschen wurden verletzt.
  • Im Nordirak protestierten rund 300 Iraker während einer Beerdigung am 17. Juni gegen die US-Armee, nachdem amerikanische Soldaten in der Stadt Mossul vier Iraker erschossen hatten. Die US-Armee geht davon aus, dass es sich bei den Toten um El-Kaida-Terroristen handelte. Sie erklärte, einer der Männer habe die Soldaten bei einer Razzia gegen Terroristen in Mossul bedroht. Die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak meldete unter Berufung auf die Polizei, die US-Einheit habe einen Vater und seine drei Söhne erschossen. Über mögliche Terror-Aktivitäten der Familie sagte die Polizei nichts.
  • In Mossul wurde nach Angaben der irakischen Vereinigung zum Schutz von Journalisten ein Sprecher des Rundfunksenders der Provinz Ninive am 17. Juni ermordet. Mohieddin al-Nakib sei in der Nähe seines Hauses von Unbekannten erschossen worden, hieß es.
  • Die irakische Armee will am 19. Juni ihre Offensive in der südlichen Schiiten-Stadt Amara beginnen. Die Kämpfer der Milizen hätten noch bis zum Sonnenaufgang am Zeit, um den Sicherheitskräften ungestraft ihre Waffen zu übergeben, meldete die regierungsnahe Bagdader Tageszeitung «Al-Sabah» am 17. Juni. Wer auf das Angebot von Ministerpräsident Nuri al-Maliki nicht eingehe, habe keine Milde zu erwarten.
  • UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat den verheerenden Autobombenanschlag in Bagdad scharf verurteilt, bei dem am 17. Juni 51 Menschen getötet und Dutzende weitere verwundet wurden. Es handele sich um einen “abscheulichen Angriff“, sagte Ban und sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus. Es war der blutigste Anschlag in der irakischen Hauptstadt seit Anfang März, als ein doppelter Bombenanschlag 68 Menschen das Leben kostete. Zunächst bekannte sich niemand zu der Tat, sie galt jedoch als der Werk von Al Kaida im Irak.
  • Die US-Streitkräfte im Irak haben am 18. Juni schiitische Extremisten für den verheerenden Autobombenanschlag in Bagdad mit 51 Todesopfern verantwortlich gemacht. Geheimdienstinformationen deuteten daraufhin, dass eine Gruppe unter der Führung von Hajdar Mehdi Chadum al Fauadi den Anschlag verübt habe, sagte Militärsprecher Steve Stover. Ziel sei es gewesen, die Gewalt zwischen Sunniten und Schiiten zu schüren und eine Rückkehr sunnitischer Flüchtlinge in den Stadtteil zu verhindern. Die irakische Regierung kündigte am 18. Juni an, sie werde die Terroristen besiegen. Das Kabinett erklärte in einer Stellungnahme, die Attentäter hätten die Moral der extremistischen Gruppen nach einer Reihe von Rückschlägen in Bagdad, Basra und Mossul anheben wollen. “Dieses Verbrechen wird unseren Willen, die Terroristen zu besiegen und die erreichten Erfolge in der Sicherheit zu erhalten, nicht beeinflussen“, hieß es in der Stellungnahme. “Wir werden unsere Entschlossenheit, die Hauptstadt und die Provinzen vor Terroristen und Mördern zu retten, noch steigern.“ Die US-Botschaft und die US-Militärführung verurteilten “diesen barbarischen Akt“ und sicherten zu, mit den irakischen Sicherheitskräften zusammenzuarbeiten, um die Täter zu finden.
  • Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF hat verstärkte Hilfe für hunderttausende Flüchtlingskinder im Irak gefordert. Seit 2006 hätten über 850.000 Kinder und Jugendliche zusammen mit ihren Familien ihre Häuser verlassen müssen und befänden sich innerhalb des Landes auf der Flucht, erklärte die Organisation am 18. Juni. Fast jedes zweite irakische Kind im Grundschulalter könne nicht zur Schule gehen, jedes fünfte Kind leide an chronischer Mangelernährung. Vor allem in zentralen und südlichen Landesteilen bestimmten Wassermangel, Stromausfälle, die Angst vor Anschlägen und verfallene Schulen den Alltag der Kinder, bemängelte UNICEF. Das Kinderhilfswerk arbeitet nach eigenen Angaben mit 90 irakischen Mitarbeitern und Partnern in allen Landesteilen des Irak. Für ihr Hilfsprogramm benötigt die Organisation demnach insgesamt rund 25 Millionen Euro. Seit 2003 habe UNICEF Deutschland durch Spenden der Bundesbürger die Hilfe für Kinder im Irak mit rund 7,3 Millionen Euro unterstützen können. "Selbst wenn wir die Gewalt im Irak vielleicht im Augenblick nicht stoppen können, so können wir doch das Leiden der Kinder lindern und für ihre Rechte eintreten", sagte Tom Koenigs, Vorstandsmitglied von UNICEF Deutschland.
  • Nach langem Tauziehen haben sich Demokraten und Republikaner im US-Repräsentantenhaus auf die weitere Finanzierung der Militäreinsätze im Irak und in Afghanistan geeinigt. Die von den Fraktionsspitzen beider Parteien am 18. Juni vereinbarte Vorlage sieht die Bereitstellung von 165 Milliarden Dollar (106,5 Milliarden Euro) für etwa ein Jahr vor. Dies lässt dem Nachfolger von Präsident George W. Bush, der sein Amt am 20. Januar 2009 antreten wird, ausreichend Spielraum, um seine eigene Irak-Politik festzulegen. Der Fraktionsvorsitzende der Demokraten, Steny Hoyer, und sein republikanischer Kollege John Boehner zeigten sich sicher, dass Bush die Gesetzesvorlage nach der Verabschiedung im Kongress unterzeichnen werde. Die Forderung der Demokraten nach einer Einengung des Handlungsspielsraums Bushs wurde in der Vereinbarung fallengelassen. Außerdem erhält der Präsident fast alle von ihm beantragten Gelder für die Militäreinsätze im Irak und in Afghanistan.
  • Das Oberlandesgericht Celle hat am 19. Juni einen Iraker wegen Unterstützung der Terrororganisation Al-Qaida zu drei Jahren Haft verurteilt. Der 37-Jährige aus Georgsmarienhütte bei Osnabrück soll in 28 Fällen Audio- und Videobotschaften von Al-Qaida-Führer Osama bin Laden, dessen Stellvertreter Aiman al Zawahiri und dem inzwischen getöteten Al-Qaida-Führer im Irak, Abu Musab al Zarqawi, über das Internet verbreitet haben. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Iraker vorgeworfen, um Mitglieder oder Unterstützer für Al-Qaida geworben zu haben. Die Anklage hatte drei Jahre und zehn Monate Haft für den Mann gefordert, die Verteidigung plädierte auf Freispruch. Für seinen Mandanten sei damals nicht erkennbar gewesen, dass er eine strafbare Handlung begehe, hatte sein Anwalt vergangene Woche argumentiert. Der Angeklagte hatte sich vergangene Woche am letzten Verhandlungstag erstmals zu den Vorwürfen geäußert. Er habe vier Reden und ansonsten nur Links ins Netz gestellt. Damit habe er aber niemanden werben wollen, versicherte er. Das Verfahren vor dem OLG Celle war der bundesweit erste Prozess gegen einen Angeklagten, der im Internet für das Al-Qaida-Netzwerk geworben hat.
  • Simba al-Tikriti sollte aus dem Irak herausgeschafft werden und in Großbritannien ein neues Leben beginnen. Erst wurde sein Taxi auf dem Weg zur kuwaitischen Grenze fast von einer Bombe zerfetzt. Als nächstes musste er sich auf der Ladefläche eines Lkws unter einer Plane verstecken. Schließlich musste er noch sechs Monate in Gefangenschaft britischer Behörden verbringen. Dann konnte Simba endlich in die Freiheit treten. Die Rettung der weißgetigerten Katze war der Anfang der unglaublichen Arbeit der selbst ernannten “Katzendame“ von Bagdad. “Manche Leute kaufen sich tolle Autos, andere teure Klamotten. Mir haben es die Tiere angetan“, sagt Louise, eine Sicherheitsberaterin in Bagdad, die nebenher als Ein-Frau-Rettungseinheit für Tiere auftritt.
    Seit Simbas Reise vor drei Jahren hat Louise es geschafft, vier weitere Katzen und zwei Hunde in ihre britische Heimat zu senden. Die Kosten von bis zu 2.250 Euro pro Tier bestreitet sie aus Spenden und dem Erlös von “altem Kram“, den sie bei eBay verkauft. Jedes Tier, das nach Großbritannien eingeführt wird, muss zunächst sechs Monate in Quarantäne. Louise, eine frühere Soldatin, die aus Sicherheitsgründen ihren Nachnamen nicht genannt wissen will, muss auch mit der irakischen Bürokratie so manchen Kampf austragen. Stapelweise Formulare, Anrufe bei unzähligen Staatsbediensteten und in einem Fall ein Tränenausbruch am Flughafen sind schon erforderlich gewesen, um Tiere aus der Kriegszone zu bringen. Alles begann, als Simba auf einem US-Stützpunkt in der Nähe von Tikrit, rund 130 Kilometer nördlich von Bagdad, auftauchte, wo Louise arbeitete. Sie fragte einen irakischen Arbeitskollegen, der nach Basra im Südirak musste, ob er Simba mitnehmen und bis zur nahe gelegenen kuwaitischen Grenze nehmen könnte, wo ein englischer Freund warten würde. Keiner weiß, wie viele Hunde, Katzen und andere Tiere in den vergangenen fünf Jahren von Soldaten und anderen Fremden aus dem Irak gerettet wurden. Nach Angaben der Gesellschaft für den Schutz von Tieren im Ausland mit Sitz in London gibt es im Irak keine Organisationen, die sich um die Rettung kleiner Tiere kümmert. Im März konnte Marinemajor Brian Dennis ein Wiedersehen mit der Promenadenmischung Nubs feiern, nachdem seine Familie und Freunde Geld gesammelt hatten, um den zwei Jahre alten Hund aus dem Irak nach San Diego zu fliegen. Dennis hatte das Tier schwer verletzt in der irakischen Anbar-Provinz gefunden und es wieder gesund gepflegt. Viele westliche Firmen haben ein oder mehr Haustiere auf ihrem jeweiligen Gelände. Auch auf Militärstützpunkten kann man oft Katzen und Hunde sehen. Das kann ein Schock für viele Iraker sein, die es nicht gewöhnt sind, Schmusetiere zu haben und die vor allem der weit verbreiteten muslimischen Tradition folgend Hunde als unreine Tiere scheuen. So betrachteten irakische Sicherheits- und Wartungskräfte mit Befremden, wie Zeus, einer der Hunde, die Louise rettete, vor seinem Abflug nach England mit Streicheleinheiten liebkost wurde. Allerdings sind streunende Katzen und Hunde auch für die westlichen Soldaten ein Problem. Tausende der Tiere sind im Rahmen eines von den USA finanzierten Euthanasie-Programms schon in Bagdad und auf US-Militäreinrichtungen gefangen und eingeschläfert worden. Streuner können Tollwut und andere Krankheiten auf Soldaten übertragen, sagt Oberstleutnant Raymond F. Dunton, verantwortlich für vorsorgende Medizin der US-Truppen im Irak. Allein im vergangenen Jahr wurden nach seinen Angaben 7.100 Tiere in Lebendfallen gefangen, 5.300 von ihnen wurden eingeschläfert. Mindestens vier davon wollte Dennis Quine eigentlich mit in seine Heimat England nehmen. Quine, ein früherer Wartungsarbeiter für die britische Botschaft in Bagdad, hatte sich im vergangenen August mit fünf Wildkatzen angefreundet. Als er im Dezember von einem Urlaub zurückkam, erfuhr er, dass die Katzen gefangen worden waren. Nachdem er rund eine Woche lang jeden Abend gesucht hatte, fand er schließlich die einzige Überlebende, Missy. Quine hatte von Louise gehört, und mit ihrer Hilfe gelang es ihm, das Tier aus dem Irak zu schaffen. “Freunde haben gesagt, es ist bescheuert, und gefragt, warum ich es tue“, sagt er. “Ich sage ihnen 'Mach mal langsam, das ist nichts anderes, als was ich für einen Freund tun würde.' Ich hätte mein Leben riskiert, um meine Katze rauszubekommen.“ (19. Juni)
  • Die irakische Armee hat mit Unterstützung der US-Truppen einen Militäreinsatz gegen schiitische Milizen im Süden des Irak gestartet. "Der Einsatz hat in der vergangenen Nacht angefangen", sagte der Polizeisprecher in der Provinz Missan, Mehdi el Assadi am 19. Juni. Zuvor war am Abend des 18. Juni ein viertägiges Ultimatum abgelaufen, bis zu dessen Ende die Aufständischen ihre Waffen abgeben sollten. Dutzende Milizionäre kamen dieser Aufforderung nach. Die irakische Armee hatte auf einen Befehl von Regierungschef Nuri el Maliki hin bereits seit dem 14. Juni ihre Truppen in der Region verstärkt. Nach Angaben der US-Armee im Irak ist Missan zum Zentrum für Waffenschmuggel vom Iran in den Irak geworden.
  • Die irakische Regierung will die Förderkapazitäten für Öl mittelfristig massiv ausbauen. "Wir haben die Nachfrage, wir haben die Reserven, und wir haben jetzt auch das Geld, die Ölförderung mittelfristig um vier Millionen Barrel pro Tag zu erhöhen", sagte Thamer el Ghadban, der führende Ölberater von Ministerpräsident Nuri el Maliki, dem "Spiegel" am 21. Juni. Ghadban widersprach dem Verdacht, bei der Rechtevergabe würden US-Konzerne bevorzugt. Welche ausländischen Firmen am meisten profitierten, hänge allein von deren Angeboten ab. Vor wenigen Tagen war bekannt geworden, dass der Irak mit fünf westlichen Konzernen Verträge ohne jegliche Ausschreibung geschlossen hat. Noch in diesem Sommer werde es eine erste öffentliche Bieterrunde geben, mit der die ausländischen Unternehmen "direkt an der Erschließung unserer Ölfelder beteiligt" würden, sagte Ghadban weiter. Eine zweite Runde werde "nicht viel später" folgen. Der Irak ist auf die Investitionen und die technische Hilfe ausländischer Konzerne angewiesen, um die vernachlässigten und beschädigten Ölfelder besser auszubeuten.
  • Eine Selbstmordattentäterin hat am 22. Juni in Bakuba mindestens 15 Menschen mit in den Tod gerissen. 40 weitere wurden verletzt. Aus Polizeikreisen verlautete, die Frau habe ihren Sprengsatz vor dem Büro des Gouverneurs der Provinz Dijala und einem angrenzenden Gerichtsgebäude gezündet. Die Bombe versteckte sie offenbar unter ihrem weiten Gewand. Die Polizei erklärte, wahrscheinlich sei eine Patrouille in rund 200 Meter Entfernung Ziel des Anschlags gewesen. Zum Zeitpunkt des Anschlags gegen 13.00 Uhr hielten sich allerdings zahlreiche Zivilpersonen auf der Straße auf. Einige verkauften Getränke, Tee und Zigaretten, andere bereiteten Dokumente für Behördengänge vor. Unter den Todesopfer waren nach Angaben aus Polizeikreisen sieben Beamte. In jüngster Zeit wurden Anschläge vermehrt von Frauen verübt. Im vergangenen Jahr wurden im Irak acht Selbstmordanschläge von Frauen registriert, in diesem Jahr sind es bisher schon fast 20. Die US-Streitkräfte haben erklärt, Terrororganisation rekrutierten verstärkt Frauen für Selbstmordanschläge, weil diese die Sicherheitskontrollen leichter umgehen könnten.
  • Die Düsseldorfer Fluggesellschaft Blue Wings fliegt laut einem Pressebericht erstmals Passagiere in den Irak. Jeden Sonntag geht nach Angaben der in Essen erscheinenden «Westdeutschen Allgemeinen Zeitung» am 22. Juni ein Airbus A 320 von Frankfurt direkt nach Arbil im Norden des Iraks. Blue Wings fliege im Auftrag des Frankfurter Reise-Unternehmens Everest Travel dorthin, sagte ein Sprecher der Fluggesellschaft der Zeitung. Zunächst werde die Strecke bis Ende Oktober geflogen.
Montag, 23. Juni, bis Montag, 30. Juni
  • Bei einem Bombenanschlag am 24. Juni in der irakischen Hauptstadt Bagdad sind elf Menschen ums Leben gekommen. Unter den Getöteten waren zwei US-Soldaten, zwei für die Armee arbeitende US-Zivilisten, ein Italiener sowie sechs Iraker, wie US-Vertreter mitteilten. Der Anschlag ereignete sich im Bürgermeisteramt des Stadtteils Sadr City, der als Hochburg der Anhänger des radikalen Schiitenpredigers Moktada Sadr gilt. US-Außenministerin Condoleezza Rice bedauerte die zivilen Opfer. Der Tod zweier Regierungsangestellter sie eine "furchtbare Erinnerung an die Gefahren" für US-Bürger im Irak. Bei den getöteten US-Zivilisten handelte es sich nach Angaben der Botschaft um Mitarbeiter des Außen- und Verteidigungsministeriums. Auch der Italiener irakischer Herkunft habe für das Verteidigungsministerium gearbeitet. Die US-Armee bestätigte, dass zwei ihrer Soldaten getötet und ein weiterer verwundet wurden. Laut einem irakischen Verantwortlichen wurden auch zehn Iraker verletzt, drunter drei Mitglieder des Gemeinderates. Mit dem jüngsten Anschlag stieg die Zahl der seit März 2003 im Irak getöteten US-Soldaten auf 4106, wie eine Berechnung für die unabhängige Internetseite www.icasualities.org ergab. Der Chef der US-Streitkräfte im Irak gab seinen Soldaten unterdessen einen Leitfaden für ihren Einsatz im Feindesland an die Hand. In dem Dokument für den internen Dienstgebrauch, das der Nachrichtenagentur AFP vorlag, listet General David Petraeus 23 Punkte für das richtige Verhalten der Besatzungstruppen auf. Für wichtig erklärt wird darin der Einsatz für "Versöhnung", wobei die versöhnungsbereiten von den unversöhnlichen Irakern abgekoppelt werden müssten. Daneben gelte es, "Geld als Waffe" einzusetzen. Damit erinnert der General an das seit Herbst 2007 praktizierte Modell zur Befriedung der Unruheprovinz Anbar. Dort wurden frühere Aufständische mit monatlichen Zahlungen von 300 Dollar (190 Euro) dazu bewegt, sich "Anti-Terror-Kampfgruppen" anzuschließen. Außerdem rät der Spezialist, auf die irakische Bevölkerung zuzugehen. Statt in ihren gepanzerten Wagen vorbeizufahren, sollten die Soldaten wenn möglich lieber aussteigen, zu Fuß patrouillieren und den Kontakt zu den Irakern suchen.
  • Die Sicherheitslage im Irak hat sich nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums vom 24. Juni verbessert. In den Monaten März bis Mai sei die Anzahl der gewalttätigen Zwischenfälle auf den niedrigsten Stand innerhalb der vergangenen vier Jahre gefallen, hieß es in einem Bericht des Pentagons. Die Entwicklungen in den Bereichen Sicherheit, Politik und Wirtschaft seien weiterhin positiv, blieben aber "anfällig, umkehrbar und uneinheitlich". In Bagdad wurden derweil bei einem Bombenanschlag zwei US-Soldaten sowie zwei für die US-Armee arbeitende US-Zivilisten getötet. Der irakische Regierungschef Nuri el Maliki kündigte eine baldige Militäroffensive in der Region Dijala im Norden der Hauptstadt Bagdad an. Die Gegend gilt als Unruheprovinz und Hochburg des Terrornetzwerks El Kaida. Einen genauen Zeitpunkt für die Aktion nannte Maliki nicht.
  • Bei einer Bombenexplosion in der zentralirakischen Stadt Kerbala sind am 25. Juni zwei Menschen getötet worden, darunter ein Kind. 15 weitere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt; einige von ihnen schwebten in Lebensgefahr, wie ein Sanitäter sagte. Die Bombe explodierte demnach in einem Bus unweit des Mausoleums des Imams Abbas in der schiitischen Pilgerstadt, 110 Kilometer südlich der Haupstadt Bagdad. Nach Angaben eines AFP-Journalisten eilten mehrere Krankenwagen zum Anschlagsort, um die Opfer medizinisch zu versorgen.
  • Im Irak sind erneut drei Amerikaner getötet worden. Die drei Soldaten und ein einheimischer Übersetzter starben, als eine Bombe in der nördlichen Provinz Ninive explodierte. Das teilte das US-Militär am 25. Juni mit. Am Vortag waren bei einer Bombenexplosion in Bagdad bereits fünf US-Bürger ums Leben gekommen, darunter zwei Soldaten, ein Diplomat und zwei zivile Angestellte des US- Verteidigungsministeriums.
  • Bei zwei Bombenanschlägen im Irak sind am 26. Juni mindestens 33 Menschen getötet worden - 18 vor einem Regierungsgebäude in Mossul und 15 bei einer Versammlung von Stammesführern in Karma westlich von Bagdad. Nach Wochen einer relativen Ruhe hat die Gewalt im Irak zuletzt wieder deutlich zugenommen. In der nordirakischen Stadt Mossul explodierte eine Autobombe, als der Gouverneur der Provinz Nineve, Duraid Kaschmola, gerade die Schäden eines früheren Granatenangriffs inspizierte. Etwa 60 Menschen wurden verletzt. Es war der dritte Anschlag auf ein Treffen einer Stadtverwaltung im Irak in dieser Woche. Der Attentäter betrat das Gebäude durch einen Hintereingang. Unklar war laut Polizei zunächst, wie er die Sicherheitskontrollen überwinden konnte. In Karma, rund 50 Kilometer westlich von Bagdad, haben sich Sunniten gegen Al Kaida im Irak zusammengeschlossen. Karma liegt in der Provinz Anbar. Dort wollen die US-Truppen die Verantwortung für die Sicherheit in wenigen Tagen an die Iraker übergeben.
  • Der Irakische Fußballverband (IFA) hat auf das Scheitern in der Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2010 mit einer drastischen Maßnahme reagiert. Vier Tage nach der 0:1- Niederlage gegen Katar, durch die der Irak die Teilnahme an der entscheidenden Qualifikationsrunde in Asien verpasste, entließ der Verband die komplette Mannschaft und Trainer Adnan Hamad. Dies bestätigte ein Verbandssprecher am 26. Juni. Dem Irak hätte im letzten Gruppenspiel ein Unentschieden zum Weiterkommen gereicht. Beobachter führten die schwache Vorstellung des Teams auf einen Streit zwischen der irakischen Regierung und den nationalen Sportverbänden zurück. Die Regierung hatte im Mai das Nationale Olympische Komitee aufgelöst, worauf der Irak vom Internationalen Olympischen Komitee von den Spielen in Peking wegen politischer Einmischung in Sportangelegenheiten ausgeschlossen worden war. Damit war auch der Traum zahlreicher irakischer Fußballer von der Teilnahme an den Olympischen Spielen geplatzt.
  • Angelina Jolie und Brad Pitt haben eine Million Dollar gespendet, um vom Krieg im Irak betroffenen Kindern zu helfen. Die Charity des Paares, die Jolie-Pitt Foundation, hat 500.000 Dollar an drei verschiedene Gruppen im Irak gespendet. Mit dem Geld soll geholfen werden, die Bildung von 5.700 Kindern zu unterstützen, so die Organisation Educational Partnership For Children Of Conflict am 26. Juni, bei der Jolie Vorstandsmitglied ist. Weitere 500.000 Dollar sollen Kindern in den USA zugute kommen, die einen beim Militär tätigen Elternteil im Laufe des andauernden Konflikts verloren haben. Für 2.500 amerikanische Kids sollen Betreuer angestellt und Beratung zur Verfügung gestellt werden. Das Hollywood-Paar hat in den letzten Jahren Millionen von Dollar für gute Zwecke gespendet. Jolie ist außerdem Sonderbotschafterin der Vereinten Nationen.
  • Nach dem US-Repräsentantenhaus hat auch der US-Senat weiteren Milliarden-Ausgaben für die Kriege im Irak und in Afghanistan zugestimmt. Mit der klaren Mehrheit von 92 zu sechs billigten die Senatoren am 27. Juni ein Gesetz, das zusätzlich 162 Milliarden Dollar (etwa 104,5 Milliarden Euro) für die beiden Militäreinsätze bereitstellt. Damit ist die Finanzierung des US-Engagements im Irak und Afghanistan bis Mitte 2009 gesichert, wenn bereits der Nachfolger von US-Präsident George W. Bush im Amt sein wird. Bush will das Gesetz umgehend unterzeichnen. Nach wochenlangem heftigen Streit hatten sich Demokraten und Republikaner auf einen Kompromiss für das Nachtragsbudget geeinigt. Die Demokraten verzichteten darauf, das Budget mit einem Zeitplan für einen Truppenabzug aus dem Irak zu verknüpfen. Im Gegenzug ließen Republikaner und Weißes Haus ihren Widerstand gegen die Forderungen der Demokraten fallen, das Kriegsbudget an Ausbildungshilfen für heimkehrende Veteranen sowie einer Verlängerung der Arbeitslosenunterstützung zu koppeln. In der vergangenen Woche hatte das Gesetz das Repräsentantenhaus mit 268 zu 115 Stimmen passiert.
  • Das US-Verteidigungsministerium will Anfang nächsten Jahres 30.000 Soldaten in den Irak entsenden. Damit sollen abziehende Brigaden ersetzt und die bisherige Truppenstärke von rund 150.000 Soldaten somit für 2009 aufrecht erhalten werden, wie die Nachrichtenagentur AP am 27. Juni aus Kreisen des Ministeriums erfuhr. Die Truppenverbände sollen bereits im Laufe der kommenden Woche ihren Marschbefehl erhalten. Der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte im Irak, General David Petraeus, hat für den Herbst eine Überprüfung der Truppenstärke angekündigt. Sollte er eine Reduzierung befürworten, könnten einzelne Brigaden anstatt in den Irak nach Afghanistan verlegt werden, wo dringend mehr Soldaten benötigt werden, wie es im Ministerium hieß. Im Irak sind derzeit 146.000 Soldaten im Einsatz. Abzüge einzelner Truppenverbände sollen die Zahl bis Juli zwischenzeitlich auf 142.000 reduzieren. Der US-Senat hatte am Donnerstag 162 Milliarden Dollar (103 Mrd. Euro) für die Fortführung der Kriege im Irak und in Afghanistan bewilligt. Damit sollen die Einsätze finanziert werden, bis der nächste US-Präsident Anfang nächsten Jahres sein Amt antritt. Seit dem Einmarsch im Irak bewilligte der Kongress damit insgesamt Ausgaben von 650 Milliarden Dollar. Weitere 200 Milliarden Dollar wurden für den Militäreinsatz in Afghanistan ausgegeben, wie Parlamentsmitarbeiter erklärten.
  • Irakische Polizisten haben am 28. Juni in der Nähe eines Sees nordwestlich der Hauptstadt Bagdad ein Massengrab mit rund 30 Leichen entdeckt. Unter den Getöteten sind Frauen und Kinder, wie die Sicherheitskräfte am Samstag mitteilten. Viele der Opfer wurden demnach vor ihrem Tod gefesselt, neben ihnen wurden Patronenhülsen gefunden. Die Gegend um den Tharthar-See galt mehrere Jahre lang als Hochburg von Al Kaida im Irak.
  • Ein Ableger der Al Kaida hat sich zu einem Anschlag in der irakischen Provinz Anbar mit mehr als 20 Todesopfern bekannt. Der Islamische Staat Irak erklärte am 28. Juni auf einer Website von Islamisten, ein Anhänger habe sich am 26. Juni im Gebäude der Stadtverwaltung von Karma in die Luft gesprengt. Bei den Todesopfern handelt es sich um Teilnehmer eines Treffen von Stammesführern mit US-Offizieren. Unter ihnen waren drei amerikanische Marineinfanteristen.
  • Die irakische Regierung will rund acht Millionen Dollar (fünf Millionen Euro) für den Aufbau eines vierten staatlichen Ölkonzerns bereitstellen. Das Unternehmen solle Öl- und Gasvorkommen in der Provinz Maisan erschließen, die Rohstoffe fördern und exportieren, teilte die Regierung am 28. Juni mit. Das Vorhaben muss noch vom Parlament gebilligt werden.
  • Die irakische Regierung lässt erstmals seit Beginn des Krieges westliche Ölkonzerne ins Land. Die hoffen auf riesige Gewinne und könnten am Ende alles verlieren. Beim Thema Irak geraten Öl-Analysten ins Schwärmen. "Das Land hat eine sehr reiche Geologie - es sind vermutlich die zweitgrößten Ölvorkommen der Welt, vielleicht sind sie sogar einzigartig", sagt etwa Amy Myers Jaffe, Mitautorin des Baker-Berichts zur Lage im Irak, der vor zwei Jahren für die US-Regierung erstellt worden war. brach liegen. Noch immer wird nur ein geringer Teil des Öls gefördert: Die Produktionsstätten sind von jahrelangem Verschleiß gezeichnet, die Ölfelder zum Teil beschädigt und die zur Förderung unerlässliche Wasserversorgung ist vielerorts ein ungelöstes Problem. Nach Angaben des Ölministeriums werden derzeit nur 27 von 80 Ölfeldern bewirtschaftet. "Die größte Herausforderung ist wahrscheinlich die Ausbildung", sagt Amy Myers Jaffe, Expertin für strategische Energiepolitik. Es fehle an qualifiziertem Personal. Fuß in der Tür In diesem Bereich sind die großen Unternehmen seit längerem aktiv. Man unterstütze die Iraker im Bereich der Datenanalyse und bei der Ausbildung von Ingenieuren, sagt etwa Kevin Church, Sprecher des französischen Multis Total. Auch Shell, BP und andere Konzerne beraten das Ölministerium.
    Diese Firmen sind nun die ersten Ölgesellschaften, die im größeren Maßstab im Irak arbeiten können. Am 30.06.2008 wird das Ölministerium offiziell bekannt geben, mit welchen Unternehmen die Regierung technische Unterstützerverträge schließen wird. Es ist bereits durchgesickert, dass dies Exxon Mobil, Shell, Total und BP sein werden. Die Verträge sollen ein Volumen von jeweils 500 Millionen US-Dollar haben, bezahlt werden kann auch mit Öl. Gigantische Reserven "Wir interessieren uns immer für potenzielle Geschäftsgelegenheiten", sagt David Nicholas, Sprecher von BP Shell. Und der Irak könnte langfristig ganz hervorragende bieten: Die Reserven werden auf 115 Milliarden Barrel geschätzt; in den westlichen Wüstengebieten liegen möglicherweise weitere 100 Milliarden. Dank der Bodenbeschaffenheit sind die Produktionskosten gering. Zunächst einmal wird es jedoch lediglich um die Instandsetzung existierender Förderstätten gehen. Ölminister Hussein al-Schahristani will so die Produktion von 2,5 Millionen Barrel am Tag auf 6 Millionen steigern. Mit den derzeitigen Exporten wird das Land in diesem Jahr voraussichtlich 70 Milliarden Dollar einnehmen - auch dank des hohen Ölpreises, der viermal höher liegt als vor dem Irak-Krieg und mehr als doppelt so hoch wie vor einem Jahr. Den Firmen dürfte es mittelfristig vor allem um den Zugriff auf das Öl gehen. "Der Aktienkurs der Firmen hängt von den Ölreserven ab, die sie buchen können - deshalb ist der Zugang so wichtig", sagt Leila Benali, Expertin bei Cambridge Energy Research Associates. "Mit den jetzt ausgehandelten Verträgen können sie zwar keine Reserven buchen, aber sie sind ein Weg, schon einmal Fuß zu fassen." Abkommen, die Unternehmen an Ölvorkommen beteiligen, sind vor allem dann üblich, wenn ein großes Risiko besteht oder die jeweilige Firma die Erschließung neuer Lagerstätten übernimmt. Solche Abkommen wären in den westlichen Wüstengebieten denkbar, glaubt Amy Myers Jaffe. Die Industrie wartet bereits auf die nächste Runde von Aufträgen, die noch im Sommer ausgeschrieben werden sollen. Mehr als 70 Firmen würden sich gerne engagieren - ungeachtet der Gefahren im Irak, wo der Alltag von Anschlägen, Entführungen und ethnischer Gewalt geprägt ist. "Im Irak herrscht sicher kein freundliches Investitionsklima. Aber seien wir ehrlich: Bei einem Ölpreis von 140 Dollar pro Barrel gibt es ganz klar die Notwendigkeit, neues Öl zu beschaffen - und es gibt nicht sehr viele Länder, wo das geht", sagt Gal Luft, Direktor des auf Energiesicherheit spezialisierten Washingtoner Thinktanks Institute for the Analysis of Global Security (IAGS). Gewalt ist nicht das einzige Problem. "Die Firmen nehmen das Risiko auf sich, am Ende alles zu verlieren, weil es noch immer keine stabile Regierung gibt", sagt Luft und verweist auf die Verstaatlichung der Ölindustrie in zahlreichen Ländern. Die Nationalisierung des Sektors - der im Irak bis 1972 von eben jenen Konzernen dominiert wurde, die nun zurückkehren - war eine der wenigen Maßnahmen Saddam Husseins, die bis heute populär sind. Doch so etwas wie Rechtsicherheit wird es für die ausländischen Firmen vorerst nicht geben: Seit mehr als einem Jahr ist das Parlament nicht in der Lage, ein Ölgesetz zu verabschieden, da die Bevölkerungsgruppen um die Einnahmen streiten. Die kurdische Regionalregierung beansprucht die Kontrolle über die Ressourcen im Norden und hat bereits Verträge mit kleineren ausländischen Firmen abgeschlossen - die von der Zentralregierung nicht anerkannt werden. Rund 80 Prozent der bekannten Reserven liegen im schiitischen Süden, die einst politisch dominierenden Sunniten im Zentrum des Landes verfügen über keine Vorkommen. Ein Ziel der jetzt vergebenen Unterstützerverträge ist es, erst einmal den gesetzgeberischen Stillstand zu umgehen. "Es wird Vereinbarungen geben, welche die Ölkonzerne an den Vorkommen beteiligen", glaubt der IAGS-Direktor Luft. "Die Frage ist nur, welche Gültigkeit sie ohne ein Ölgesetz haben werden. Es gibt keine Garantie, dass die Firmen jemals irgendwelche Profite sehen." (28. Juni)
  • Irakische Wachleute haben nach Angaben der Streitkräfte am 29. Juni einen Selbstmordanschlag nordöstlich von Bagdad verhindert. Sie erschossen die Attentäterin, bevor sie ihr Ziel, das Hauptquartier eines örtlichen “Erweckungsrats“, erreichen konnte. Im Irak verüben inzwischen immer öfter Frauen Selbstmordanschläge: Die US-Streitkräfte zählten seit Jahresbeginn mehr als 20 Attentäterinnen, im Jahr 2007 waren es nur acht. Bei einem Autobombenanschlag wurden am 29. Juni mindestens sieben Menschen getötet. Nach Angaben der Polizei detonierte der mit Sprengstoff beladene Lastwagen in Duluija, 75 Kilometer nördlich von Bagdad. Polizisten und Wachleute hätten das geparkte Fahrzeug gerade kontrollieren wollen, als die Bombe ferngezündet worden sei. Unter den Toten waren sechs Polizisten.
  • Zum ersten Mal seit 21 Jahren hat die deutsch-irakische Wirtschaftskommission am 30. Juni in Berlin getagt. Dabei trafen sich Bundeswirtschaftsminister Michael Glos und sein irakischer Kollege, Industrieminister Fawzi Franso al Hariri, wie sein Ministerium mitteilte. Glos erklärte dabei, Deutschland und die deutsche Wirtschaft seien “bereit, dem Irak beim Wiederaufbau des Landes mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu helfen“. Der Irak habe als Land mit den weltweit zweitgrößten Ölreserven eine Schlüsselrolle für die zukünftige Entwicklung des Ölpreises. Al Hariri habe erwidert, dass der Irak seinerseits die deutsche Industrie als privilegierten Partner bei der Kooperation in strategische Bereiche der Infrastruktur ansehe, meldete das Ministerium. Die irakische Wirtschaft komme wieder auf den Wachstumspfad, und die deutsche Wirtschaft habe gute Chancen, an diesem Aufschwung teilzuhaben.
  • Im Irak sind am 30. Juni gleich vier Richter Ziel von Anschlägen geworden. Einer von ihnen erlitt dabei Verletzungen. Alle Attentate wurden in schiitisch dominierten Gegenden von Bagdad verübt. Bei einer Bombenexplosion im Nordosten der Hauptstadt wurden der Leiter des Gerichts in Sadr City, Ghanim Abdullah al Kuraischi, sowie seine Frau und seine Tochter verletzt. Die anderen drei Richter, die offenbar Ziel von Anschlägen waren, blieben unversehrt.
  • US-Präsident George W. Bush hat am 30. Juni das Etatgesetz zur weiteren Finanzierung der amerikanischen Militäroperationen im Irak und in Afghanistan unterzeichnet. Zuvor hatten das US-Repräsentantenhaus und der US-Senat das Ausgabenpaket verabschiedet. Damit stehen nun zusätzliche 162 Milliarden Dollar (103 Milliarden Euro) für die Kriege bis ins Jahr 2009 zur Verfügung. Nach monatelangen Verhandlungen im Kongress und mit dem Weißen Haus hatten die Senatoren vergangene Woche mit 92 zu 6 Stimmen das Finanzierungsgesetz bewilligt. Die US-Demokraten hatten allerdings in dem 257,5-Milliarden-Dollar-Gesamtpaket erhöhte Zahlungen für Kriegsveteranen und deren Familien sowie die Verbesserung anderer Sozialleistungen durchgesetzt. Gescheitert waren Versuche der Demokraten im Frühjahr, die Finanzierung mit der Festschreibung eines Rückzugs-Termins der US-Truppen aus dem Irak zu verknüpfen. Bush hatte sich zwar nachhaltig für die Bewilligung der Kriegsgelder eingesetzt, sich aber gemeinsam mit seinen republikanischen Parteifreunden zunächst gegen zusätzliche Sozialausgaben gewehrt. Nun würdigte er den Kompromiss zwischen Demokraten und Republikanern, der verhindere, dass „unseren Generälen die Hände gebunden werden und dass ein künstlicher Zeitplan den Rückzug aus dem Irak vorschreibt“.
  • In der Euphorie nach dem Sieg 2003 haben die USA den Krieg im Irak zu früh für beendet gehalten und es dadurch versäumt, genügend Soldaten für die anschließende Besetzung des Landes bereitzustellen. Die Aussage von Präsident George W. Bush am 1. Mai 2003, dass die Hauptkampfhandlungen vorüber seien, habe diesen Eindruck noch verstärkt, heißt es in einem fast 700-seitigen Bericht des US-Heeres am 30. Juni. Diejenigen Strategen, die damals mehr Soldaten verlangt hätten, seien nicht gehört worden, erklärten die Autoren der Studie, Donald Wright und Oberst Timothy Reese aus Fort Leavenworth in Kansas. Zudem seien Kommandeure in Bagdad mit einer zu geringen Übergangszeit ausgetauscht worden und personell unterbesetzt gewesen. Im Vorwort erklärt General William Wallace, der Leiter des Ausbildungskommandos des US-Heeres, die Schlussfolgerungen dieses Berichts, für den hunderte Soldaten und Offiziere befragt wurden, seien keine Überraschung. Die Planung für die Zeit nach Saddam Hussein sei ungenügend gewesen, heißt es weiter, wobei selbstkritisch hinzugefügt wird, dass das Heer auf eine bessere Planung und Vorbereitung hätte dringen müssen. Nach dem Sturz des Regimes seien die meisten Kommandeure davon ausgegangen, dass es nun um Stabilisierungs- und Unterstützungseinsätze gehen werde, ähnlich wie in Bosnien oder im Kosovo, heißt es in dem Bericht. Es sei ein relativ friedlicher Übergang erwartet worden, und man sei davon ausgegangen, dass die Iraker schnell selbst wieder die Verantwortung übernehmen. General Tommy Franks habe am 16. April 2003 in Bagdad seine Untergebenen angewiesen, sie darauf vorzubereiten, die meisten Truppen bis September aus dem Irak abzuziehen. Nur wenige Kommandeure hätten das ganze Ausmaß der Aufgabe im Irak übersehen. Der Krieg im Irak hat bislang mindestens 4.113 US-Militärangehörige das Leben gekostet.
  • Die westlichen Ölmultis werden vorerst nicht in den Irak zurückkehren. Die Regierung in Bagdad und die fünf Konzerne Shell, BP, ExxonMobil, Chevron und Total hätten sich nicht auf die Art der Bezahlung einigen können, teilte Ölminister Hussein el Schahristani am 30. Juni mit. Die Konzerne bestanden demnach auf eine Bezahlung in Öl - "aber wir teilen unser Öl nicht", sagte Schahristani. Der Irak wolle lediglich die Hilfe von Experten in Form von Beratung und technische Unterstützung bei der Ölförderung, betonte der Minister. Das Öl gehöre den Irakern. Irak hat das drittgrößte Ölvorkommen der Welt. Es wird auf 115 Milliarden Barrel geschätzt. Derzeit fördert das Land 2,5 Millionen Barrel am Tag, das ist so viel wie beim Einmarsch der US-Armee 2003. Rund 2,11 Millionen Barrel täglich werden exportiert. Mit Hilfe der ausländischen Konzerne wollte das Ölministerium die Produktion binnen fünf Jahren auf 4,5 Millionen Barrel pro Tag steigern. Die Förderanlagen und die Infrastruktur zum Transport des Öls im Irak sind veraltet. Unter der Herrschaft von Saddam Hussein hatte die internationale Gemeinschaft das Land mit Sanktionen belegt. Die westlichen Ölmultis waren einst Aktionäre der Irakischen Ölgesellschaft, die bis 1961 das Monopol auf die Ölförderung innehatte. Sie wurde in den Jahren 1961 bis 1972 schrittweise verstaatlicht. In der vergangenen Woche hatte das Ölministerium in Bagdad die Unterzeichnung von Vorverträgen mit den fünf Ölmultis über eine technische Unterstützung bei der Ölförderung angekündigt. 41 weitere ausländische Firmen etwa aus den Vereinigten Arabischen Emiraten sollten Verträge mit kurzer Laufzeit zur Ölförderung im Norden und Süden des Landes bekommen. Die Vergabe dieser Verträge wurde auf Juni 2009 verschoben, wie Schahristani weiter sagte. Auch bei diesen Abkommen gehe es nicht um eine Beteiligung an der Förderung, sondern um Dienstleistungsverträge, betonte der Minister. Einer endgültigen Abmachung mit ausländischen Firmen steht aber ein weiteres Hindernis im Wege: das Ölgesetz, dem das Parlament noch zustimmen muss. Schahristani hatte dies für Ende des Jahres angekündigt, doch Beobachter bezweifeln das. Umstritten ist nämlich nach wie vor die Aufteilung der Erlöse aus den Ölverkäufen zwischen den 18 irakischen Provinzen.


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