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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

Dezember 2006


Freitag, 1. Dezember, bis Sonntag, 3. Dezember
  • Die so genannte Baker-Kommission befürwortet in ihrem Abschlussbericht laut einem Zeitungsbericht den Abzug von US-Kampftruppen aus dem Irak bis Anfang 2008. Bei diesem Termin handele es sich um eine Zielvorgabe, die sich verändern könne, je nachdem, wie sich die Lage im Irak entwickele, schrieb die "Washington Post" in ihrer Ausgabe vom 1. Dezember. Die verbleibenden US-Soldaten sollen demnach die Ausbildung und die Unterstützung der irakischen Armee übernehmen. Außerdem empfehle der Abschlussbericht, US-Soldaten direkt in irakische Einheiten einzugliedern, um deren Kampfkraft zu erhöhen.
  • Angesichts der eskalierenden Spannungen zwischen den Religionsgemeinschaften im Irak plant US-Präsident George W. Bush Gespräche mit führenden Vertretern von Sunniten und Schiiten. Für Januar sei ein Treffen mit Iraks sunnitischem Vizepräsidenten Tarek el Haschemi anberaumt, teilte das Weiße Haus am 1. Dez. mit. Haschemi ist der ranghöchste Politiker der sunnitischen Minderheit im Irak. Bereits am kommenden Montag will Bush nach offiziellen Angaben den Schiitenführer Abdel Asis el Hakim in Washington empfangen. Hakim steht dem einflussreichen Obersten Rat für die Islamische Revolution im Irak (SCIRI) vor.
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice hat Fehler in ihrer Irak-Politik eingeräumt. "Ich bin sicher, dass es Dinge gibt, die wir anders hätten machen können", sagte Rice dem arabischen Fernsehsender Al Arabija am 1. Dez. Welche das waren, wollte sie allerdings nicht sagen: Die US-Regierung schaue nach vorn und nicht zurück, erklärte die Ministerin. Wenn sie eines Tages an die Stanford-Universität zurückkehre, dann könne sie zurückblicken und Bücher darüber schreiben, was hätte anders gemacht werden sollen, erklärte die Außenministerin. Sie lehrte früher Politische Wissenschaften an der kalifornischen Hochschule.
  • Der irakische Schiitenführer Abdul Asis al Hakim hat sich gegen eine internationale Irak-Konferenz ausgesprochen. Ein solches Treffen, wie von UN-Generalsekretär Kofi Annan vorgeschlagen, sei illegal und unrealistisch, sagte der Vorsitzende des Obersten Rates für die Islamische Revolution im Irak (SCIRI) am 2. Dez. in der jordanischen Hauptstadt Amman. Nur die demokratisch gewählte Regierung von Ministerpräsident Nuri al-Maliki sei legitimiert, die Probleme des Landes zu lösen. Al Hakim spielte Befürchtungen über einen lang anhaltenden Bürgerkrieg im Irak herunter. Der Konflikt basiere auf politischen Differenzen und nicht auf Fehden zwischen verfeindeten Volksgruppen. Er äußerte sich nicht zur Badr-Brigade, die mit SCIRI verbunden ist. Diese schiitische Miliz wird wird für zahlreiche blutige Übergriffe auf irakische Sunniten verantwortlich gemacht, was Al Hakim stets zurückgewiesen hat. Der SCIRI-Vorsitzende trifft am kommenden Montag (4. Dez.) in Washington mit US-Präsident George W. Bush zusammen.
  • Italien hat den Rückzug aus dem Irak schon einige Wochen früher als geplant abgeschlossen. Die letzten Soldaten der ehemals 3.000 Mann starken Truppe im Irak kehrten am 2. Dez. mit einer Maschine der italienischen Luftwaffe zurück nach Rom. Zeitweise war Italien nach Großbritannien der wichtigste ausländische Verbündete der USA im Irak.
  • Bei einem koordinierten Anschlag mit drei Autobomben auf einen Markt in einem vorwiegend von Schiiten bewohnten Viertel von Bagdad sind am 2. Dez. mehr als 50 Menschen getötet worden. Über 90 weitere wurden verletzt, wie die Polizei und Krankenhausmitarbeiter mitteilte. Die Bomben explodierten fast gleichzeitig, als die Menschen gerade Obst und Gemüse einkauften. Zu dem Anschlag bekannte sich zunächst niemand, aber erst tags zuvor war ein sunnitisches Viertel in Ziel eines Angriffs irakischer und amerikanischer Soldaten gewesen, die nach Aufständischen suchten.
    In Al Wahada südlich der Hauptstadt raste ein Tanklastzug mit hoher Geschwindigkeit in die Wartenden an einer Bushaltestelle. Etwa 20 Menschen wurden getötet und 15 verletzt. Nach ersten Ermittlungen handelte es sich nicht um einen Unfall.
    Bewaffnete griffen ferner das Jarmuk-Krankenhaus in Bagdad an und töteten einen Wachmann der Polizei.
    Ein weiterer Beamter wurde südlich der Hauptstadt von einer Bombe am Straßenrand zerrissen. Auch wurden wieder die Leichen von zwölf Gefolterten aufgefunden.
    Die irakischen Sicherheitskräfte starteten derweil in Bakuba eine Großrazzia gegen mutmaßliche Aufständische und nahmen mehr als 40 Personen fest.
  • Aus einer am 2. Dez. bekannt gewordenen Aktennotiz ging unterdessen hervor, dass der scheidende Verteidigungsminister Donald Rumsfeld bereits vor der US-Zwischenwahl am 7. November einen grundlegenden Strategiewandel angemahnt hat. "Meiner Ansicht nach ist die Zeit für eine größere Neuausrichtung gekommen", schrieb er am 6. November in einer geheimen Aktennotiz für das Weiße Haus. "Ganz eindeutig funktioniert das nicht gut genug, was die US-Truppen im Irak machen." Die Rumsfeld-Notiz wurde von der Zeitung "New York Times" auf ihrer Internetseite am Abend des 2. Dez. in einem Artikel für die Sonntagausgabe (3. Dez.) zitiert.
  • Nach Ansicht von UN-Generalsekretär Kofi Annan sind die Aufstände im Irak "viel schlimmer" als ein Bürgerkrieg. Aufgrund des Niveaus der Gewalt, der Anzahl der getöteten Menschen, der Verbitterung und der Art, wie die verfeindeten Lager Jahre miteinander gekämpft hätten, sei der Konflikt im Libanon in den 70er und 80er Jahren als Bürgerkrieg bezeichnet worden, sagte Annan am 3. Dez. in einem Interview mit der BBC, das am Montag ausgestrahlt werden sollte. "Im Irak ist es viel schlimmer." Der US-Einmarsch im Irak 2003 hätte nach Annans Ansicht verhindert werden können, wenn den Atom-Inspekteuren mehr Zeit gegeben worden wäre.
  • Der irakische Präsident Dschalal Talabani hat sich gegen eine internationale Friedenskonferenz für sein Land ausgesprochen. "Wir sind ein souveräner und unabhängiger Staat geworden, und es ist an uns, über die Zukunft des Irak zu entscheiden", erklärte Talabani am 3. Dez. in Bagdad. In seinem Land gebe es bereits einen politischen Prozess mit einem gewählten Parlament, betonte er.
Montag, 4. Dezember, bis Sonntag, 10. Dezember
  • Beim Absturz eines US-Militärhubschraubers im Irak ist mindestens ein Soldat ums Leben gekommen. Drei weitere US-Soldaten würden noch vermisst, teilte die US-Armee am 4. Dez. in Bagdad mit. Der Hubschrauber vom Typ CH-46 der Marineinfanterie stürzte demnach am 3. Dez. in einen See in der Provinz el Anbar im Westen des Landes. Insgesamt seien 16 Menschen an Bord gewesen, hieß es weiter. Zwölf Überlebende und ein toter Marineinfanterist seien am 3. Dez. geborgen worden. Die Suche nach den drei Vermissten werde fortgesetzt.
  • Im Irak sind binnen zwei Tagen mindestens zehn amerikanische Soldaten ums Leben gekommen. Neun Soldaten wurden laut US-Armee von Aufständischen getötet. Mindestens ein weiterer Soldat starb bei der Notlandung eines Militärhubschraubers im Wasser. Drei weitere US-Soldaten gelten seit der Notlandung in der westlichen Anbar-Provinz als vermisst, teilte das Militärkommando am 4. Dez. in Falludscha mit. Seit Beginn der US-Invasion im März 2003 wurden laut AP im Irak mindestens 2.325 amerikanische Soldaten getötet.
    Die nach dem Absturz eines US-Hubschraubers im Irak vermissten drei US-Soldaten sind nach einer intensiven Suchaktion aus der Luft und auf dem Wasser am 4. Dez. tot geborgen worden.
  • Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki hat die Äußerungen von UN-Generalsekretär Kofi Annan zurückgewiesen, der die Lage im Irak als "viel schlimmer als in einem Bürgerkrieg" beklagt hatte (siehe Chronik 3. Dez.). "Die Situation im Irak als Bürgerkrieg zu bezeichnen, schönt das frühere Regime, das für seine Verbrechen gegen die Menschlichkeit bekannt ist", sagte Al-Maliki am 4. Dez. in Bagdad mit Blick auf die Herrschaft des früheren Staatschefs Saddam Hussein.
  • US-Präsident George W. Bush und der Chef der größten Schiitenpartei im Irak, Abdel Asis el Hakim, haben sich am 4. Dez. bei einem Treffen im Weißen Haus für eine Stärkung der irakischen Regierung ausgesprochen. "Wir denken, dass die Irakfrage von den Irakern gelöst werden sollte", sagte Hakim in Washington. Das könne mit der Hilfe "von Freunden" geschehen, sagte der Chef der Partei Oberster Rat für die Islamische Revolution im Irak (SCIRI). Diese Freunde sollten jedoch keine regionale oder internationale Rolle bei der Lösung der Probleme des Iraks spielen. Damit spielte Hakim möglicherweise auf eine von UN-Generalsekretär Kofi Annan vorgeschlagene internationale Friedenskonferenz zum Irak an.
  • Bewaffnete Männer haben am 5. Dez. einen Bus mit Mitarbeitern der schiitischen Religionsbehörde beschossen und 13 von ihnen getötet. Acht Menschen wurden verletzt, wie die Behörde mitteilte. Die Angreifer stoppten den Kleinbus im Norden der irakischen Hauptstadt. Die Religionsbehörd kümmert sich um die Verwaltung der schiitischen Moscheen im Irak. Erst am 30. November war ein Anschlag auf die sunnitische Religionsbehörde verübt worden, bei dem vier Menschen ums Leben kamen.
  • Aufständische haben in Bagdad einen amerikanischen Soldaten getötet und fünf weitere US-Soldaten verletzt. Wie das US- Militärkommando am 5. Dez. berichtete, wurde ihre Patrouille in Bagdad attackiert.
  • Bei heftigen Kämpfen zwischen Polizei und Aufständischen im Westen der irakischen Rebellenhochburg Ramadi sind nach irakischen Angaben 63 Aufständische getötet und zwölf weitere festgenommen worden. Die Aufrührer hätten am 5. Dez. den Sitz des Gouverneurs der Stadt, Maamun Sami Raschid, attackiert, seien aber von den Wachposten zurückgeschlagen worden, sagte der Sekretär des Gouverneurs. Die Kämpfe hätten zweieinhalb Stunden gedauert. Nur drei Polizisten seien dabei verletzt worden.
  • Der designierte US-Verteidigungsminister Robert Gates hat eine pessimistische Einschätzung der Lage im Irak abgegeben: Er glaube nicht, dass die USA den Krieg im Irak gewännen, sagte Gates am 5. Dez. zum Auftakt seiner Nominierungsanhörung vor dem US-Senat in Washington. Die derzeitige Situation im Irak halte er für "nicht akzeptabel". Gates übte deutliche Kritik an der bisherigen Kriegsführung und zeigte sich offen für einen Kurswechsel seines Landes in der Irak-Politik. Bei der Anhörung vor dem Streitkräfteausschuss des Senats ging Gates auf Distanz zur Politik des bisherigen Verteidigungsministers Donald Rumsfeld und des Weißen Hauses. Auf die Frage des demokratischen Senators Carl Levin, ob die USA im Irak nach derzeitigem Stand siegreich seien, entgegnete Gates: "Nein". Zugleich schloss er sich der weit verbreiteten Kritik an der Nachkriegsplanung des Pentagon für den Irak an. "Nach dem Einmarsch hatten wir eindeutig zu wenig Truppen, um das Land unter Kontrolle zu bringen", sagte Gates. Vor den Senatoren zeigte sich Gates offen für einen Kurswechsel im Irak. "Ich bin offen für alternative Vorschläge zu unserer künftigen Strategie und Taktik im Irak", sagte er. Es sei nun an der Zeit, "eine Strategie zu entwickeln, die den Irak nicht dem Chaos überlässt". Die künftige Irak-Politik werde darüber entscheiden, ob sich "die Lage im Irak und in der Region langsam aber stetig verbessert, oder ob wir mit dem sehr realen Risiko und der Möglichkeit eines Regionalkonflikts rechnen müssen". Dafür seien die nächsten "ein oder zwei Jahre" entscheidend.
    Auch in seinen Vorstellungen zur Politik gegenüber Syrien und dem Iran ließ Gates Distanz zur bisherigen Regierungslinie durchblicken. Einen Militäreinsatz gegen die beiden nahöstlichen Regionalmächte lehne er ab, sagte Gates.
    Der designierte US-Verteidigungsminister Robert Gates ist am 5. Dez. einstimmig vom Streitkräfteausschuss des Senats bestätigt worden. Der Kandidat von Präsident George W. Bush für die Nachfolge von Donald Rumsfeld dürfte noch in dieser Woche die Zustimmung des Senats erhalten und bis Ende des Monats sein neues Amt antreten.
  • Der irakische Ministerpräsident Nuri el Maliki hat eine "Konferenz der nationalen Wiederversöhnung" im Irak angekündigt. Diese solle eine "Ehrencharta zur Beendigung der Gewalt" ausarbeiten, sagte er am 5. Dez. in einem Fernsehinterview. Die Konferenz werde noch diesen Monat gehalten, teilnehmen sollen alle politischen Parteien sowie weitere Gruppen, sagte der Regierungschef dem Fernsehsender El Arabija. Insbesondere gehe es dabei um ein Ende der konfessionellen Konflikte. Zudem will Maliki Delegationen in die Nachbarländer des Irak entsenden. Diese sollen dort um Hilfe der jeweiligen Regierungen bei der Bekämpfung des Terrorismus bitten und eine regionale Friedenskonferenz zu dem Thema organisieren.
  • Die sog. Baker-Kommission hat am 6. Dez. ihren mit Spannung erwarteten Bericht für die künftige Politik im Irak an US-Präsident George W. Bush übergen. Mitglieder der im März vom US-Kongress eingesetzten Kommission übergaben Bush den Bericht im Weißen Haus in Washington. Anschließend wollte Bush für eine Stellungnahme vor die Presse treten.
  • Bei mehreren Anschlägen im Irak sind am 6. Dez. mindestens 17 Menschen getötet und dutzende weitere verletzt worden. Nach Angaben von Sicherheitskräften starben acht Menschen, als ein Markt im Zentrum der Hauptstadt Bagdad mit Mörsern angegriffen wurde. 40 weitere Menschen seien verletzt worden. Der Markt in dem von Schiiten und Sunniten bewohnten Stadtteil Rusafa war bereits mehrfach Ziel von Anschlägen.
    Bei einem Selbstmordanschlag in einem Bus im Bagdader Schiiten-Viertel Sadr City wurden den Angaben zufolge vier Iraker getötet und zwölf verletzt.
  • Der Stellvertreter des El-Kaida-Anführers im Irak ist nach irakischen Angaben getötet worden. Irakische Sicherheitskräfte hätten die Nummer zwei des Terrornetzwerks, Abu Taha, "vor einigen Tagen" getötet, teilte der Nationale Sicherheitsberater Muaffak el Rubaje am 6. Dez. in Bagdad mit. Die Schlinge um den irakischen El Kaida-Chef Abu Ajjub el Masri ziehe sich zu, fügte Rubaje hinzu. Mehrere Gefolgsleute des Gesuchten seien gefangen genommen worden. Genauere Angaben zu dem Einsatz gegen Taha machte er nicht.
  • Ein Sieg des Westens im Irak ist nach Einschätzung des britischen Premiers Tony Blair nicht in Sicht. Man müsse aber weiter versuchen, die selbst gesetzten Ziele zu verwirklichen, so Blair am 6. Dez.
  • Der Bericht der US-Kommission zum Irak stößt offenbar nicht nur bei Politikern auf Interesse. Die Buchversion des "Iraq Study Group Report" schaffte am 6. Dez. auf Anhieb den Sprung in die Bestsellerlisten. Beim Online-Buchhändler Amazon stand der Bericht binnen weniger Stunden nach seiner Veröffentlichung bereits auf Platz 18. Der Verlag Vintage Books erklärte, eine zweite Auflage des Taschenbuchs sei bereits im Druck.
    Die Studie kann kostenfrei als pdf-Datei hier heruntergeladen werden:
    Iraq Study Group Report.
  • Die Bundesregierung will die USA bei einem möglichen Kurswechsel in der Irak-Politik unterstützen. Der Koordinator für die deutsch-amerikanischen Beziehungen, Karsten Voigt (SPD), stellte am 7. Dez. mögliche diplomatische Vermittlungen und Wiederaufbauhilfen für den Irak in Aussicht. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) will bei Gesprächen mit seiner US-Amtskollegin Condoleezza Rice am 8. Dez. in Washington in Erfahrung bringen, welchen Empfehlungen der überparteilichen Expertenkommission die US-Regierung folgen wird.
    Die so genannte Baker-Kommission hatte 79 Empfehlungen vorgelegt, darunter einen Teilabzug der US-Truppen aus dem Irak im Jahr 2008. Die Ausbildung irakischer Militärs soll verstärkt werden. Die Kommission empfahl ferner Gespräche der USA mit dem Iran und Syrien. An einer internationalen Unterstützungsgruppe solle auch Deutschland beteiligt werden. US-Präsident George W. Bush will die Vorschläge ernsthaft prüfen. Die Grünen-Außenexpertin Kerstin Müller forderte die Bundesregierung auf, ihren Einfluss auf die USA geltend zu machen, damit die Bush-Administration möglichst viele Vorschläge der Kommission umsetzt.
  • Sowohl Regierung als auch Opposition im Irak haben sich vom Bericht der amerikanischen Baker-Kommission unbeeindruckt gezeigt. Die Analyse der unabhängigen Gruppe zur Lage im Irak sei unklar, die empfohlene Strategie nicht praktikabel, so die Kritik. Regierungsvertreter monierten auch, dass sich der Bericht nicht ausführlich genug mit dem Fehlverhalten der US-Truppen auseinander setze. Verhaltenes Lob für den Bericht äußerte lediglich der kurdische Vizepremier Barham Saleh. (dpa, 7. Dez.)
  • Nach der Veröffentlichung der Vorschläge der Baker-Kommission zu einer Kurskorrektur im Irak und einer damit verbundenen neuen Nahostpolitik hat US-Präsident George W. Bush Gespräche mit Syrien und dem Iran an Bedingungen geknüpft. Die beiden Länder könnten mit Billigung der USA an internationalen Gesprächen über den Irak teilnehmen, wenn sie ihre Unterstützung für "Terroristen" aufgäben und die "junge Demokratie" im Irak unterstützten. Zu dem von der Baker-Kommission empfohlenen Abzug der US-Kampftruppen bis zum ersten Quartal 2008 äußerte sich Bush skeptisch. "Wenn sich Syrien und der Iran nicht diesem Konzept verpflichten, brauchen sie gar nicht erst aufzutauchen", sagte Bush nach einem Treffen mit dem britischen Premierminister Tony Blair am 7. Dez. in Washington. Zugleich bekräftigte er seine Forderung, der Iran müsse vor Gesprächen zunächst sein Atomprogramm aufgeben.
  • Am Tag des Baker-Hamilton-Berichts zur US-Politik im Irak (6. Dez.) sind elf amerikanische Soldaten bei Anschlägen getötet worden. Allein fünf Soldaten einer Spezialeinheit kamen während eines Kampfeinsatzes in der Nähe der nordirakischen Stadt Kirkuk ums Leben, wie die US-Streitkräfte am 7. Dez. mitteilten.
  • Die arabische Welt sieht in dem Irak-Bericht aus Washington einen Beleg für das Scheitern der US-Politik. In diesem Sinne äußerten sich am 7. Dez. Intellektuelle und Politikwissenschaftler in Kairo und anderen Hauptstädten arabischer Länder. Dabei wurde zum Teil auch die Sorge laut, dass der Bericht dem Aufstand im Irak weitere Nahrung geben könnte.
    "Dieser Bericht bedeutet ein Eingeständnis der Grenzen amerikanischer Macht", sagte der Leiter des Al-Ahram-Zentrums für Politische und Strategische Studien in Kairo, Abdel Moneim Said. "Kurzfristig wird Amerika einen erheblichen Verlust seiner Reputation und Glaubwürdigkeit in der Region erleiden." Der Al Kaida müsse der Geruch des Sieges in der Nase liegen, aber es sei ein negativer Sieg, weil er aus der Niederlage der USA im Irak resultiere.
    Mustafa Bakri, ein mehrfach als US-Kritiker hervorgetretener Leitartikler der ägyptischen Boulevardzeitung "Al Osboa", sprach im staatlichen Fernsehen vom "Ende Amerikas". Bakri, der die syrische Politik unterstützt, rief die arabischen Länder dazu auf, "den Augenblick zu nutzen, da Amerika nun in seiner schwächsten Phase ist".
    Der Chefredakteur der libanesischen Tageszeitung "Al Achbar", Joseph Samaha, meinte, dass sich der Irak zum "Holocaust der amerikanischen Ansprüche" entwickelt habe. Dies sei der arabischen Welt auch schon vor dem Bericht klar geworden.
    In Jordanien erklärte der Chefredakteur der Zeitung "Al Arab Al Jawm", Taher al Adwan, der Iran könnte das sich abzeichnende Machtvakuum im Irak füllen, falls die arabischen Ländern nicht selbst aktiv würden, um das Scheitern der USA auszugleichen. Wichtig sei daher jetzt eine gemeinsame Haltung der arabischen Welt.
  • Bei den Kurden im Irak ist der Bericht der Baker-Kommission zu einer Kurskorrektur der US-Strategie in dem Land auf scharfe Kritik gestoßen. Der Bericht sei "unrealistisch und unangemessen", sagte am 8. Dez. der Präsident der autonomen Region Kurdistan im Irak, Massud Barsani. In der Studie werde dem "besonderen Status" der autonomen Kurdenregion nicht Rechnung getragen, obwohl ihm dies der Kommissionsvorsitzende James Baker persönlich zugesichert habe, kritisierte Barsani. Wenn das geplante Referendum über die Zukunft der Ölregion um Kirkuk wie in dem Bericht vorgeschlagen verschoben würde, so werde das "ernste Konsequenzen" nach sich ziehen. Das Gebiet wird nicht nur von den Kurden, sondern auch von dort lebenden Arabern und Turkvölkern beansprucht.
  • Deutsche Außen- und Sicherheitspolitiker diskutieren die künftigen Möglichkeiten Deutschlands im Zusammenhang mit einer möglichen Veränderung der US-Politik im Irak. Der Vorsitzende des Auswärtigen Bundestagsausschuss, Ruprecht Polenz (CDU), sagte am 8. Dez., Deutschland solle die USA unterstützen, falls sich diese zu einem Kurswechsel im Irak entschließen. Polenz forderte die USA auf, im Irak über ihren Schatten zu springen. Es werde der Regierung Bush zwar besonders schwer fallen, den Empfehlungen zu folgen, aber ohne auf die Interessen Irans und Syriens einzugehen, werde kein Frieden im Irak zu erreichen sein. Solche Gespräche seien "ein absolut notwendiger Schritt". Falls die im Bericht angesprochene Irak-Unterstützergruppe zustande komme, solle sich Deutschland auf jeden Fall daran beteiligen und mit diplomatischen Mitteln besonders auf Iran und Syrien einwirken.
    Der außenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Eckart von Klaeden (CDU), sagte, er könne sich eine noch stärkere Beteiligung Deutschlands und der EU am Aufbau ziviler Strukturen in Irak vorstellen. Klaeden sagte, zunächst müsse man die offizielle Entscheidung des US-Präsidenten über den künftigen Kurs Washingtons abwarten. Der Bericht der Baker-Kommission sei eine wichtige, aber nur eine von mehreren Analysen für die Entscheidungsfindung. "Deutschland hat jedenfalls ein essenzielles Interesse daran, dass sich die Situation im Nahen und Mittleren Osten nicht noch weiter verschlechtert", betonte er. Skeptisch zeigte sich der Unions-Politiker mit Blick auf eine Einbeziehung Irans und Syriens. "Weder Iran noch Syrien haben bisher tatsächlich zu erkennen gegeben, dass sie bereit sind, eine konstruktive Rolle in der Region zu spielen", sagte er. Das habe die syrische Reaktion auf den Besuch von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) vor wenigen Tagen gezeigt.
    Polenz' Stellvertreter Hans Ulrich Klose (SPD), warnte die Deutschen davor, sich zu übernehmen. Klose sagte, Deutschland tue schon relativ viel im Irak. "Es käme also auf die Anforderungen an", fügte er hinzu.
    Die Grünen lehnten eine Entsendung deutscher Soldaten in den Irak auch für den Fall ab, dass sich die Sicherheitslage in dem Land deutlich verbessert. Der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Winfried Nachtwei, sagte, es habe keinen Sinn, abgezogene US-Soldaten durch Soldaten anderer Nationen zu ersetzen. Wenn sich die Sicherheitslage im Irak stabilisieren sollte, sei es höchstens möglich, zivile Helfer aus Deutschland ins Land zu entsenden. Möglich sei aber, dass die Bundeswehr ihre Hilfe bei der Ausbildung irakischer Soldaten außerhalb des Landes verstärke. Das Training findet derzeit in den Vereinigten Arabischen Emiraten statt. Zudem sei er skeptisch, ob Bush die Empfehlungen der Baker-Kommission zur Veränderung der US-amerikanischen Irak-Politik umsetzen werde, sagte Nachtwei. Bush sei schon bisher nicht eben lernfähig gewesen.
  • Japan wird die multinationale Truppe und die Vereinten Nationen im Irak weiter durch die Bereitstellung von militärischen Transportflugzeugen unterstützen. Der Einsatz, der ursprünglich für die inzwischen abgezogenen japanischen Soldaten begonnen wurde und am Donnerstag kommender Woche (14. Dez.) auslaufen sollte, werde bis Juli kommenden Jahres verlängert, hieß es am 8. Dez. aus dem Kabinett von Ministerpräsident Shinzo Abe. Die japanische Luftwaffe ist seit März 2004 im Irak im Einsatz. Die letzten japanischen Soldaten aus dem Bodeneinsatz im Irak waren im Juli heimgekehrt.
  • Mehr als 1.000 britische und dänische Soldaten haben bei einer Großrazzia in der südirakischen Stadt Basra am 8. Dez. fünf mutmaßliche Aufständische festgenommen. Die Truppen hoben außerdem ein großes Waffenlager aus, wie ein Sprecher der britischen Streitkräfte mitteilte. Bei den Festgenommenen handele es sich um Mitglieder einer schiitischen Miliz. Der Militärsprecher bezeichnete den Einsatz als eine der größten Offensiven zur Festnahme Verdächtiger im Südirak seit Kriegsbeginn im März 2003. Beteiligt gewesen seien mehr als 800 britische und etwa 200 dänische Soldaten.
  • Bei einem Bombenanschlag in Bagdad wurde ein US-Soldat getötet, wie die amerikanischen Streitkräfte am 8. Dez. mitteilten. Der Sprengsatz sei am Vortag im Westen der Stadt explodiert. Damit stieg die Zahl der seit Monatsbeginn im Irak getöteten US-Soldaten laut AP auf 33.
  • Mit einer emotionalen Ansprache hat sich der noch amtierende US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld von den Mitarbeitern des Pentagons verabschiedet. Zehn Tage vor seinem endgültigen Ausscheiden aus dem Amt sagte Rumsfeld am 8. Dez. in Washington, er wolle die Geschichte über seine Arbeit entscheiden lassen. Er hoffe, die Bewertung werde besser ausfallen als die der örtlichen Presse. Auf die Frage nach dem schlimmsten Tag in seiner Amtszeit nannte Rumsfeld den Moment, als er von den Misshandlungen irakischer Häftlinge durch US-Soldaten in Abu Ghraib erfahren habe. Angesichts des Skandals hatte er Präsident George W. Bush 2004 zwei Mal seinen Rücktritt angeboten. Der Präsident lehnte ab.
  • Bei Anschlägen und Kämpfen im Irak sind am 8. Dez. mindestens 70 Menschen getötet worden. Die US-Streitkräfte teilten mit, bei einem Angriff auf ein sunnitisch dominiertes Gebiet nordwestlich von Bagdad seien 20 Aufständische getötet worden, darunter zwei Frauen. Irakische Behördensprecher erklärten dagegen, bei den Toten handele es sich um Zivilpersonen - darunter acht Kinder.
    Bei zwei Anschlägen auf US-Patrouillen wurden drei US-Soldaten getötet. Die Zahl der im Dezember im Irak umgekommenen Soldaten stieg damit auf 33; die gesamten US-Verluste seit Kriegsbeginn im März 2003 stieg auf 2.924.
    Bei weiteren Anschlägen wurden am 8. Dez. 47 Iraker getötet oder tot aufgefunden. Allein bei einem Mörsergranatenanschlag auf ein schiitisches Armenviertel Bagdads wurden 25 Menschen getötet.
  • Angesichts der Gewaltwelle im Irak und anderer Krisenherde im Nahen Osten haben Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und seine amerikanische Amtskollegin Condoleezza Rice die Bedeutung einer starken transatlantischen Partnerschaft zwischen der EU und den USA bekräftigt. Ohne direkt auf Forderungen der überparteilichen Baker-Hamilton-Kommission nach einem radikalen Kurswechsel in der Irak-Politik der USA einzugehen, betonte Steinmeier am 8. Dez. in Washington, dass zur Bewältigung aller aktuellen und absehbaren Konflikte im Nahen Osten eine enge Abstimmung im transatlantischen Verhältnis unbedingt vonnöten sei. Nach der erst vor kurzem erfolgten Veröffentlichung der Baker-Hamilton-Studie zur Irak-Politik von US-Präsident George W. Bush sei es zu früh, schon jetzt eine abschließende neue Meinungsbildung über einen möglichen Kurswechsel der Regierung zu erwarten, betonte Steinmeier. Er sei nicht nach Washington gekommen, um Ratschläge zu geben. Allerdings werde die jetzt neu angestoßene inneramerikanische Debatte über einen künftigen Kurswechsel in der Irak-Politik der USA in Europa mit großem Interesse verfolgt. Der Baker-Hamilton-Bericht enthalte viele Vorschläge, die beide Seiten im nächsten Jahr in internationalen Gremien oder im Rahmen von Treffen der acht großen Industrieländer (G-8) näher erörtern könnten. Deutschland wird mit Beginn 2007 die EU-Ratspräsidentschaft sowie den Vorsitz bei Treffen der G-8 übernehmen.
    US-Außenministerin Rice bekräftigte das Interesse der USA, nach einer allgemein «größeren internationalen Unterstützung», darunter auch die Deutschlands, für eine Stabilisierung im Irak. "Niemand von uns schätzt die Lage im Irak als günstig ein", sagte sie. Die demokratisch gewählten Regierungen im Irak oder im Libanon seien angesichts externer und interner Destabilisierung jetzt auch auf starke internationale Unterstützung angewiesen. Es gebe hier wie auch in anderen Nahost-Krisengebieten "Grabenkämpfe" zwischen moderaten, demokratisch gesinnten Kräften und extrem gewaltbereiten Gruppen, die auch von Syrien und dem Iran mit geschürt würden. Die USA seien bereit, mit dem Iran jederzeit und an jedem Ort direkt zu sprechen, sagte Rice. Vorbedingung sei jedoch, dass die iranische Regierung zuvor ihr Nuklearprogramm mit Ziel des Besitzes von Atomwaffen aussetze. Syrien müsse jede direkte oder indirekte Einmischung in libanesische Angelegenheiten einstellen.
    Steinmeier sagte, im israelisch-palästinensischen Konflikt sähen die USA und Deutschland durchaus "ermutigende Signale" für eine Rückkehr zu direkten Gesprächen über einen Friedenslösung mit zwei selbstständigen Staaten. Deutschland habe aber auch die Bedeutung anderer Themen von globalem Interesse betont. Dazu gehörten die negativen Folgen des Klimawandels ebenso wie die Notwendigkeit einer neuen Technologiegeneration zur Energieerzeugung, um die Industrieländer unabhängiger vom Import und Einsatz fossiler Rohstoffe wie Rohöl oder Erdgas zu machen.
  • Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), ist von der Absage der US-Regierung zu direkten Gesprächen mit Syrien und Iran nicht überrascht. Eine Einbeziehung beider Länder wäre ein Eingeständnis, dass die Irak-Politik der US-Regierung bisher falsch gewesen sei, sagte Erler am 9. Dez. im Deutschlandfunk. Zugleich betonte der SPD-Außenpolitiker, es sei sinnvoll, ohne Vorbedingungen Verhandlungen aufzunehmen, wie es die Baker-Hamilton-Kommission empfohlen habe. Erler räumte jedoch ein, dass sich Syrien und der Iran bislang destruktiv verhielten.
  • Die Bundesregierung will während ihrer EU-Ratspräsidentschaft den Friedensprozess im Nahen Osten mit besonderen Initiativen wieder in Gang bringen. "Vor allen Dingen glauben wir, dass das Nahost-Quartett wieder belebt werden sollte und hier hat die Europäische Union eine aktive Rolle", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem am 9. Dez. auf ihrer Internet-Seite veröffentlichten Video-Podcast. Zum Nahostquartett gehören neben der EU die Vereinten Nationen, die USA und Russland. Mit Blick auf die Massenproteste der schiitischen Hisbollah im Libanon betonte Merkel, der Nahe Osten brauche einen stabilen, eigenständigen Libanon. "Dazu müssen alle einen Beitrag leisten, insbesondere auch Syrien, das bis jetzt seinen Verpflichtungen aus meiner Sicht noch nicht ausreichend nachkommt."
    Zur Entschärfung des Irak-Konflikts sollten die Nachbarstaaten einbezogen werden, verlangte die CDU-Chefin unter Verweis auf den Bericht der Baker-Kommission in den USA. "Ich unterstütze insbesondere eine umfassende diplomatische Initiative, bei der der Irak auch seine Nachbarstaaten mit einbezieht und damit ein Beitrag geleistet werden könnte, um den Mittleren und Nahen Osten insgesamt zu stabilisieren." Die teilweise angemahnten direkten Gespräche zwischen den USA mit Syrien und dem Iran erwähnte Merkel in ihrer Botschaft nicht.
  • In ihren Überlegungen für eine neue Irak-Strategie konzentriert sich die US-Regierung laut einem Zeitungsbericht auf drei Handlungsoptionen. Eine Möglichkeit sei das Heraushalten der US-Armee aus den innerirakischen Konflikten und eine Konzentration auf die Verfolgung von Terroristen aus dem Umfeld des El-Kaida-Netzwerks, wie die US-Zeitung "Washington Post" am 9. Dez. berichtete. Eine zweite Variante wäre demnach eine kurzfristige Aufstockung der US-Truppen um 15.000 bis 30.000 Soldaten, um die Sicherheitslage in Bagdad zu verbessern und die Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte zu beschleunigen. Die dritte Option sehe vor, die schiitische Bevölkerungsmehrheit stärker zu unterstützen und im Gegenzug die Bemühungen um eine Einbindung sunnitischer Aufständischer in den politischen Prozess zu beenden.
  • Der Iran hat seine Bereitschaft erklärt, beim Abzug der US-Armee aus dem Irak zu "helfen". "Der Schlüssel für eine Lösung der Probleme im Irak ist der Abzug der ausländischen Truppen", sagte der iranische Außenminister Manuschehr Mottaki am 9. Dez. vor Teilnehmern einer Sicherheitskonferenz in Bahrain. "Falls die US-Regierung ihre Einstellung ändert, ist der Iran bereit, dieser Regierung beim Abzug seiner Truppen aus dem Irak zu helfen", sagte Mottaki weiter. Er führte nicht aus, in welcher Form sein Land Washington unterstützen könnte.
  • Ein Selbstmordattentäter hat in der den Schiiten heiligen irakischen Stadt Kerbela mindestens fünf Menschen mit in den Tod gerissen. 44 weitere Menschen wurden dabei am 9. Dez. verletzt, 15 von ihnen schwer, wie die Polizei mitteilte. Der Täter habe seine Autobombe vor dem Al-Abbas-Schrein in Kerbela gezündet, das rund 80 Kilometer südlich von Bagdad liegt.
  • Führende sunnitische Organisationen verurteilten am 9. Dez. einen Angriff der US-Streitkräfte vom Vortag in der Provinz Salahuddin, bei dem 20 Menschen getötet wurden. Während die US-Streitkräfte erklärten, es habe sich bei den Opfern um Aufständische gehandelt, berichteten Bewohner der angegriffenen Ortschaft, es seien 19 Zivilisten getötet worden, darunter sieben Frauen und acht Kinder. Dieser Darstellung schlossen sich auch die einflussreiche sunnitische Vereinigung der muslimischen Gelehrten und die größte politische Partei der Sunniten an, die beide den Angriff verurteilten. An der Beisetzung der 19 Opfer nahmen am 9. Dez. rund 1.000 Bewohner der überwiegend von Sunniten bewohnten Ortschaft Ischaki teil. Sie riefen "Nieder mit den Besatzern" und "Lang lebe der Widerstand".
  • Bei Kämpfen in der Unruheprovinz Anbar wurden erneut zwei US-Soldaten getötet. Ein Marineinfanterist erlag am 9. Dez. Verletzungen, die er bei Kämpfen erlitten hatte, wie die amerikanischen Streitkräfte mitteilten. Der zweite Soldat starb bereits am 7. Dez.
  • US-Präsident George W. Bush hat sich erneut gegen einen "überstürzten" Abzug der US-Armee aus dem Irak ausgesprochen. In seiner wöchentlichen Radioansprache hob Bush am Samstag hervor, dass die unabhängige Baker-Kommission in ihrem Bericht zwar einen teilweisen Truppenabzug vor Anfang 2008 empfohlen habe, dabei aber darauf hingewiesen habe, dass dies "fast sicher eine größere sektiererische Gewalt" bewirken werde. Auch die von dem früheren US-Außenminister James Baker geführte Kommission habe verstanden, dass die Arbeit im Irak nicht einfach sei, ein "Erfolg aber möglich" sei.
  • US-Präsident George W. Bush hat sich erneut gegen einen "überstürzten" Abzug der US-Armee aus dem Irak ausgesprochen. In seiner wöchentlichen Radioansprache hob Bush am 9. Dez. hervor, dass die unabhängige Baker-Kommission in ihrem Bericht zwar einen teilweisen Truppenabzug vor Anfang 2008 empfohlen habe, dabei aber darauf hingewiesen habe, dass dies "fast sicher eine größere sektiererische Gewalt" bewirken werde. Auch die von dem früheren US-Außenminister James Baker geführte Kommission habe verstanden, dass die Arbeit im Irak nicht einfach sei, ein "Erfolg aber möglich" sei.
  • Ein Neffe des früheren irakischen Machthabers Saddam Hussein ist am 9. Dez. aus seinem Gefängnis bei Mossul im Norden des Irak geflohen. Aiman Sabaui habe einen Fluchthelfer unter den Gefängnisaufsehern gehabt, verlautete aus irakischen Sicherheitskreisen. Sabaui ist der Sohn von Sabaui Ibrahim Hassan el Tikriti, einem Halbbruder Saddam Husseins. Im Mai vergangenen Jahres war Aiman Sabaui in der Region von Tikrit nördlich von Bagdad festgenommen worden. Tikrit ist die Heimatstadt Saddam Husseins. Ihm werden finanzielle Unterstützung sunnitischer Rebellen im Irak sowie illegaler Waffen- und Sprengstoffbesitz zur Last gelegt. Sein Vater, die Nummer 36 auf der Liste der ehemals 55 meistgesuchten Mitglieder der Saddam-Führung, wurde im Februar 2005 nahe der syrischen Grenze gefasst.
  • Der scheidende US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld stattet den Streitkräften im Irak am 10. Dez. überraschend einen letzten Besuch ab. Das teilte das Pentagon in Washington mit. Rumsfeld hatte am 8. November seinen Rücktritt erklärt, nachdem die Republikanische Partei bei den Kongresswahlen eine schwere Niederlage erlitten hatte. Für den 18. Dezember ist die Amtsübergabe von Rumsfeld an den neuen Verteidigungsminister Robert Gates vorgesehen. Der Senat hat der Ernennung Gates' bereits zugestimmt.
  • Beim Gipfel des Golf-Kooperationsrates zeichnete der saudiarabische König Abdullah ein düsteres Bild von der Lage in der arabischen Welt. Die Region sei ein "Pulverfass", das mit dem nächsten kleinen Funken in die Luft fliegen könne, warnte Abdullah vor den Vertretern der anderen fünf Mitgliedsländer des Rates am 10. Dez. Ursache für die gefährliche Gemengelage seien zahlreiche "Gefahren", von denen die arabische Welt derzeit "umzingelt" werde. Als größte Gefahren nannte der Monarch den Nahost-Konflikt und die Lage im Irak. Die Palästinenser litten unter einer "schrecklichen (...) Besatzung" durch Israel, während die internationale Gemeinschaft "wie Augenzeugen ihrer blutigen Tragödie" beiwohne. Noch bedrohlicher für die "palästinensische Sache" aber sei der innerpalästinensische Konflikt zwischen der regierenden radikalislamischen Hamas-Bewegung und der Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Im Irak töte gegenwärtig "ein Bruder seinen Bruder", beklagte Abdullah. Der Libanon sei in Gefahr, nach dem Bürgerkrieg zwischen 1975 und 1990 erneut in einen Konflikt abzugleiten. Der saudiarabische König forderte die Staaten des Kooperationsrates auf, angesichts der Probleme der arabischen Welt an einem Strang zu ziehen. Zum Golf-Kooperationsrat gehören außerdem Bahrain, Kuwait, Oman, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate.
  • Der irakische Präsident Dschalal Talabani hat den Bericht der Baker-Kommission über eine veränderte Irak-Strategie der USA komplett abgelehnt. Der Bericht greife in die Souveränität des Irak ein, kritisierte Talabani am 10. Dez. vor Journalisten in seiner Bagdader Residenz. Der Staatschef nannte den Bericht "ungerecht". Er enthalte "gefährliche Artikel", die in die irakische Souveränität und Verfassung eingriffen. "Ich lehne ihn in seiner Gesamtheit ab." Talabani erwähnte insbesondere den Vorschlag, die Mitglieder der früheren irakischen Regierungspartei Baath in die Politik einzubinden. "Das unterläuft den langen Kampf des irakischen Volkes gegen die Diktatur", sagte der Kurde.
  • Bei neuen Angriffen im Irak sind bis zum Mittag des 10. Dez. mindestens elf Menschen ums Leben gekommen. Neun Iraker seien von Bewaffneten im Westen Bagdads getötet worden, berichteten Sicherheitsdienste. Die Täter seien in ein Haus im Stadtteil Dschihad eingedrungen, hätten dort Männer und Frauen getrennt und schließlich fünf Brüder getötet. Einer der Ermordeten sei Polizist gewesen. Im Anschluss drangen die Bewaffneten den Angaben zufolge in das Nachbarhaus ein, wo sie einen Vater und drei seiner Söhne töteten.
    Ebenfalls in Bagdad wurde ein Leibwächter des ehemaligen irakischen Vize-Ministerpräsidenten Ahmed Tschalabi getötet.
    In Tikrit nördlich von Bagdad kam ein Krankhauswächter bei einem Angriff auf sein Auto um Leben.
  • Die Bundesregierung prüft nach Angaben von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Ausweitung der Ausbildungshilfe für die irakische Armee. Eine solche Hilfe könne es allerdings nur "außerhalb des Irak" geben, sagte Merkel am 10. Dez. in Berlin nach einem Treffen mit dem ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak. Auch Deutschland habe ein Interesse, dass der Aufbau im Irak vorangehe und das Land in der Lage sei, seine Sicherheit künftig selber zu gewährleisten. Den Baker-Bericht nannte Merkel eine "realistische Beschreibung der Lage", aus der die US-Regierung nun ihre Konsequenzen ziehen müsse.
  • Ein am Straßenrand versteckter Sprengsatz hat westlich von Bagdad einen US-Soldaten in den Tod gerissen und einen weiteren verwundet. Der Anschlag ereignete sich am 10. Dez. bei einer Routinepatrouille, wie das Militärkommando mitteilte. Seit Beginn des Monats Dezembers sind damit bereits 43 US-Soldaten ums Leben gekommen. Die Gesamtzahl der amerikanischen Opfer seit Beginn des Irak-Kriegs im März 2003 erhöhte sich laut einer Zählung der Nachrichtenagentur AP auf mindestens 2.931.
Montag, 11. Dezember, bis Sonntag, 17. Dezember
  • Nach 24 Jahren haben Syrien und der Irak am 11. Dez. wieder Botschaften in Bagdad beziehungsweise Damaskus eröffnet. Vor dem Gebäude in der syrischen Hauptstadt wurde die irakische Flagge gehisst, eine ähnliche Zeremonie spielte sich vor der syrischen Vertretung in Bagdad ab. Der irakische Staatsminister Lubeid al Abawi sagte, die beiden Länder würden bald die Botschafter ernennen. Die Regierung in Damaskus hatte die diplomatischen Beziehungen 1982 unter dem Vorwurf abgebrochen, der Irak unterstütze den Aufruhr der in Syrien verbotenen Muslimischen Bruderschaft. Während des iranisch-irakischen Kriegs von 1980 bis 1988 stand Syrien auf Seiten des Irans. Gleichwohl wurden 1997 zumindest wieder Handelsbeziehungen zum Irak aufgenommen. In jüngster Zeit hat der Irak Syrien wiederholt vorgeworfen, ausländischen Kämpfern die Einreise über seine Grenze zu ermöglichen.
  • Bei neuerlichen Gewalttaten im Irak sind am 11. Dez. 26 Menschen getötet worden. Nach Angaben von Sicherheitsdiensten waren unter ihnen eine schwangere kurdische Frau und drei ihrer Kinder. Bewaffnete Männer töteten sie in ihrem Haus im Süden der nordirakischen Stadt Kirkuk. In Mossul wurden fünf Männer getötet, vier Brüder und ein Polizist. In Kirkuk jagte sich ein Selbstmordattentäter vor dem Haus eines Polizeigenerals in die Luft und verletzte außer dem General 13 Menschen zum Teil schwer. Die übrigen Toten, unter ihnen mehrere Polizisten, wurden in und um Bagdad sowie in Baakuba, 60 Kilometer nördlich der Hauptstadt registriert.
  • Kurz vor Ablauf seiner Amtszeit hat UN-Generalsekretär Kofi Annan an die USA appelliert, in ihrem Kampf gegen den Terrorismus nicht von den Prinzipien der Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte abzurücken. Die USA könnten ihre traditionelle Rolle als "Vorkämpfer für die weltweiten Menschenrechte" nur dann bewahren, wenn sie sich an ihre eigenen Prinzipien hielten, sagte Annan am 11. Dez. laut einem Redetext. "Wenn es allerdings den Anschein hat, dass dieses Land seine eigenen Ideale und Zielsetzungen aufgibt, dann sind die Freunde im Ausland naturgemäß besorgt und irritiert." Annan ging in seiner Rede in der Truman-Präsidentenbibliothek im US-Bundesstaat Missouri nicht direkt auf den Irak-Krieg der USA ein, den er in früheren Äußerungen entschieden abgelehnt hat. Er ließ allerdings Kritik an der US-Doktrin der "Präventivschläge" durchblicken: "Wenn Macht - zumal militärische Macht - eingesetzt wird, wird die Welt dies nur dann als rechtmäßig betrachten, wenn die Macht für den richtigen Zweck, für weithin geteilte Ziele eingesetzt wird", sagte Annan. "Staaten müssen sich an Regeln halten." Annan wird sein Amt zum Jahreswechsel nach zehnjährigem Mandat abgeben. Sein Nachfolger wird der frühere südkoreanische Außenminister Ban Ki Moon.
  • Zum Auftakt einer Woche intensiver Konsultationen über die künftige Irak-Strategie hat US-Präsident George W. Bush am 11. Dez. mit Experten im Außenministerium in Washington über die Lage beraten. Bei den Gesprächen sei es um die Möglichkeit gegangen, die Länder der Region stärker in die Bemühungen um eine Friedenslösung für den Irak einzubinden, sagte Bush nach dem Treffen mit Außenministerin Condoleezza Rice und hochrangigen Diplomaten. Zur Sprache gekommen sei dabei "die Verantwortung der Nachbarländer, der jungen irakischen Demokratie beim Überleben zu helfen". Am Ziel der Mission habe sich nichts geändert, sagte Bush. Er wolle den Erfolg der USA im Irak.
  • Die US-Friedensaktivistin Cindy Sheehan ist am 11. Dez. wegen unerlaubten Betretens der amerikanischen UN-Mission in New York verurteilt worden. Der Richter sprach die als "Peace Mom" bekannte 49-Jährige und vier weitere Frauen aber von den Anklagepunkten des ordnungswidrigen Verhaltens sowie Widerstands bei der Festnahme und gegen die Staatsgewalt frei. Dafür drohte ihnen ein Jahr Haft. Die Verurteilten müssen nun nur je 95 Dollar Gerichtskosten zahlen. Zudem können sie bestraft werden, wenn sie im nächsten halben Jahr festgenommen werden. "Peace Mom" wollte im März in der US-Mission gegenüber dem Hauptquartier der Vereinten Nationen am Hudson River mit 100 weiteren Aktivisten 72.000 Unterschriften gegen den Irak-Krieg überreichen. Die Verbindungsbeamtin Peggy Kerry - die Schwester des gescheiterten Präsidentschaftskandidaten John Kerry - lehnte es aber ab, die Frauen vor der Presse zu empfangen, weil sie nach eigener Aussage eine PR-Aktion witterte. Die Demonstrantinnen erklärten daraufhin, sie würden so lange außerhalb des Gebäudes ausharren, bis jemand die Petition entgegennehme. Polizisten trugen sie schließlich weg.
  • Bei zwei koordinierten Selbstmordanschlägen im Zentrum der irakischen Hauptstadt Bagdad wurden am 12. Dez. mindestens 60 Menschen getötet. Laut Augenzeugen rammte ein erster Attentäter mit seinem Fahrzeug einen Polizeiwagen und löste eine Explosion aus. Ein weiterer Attentäter steuerte danach seinen mit Sprengstoff präparierten Lieferwagen in eine aufgeschreckte Menge zumeist Arbeit suchender Schiiten. Etwa 220 Menschen wurden nach Angaben von Ärzten bei den Anschlägen in Bagdad zum Teil schwer verletzt. Ministerpräsident Nuri el Maliki verurteilte die Anschläge und machte sunnitische Extremisten dafür verantwortlich. Nach der ersten Autobombenexplosion im morgendlichen Berufsverkehr rannten die Menschen auf dem belebten Tajaran-Platz im Stadtteil Rusafa laut Augenzeugen auf die andere Seite des Platzes. Genau dorthin habe der zweite Attentäter zwei Minuten später sein Fahrzeug gelenkt.
  • Im schiitischen Mausoleum in Samarra explodierte am 12. Dez. eine Bombe, die jedoch nur geringe Schäden anrichtete. Der Sprengsatz wurde laut US-Armee am Eingang des Mausoleums bei einer Routine-Patrouille der irakischen Polizei entdeckt.
  • US-Präsident George W. Bush wird die neue Strategie für den Irak voraussichtlich nicht mehr vor Weihnachten bekanntgeben. Es sei "vermutlich wahrscheinlicher", dass Bush die neue Strategie für den Irak erst im neuen Jahr bekannt geben werde, sagte am 12. Dez. ein leitender Beamter in Washington, der nicht namentlich genannt werden wollte. Bush beriet mit führenden Generälen über die Neubestimmung des Irak-Kurses. An der Videokonferenz beteiligten sich nach Angaben des Weißen Hauses der Kommandeur der Koalitionstruppen im Irak, General George Casey, der Befehlshaber des US-Zentralkommandos, General John Abizaid, und der Chef des Vereinigten Generalstabs, General Peter Pace. Auch der US-Botschafter im Irak, Zalmay Khalilzad, nahm an den Beratungen teil.
  • Während ihres Einsatzes im Irak sind allein seit Anfang Dezember inzwischen mehr als 50 US-Soldaten ums Leben gekommen. Drei Marineinfanteristen seien ihren Verletzungen erlegen, die sie bei "feindlichen Aktionen" in der Provinz El Anbar am Vortag erlitten hätten, hieß es in einer Mitteilunmg der Armee vom 12. Dez. Ein vierter Marineinfanterist sei ebenfalls tot, aber nicht Opfer einer feindlichen Aktion gewesen, hieß es ohne weitere Angaben. Ein weiterer US-Soldat starb nach Armeeangaben aus offenbar natürlichen Gründen nahe der Stadt Diwanijah etwa 180 Kilometer südlich von Bagdad. Seit dem Einmarsch im Irak im Frühjahr 2003 verlor die US-Armee inzwischen 3.000 Menschen.
  • Saudi-Arabien hat laut einem Pressebericht gedroht, im Falle eines Abzugs der US-Truppen aus dem Irak die Sunniten bei ihrem Kampf gegen die Schiiten finanziell zu unterstützen. Wie die "New York Times" am 13. Dez. unter Berufung auf nicht namentlich genannte arabische und US-Diplomaten berichtete, sprach der saudiarabische König Abdullah diese Warnung gegenüber US-Vizepräsident Dick Cheney vor zwei Wochen in Riad aus. "Es ist eine hypothetische Situation, und wir würden hart daran arbeiten, so ein Szenario zu vermeiden", zitierte die Zeitung einen arabischen Diplomaten in Washington. Wenn sich die Lage im Irak aber verschlimmere, etwa in Form von "ethnischer Säuberung", fühle sich Saudi-Arabien in den Krieg hineingezogen.
  • Bei einem Attentat in Rijadh am 13. Dez. im Nordostirak töteten Attentäter mit zwei mit Sprengstoff beladenen Lastwagen zehn Soldaten. Neun weitere Menschen wurden bei dem Anschlag auf eine Einheit zum Schutz von Erdölanlagen verletzt, sagte ein Offizier.
    Bei einem Anschlag auf eine Polizeipatrouille in der Region wurde zudem eine Frau getötet, drei Menschen wurden verletzt.
    Im Osten Bagdads wurden bei einem Angriff zehn Menschen getötet. Weitere 26 Menschen seien verletzt worden, teilte ein Sicherheitsbeamter mit.
    Bei einem zweiten Anschlag starben nach Polizeiangaben fünf Menschen. Den Angaben zufolge explodierten zwei Fahrzeuge inmitten einer Gruppe schiitischer Arbeitssuchender.
    In der Region Bakuba töteten Bewaffnete fünf Menschen.
  • In der Debatte um die künftige Strategie der USA im Irak befürworten Experten im US-Verteidigungsministerium einem Pressebericht zufolge eine Aufstockung der Einsatztruppen. Entgegen den Empfehlungen der Baker-Kommission, die einen Abzug der Kampftruppen bis Anfang 2008 befürwortet, erwäge das Pentagon eine Demonstration militärischer Stärke im Irak, berichtete die "Los Angeles Times" am 13. Dez. Die US-Truppen sollten beträchtlich aufgestockt werden und vor allem die Milizen des radikalen Schiitenführers Moktada el Sadr ins Visier nehmen, berichtete das Blatt. Parallel solle die Wirtschaftshilfe erhöht werden.
  • Die US-Regierung hat einen Bericht über die angebliche Drohung Saudi-Arabiens zurückgewiesen, beim Abzug der US-Truppen aus dem Irak die Sunniten beim Kampf gegen die Schiiten zu unterstützen. Dies sei nicht die Politik Saudi-Arabiens, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Tony Snow, am 13. Dez. in Washington. Die saudiarabische Politik sei unverändert, pflichtete Außenamtssprecher Sean McCormack bei: "Sie glauben an die territoriale Integrität des Irak. Sie glauben an einen Irak für alle Iraker und unterstützen die Bemühungen um eine nationale Aussöhnung." Dies sei die Position Saudi-Arabiens gewesen und sei es immer noch, versicherte McCormack. Das Land sei der Ansicht, diese Haltung liege im nationalen Interesse. Das werde von den Saudiarabern sowohl im vertraulichen Gespräch wie auch öffentlich gesagt.
  • US-Präsident George W. Bush hat seine Entscheidung verteidigt, erst im kommenden Jahr eine neue Irak-Strategie vorzustellen. Der Feind im Irak sei weit davon entfernt, geschlagen zu werden, räumte Bush am 13. Dez. nach Beratungen mit führenden Generälen und Beamten des Verteidigungsministeriums in Washington ein. Er werde jedoch keine übereilte Entscheidung treffen. Sollten die USA im Irak "die Nerven verlieren", werde das Land an den Feind fallen. (Siehe hierzu: Rede von US-Präsident George W. Bush ...)
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hält eine Lösung des Irak-Konfliktes ohne Einbindung des Irans und Syriens nicht für machbar. "Ich denke, man muss die Nachbarländer einbinden", sagte Annan im französischen Auslandsradio Radio France Internationale am 14. Dez. und nannte dabei ausdrücklich beide Staaten. "Die Lage hat sich verschlechtert." Anfangs habe er im Konflikt noch das Wort "Bürgerkrieg" gescheut, sagte Annan, der Ende des Jahres aus dem Amt scheiden wird. Nach der Ausweitung der Gewalt sei dies heute "klarer".
  • In der Innenstadt von Bagdad sind am 14. Dez. dutzende Menschen von bewaffneten Männern in Uniform entführt worden. Wie aus Sicherheitskreisen verlautete, wurden bis zu 50 Menschen am Vormittag verschleppt. Augenzeugenberichten zufolge fuhren rund zwanzig Allradfahrzeuge begleitet von vier Krankenwagen in die Raschid-Straße im Stadtteil Rusafa. Rund hundert Männer, die die Uniformen von Polizeikommandos trugen, stiegen aus. "Zuerst sperrten sie die beiden Enden der Straße ab und riefen: 'Keine Panik. Wir haben einen Auftrag zu erfüllen'", berichtete ein Teeverkäufer. "Dann begannen sie, die Leute auf gut Glück zu packen: Sunniten, Schiiten, Kurden". Polizisten und Soldaten, die sich in der Nähe aufhielten und um Hilfe gerufen wurden, griffen nach Angaben des Augenzeugen zunächst nicht ein. Die Kidnapper entkamen mit ihren Opfern. Obwohl die Entführer um sich schossen, wurde niemand verletzt.
  • Der Chef der US-Landstreitkräfte, Peter Schoomaker, hält eine Truppenaufstockung für notwendig. Zudem müsse es uneingeschränkte Einsatzmöglichkeiten der Reservekräfte geben, sagte er bei einer Expertenanhörung am 14. Dez. in Washington. Um auf die Bedürfnisse im Kampf gegen den Terrorismus reagieren zu können, müssten jetzt Entscheidungen getroffen werden. Derzeit seien 125.000 Landstreitkräfte im Irak und in Afghanistan. Es gebe insgesamt 40 Prozent weniger aktive Soldaten als in den 70-er Jahren. Die Landstreitkräfte, die etwa 507.000 Soldaten umfassen, hatten bereits eine vorübergehende Erlaubnis zur Aufstockung um 30.000 Soldaten erhalten. Schoomaker forderte eine dauerhafte Genehmigung für die Aufstockung sowie eine weitergehende Verstärkung um 6000 bis 7000 Soldaten pro Jahr. Die US-Militärführung fordert bereits seit einigen Wochen eine Aufstockung.
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice hat Zugeständnisse an den Iran und Syrien im Gegenzug für ein Engagement dieser Länder bei der Stabilisierung des Iraks abgelehnt. Sie fürchte, dass die "Kompensation", die Syrien oder Iran für ihr Mitwirken verlangen könnten, zu hoch zu sei, sagte Rice der "Washington Post" vom 15. Dez. So wolle sie nicht mit Syrien über die Souveränität des Libanon verhandeln oder dem Iran die Atomwaffe erlauben. Falls beide Länder ein Interesse an einem stabilen Irak hätten, dann sollten sie sich auch ohne Anreize der USA dort engagieren, sagte Rice weiter.
  • Der syrische Präsident Baschar el Assad hat die Regierungen in Israel und den Vereinigten Staaten aufgerufen, mit seinem Land in Verhandlungen zu treten. "Viele Stimmen in Israel" sprächen sich für einen Dialog mit der Regierung in Damaskus aus, sagte Assad der italienischen Zeitung "La Repubblica" vom 15. Dez. Er forderte Israels Ministerpräsidenten Ehud Olmert daher auf, einen Dialogversuch zu unternehmen - "um zu sehen, ob wir bluffen". Unter Berufung auf den Bericht der Baker-Kommission für eine neue US-Strategie im Irak rief Assad auch US-Präsident George W. Bush auf, mit Damaskus in den Dialog zu treten.
  • Nach fast sechs Jahren an der Spitze des Pentagon ist US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld am 15. Dez. mit militärischen Ehren verabschiedet worden. Unter Rumsfelds Amtsführung hätten die USA "einige der schwierigsten Momente ihrer Geschichte" erlebt, sagte US-Präsident George W. Bush unter Verweis auf die Terroranschläge vom 11. September 2001. Der Minister habe sich dabei als "einer der fähigsten, dynamischsten und engagiertesten Amtsträger" erwiesen. Der Präsident hob besonders Rumsfelds Rolle im Irak-Krieg hervor: "Auf meine Anweisung leitete der Minister 2003 die Planungen für den historischen Einsatz." Unter Rumsfelds Mitwirken habe die US-Armee dem irakischen Volk geholfen, eine "verfassungsmäßige Demokratie" zu errichten, sagte Bush. Dies sei ein "wegweisendes Ereignis in der Geschichte der Freiheit" gewesen. Auf die schwierige Lage im Irak ging Bush nicht ausdrücklich ein.
  • Einen Tag vor der Versöhnungskonferenz im Irak hat der irakische Ministerpräsident Nuri el Maliki dem US-Präsidenten George W. Bush in einem Telefonat seine Vorhaben erläutert. Maliki habe seine Pläne für die Konferenz dargelegt, sagte ein Sprecher des Weißen Hauses am 15. Dez. in Washington. Er habe auch erklärt, dass er sich eine noch breitere Beteiligung der führenden irakischen Politiker an den Gesprächen wünschen würde. Bush habe Maliki seine Unterstützung zugesichert, sagte der Sprecher weiter. Zugleich habe der US-Präsident sich nach seinen Treffen mit dem schiitischen Geistlichen Abdel Asis el Hakim und dem sunnitischen Anführer Tarek el Haschemi in Washington "ermutigt" gezeigt. Das Telefonat habe etwa 45 Minuten gedauert.
  • US-Präsident George W. Bush erwägt nach einem Bericht der "New York Times" vom 16. Dez. die Entsendung von mehr als 20.000 zusätzlichen Soldaten in den Irak. Die Zeitung schrieb unter Berufung auf Regierungsbeamte, die Stabschefs untersuchten zur Zeit Möglichkeiten, wie die Truppenverstärkung bewerkstelligt werden könnte. Die vom Kongress eingesetzte Baker-Kommission hatte dagegen kürzlich unter anderem den Abzug der US-Kampftruppen bis 2008 und eine neue diplomatische Offensive empfohlen.
  • In der irakischen Hauptstadt Bagdad hat am 16. Dez. eine Konferenz der nationalen Versöhnung ihre Arbeit aufgenommen. Mehrere hundert Gesandte verschiedener politischer Gruppierungen wollten sich unter anderem mit dem Problem der andauernden Gewalt im Land befassen. Vor der Zusammenkunft hatte es mehrere Boykottdrohungen gegeben, unter anderem von Schiiten, die eine Teilnahme von hochrangigen Vertretern der Baath-Partei aus der Zeit des gestürzten Staatspräsidenten Saddam Hussein ablehnen. Eine internationale Friedenskonferenz für den Irak, wie sie der scheidende UN-Generalsekretär Kofi Annan vorgeschlagen hatte, hatte die irakische Führung unter Verweis auf die Souveränität des Landes strikt abgelehnt.
  • Im Bemühen um eine nationale Aussöhnung hat der irakische Regierungschef Nuri el Maliki früheren Militärangehörigen aus der Zeit Saddam Husseins eine Rückkehr in die Armee angeboten. "Die irakische Armee öffnet ihre Türen für Offiziere und Soldaten der Ex-Armee, die ihrer Heimat dienen wollen", sagte Maliki zur Eröffnung einer Versöhnungskonferenz am 16. Dez. in Bagdad. Wer nicht eingegliedert werden könne, bekomme vom Staat eine Pension gezahlt. Maliki sagte, die irakische Regierung unterscheide zwischen Mitgliedern der aufgelösten Baath-Partei, "deren Hände nicht mit Blut beschmiert sind", und solchen, die abscheuliche Verbrechen gegen ihre Landsleute begangen hätten. "Wir unterscheiden sie, um den Erstgenannten nicht zu schaden und zu verhindern, dass die Zweitgenannten der Justiz entgehen." Er habe das Parlament aufgerufen, die entscheidenden Verfassungsartikel zu überarbeiten und dafür zu sorgen, "dass der Grundsatz des Vergebens aufgenommen wird".
  • Die USA haben den Vorstoß des irakischen Ministerpräsidenten Nuri el Maliki zur Wiedereingliederung ehemaliger Militärangehöriger in die irakische Armee begrüßt. Washington sei "ermutigt" von Malikis Rede, erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, Gordon Johndroe. Der Regierungschef habe sich klar dafür ausgesprochen, einen Irak aufzubauen, "der auf nationaler Einheit und nicht auf individuellen Sekten beruht". Die US-Regierung rufe alle Seiten dazu auf, "einen Kurs der Stabilität und Sicherheit einzuschlagen".
  • Im Irak sind am 16. Dez. bei neuer Gewalt mindestens elf Menschen getötet worden, darunter neun Zivilisten. Bei Iskandarijah südlich von Bagdad kam eine vierjähriges Mädchen ums Leben, als ein Wohnviertel von einer Mörsergranate getroffen wurde, wie irakische Sicherheitskräfte mitteilten. Ein Mann wurde verletzt. Allein in der Region von Baakuba, der Hauptstadt der Provinz Dijala, wurden acht Menschen getötet.
  • Die irakische Polizei hat am 16. Dez. mehr als 50 Leichen in der Hauptstadt Bagdad gefunden. Alle Opfer seien Männer und alle seien am selben Tag getötet worden, teilte die Sicherheitskräfte mit. 15 von ihnen wurden demnach am selben Ort, in Gasalijah im Nordwesten des Hauptstadt, gefunden. Die Sicherheitskräfte finden täglich Dutzende Leichen im Irak, viele von ihnen weisen Spuren von Hinrichtungen auf. Landesweit wurden am 16. Dez. mindestens elf weitere Menschen getötet, darunter neun Zivilisten.
  • Bei einem Angriff auf eine US-Patrouille sind nördlich von Bagdad drei amerikanische Soldaten getötet worden. Das teilten die US-Streitkräfte am 17. Dez. mit. In der Nähe ihres Fahrzeugs sei ein an der Straße versteckter Sprengsatz gezündet worden, der drei Soldaten getötet und einen weiteren verwundet habe. Die Zahl der im Irak getöteten US-Soldaten stieg in diesem Monat damit auf 57; seit der Invasion im März 2003 zum Sturz von Saddam Hussein kamen im Irak nach einer AP-Zählung mindestens 2.945 Militärangehörige ums Leben.
  • Bewaffnete Männer in irakischen Militäruniformen haben am 17. Dez. in Bagdad mehrere Dutzend Menschen verschleppt. Die Angreifer stürmten das Büro des Irakischen Roten Halbmonds und nahmen 20 bis 30 Angestellte und Besucher mit, wie ein Mitarbeiter erklärte. Frauen blieben zurück. Die Polizei konnte nicht sagen, wie viele Menschen entführt wurden. Sie erklärte jedoch, die Geiselnehmer seien mit fünf Autos vorgefahren. Der Rote Halbmond arbeitet im Irak mit rund 1.000 Angestellten und 200.000 Freiwilligen zusammen.
  • Großbritanniens Premierminister Tony Blair ist am 17. Dez. zu einem überraschenden Besuch im Irak eingetroffen. Der Regierungschef wolle damit seine Unterstützung für die irakische Regierung zeigen, sagte einer seiner Sprecher vor Journalisten in der irakischen Hauptstadt Bagdad. Blair kam demnach am Vormittag in Bagdad an und wurde vom Flughafen mit dem Hubschrauber in die stark gesicherte "Grüne Zone" gebracht, in der die irakische Regierung und die ausländischen Botschaften ihren Sitz haben. Er sei unverzüglich in eine Besprechung mit seinem irakischen Kollegen Nuri el Maliki gegangen. Auch mit Staatschef Dschalal Talabani sei ein Treffen geplant, sagte der Sprecher.
    Der britische Premierminister Tony Blair hat die internationale Gemeinschaft zur Unterstützung der irakischen Regierung aufgerufen. Aufgabe sei es, gemeinsam mit den Irakern den Wunsch des Volkes nach einer Demokratie zu erfüllen, sagte Blair auf einer Pressekonferenz mit dem irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki in Bagdad. "Als ich das erste Mal in dieses Land kam, gab es keine funktionierende Demokratie", sagte Blair. "Heute gibt es sie." Terroristen, frühere Anhänger des gestürzten Staatschefs Saddam Hussein und alle Gegner der Demokratie im Irak seien für die Gewalt verantwortlich. Alle Länder in der Region hätten die Verpflichtung, die irakische Regierung nach Kräften zu unterstützen. Blair sagte weiter, er habe mit Al-Maliki über die Lage in Basra gesprochen, wo die meisten britischen Soldaten stationiert sind. Die Vorbereitungen für die Übernahme der Kontrolle durch die irakischen Truppen verliefen gut.
  • Der frühere US-Außenminister Colin Powell hat sich gegen von Medien erwähnte Pläne der US-Regierung ausgesprochen, die derzeit im Irak stationierten 140.000 US-Soldaten um weitere 20.000 oder mehr aufzustocken. Im Fernsehsender CBS sagte Powell am 17. Dez., er sei nicht überzeugt, dass eine Verstärkung der Truppen in Bagdad zur Eindämmung der Gewalt beitragen werde. Wenn er noch immer Vorsitzender der Vereinigten Stabschefs wäre, würde er als erstes fragen, welche Mission die zusätzlichen Soldaten zu erfüllen hätten. Ähnlich äußerten sich führende Seantoren der Demokratischen Partei wie Harry Reid und Ted Kennedy.
Montag, 18. Dezember, bis Sonntag, 24. Dezember
  • Vor dem Hintergrund der Debatte um eine Neuausrichtung der Irak-Politik tritt der neue US-Verteidigungsminister Robert Gates am 18. Dez. sein Amt an. Der 63 Jahre alte Ex-Chef des Geheimdiensts CIA folgt dem umstrittenen Minister Donald Rumsfeld nach, der das Amt nach der schweren Schlappe der republikanischen Partei bei den Kongresswahlen im November aufgegeben hatte. Prägendes Thema der Amtszeit von Gates wird die schwierige Lage im Irak sein. Der neue Pentagon-Chef will in Kürze in das Land reisen, um mit den Militärkommandeuren vor Ort über den Fortgang des Einsatzes zu beraten. (Hier geht es zu einer Biografie des neuen Verteidigungsministers.)
  • Gefechte in der irakischen Provinz Anbar haben einen amerikanischen Marineinfanteristen das Leben gekostet. Die US-Streitkräfte erklärten am 18. Dez., der Soldat sei bereits am 16. Dez. seinen schweren Verletzungen erlegen. Später wurde der Tod eines weiteren US-Soldatehn bekannt gegeben. Damit stieg laut AP die Zahl der getöteten US-Soldaten im Irak in diesem Monat auf 59. Insgesamt kamen seit dem Beginn des Krieges im März 2003 mindestens 2.947 amerikanische Soldaten ums Leben.
  • Nach der Entführung von rund 30 Mitarbeitern des Roten Halbmonds in Bagdad hat die Hilfsorganisation ihre Arbeit in der irakischen Hauptstadt eingestellt. Etwa 20 der Verschleppten wurden bis Montagmittag (18. Dez.) wieder freigelassen, wie ein Sprecher des nunmehr geschlossenen Bagdader Büros mitteilte. Der Generalsekretär des Irakischen Roten Halbmonds, Masin Abdellaha, rief zur sofortigen Freilassung aller Geiseln auf.
    Die Identität der Entführer war nach Angaben des Verteidigungsministeriums weiterhin unklar. Offensichtlich zielten sie jedoch darauf ab, das Leben in der Hauptstadt nachhaltig zu stören, hieß es. Die Arbeit des Roten Halbmonds, der im Irak rund 1.000 Angestellte und 200.000 Freiwillige beschäftigt, gilt als besonders wichtig, da viele internationale Hilfsorganisationen das Land wegen der prekären Sicherheitslage verlassen haben.
  • Bei der Explosion einer Autobombe nahe eines Gemüsemarkts im Südwesten von Bagdad wurden am 18. Dez. mindestens fünf Passanten in den Tod gerissen und 14 weitere verletzt. Auch aus anderen Landesteilen wurden mehrere Tote bei ähnlichen Anschlägen gemeldet. Im Westen der Hauptstadt wurden abermals vier gefesselte Leichen aufgefunden, die Folterspuren aufwiesen.
  • Der wegen Korruption inhaftierte frühere irakische Energieminister Ajham al Samaraie floh aus dem Gefängnis. Sicherheitsagenten hätten ihm dabei geholfen, teilten die Behörden am 18. Dez. mit. Es war bereits der zweite Gefängnisausbruch des zu zwei Jahren Haft Verurteilten.
  • Syrien und der Irak wollen im Kampf gegen Kriminalität und Terror zusammenarbeiten, wie die amtliche syrische Nachrichtenagentur SANA am 18. Dez. berichtete. Die Innenminister Bassam Abdul-Madschid und Dschawad al Bolani unterzeichneten in Damaskus ein Abkommen, das die Grundlagen für ein gemeinsames Vorgehen gegen das organisierte Verbrechen, Drogenhandel und Schmuggel schafft. Zudem wollen die beiden Staaten ein System zur Überwachung der gemeinsamen Grenze entwickeln und mehr Informationen austauschen.
  • Der neue US-Verteidigungsminister Robert Gates hat zu seinem Amtsantritt vor einem Scheitern der Irak-Politik seines Landes gewarnt. "Ein Fehlschlag im Irak wäre ein Unglück, das unsere Nation verfolgen würde, das unserer Glaubwürdigkeit schaden würde und das Amerikaner für Jahrzehnte in Gefahr bringen würde", sagte Gates am 18. Dez. bei einer Zeremonie zu seiner Amtseinführung im Pentagon. Der neue Minister ließ dabei weiter offen, wie er sich die künftige Irak-Strategie seines Landes vorstellt.
  • Die Sicherheitslage im Irak hat sich nach einem Bericht des US-Verteidigungsministeriums dramatisch verschlechtert. So habe die Zahl der Anschläge in den vergangenen drei Monaten um 22 Prozent auf 959 Anschläge pro Woche zugenommen, heißt es in einem 50 Seiten langen Bericht des Pentagons, der am 18. Dez. dem US-Kongress übergeben wurde. Als größte Gefahr wird erstmals nicht das Terrornetzwerk El Kaida, sondern die Miliz des radikalen Schiiten-Predigers Muktada el-Sadr genannt. In der bislang pessimistischsten Einschätzung über den Irak-Krieg gibt das Verteidigungsministerium zu, dass die Gewalt in extrem rasantem Tempo eskaliert sei. Die anti-amerikanischen Kräfte hätten einen "strategischen Erfolg" erzielt, weil die Spirale der Gewalt und das Morden der sunnitischen und schiitischen Todesschwadronen inzwischen das politische System gefährde. Mehr als die Hälfte aller Anschläge sei in Bagdad und der Nachbarprovinz Anbar verübt worden, während in anderen Provinzen relative Ruhe herrsche, heißt es.
  • Dem Irak droht nach einer Analyse der renommierten International Crisis Group (ICG) der Zerfall. "Der Irak steht kurz vor der Auflösung", heißt es in einem Bericht der internationalen regierungsunabhängigen Organisation, der am 19. Dez. verbreitet wurde. "Das Land und seine Institutionen drohen im Chaos zu versinken." Dadurch werde die Stabilität der gesamten Region bedroht. Laut ICG ist die Empfehlung der Baker-Kommission für eine neue Irak-Strategie der US-Regierung ein "erster wichtiger Schritt", jedoch "vollkommen unzureichend", um den Zerfall des Irak und einen regionalen Krieg zu vermeiden. Die amerikanische Baker-Kommission hatte vor allem den Abzug eines Großteils der US-Truppen aus dem Irak vorgeschlagen sowie einen Dialog Washingtons mit Syrien und dem Iran. "Alle politischen Akteure im Irak, die in die Gewalt verwickelt sind, müssen an den Verhandlungstisch geholt und unter Druck gesetzt werden, einen Kompromiss zu akzeptieren", schlägt die International Crisis Group vor. Die irakische Regierung und die Sicherheitskräfte dürften nicht als "Verbündete" behandelt werden, die als einzige Unterstützung genössen. Sie müssten vielmehr als "Teil der zahlreichen Akteure des Konflikts" angesehen werden.
  • Angesichts der durch die Dauereinsätze im Irak und in Afghanistan überlasteten US-Streitkräfte erwägt US-Präsident George W. Bush eine Vergrößerung der Armee und des Marinecorps. In einem Interview mit der Zeitung "Washington Post" (19. Dez.) sagte Bush, er neige zu der Ansicht, dass "wir unsere Truppen, die Armee, die Marineinfanterie, vergrößern müssen". Eine konkrete Zahl wollte der Präsident in dem im Internet veröffentlichten Gespräch nicht nennen. Die Streitkräfte seien "ohne Frage" sehr strapaziert worden. Über eine mögliche Änderung der Strategie im Irak oder eine Entsendung von mehr Soldaten in das Land habe er noch nicht entschieden, sagte Bush weiter. Auf die Frage, ob der Krieg im Irak gewonnen werde, antwortete er ausweichend und zitierte dabei Generalstabschef John Pace: "Wir siegen nicht, und wir verlieren nicht". Bislang hatte Bush stets von einem Sieg der USA im Irak gesprochen.
  • Die US-Truppen haben nach eigenen Angaben ein führendes Mitglied des Terrornetzwerks El Kaida im Irak festgenommen. Der Verdächtige sei bei einem Einsatz gegen einen "bekannten Treffpunkt von Terroristen" am 14. Dezember in Mossul gefasst worden, teilte die US-Armee am 20. Dez. mit. Ihm werde vorgeworfen, als Militärchef von El Kaida in Mossul und der Hauptstadt Bagdad für den Tod hunderter Zivilisten verantwortlich zu sein. Zudem soll er ausländische Selbstmordattentäter geworben haben.
  • Der neue US-Verteidigungsminister Robert Gates ist am 20. Dez. überraschend zu einem Besuch im Irak eingetroffen. Er wolle sich mit Vertretern der US-Armeeführung und der irakischen Regierung treffen, sagte Gates vor Reportern in Bagdad. "Der Zweck ist, raus zu gehen, mit den Befehlshabern und den Irakern zu sprechen und zu sehen, was ich lernen kann." Gates war erst am Montag (18. Dez.) in Washington vereidigt worden.
  • Das US-Verteidigungsministerium will weitere 99,7 Milliarden Dollar (76 Milliarden Euro) für die Militäreinsätze im Irak und in Afghanistan beantragen. Das erfuhr die Nachrichtenagentur AP am 20. Dez. Stimmen Präsident George W. Bush und der Kongress zu, stiege der Gesamtetat für die Kriege allein in diesem Jahr auf 170 Milliarden Dollar (130 Milliarden Euro). Die neuen Planungen der Streitkräfte fallen in eine Zeit, in der Bush eine Änderung der Irak-Strategie erwägt. So gibt es Forderungen, die Zahl der dort eingesetzten Soldaten kurzfristig zu erhöhen. Die Wünsche des Pentagons wurden aber bereits zuvor erarbeitet. Insgesamt hat der Krieg im Irak bislang rund 350 Milliarden Dollar (266 Milliarden Euro) gekostet. Zusammen mit dem Einsatz in Afghanistan und dem Kampf gegen den Terrorismus in anderen Teilen der Welt haben die US-Steuerzahler schon 500 Milliarden Dollar aufgebracht, wie eine Untersuchung des Congressional Research Service ergab.
  • Ein Selbstmordattentäter hat in Bagdad mindestens zehn Menschen mit in den Tod gerissen und 20 weitere verletzt. Der Attentäter sprengte sich am 21. Dez. neben einer Warteschlange vor einem Rekrutierungsbüro für Polizisten im Zentrum der irakischen Hauptstadt in die Luft, wie Sicherheitskräfte mitteilten. Er habe vermutlich einen Sprengstoffgürtel getragen. Die Straße vor dem Rekrutierungsbüro war den Angaben zufolge für den Verkehr gesperrt. Kasernen und Rekrutierungsstellen sind häufig Ziel von Anschlägen im Irak.
  • Einflussreiche Politiker der Demokratischen Partei haben die Pläne von US-Präsident George W. Bush begrüßt, die US-Armee aufzustocken. Die designierte Parlamentschefin Nancy Pelosi sagte, sie sei "zufrieden", dass Bush seine Meinung ändere. Kenner der US-Politik zeigten sich skeptisch, ob die Änderungen in der Irak-Politik, wie sie das Weiße Haus angedeutet hat, zu einem Erfolg werden. Pelosi sagte, sie sei zufrieden, dass Bush endlich auf die Demokraten höre, die "von ihm eine Aufstockung (der Armee) verlangt" hätten. Als "gute Nachricht" bezeichnete Senatorin Hillary Clinton die Ankündigung Bushs. Es sei "höchste Zeit", die Kapazitäten des Heeres und der Marineinfanterie zu erhöhen, sagte die mögliche Präsidentschaftskandidatin der Demokraten für 2008. Senator Jack Reed forderte den Präsidenten auf, im Haushalt nun Mittel für zusätzliche Soldaten freizustellen. Die Mehrheit der Demokraten, die nach ihrem Wahlsieg im November im Januar die Führung des Kongresses übernehmen, fordert den Beginn des Abzugs der US-Truppen aus dem Irak.
    "Eine kurzfristige Verstärkung der Truppen um 15 000 bis 30 000 Mann wird wenig bringen", sagt der Direktor des Hamburger Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik, Michael Brzoska, der "Berliner Zeitung" (21. Dez.). "Es ist ein Versuch, die Lage im Irak halbwegs erträglich zu halten. Im Weißen Haus hofft man immer noch, sich bis zu den nächsten Wahlen durchwursteln zu können."
  • Der syrische Präsident Baschir el Assad hat seine Bereitschaft zu einer Verständigung mit den USA ausgedrückt. Assad sei bereit, "eine Grundlage für eine Verständigung zu suchen" und "Themen von gemeinsamem Interesse" zu sondieren, teilten die demokratischen US-Senatoren John Kerry und Chris Dodd am 21. Dez. nach einem Treffen mit Assad in der syrischen Hauptstadt Damaskus mit. Sie hätten bei dem Gespräch vor allem drei Themen angesprochen, erklärten die Senatoren weiter: die Kontrolle der Grenzen zum Irak, um Finanzströme, Waffenlieferungen und das Einsickern von Aufständischen zu unterbinden, das Ende der Unterstützung von Hisbollah, Hamas und anderen Organisationen mit Geld und Waffen sowie die Respektierung der territorialen und politischen Integrität des Libanon.
  • Bei seinem Besuch in Bagdad hat der neue US-Verteidigungsminister Robert Gates am 21. Dez. mit Regierungschef Nuri el Maliki vor allem die Sicherheitslage im Irak diskutiert. "Wir haben darüber geredet, wie der irakischen Regierung geholfen werden kann, die Sicherheitslage in Bagdad zu verbessern", sagte Gates nach dem Treffen. Sie hätten sich dem Thema allgemeiner genähert, einschließlich der Möglichkeit einer "zusätzlichen Unterstützung", sagte Gates. Es sei aber nicht um konkrete Zahlen gegangen.
  • Rund ein Jahr nach einem mutmaßlichen Massaker amerikanischer Truppen in der irakischen Ortschaft Haditha sind erste Mordanklagen gegen beteiligte Marineinfanteristen erhoben worden. Der Einsatzführer wurde am 21. Dez. in Camp Pendleton in Kalifornien nach Angaben seines Anwalts des mehrfachen Mordes beschuldigt. Auch die Anwälte zweier weiterer Soldaten gaben am 21. Dez. bekannt, dass sich ihre Mandanten vor dem Militärtribunal verantworten müssen. Insgesamt droht acht Marineinfanteristen eine Anklage. Ihnen wird vorgeworfen, in Haditha nördlich von Bagdad bis zu 24 irakische Zivilpersonen willkürlich erschossen haben. Auslöser soll der Tod eines Soldaten bei einem Bombenanschlag gewesen sein. Der Truppenführer muss sich in 13 Punkten verantworten, erklärte Anwalt Neal Puckett. Dabei geht es den Angaben zufolge um die Ermordung von zwölf Irakern bei dem Militäreinsatz am 19. November 2005 sowie in einem weiteren Vorwurf um den Tod von sechs Irakern, die bei der Stürmung eines Hauses in Haditha getötet wurden. Der beschuldigte Soldat soll dabei die Anweisung gegeben haben, "erst zu schießen und dann Fragen zu stellen". Weiter soll er Kollegen zu Falschaussagen angehalten haben.
  • Die amerikanische Außenministerin Condoleezza Rice hat die hohen Kosten für den Militäreinsatz im Irak verteidigt. Der Krieg im Irak sei die Investitionen - in Menschenleben wie Geld - wert, sagte Rice am 22. Dez. in einem Interview der Nachrichtenagentur AP. "Ich weiß, dass nicht nur vom Standpunkt des ausgegebenen Geldes, sondern auch der Verluste amerikanischer Leben eine Menge für Irak geopfert wurde", erklärte Rice. Präsident George W. Bush würde dem amerikanischen Volk nicht weitere Opfer abverlangen, "wenn er nicht daran glauben würde - und ich glaube das auch - dass wir letztlich gewinnen werden".
    Seit März 2003 haben die USA für den Einsatz im Irak 350 Milliarden Dollar aufgewendet; Bush hat weitere 100 Milliarden Dollar (75,9 Milliarden Euro) im Kongress beantragt. 2.950 amerikanische Soldaten und zehntausende Iraker wurden im Irak getötet. "Ich denke, das ist nicht eine Sache des Geldes", sagte Rice weiter. "Entlang des Weges gibt es viele Markierungen, die zeigen, dass dies ein Land ist, das die Investitionen lohnt. Wenn es nämlich einmal als ein stabilisierender Faktor hervortritt, wird man einen völlig anderen Nahen Osten haben."
  • Der amerikanische Verteidigungsminister Robert Gates sieht nach seinen Gesprächen in Bagdad weiteren Diskussionsbedarf über die US-Strategie im Irak. Er werde Präsident George W. Bush über seine Erfahrungen und Wahrnehmungen berichten, die er bei Gesprächen mit Vertretern der irakischen Regierung und der Führung der US-Streitkräfte gemacht habe, sagte Gates am 22. Dez. in Bagdad. "Es liegt noch einige Arbeit vor uns", erklärte er. "Es müssen noch mehr Diskussionen in Washington geführt und genauere Empfehlungen ausgesprochen werden."
  • Mehr zwei Drittel der Menschen in Europas größten Ländern und den USA sind für einen Abzug der US-geführten Koalitionstruppen aus dem Irak. Am 22. Dez. veröffentlichten Ergebnissen einer Online-Umfrage des neuen Nachrichtensenders France 24 und der Tageszeitung "Le Monde" zufolge war mit 66 Prozent selbst in den USA eine deutliche Mehrheit für einen Abzug. Am höchsten war die Zahl der Abzugs-Befürworter demnach in Frankreich mit 90 Prozent. Es folgten Großbritannien mit 83 und Deutschland mit 82 Prozent. In Italien lag die Zustimmung bei 73 Prozent. France 24 und "Le Monde" hatten 12.570 Bürger der sechs Länder zwischen dem 30. November und dem 9. Dezember per Internet befragt.
  • Der polnische Staatspräsident Lech Kaczynski hat den Militäreinsatz im Irak bis Ende 2007 verlängert. Das teilte Kaczynskis außenpolitischer Berater Andrzej Krawczyk am 22. Dez. der Nachrichtenagentur AP in Warschau mit. "Der Präsident hat das Dokument unterzeichnet, mit dem der Verlängerung des militärischen Einsatzes zugestimmt wird", sagte er. Polen behält demnach auch seine Truppenpräsenz von 900 Soldaten im Irak bei.
  • Im Irak sind erneut fünf US-Soldaten ums Leben gekommen. Die amerikanischen Streitkräfte gaben am 22. Dez. in Bagdad den Tod von vier Soldaten bekannt, die bei Gefechten in der Provinz Anbar schwer verletzt worden waren. Ein fünfter Soldat starb am 22. Dez., nachdem seine Patrouille unter Beschuss geraten war. Damit stieg die Zahl der im Irak getöteten US-Soldaten seit dem Einmarsch im März 2003 laut AP auf mindestens 2.964.
  • In einer Botschaft im Internet hat eine Gruppe militanter Iraker den USA eine einmonatige Waffenruhe während eines sofortigen Abzugs der Truppen aus dem Irak angeboten. "Wir weisen euch an, eure Truppen sofort abzuziehen", erklärte ein Sprecher namens Abu Omar al Baghdadi, der sich als Führer des Irakischen Islamischen Staates vorstellte. Diese im Oktober in Erscheinung getretene Gruppe gilt als Dachorganisation Militanter, darunter auch die Al Kaida im Irak. Der Abzug solle nicht länger als einen Monat in Anspruch nehmen, sagte der Sprecher. Während dieser Zeit "erlauben wir euren Rückzug ohne Angriffe mit Sprengsätzen oder anderer Art". Schwere Waffen und Stützpunkte müssten "den heiligen Kriegern des Islamischen Staates" übergeben werden. Die Anweisungen sollten befolgt werden, "bevor ihr es bereut", erklärte der Sprecher. Die USA hätten zwei Wochen Zeit, auf das Angebot zu reagieren. Al Baghdadi sagte weiter, US-Präsident George W. Bush habe ihm vorgeworfen, er versuche einen islamischen Staat von China bis Spanien zu errichten. "Er hat die Wahrheit gesagt, obwohl er ein Lügner ist", sagte der Sprecher. Er äußerte weiter die Behauptung, Washington habe versucht, über die saudiarabische Regierung Gespräche mit seiner Gruppe aufzunehmen.
    Die Authentizität des Bandes konnte zunächst nicht bestätigt werden. Es erschien auf einer islamischen Website, auf der häufig Botschaften militanter Gruppen auftauchen.
  • Bewaffnete haben am 23. Dez. einen Offizier des militärischen Geheimdienstes erschossen. Nach Polizeiangaben wurde der Offizier am Morgen beim Verlassen seines Hauses in Diwanija, 130 Kilometer südlich von Bagdad, aus einem fahrenden Auto heraus getötet.
  • Bei einer Razzia in Ramadi töteten Soldaten unter Führung der US-Streitkräfte am 23. Dez. einen Menschen, neun weitere wurden festgenommen. Laut Geheimdienstberichten hätten in dem betroffenen Gebäude Terroristen mit Verbindungen zu Al Kaida agiert, erklärte die US-Armee.
  • Ranghohe Generäle der US-Armee haben nach einem Zeitungsbericht Pläne von US-Präsident George W. Bush zur Aufstockung der Truppen im Irak überraschend unterstützt. Die Generäle hätten in einer Empfehlung die Entsendung neuer Kampftruppen in den Irak vorgeschlagen, berichtete die "Los Angeles Times" am 23. Dez. unter Berufung auf Informationen aus dem US-Verteidigungsministerium. Zahlen werden in der Empfehlung noch nicht genannt. Bei Armeeoffizieren sei jedoch eine Erhöhung um 20.000 Soldaten im Gespräch, das seien etwa fünf zusätzliche Kampfbrigaden, berichtete die Zeitung.
  • In einer speziellen Weihnachtsbotschaft an die britischen Truppen im Ausland hat Königin Elizabeth II. deren Einsätze im Irak und in Afghanistan gewürdigt. Den Soldaten und ihren Familien werde vieles abverlangt, sagte die Monarchin in einer Rundfunkaufzeichnung, deren Sendung am 24. Dez. ausgestrahlt wurde. Sie lobte die Loyalität und den Mut der Soldaten, die vor allem im Irak und in Afghanistan wichtige Aufbauarbeit und damit einen entscheidenden Beitrag für die Zukunft dieser Länder leisteten. Insbesondere würdigte die Königin die Soldaten, die im Laufe des Jahres bei den Auslandseinsätzen ums Leben kamen. "Meine Gedanken sind bei ihren Familien und Freunden, und ich bete für sie, vor allem zu Weihnachten", sagte die Queen. Großbritannien hat rund 7.000 Soldaten im Irak sowie weitere 6.000 in Afghanistan stationiert. Sie sind dort überwiegend im Süden des jeweiligen Landes eingesetzt, so auch in der afghanischen Unruheprovinz Helmand. Allein dort wurden seit Juni mehr als 30 britische Soldaten getötet.
  • Bei einer Explosion nahe einer Polizeistation in der irakischen Stadt El Mukdadijah sind am 24. Dez. mindestens sieben Menschen getötet und dutzende weitere verletzt worden. Nach Polizeiangaben explodierte in der etwa 100 Kilometer nördlich von Bagdad gelegenen Stadt am Morgen ein Sprengsatz in unmittelbarer Nähe einer Polizeistation. Sieben Polizisten seien getötet worden. Das Gebäude wurde schwer beschädigt, mehrere Polizeifahrzeuge wurden zerstört. Zeugen sprachen von einem Autobombenanschlag, dies wurde von den Behörden zunächst nicht bestätigt. El Mukdadijah liegt in der Provinz Dijala, wo sunnitische Aufständische regelmäßig Anschläge verüben.
Montag, 25. Dezember, bis Sonntag, 31. Dezember
  • Die US-Armee im Irak hat zwei Iraner festgenommen, die auf Einladung der irakischen Regierung in das Zweistromland gekommen waren. Der irakische Präsident Dschalal Talabani habe die Vertreter der iranischen Behörden selbst eingeladen und sei "unzufrieden" mit den Festnahmen, sagte sein Sprecher Hiwa Osman am 25. Dez. Talabani habe die Iraner vor einem Monat förmlich eingeladen, als er in Teheran gewesen sei. Er habe die Einladung im Rahmen eines Sicherheitsabkommens zwischen dem Iran und dem Irak ausgesprochen.
  • Die Regierung in Teheran hat gegen die Festnahme zweier iranischer Staatsbürger durch die US-Armee im Irak protestiert. Die Festnahme der beiden Iraner sei rechtswidrig und nicht in Übereinklang mit weltweit gültigen Regeln, sagte der iranische Außenamtssprecher Mohammed Ali Hosseini am 25. Dez. nach Angaben der Nachrichtenagentur Mehr. Die irakische Regierung habe die Iraner eingeladen und sei für ihre Freilassung verantwortlich. Laut Mehr bestellte das Außenministerium den Schweizer Botschafter ein, der im Iran auch die Interessen der Vereinigten Staaten vertritt, um förmlich gegen die Festnahmen zu protestieren.
  • Britische Soldaten haben im Morgengrauen des 25. Dez. ein Polizeikommissariat der südirakischen Stadt Basra gestürmt. Nach Angaben eines britischen Militärsprechers lagen der Truppe ernstzunehmende Informationen vor, dass die Polizisten die Hinrichtung von 178 Gefangenen planten. An der Erstürmung des Gebäudes, in dem die für Schwerverbrechen zuständige Sondereinheit SCU untergebracht war, seien viele Soldaten beteiligt gewesen. Das Gebäude werde derzeit zerstört und die Sondereinheit aufgelöst, teilte der Sprecher weiter mit.
  • Papst Benedikt XVI. hat den Menschen in aller Welt den traditionellen Weihnachtssegen erteilt. Das Oberhaupt der katholischen Kirche sprach den Segen "Urbi et Orbi" ("Der Stadt und dem Erdkreis") am Mittag des 25. Dez. vom Balkon des Petersdoms aus. Tausende Gläubige waren auf dem Petersplatz versammelt, um die Weihnachtsbotschaft des Papstes zu hören. Benedikt XVI. sagte, er denke "mit großer Sorge" an den Nahen Osten, der von schweren Krisen und Konflikten betroffen sei. Er hoffe auf Aussichten "für einen gerechten und dauerhaften Frieden". Auch vertraue er darauf, dass der Libanon "nach den vielen Opfern, Zerstörungen und Ungewissheiten" in demokratischer Ordnung fortlebe und vorankomme. "Einen Appell richte ich an diejenigen, die das Schicksal des Irak in Händen haben, dass die grausame Gewalt, die das Land mit Blut überzieht, ein Ende nehme und einem jeden Bewohner ein normales Leben gewährleistet werde", sagte der Papst.
  • US-Soldaten haben bei einer Razzia im Irak vier hochrangige iranische Militärberater festgenommen. Die vier Iraner sollen in Anschläge auf irakische Sicherheitskräfte verwickelt sein, berichtete die "New York Times". US-Soldaten hätten "eine Menge Material" sichergestellt. Bei der Razzia seien auch zwei iranische Diplomaten festgenommen worden. Die Diplomaten seien den irakischen Behörden übergeben und danach freigelassen worden. Die USA werfen Iran vor, schiitische Milizen und Todesschwadronen zu unterstützen. (AP, 25. Dez.)
  • Bei einem dreifachen Autobombenanschlag in Bagdad sind am 26. Dez. mindestens 14 Menschen getötet worden. Mindestens 60 weitere Bewohner der irakischen Hauptstadt wurden nach Angaben der Gesundheitsdienste verletzt, als in dem Schiitenviertel El Bajiha drei Autobomben gleichzeitig explodierten. Die Detonationen ereigneten sich den Angaben zufolge auf einer belebten Hauptstraße.
    Bei einem weiteren Anschlag im Nordosten Bagdads wurden drei Soldaten der US-Armee getötet, als beim Vorbeifahren ihrer Patrouille ein Sprengsatz explodierte. Im Irak starben damit seit Beginn des US-Einmarsches 2975 US-Soldaten.
  • Das höchste Berufungsgericht im Irak hat das Todesurteil gegen den früheren Staatschef Saddam Hussein bestätigt. Das teilte der nationale Sicherheitsberater Muwafak al Rubaie am 26. Dez. mit. Saddam Hussein war am 5. November wegen eines Massakers an Schiiten 1982 zum Tod durch den Strang verurteilt worden. Die Entscheidung des Berufungsgerichts muss noch von Präsident Dschalal Talabani und seinen beiden Stellvertretern unterschrieben werden. Anschließend soll das Urteil innerhalb von 30 Tagen vollstreckt werden.
  • Das Weiße Haus hat die Bestätigung des Todesurteils gegen den irakischen Expräsidenten Saddam Hussein begrüßt. Die Entscheidung markiere "einen wichtigen Meilenstein bei den Bemühungen des irakischen Volkes, die Herrschaft eines Tyrannen durch die Herrschaft des Rechts zu ersetzen", sagte Sprecher Scott Stanzel am 26. Dez. an Bord der Air Force One auf dem Weg nach Texas, wo Präsident George W. Bush in dieser Woche mit seinen Sicherheitsberatern zusammenkommt.
  • Nach der Erstürmung und Sprengung einer Polizeistation im südirakischen Basra sind die britischen Streitkräfte in Alarmbereitschaft versetzt worden. Man rechne mit Angriffen, erklärte Major Charlie Burbridge am 26. Dez. Rund 800 britische Soldaten hatten bei der Aktion sieben Bewaffnete getötet und 127 Gefangene verlegt, die nach britischen Angaben hingerichtet werden sollten.
    Im Irak kamen am 26. Dez. erneut mindestens 36 Menschen bei Bombenattentaten ums Leben. Der schwerste Anschlag ereignete sich im Westen von Bagdad, wo bei der koordinierten Explosion von drei Autobomben nach Krankenhausangaben 25 Menschen in den Tod gerissen und mindestens 55 verletzt wurden.
  • Der italienische Außenminister Massimo D'Alema hat das Todesurteil gegen den ehemaligen irakischen Machthaber Saddam Hussein durch ein Berufungsgericht scharf abgelehnt. "Als Italiener ebenso wie als Europäer sind wir gegen die Todesstrafe", erklärte D'Alema am 26. Dez. laut der italienischen Nachrichtenagentur Ansa. Er zeigte sich besorgt über die Auswirkungen auf den "schwierigen Versöhnungsprozess" im Irak, sollte das Urteil vollstreckt werden.
  • Der designierte Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im US-Senat, der Demokrat Joseph Biden, hat eine Aufstockung der Truppen im Irak abgelehnt. Biden kündigte am 26. Dez. zugleich an, Außenministerin Condoleezza Rice solle im Januar vom Ausschuss über die neue Irak-Politik der Regierung von Präsident George W. Bush befragt werden. Bush will im nächsten Monat seine Strategie für den Irak bekannt geben. Er hat noch nicht erkennen lassen, ob dazu eine Erhöhung der Zahl der dort stationierten US-Soldaten gehört. Nach Regierungsangaben ist dies eine Option unter mehreren.
  • Frankreich hat die angekündigte Hinrichtung des früheren irakischen Machthabers Saddam Hussein zurückhaltend kommentiert. "Frankreich hat die von der irakischen Justiz verfügte Strafe zur Kenntnis genommen", erklärte Außenamtssprecher Denis Simonneau am 27. Dez. in Paris und betonte: "Diese Entscheidung fällt dem irakischen Volk und den souveränen Behörden des Irak zu." Dabei sei Frankreich wie auch die Europäische Union aber grundsätzlich weiter dafür, die Todesstrafe weltweit abzuschaffen.
  • Die Bundesregierung lehnt die Todesstrafe für den früheren irakischen Diktator Saddam Hussein ab. Man sei unverändert gegen diese Strafe, so Vizeregierungssprecher Thomas Steg am 27. Dez. Kritik am Gerichtsverfahren gegen Saddam vermied der Sprecher. Es gebe keine Hinweise dafür, dass der Prozess gegen irakisches Recht verstoßen habe.
  • Bei einem Bombenanschlag im Irak sind am 27. Dez. zwei lettische Soldaten getötet und drei verletzt worden. Die Gruppe war nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Riga in einem Fahrzeug auf einer Straße unterwegs, als der dort versteckte Sprengsatz explodierte. Zuletzt kam vor zwei Jahren ein lettischer Soldat bei der Entschärfung einer Bombe am Stadtrand von Bagdad ums Leben.
  • Der zum Tode verurteilte frühere irakische Machthaber Saddam Hussein will nach eigenen Angaben als "Märtyrer" sterben. "Ich opfere mich. Wenn es Gottes Wille ist, dann wird er mich in eine Reihe mit den wahren Männern und Märtyrern stellen", hieß es in einem "an das irakische Volk" addressierten Brief Saddam Husseins. Saddam Hussein forderte seine Landsleute auf, Einigkeit zu beweisen. "Die Feinde Eures Landes, die Invasoren und die Perser" versuchten Hass zwischen den irakischen Volksgruppen zu säen, schrieb er in Anspielung auf das Nachbarland Iran und die internationalen Truppen im Land. (AFP, 27. Dez.)
  • Das US-Verteidigungsministerium wird Anfang Januar 3.300 Soldaten nach Kuwait entsenden. Die zur 82. Luftlandedivision gehörende Brigade sei die Ablösung für bereits in den Irak verlegte Marineinfanteristen, erklärte das Ministerium am 27. Dez. in Washington. Sie werde in Kuwait dem Befehl des für die Großregion zuständigen Kommandos (USCENTCOM). USCENTCOM führt das Kommando für alle Einsätze der Armee in Nordafrika sowie Südwest- und Zentralasien und kann die in Kuwait stationierten Reserveeinheiten bei Bedarf kurzfristig verlegen. Präsident George W. Bush will im Januar eine neue Strategie für den Einsatz im Irak verkünden, die eine Aufstockung der Truppen beinhalten könnte.
  • Bei der Explosion von am Straßenrand versteckten Sprengsätzen sind erneut drei US-Soldaten im Irak ums Leben gekommen. Sie fielen nach Angaben des US-Militärs vom 28. Dez. zwei Anschlägen im Südwesten und Osten Bagdads zum Opfer. Drei weitere Soldaten wurden bei den Detonationen am Vortag verletzt.
  • Der am 26. Dez. verstorbene frühere US-Präsident Gerald Ford ist laut "Washington Post" ein strikter Gegner des Irak-Krieges gewesen. In einem 2004 aufgenommenen Gespräch mit dem Journalisten des Blattes, Bob Woodward, habe Ford den Irak-Krieg als "großen Fehler" bezeichnet, berichtete die US-Zeitung am 28. Dez. Er hätte nicht Krieg geführt, sondern stärker auf Alternativen wie Sanktionen gegen das Regime von Saddam Hussein gedrängt, sagte Ford demnach in dem Vier-Stunden-Interview, das erst nach seinem Tod veröffentlicht werden sollte. "Ich habe sehr stark gefühlt, dass es ein Fehler war." Kritik übte Ford auch an Vize-Präsident Richard Cheney und dem ehemaligen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, weil sie den Schwerpunkt ihrer Rechtfertigung des Irak-Krieges auf angebliche irakische Massenvernichtungswaffen legten.
  • US-Präsident Bush kommt am 28. Dez. auf seiner Ranch in Texas mit seinen Sicherheitsberatern zusammen, um über eine neue Strategie in der Irak-Politik zu diskutieren. Das Weiße Haus spielte die Erwartungen an das Treffen aber herunter und erklärte, es würden keine Entscheidungen gefällt. Allerdings kündigten seine Berater für den Mittag eine kurze Ansprache des Präsidenten an. Zu dem Treffen auf dem Anwesen in Crawford wurde der Nationale Sicherheitsrat der USA erwartet, dem neben Bush auch Vizepräsident Dick Cheney, Verteidigungsminister Robert Gates, Außenministerin Condoleezza Rice, der Sicherheitsberater Stephen Hadley und Generalstabschef Peter Pace angehören.
  • US-Präsident George W. Bush hat bei Gesprächen mit seinen wichtigsten Sicherheitsberatern nach eigenen Angaben "gute Fortschritte" bei der Ausarbeitung der künftigen Irak-Strategie gemacht. Die dreistündigen Beratungen auf seiner Ranch im texanischen Crawford am 28. Dez. hätten "wichtige" Fortschritte gebracht, sagte Bush, der jedoch keine inhaltlichen Einzelheiten nennen wollte. Es seien noch weitere Beratungen erforderlich. Mitarbeiter des Präsidenten gaben an, die neue Ausrichtung der Irak-Politik solle kurz nach der Jahreswende publik gemacht werden. An den Beratungen hatten Vize-Präsident Dick Cheney, Außenministerin Condoleezza Rice, der neue Verteidigungsminister Robert Gates, der Nationale Sicherheitsberater Stephen Hadley und dessen Stellvertreter Jack Crouch sowie Generalstabschef Peter Pace teilgenommen.
    Die Irak-Politik wird als einer der Hauptgründe für die schwere Wahlniederlage von Bushs Republikanischer Partei bei der Kongresswahl im November angesehen. Bush hatte darauf Verteidigungsminister Donald Rumsfeld entlassen und Robert Gates als seinen Nachfolger berufen. In einer Umfrage für den Nachrichtensender CNN fiel laut AFP die Zustimmungsquote für die Irak-Politik im Dezember auf einen neuen Tiefststand. Nur noch 28 Prozent der Befragten befürworteten die Politik des Präsidenten, 70 Prozent lehnten sie ab. In dieser Woche stieg die Zahl der US-Soldaten, die im Irak-Krieg getötet wurden, auf mehr als 2973 und damit über die Zahl der Toten der Terroranschläge in den USA vom 11. September 2001.
  • Der einflussreiche US-Senator Carl Levin hat davor gewarnt, weitere US-Soldaten im Irak zu stationieren. Seiner Ansicht sollte die Zahl der Soldaten im Zweistromland verringert werden, sagte Levin, der künftig den Streitkräfteausschuss im Senat leitet, dem US-Fernsehsender CNN am 28. Dez. "Wir sind im Irak nicht auf dem Weg zum Erfolg." Die US-Truppen aufzustocken und weitere Soldaten in den Irak zu schicken, "zieht uns bloß noch tiefer rein und hält uns auf demselben Kurs", warnte der Demokrat. Von einer Truppenaufstockung zu reden sei "genau die falsche Botschaft" an die Iraker, denn so müsse bei ihnen der Eindruck entstehen, "dass ihr Schicksal sowieso in unserer Hand liegt statt in ihrer".
  • Zwei von der US-Armee festgehaltene iranische Diplomaten im Irak sind einem Fernsehbericht zufolge wieder auf freiem Fuß. Die beiden Diplomaten seien am Morgen des 29. Dez. freigelassen worden, berichtete das staatliche iranische Fernsehen. Die US-Armee im Irak bestätigte die Angaben zunächst nicht. Das Militär hatte am 27. Dez. zugegeben, im Irak zwei Iraner festzuhalten, die mit irakischen Banden Waffen gehandelt haben sollen. US-Soldaten hatten vor einer Woche etwa ein Dutzend Menschen festgenommen. Die irakische Regierung protestierte gegen die Festnahme der beiden Iraner.
  • Ein Selbstmordattentäter hat sich nach dem Freitagsgebet am 29. Dez. in einer Ortschaft nordöstlich von Bagdad in die Luft gesprengt. Dabei riss er mindestens zehn schiitische Gläubige mit in den Tod. Mindestens elf Menschen seien bei dem Anschlag in Hussainia al-Halis, rund 60 Kilometer von der irakischen Hauptstadt entfernt, verletzt worden, berichtete die Polizei. Unter den Toten sei auch der Vorbeter der schiitischen Moschee des Ortes.
  • Aus Furcht vor einem Ausbruch der Gewalt nach der Hinrichtung des früheren Staatschefs Saddam Hussein hat die irakische Regierung die Sicherheitskräfte in Alarmbereitschaft versetzt. Das Innenministerium kündigte eine starke Präsenz von Polizei und Armee an, um die Lage unter Kontrolle zu halten. Wann das Todesurteil gegen den Ex-Machthaber und weitere Verurteilte vollstreckt werden sollte, ist weiter unklar. Ministerpräsident Nuri el Maliki hat einen Aufschub der Hinrichtung ausgeschlossen. Der Hinrichtung könne sich niemand entgegenstellen, weil dies "die Würde der Märtyrer des Iraks" verletzen würde, sagte Maliki gegenüber Familienangehörigen von Opfern der früheren Regimes. Für die Vollstreckung der verhängten Urteile werde es "weder eine Revision noch einen Aufschub" geben. Zugleich hieß es aber aus Malikis Büro, eine Hinrichtung in den kommenden Tagen sei unwahrscheinlich: Während des viertägigen Opferfestes, das von den Sunniten ab Samstag und von den Schiiten ab Sonntag gefeiert wird, würden dem Brauch zufolge keine Hinrichtungen vollstreckt.
    Die US-Armee habe die Verteidigung aufgefordert, den persönlichen Besitz von Saddam Hussein und seinem mitverurteilten Halbbruder Barsan el Tikriti abzuholen. Das gegen beide sowie gegen den ehemaligen Vorsitzenden des Revolutionstribunals, Awad el Bandar, verhängte Todesurteil war am 26. Dezember bestätigt worden und müsste nach irakischem Recht innerhalb von 30 Tagen vollstrecht werden.
  • Für die US-Truppen im Irak war der Dezember der tödlichste Monat in diesem Jahr. Bis 29. Dez. meldeten die US-Streitkräfte 106 in diesem Monat getötete Soldaten. Der Monat mit der bislang höchsten Opferzahl war der Oktober mit 105 Toten. Seit Beginn der US-Invasion im Irak im März 2003 kamen bereits fast 3.000 amerikanische Soldaten ums Leben: Nach einer Statistik der Nachrichtenagentur AP waren es bislang mindestens 2.993.
  • US-Präsident George W. Bush erwägt einem Zeitungsbericht zufolge, die US-Truppen im Irak um 17.000 bis 20.000 Soldaten aufzustocken. Dies sei eine der Optionen, die Bush bei einem Treffen mit hohen Regierungsbeamten besprochen habe, berichtete die "New York Times" am 29. Dez. Das Blatt beruft sich dabei auf Mitarbeiter des US-Verteidigungsministeriums, nach deren Angaben der Großteil der zusätzlichen Truppen für die Bekämpfung der Gewalt in und um Bagdad eingesetzt werden solle. Die Aufstockung der zurzeit rund 134.000 US-Soldaten im Irak könnte nach Angaben der Zeitung über einen späteren Abzug von zwei in der westirakischen Provinz El Anbar eingesetzten Marineinfanterie-Regimentern erreicht werden. Das Pentagon wollte den Zeitungsbericht nicht bestätigen.
  • Nach seiner Verurteilung wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist der irakische Ex-Präsident Saddam Hussein im Morgengrauen des 30. Dez. hingerichtet worden. Wenige Stunden nach der Hinrichtung strahlte der Privatsender Beladi Bilder vom Leichnam Saddam Husseins aus, der in ein weißes Leichentuch gehüllt war. Zu sehen war lediglich der Kopf, der nach dem Genickbruch durch den Strang nach rechts abgeknickt war. Zuvor hatte das staatliche Fernsehen die letzten Vorbereitung der Urteilsvollstreckung gezeigt. Die eigentliche Exekution war nicht zu sehen. Der bei der Vollstreckung anwesende irakische Sicherheitsberater Muaffak el Rubaie sagte dem Staatssender Irakija, Hussein sei "entschieden und mutig" auf den Galgen gestiegen.
    Nach Angaben von Zeugen wurde die Hinrichtung von Saddam Husseins Halbbruders Barsan el Tikriti und dem ehemaligen Präsidenten des Revolutionstribunals, Awad el Bandar, in letzter Minute verschoben. Saddam Hussein und seine beiden Verbündeten waren im November wegen der Ermordung von 148 Einwohnern des Dorfes Dudschail in den 80er Jahren zum Tod durch den Strang verurteilt worden.
    US-Präsident Bush bezeichnete die Vollstreckung als "Meilenstein" für den Irak auf dem Weg zu einer Demokratie. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte: "Wir respektieren das Urteil." Es sei aber bekannt, "dass die Bundesregierung gegen die Todesstrafe ist".
    Iraks Ministerpräsident Nuri el Maliki nannte die Vollstreckung des Urteils eine Lehre für alle Despoten. Die arabische Liga sprach von einem "tragischen Ende" des Regimes von Saddam Hussein. Die Iraker reagierten am ersten Tag des muslimischen Opferfestes eher verhalten auf die die Todesnachricht. Im mehrheitlich schiitischen Süden gingen die Menschen auf die Straßen und feuerten in die Luft.
  • Bei mehreren Anschlägen im Irak starben am 30. Dez. mehr als 68 Menschen. In Kufa im Süden wurden bei der Explosion einer Autobombe mindestens 31 Menschen getötet. Bei einem Dreifachanschlag im Nordwesten Bagdads kamen 37 Menschen ums Leben und 76 weitere wurden verletzt.
  • Weitere Reaktionen auf Saddams Hinrichtung:
    Nach Ansicht der britischen Regierung ist Saddam Hussein mit der Hinrichtung wenigstens für einige seiner vielen Verbrechen am irakischen Volk zur Rechenschaft gezogen worden. Die britische Außenministerin Margaret Beckett erklärte, die britische Regierung respektiere die Entscheidung der Iraker, wenngleich sie die Todesstrafe ablehne.
    Russland bedauerte die Vollstreckung des Todesurteils und warnte davor, dass die Gewalt im Irak dadurch weiter angeheizt werden könnte. "Die Hinrichtung Saddam Husseins könnte die militärisch-politische Situation weiter verschlechtern", teilte das Außenministerium mit.
    Die Bundesregierung bekräftigte wie auch die EU ihre grundsätzliche Ablehnung der Todesstrafe. Zugleich hob das Auswärtige Amt die Vergehen Saddam Husseins hervor: Er habe an der Spitze eines Regimes gestanden, das die eigene Bevölkerung unterdrückt habe, während seiner Herrschaft seien tausende Menschen gefoltert und getötet worden, unter seinem Befehl sei Krieg geführt und Kuwait überfallen worden.
    Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch verurteilte die Hinrichtung. "Saddam Hussein war verantwortlich für zahlreiche und schreckliche Verletzungen der Menschenrechte, aber solche Handlungen, auch wenn sie brutal waren, rechtfertigen keine Hinrichtung", erklärte ein Vertreter. Die Todesstrafe sei grausam und unmenschlich. Amnesty International bedauerte die Hinrichtung als verpasste Gelegenheit, Saddam Hussein für all seine Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen.
    Der Vatikan sprach von einer "tragischen Nachricht". Der gewaltsame Tod eines Schuldigen sei nicht der richtige Weg, um die Gerechtigkeit wiederherzustellen und die Gesellschaft zu versöhnen, sagte ein Sprecher.
    Der Präsident der autonomen Kurdenregion im Irak, Massud Barsani, begrüßte die Hinrichtung. "Wir hoffen, dass die Hinrichtung Saddam Husseins ein neues Kapitel in der Geschichte des Iraks öffnet und das Ende der Gewalt gegen Zivilisten bedeutet".
    Libyen rief nach der Hinrichtung Saddam Husseins eine dreitägige Staatstrauer aus. Die Flaggen sollten auf halbmast gesetzt werden, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Jana.
    Im Iran wurde die Hinrichtung begrüßt. "Das Todesurteil des Gerichts hat tausende Iraner, Iraker und Kuwaiter glücklich gemacht", sagte ein Außenamtssprecher. Die beiden Nachbarländer hatten in den 80er Jahren einen verlustreichen Krieg geführt.
    Die radikalislamische Hamas verurteilte die Hinrichtung als "politischen Mord". Saddam Hussein sei ein Kriegsgefangener und seine Hinrichtung verletzte alle internationalen Gesetze, die Kriegsgefangene schützen sollten, sagte ein Hamas-Sprecher.
    Nach Ansicht der israelischen Regierung wurde mit der Hinrichtung der Gerechtigkeit zum Sieg verholfen. Saddam Hussein sei selbst verantwortlich für seinen Untergang, sagte der stellvertretende Ministerpräsident Schimon Peres. "Dieser Mann hat seinem Volk eine Menge Schaden zugefügt und war eine große Bedrohung für Israel", betonte er.
    Auch der Sonderbeauftragte von UN-Generalsekretär Kofi Annan für den Irak, Ashraf Qazi, hat die Hinrichtung des irakischen Ex-Diktators Saddam Hussein kritisiert. Die Vereinten Nationen verstünden den Wunsch vieler Iraker nach Gerechtigkeit, erklärte Ashraf Qazi. Aus Respekt vor dem Recht auf Leben jedoch lehne man die die Todesstrafe weiterhin ab, auch bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
  • Nach der Hinrichtung Saddams haben Demonstranten in Tikrit die Überführung des Leichnams in seinen Heimatort gefordert. Noch ist unklar, was mit den sterblichen Überresten geschehen soll. Seine Töchter hatten gefordert, der Leichnam müsse seiner Familie übergeben werden. Diese wolle ihn zunächst im Jemen bestatten und später in den Irak zurückbringen. In der irakischen Regierung gibt es Bestrebungen, Saddam an einem geheimen Ort zu beerdigen, um keinen Wallfahrtsort für seine Anhänger entstehen zu lassen.
  • Nach der Hinrichtung des früheren irakischen Präsidenten Saddam Hussein hat dessen offiziell aufgelöste Baath-Partei die Iraker zum Kampf gegen die Besatzer aus den USA und dem Iran aufgerufen. "Heute haben die neuen Safawiden die Befehle des verbrecherischen Kreuzfahrers George W. Bush ausgeführt, indem sie Präsident Saddam Hussein hingerichtet haben (...). Das ist euer Tag. Schlagt den gemeinsamen Feind im Irak gnadenlos: Amerika und den Iran", hieß es in einer am 30. Dez. im Internet veröffentlichten Erklärung der Baath-Partei. Zugleich wird in dem Appell vor einem Bürgerkrieg im Irak gewarnt. Der "Dschihad" dürfe nicht in einen Bruderkrieg ausarten, sondern müsse sich gegen die Besatzer des Landes richten.
  • Irakische und amerikanische Soldaten haben bei Razzien im Irak 20 mutmaßliche Terroristen festgenommen. Die Festgenommenen werden verdächtigt, Bomben gebaut oder Anschläge verübt zu haben, wie die US-Streitkräfte am 31. Dez. in Bagdad mitteilten. 15 Verdächtige mit mutmaßlichen Verbindungen zum Terrornetzwerk Al Kaida im Irak seien am 30. Dez. in der Nähe von Habanija, 80 Kilometer westlich der Hauptstadt, festgenommen worden. Fünf weitere Personen wurden ebenfalls am Samstag in Falludscha, 65 Kilometer westlich von Bagdad, aufgegriffen.
  • Rund 24 Stunden nach seiner Hinrichtung ist der frühere irakische Diktator Saddam Hussein am Sonntag in seinem Heimatdorf Audscha nahe der Provinzhauptstadt Tikrit beerdigt worden. Der 69-Jährige sei im Morgengrauen im Beisein von etwa hundert Mitgliedern seines Stammes im Familiengrab beigesetzt worden, berichteten Augenzeugen. In dem Grab liegen auch Saddams Söhne Kusai und Udai, die rund drei Monate nach dem Sturz des Regimes im Juni 2003 in einem Feuergefecht von US-Soldaten getötet worden waren. Der Sarg Saddams war in der Nacht mit einem US-Flugzeug von Bagdad zu einem Luftwaffenstützpunkt bei Tikrit, rund 175 Kilometer nördlich der irakischen Hauptstadt, geflogen worden. Von dort wurde er ins Haus des Führers von Saddams Stamm, Scheich Ali al-Nada, gebracht, in dem Stammesangehörige Abschied von dem früheren Präsidenten nahmen. Anschließend wurde der Sarg zum Friedhof von Audscha gebracht. Unter den Trauergästen war laut Augenzeugen auch der Gouverneur der Provinz Salaheddin, deren Hauptstadt Tikrit ist.
  • Nach der Beisetzung von Saddam Hussein sind tausende Anhänger zu seiner Grabstätte unweit von Tikrit geströmt. Die Polizei verschärfte daraufhin ihre Sicherheitsvorkehrungen.
  • Die Zahl der getöteten Journalisten ist im Jahr 2006 so hoch gewesen wie seit 1994 nicht mehr. 81 Journalisten seien im Jahresverlauf bei der Ausübung ihres Berufes ums Leben gekommen, teilte die Organisation Reporter ohne Grenzen am 31. Dez. in Paris mit. Im Jahr 2005 waren es 63. Mit Abstand das gefährlichste Land für Journalisten war das vierte Jahr in Folge der Irak, wo 64 Journalisten starben. An zweiter Stelle folgte Mexiko vor den Philippinen und Russland. Die meisten Entführungen ereigneten sich ebenfalls im Irak, wo 17 Journalisten verschleppt wurden. Die Zahl der inhaftierten und angegriffenen oder bedrohten Journalisten erreichte mit mehr als 2000 einen Höchststand. Als Erklärung führte die Organisation die zahlreichen Wahlkämpfe im vergangenen Jahr an. Die Zensur sei dagegen 2006 zurückgegangen. Es wurden nur 912 Fälle gezählt gegenüber 1.006 im Jahr zuvor. Die meisten Eingriffe in die Pressefreiheit gab es in Thailand nach dem Militärputsch im September.
  • Seit Beginn des Krieges im Irak haben dort mindestens 3.000 US-Soldaten ihr Leben verloren. Der 3.000. Tote war ein 22-jähriger Soldat aus Texas, Dustin Donica. Er wurde bereits Ende vergangener Woche in Bagdad beschossen und erlag am 28. Dez. seinen Verletzungen. Das Pentagon gab am 31. Dez. seinen Tod bekannt. Die Zählung der Toten seit März 2003 beruht auf Erhebungen der Nachrichtenagentur AP. Allein im Dezember kamen mindestens 111 US-Soldaten ums Leben, das ist die höchste Zahl eines Monats im Jahr 2006, in dem mindestens 820 Amerikaner im Irak getötet wurden. Die Zahl von 2.000 getöteten US-Soldaten wurde erst im Oktober 2005 erreicht. Seit Kriegsbeginn kamen auch mehrere zehntausend Iraker ums Leben.


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